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METAMORPHOSEON

LIBRI XV.

Mit kritischen und erläuternden Anmerkungen

von

E. C. Chr. Bach,

Director am Gymnasium zu Schaffhausen, wie auch Professor der lat. Sprache am
dasigen Colleg. Ham, und Mitgliede des Schulraths.

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Nebst nachträgl. Bemerkungen des Hrn. Prof. Ochsner, Register über
die Anmerk., und einer Übersicht der abweichenden Lesarten
in Jahn's Ausgabe.

Hannover

1836.

Im Verlage der Hahn'schen Hofbuchhandlung.

AIMGORLIAD

Vorrede.

Länger, als ich selbst wünschte, hat sich die Erscheinung des zweiten Bandes dieser Ausgabe verzögert, wefshalb ich um entschuldigende Nachsicht bitte. Der Grund dieser Verspätung liegt hauptsächlich in meinen Amtsverhältnissen, die nicht selten Unterbrechungen anderweitiger Arbeiten veranlassen. Doch, Amt und Beruf gehen vor; Schriftstellerei ist untergeordnet. Was nun die Bearbeitung selbst betrifft, so bin ich natürlich dem im ersten Bande befolgten Plane treu geblieben; habe jedoch die Zeugnisse der Handschriften und ältesten Ausgaben noch strenger berücksichtigt, und die sogenannte Vulgate häufiger als im 1. Bde zurückgeführt. Wenn aber dessen ungeachtet noch manche von Heinsius eingeführte Lesarten beibehalten worden sind, so widerspricht diefs keineswegs dem in der Vorrede zum I. Bde S. VII f. aufgestellten Grundsatze, und kann eben so wenig als Mangel eines festen Princips betrachtet werden. Es hat mich vielmehr die nähere Prüfung der Urkunden belehrt, dafs manche Lesart, die bisher als blofse Coniectur von Heinsius gegolten hat, keineswegs eine solche ist, sondern sich wirklich in theils von Jahn theils von mir verglichenen Handschriften vorfindet, und dafs Heinsius die Zeugnisse für seine Lesart entweder absichtlich oder zufällig nicht genannt hat. Manches mag auch in der That ursprünglich nur Vermuthung sein, ist aber zur Ehre des geistreichen Heinsius nachher durch Handschriften bestätigt worden. Sobald nun eine solche Lesart durch deutlichere oder schär

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fere Bezeichnung des Gedankens, durch gröfsere Convenienz für den Zusammenhang, durch entsprechendere Ähnlichkeit mit Sprache und Darstellung des Dichters, überhaupt durch innern Gehalt sich vor der herrschenden auszeichnete, habe ich keinen Anstand genommen, ihr die im Heins. - Burmannschen Text eingeräumte Stelle zu lassen, zumal da ich im Fortgange der Arbeit zu der Überzeugung gekommen bin, dafs die Mehrzahl der Codd. bei weitem häufiger die schlechtere Lesart, hingegen die Minderzahl, zu welcher einige offenbar ältere und weniger interpolirte bei Heins. gehören, die bessere bietet. Diese Erscheinung hat einen sehr natürlichen Grund. In den Jahrhunderten, wo die klassischen Schriftwerke am häufigsten gelesen, und theils für diesen Zweck theils aber auch zur klösterlichen Strafe am häufigsten abgeschrieben wurden, kamen auch die meisten Verderbnisse bald durch Eilfertigkeit oder Unwissenheit der Schreiber, bald durch Erklärungen oder witzelnde Ausschmückungen von Seiten der Leser und Correctoren in die Urschrift. Und aus jener Periode schreiben sich die meisten Hdschrr., die auf uns gekommen sind. In der frühern Zeit hingegen, wo, das Abschreiben noch nicht fabrikmässig betrieben, und gewissermassen gröfsere Pietät gegen die Originale bewahrt wurde, erlaubte man sich seltener willkührliche Änderungen oder Zusätze, und schrieb in äufserer Beziehung reinlicher, geschmackvoller und correkter. Die Texteskritik würde daher im Ganzen weniger gewinnen, wenn man sich durchgängig und streng nur an die Mehrzahl, und nicht vielmehr an die wenigern Handschriften halten wollte, für deren namhaftes Alterthum innere und äufsere Kriterien bürgen. Ob uns nun gleich von den älteren Hdschrr. des Ovid nähere Beschreibungen fehlen, und man defswegen sich öfterer als bei andern Schriftstellern an die Mehrzahl der Zeugen halten mufs, so lassen uns doch einzelne Kennzeichen und deren Vergleichung sicherer noch als des Heinsius Anrüh

men der vetustiores oder castigatiores Codd. Spuren entdekken, welches etwa die älteren und unverdorbenern Hdschrr. seien. Wo nun diese, wenn auch wenige an der Zahl, die des Dichters würdigere Lesart boten, habe ich sie nicht verschmähen zu dürfen geglaubt. Und wenn der verdienstvolle Jahn in seiner kritischen Ausgabe bei aller Gewissenhaftigkeit, mit welcher er den vulgären Text schützt, doch bisweilen die Heinsiussche, auf weniger Zeugnisse gegründete, Lesart beibehalten, oder wenigstens sich geneigt erklärt hat, der oder jener neben der Vulgate bestehenden Lesart den Vorzug einzuräumen, so konnte ihn gewifs nur der Zweck seiner Ausgabe, einen möglichst diplomatisch beglaubigten Text zu liefern, von der Aufnahme der gebilligten Lesart zurückhalten.

Was nun die Texteskritik betrifft, wie sie in meiner Ausgabe behandelt worden ist, so nöthigt mich ein vom Hrn. D. Loers etwas übereilt ausgesprochenes Urtheil, die schon zum I. Bde S. VII gegebene Erklärung zu wiederholen, 1) dass meine Ausgabe sich im Ganzen an die Gierig - Jahnsche anschliefst, folglich die dort niedergelegten Varianten gröfstentheils wiedergeben, zugleich aber die Ergebnisse neuerer Vergleichungen damit`verbinden musste; 2) dass meine Ausg. so wenig als die G.-Jahnsche für Schulen, wie Hr. D. Loers fälschlich berichtet, im strengsten Sinne des Wortes, sondern, wie Vorr. z. ersten B. S. V. deutlich sagt, für Lehrer und reifende Schüler, mögen letztere Tertianer oder Secundaner sein, bestimmt ist, und im kritischen Theile vorzüglich die Lehrer berücksichtigt. Schüler aber von glücklichen Anlagen und reger Lust zu einem ernsten Studium des Dichters werden hoffentlich nicht blofs zum Behuf der öffentlichen Lectüre und der darauf abzweckenden Vorbereitung, sondern auch zur Erleichterung des Privatstudiums ein nicht ganz fruchtloses Material vorfinden. Wer von den Varianten keinen Gebrauch machen kann oder will, mag sie

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