Über die Einsamkeit, Band 2

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Bey Christian Gottlieb Schmieder, 1786
 

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Beliebte Passagen

Seite 33 - Zeiten der Dichter, deren Verlust ihr mit Unrecht bedauret. Liebe und Ruhe, und Geschmack an reiner Natur, waren nicht blos den Haynen von Arcadien eigen. Ihr lebt alle in Arcadien wenn ihr wollt.
Seite 216 - wenn wir zusammen kommen, so kennen wir kein« «andere Unterhaltung, als spielen oder vorlesen." «Daher ist es gekommen, daß der Mensch für „den Menschen fast seinen Werth verloren hat. Der «Umgang des Weisen wird nicht gesucht; denn wir «finden seine Weisheit in Schriften. Alles was wir „thun, ist ihn zum Schreiben aufzumuntern, wenn «wir etwa glauben, daß er noch nicht genug hat «drucken lassen. Das graue Alter hat seine Ehr» «Würdigkeit verloren; denn der unbartige Jüngling «weiß...
Seite 180 - Vorteil ihren Müttern schuldig wären. Es ist noch nicht genug anerkannt, wie wichtig eine unschuldig und untadelhaft zugebrachte Jugend für das ganze Leben eines Menschen ist, wie fast alle, die diesen Vorteil genossen haben, ihn niemand schuldig gewesen sind als ihren Müttern und wie sehr überhaupt die Vollkommenheit und das Glück der Menschheit sich auf Weiberverstand und Weibertugend gründet.
Seite 124 - Herder sagt, er wisse nicht, welche Mythologie irgend eines Asiatischen Volkes ihre Zeiträume des höchsten Alterthums der Welt so eintheile: es haben sich die Menschen, damals noch paradiesische Geister, Jahrtausende zuerst durch Blicke geliebt, nachher durch einen Kuß, durch eine blosse Berührung. So stille erhaben, und so unaussprechlich edel, liebte Wieland, in seinen frühesten und feurigsten Jahren, ein schönes, liebevolles, und liebeathmendes Frauenzimmer in Zürich; denn dieser große...
Seite 180 - Herzen genommen ist: ^Wir halten es für unstreitig", sagt er, „wenn man die Geschichte aller Männer genau wüßte, die sich durch Rechtschaffenheit und durch Tugend ausgezeichnet haben, daß man unter zehnen immer neun finden würde, welche diesen Vorteil ihren Müttern schuldig wären.
Seite 130 - Es war eine Zeit, da der erhabene Mendelssohn sich aus jedem Zimmer wegbegeben mußte, wo man von Philosophie sprach; denn er war ohnmächtig, wenn er nicht wegging ... In diesem Zustande kam einst, wie dieser große und liebenswürdige Philosoph mir selbst in Hannover erzählet hat, sein Arzt zu ihm und fragte: Was machen Sie dann, wenn Sie so in Ihrer Stube sind und nicht denken dürfen?
Seite 125 - ... Geister, Jahrtausende zuerst durch Blicke geliebt, nachher durch einen Kuß, durch eine blosse Berührung. So stille erhaben, und so unaussprechlich edel, liebte Wieland, in seinen frühesten und feurigsten Jahren, ein schönes, liebevolles, und liebeathmendes Frauenzimmer in Zürich; denn dieser große Geist wußte wohl, daß das Geheimniß der Liebe auf gewisse Weise schon im ersten Kusse, im ersten Seufzer erstirbt. Ich fragte darum einst dieses Frauenzimmer: Mademoiselle, wann hat Wieland,...
Seite 58 - Dorer stehenden Textteile: Die zwei Häuser des Arztes stehen mitten in diesem Dorfe (Richterswil), mit ihren Gärten umringt, so frei und friedlich, wie auf dem weiten Felde.
Seite 59 - Zürichsee, in dessen Wasser sich die Ufer spiegeln oder dessen Wellen, durch sanfte Winde bewegt, wie eine Heerde Schafe gaukeln. Sieht man da in tiefer Nacht aus den Fenstern oder athmet man einsam im Garten erfrischende Blumendüfte, indeß der Mond hinter den Bergen hervorwandelt und eine feurige Heerstraße über den See zeichnet, so...
Seite 186 - ... scharfsinnigeren Beobachter der Menschen und ihrer Taten, einen genaueren und billigeren Prüfer der Welt und aller Menschen, die in der Welt eine große Rolle gespielt haben. Er kannte einige der größten Personen auf den Thronen von Europa aus persönlichem Umgang. Nirgends fand ich eine freiere, offenere, redlichere, stärkere und sanftere Seele, nirgends ein Auge, das wahrer und richtiger in allem durchsah, wohin Menschenaugen reichen, und nirgends einen Mann, an dessen Brust ich lieber...

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