Über die Einsamkeit, Band 1

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Verlag nicht ermittelbar, 1785 - 354 Seiten
 

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Beliebte Passagen

Seite 9 - Eine Anzahl Sprudelgeister erinnert man sich vielleicht, die vor einigen Jahren sich über alle Bande des Universums hinwegsetzten, die in mehr nicht als fünf genau gezählten Jahren (*) ganz Deutschland umstimmen, und dann, unter ihrer stolzen Anführung, durch die deufsche Nation alle Nationen um sich her, und alle Zeitalter vor sich verdunkeln und über
Seite 10 - Vielleicht hätte die leidige Genieseuche in Deutschland weniger gewütet, wenn sie nicht am meisten unter rohe junge Leute gekommen wäre, die in der Entfernung von allem Weltumgang,e lebten, in bacchantischer Einsamkeit jene wilden Anfälle von ihrer Selbstheit hatten, und ihre jämmerliche Träume von ihrer Kraft".
Seite 5 - Im Genüsse wirklicher Absonderung und grosser Stille oder auch nur durch Wegwendung der Gedanken von dem, was uns umgiebt, sind wir einsam
Seite 68 - Ihre Brüder, die christlichen Mönche und Anachoreten, kamen in ihren Einöden um ihre Vernunft. Einsamkeit erzeugte die Fakire von Indien, und die zu allen Religionen sich passende Sekte der Mystiker, die mit Staunen und und Hucken im Stillen ihr leben hinbringt , und so gerne in Werkstätten der Schuster und alchymi» stischen Küchen, alten Bergschlössern, Klöstern und Conventikeln faselt und spükt.
Seite 11 - Selbstheit hatten, und jene jämmerliche Träume von ihrer Kraft. Sodann war ausgemacht bey diesen Knaben, man müsse ohne Lust und Liebe nichts lernen und nichts treiben. Die Absicht schien gut, und der Weg sanft. Aber deswegen sieht man seitdem so oft Genies in zerrissenen Hosen; und einige die nicht undeutlich zu verstehen geben: es wäre ihnen weit besser gedient mit etwas weniger Respekt für ihre Kraft, und desto mehr mit einem alten Ueberrock.
Seite 189 - Reihen von Krankheiten, oder auch auf Klagen, die keine Laus werth waren, so gestehe ich, daß ich oft aus der Fassung kam und mit Gewalt von allen Menschen weg nach meiner stillen Kammer eilte und nun den ganzen Tag an meinem Kopfe litt wie der heilige Laurentius, als er auf einem Rost gebraten ward...
Seite 143 - Gedanken nachzuhangen, als demjenigen der sie verzehret, machen sie sich ihr Leben zu einer Folterbank. Dieser Zustand verschlimmert sich in der Einsamkeit, wenn nicht die Imagination in derselben irgend einen gewaltigen Stoß erhalt, der ihre Richtung verändert.
Seite 10 - Frankline, und in der menschlichen Gesellschaft was ein Rad ohne Zahne in einem Uhrwerk, welches nirgends eingreifen kann, und wo es anstößt den ganzen Mechanismus verwirret.
Seite 29 - Menschen alles sagt und alles entscheidet, ist nicht Philosophie. Er ist nicht das Federlesen, nicht das langsame Abwickeln der Gedanken, nicht das Zweifeln und Schwanken, das Ja und Nein, woran sich oft der größte philosophische Denker in der Einsamkeit so sehr gewöhnt.
Seite 195 - Da vergisst man nichts, da blutet jede alte Wunde, da rostet kein Dolch. Alles, was einst die Nerven spannte, und mit tiefen Spuren sich einprägte in die Imagination, ist entweder ein Gespenst, das dich mit unermüdeter...

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