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Schaden seines Nächsten in's Auge fasse." Ein solches System von Habsucht und Gewaltthätigkeit entstand nicht plöglich, schon 1106 klagt Kaiser Heinrich IV.: „Deutschland sei seit 40 Jahren durch geistliche und weltliche Wirren, Krieg, Mord, Brand und Meineid dem Christenthum entfremdet." Ganz gewiß lebte unser Graf Rudolf I. von Habsburg in einer sehr schlimmen Zeit, in welcher nach dem Ableben der zwei kräftigen stauffischen Herrscher Friedrich I. und seinem Sohne Kaiser Heinrich ähnliche Wirren mit allen schlimmen Folgen eintraten, wie ein Jahrhundert zuvor.

So suchte in der einstigen Herrschaft des Grafen Rudolf von Pfullendorf ein einfacher Knecht, Heinrich von Laubegg, sich mit Gewalt in den Besiß der Güter Kreuzlingens zu sehen und gab offenbar vor, es geschehe dies mit Zustimmung seines Herrn, des Grafen Rudolf von Habsburg. Bischof Diethelm von Constanz, von welchem dieser Habsburger Lehen tragen mochte, kannte wohl die frühern Auflassungsbriefe, die Graf Rudolf noch bei Zeiten seines Vaters für Kreuzlingen in Betreff der Vergabungen im Donauthale gegeben, aber jezt war Graf Rudolf im Besige der Mannschaft und daher bat ihn der Bischof um eine nochmalige Bestätigung der Vergabungen seiner Diener Wernher und Kuno.

Graf Rudolf meldete nicht nur schriftlich an den Bischof, er bleibe bei seinem in dieser Sache gegebenen Worte, wenn Etwas von seinem Diener von Laubegg dawider unternommen worden, so sei dies gegen seinen Willen geschehen und der Bischof solle dem Unrechte wehren; sondern er ritt mit seinem Sohne Adalbert, dem

Grafen Rudolf von Thierstein und zehn seiner Mannen selbst nach Kreuzlingen, um als Oberlehensherr die an dieses Kloster vergabten Güter seiner Diener im Donauthale persönlich aufzugeben.

In diesem Briefe *) sehen wir den Habsburger als von Gottes Gnaden Graf betitelt zum ersten Male, so viel mir bekannt; unter den Dienstmannen desselben ist Heinrich an der Brücke, wohl der Großvater des ersten Schultheißen von Lucern **).

Ein einfacher Knecht, wie der von Laubegg, erfrechte sich also damals so gewaltsamer Uebergriffe!

Wir brauchen kaum zu erinnern, daß Graf Rudolf 1199, wie wir sahen, noch bei seines Vaters Lebzeiten in Lucern war, müssen aber aufmerksam machen, daß Lucern damals noch nicht Stadt, wie 1238, civitas, auch nicht villa, Hof, wie 1178 geheißen wird, sondern Ort, locus, d. i. ein Ort ohne Mauern und Thore. Wenn auch Lucern noch nicht von großem Umfange und Inhalte sein mochte, so machte es doch damals schon seine Lage als Marktplag für die Waldstätte und Stappelplag für den St. Gotthardspaß auch für den Kastvogt, den Grafen Rudolf, sehr bedeutsam. Schwerlich besaß Lucern vor dem dreizehnten Jahrhundert ***) eine feste

*) Deffen Mittheilung ich Herrn Dekan Puppikofer verdanke, der ihn in's Jahr 1198 seßt, was ich für zu frühe halte, wie obige Darstellung zeigt. Beil. 2.

**) Kopp G. II, 713 „de ponte".

***) Obwohl Etterlin's Chronik mit seinen zwei Nobhüsern zu beiden Seiten der Reuß uns glauben lassen möchte, es seien da uralte Burgen gestanden.

Baute oder Burg, indem kein gleichzeitiges Zeugniß für so Etwas vorliegt, auch überall der Burgbau erst nach dieser Zeit entstand.

Der Herr Lucerns, Abt Arnold von Murbach, lebte in sehr glücklichen Verhältnissen, welche ihm gestatteten, gute Alpweiden im untern Thale Nidwaldens, z. B. in dem Wisoberge, nahe bei Stans, an Engelberg zu verschenken. Graf Rudolf von Habsburg, der Kastvogt Murbachs, scheint ohne Ritterschaft anwesend, so viel die Zeugenschaft dieses Briefes offnet.

Die Grafen von Habsburg, welche man von den alten Herzogen des Elsasses abstammen ließ, selbst noch als Schöpflin den Ursprung ihrer Güter im Elsaß nachgewiesen hatte, waren Diener der Kirche Straßburg, indem sie zu Nuffach und Gebwyler Vogtei und Gefälle von der Kirche Straßburg zu Lehen trugen und auf dem Hofe zu Tiernbach ein festes Haus, d. i. eine Burg erbaut hatten. Ueber diese Verhältnisse und gegenseitigen Ansprüche waltete schon geraume Zeit ein Span.

Im Jahre 1200 wurde dieser alte Streit, einerseits von Bischof Konrad von Straßburg, seinen Stiftsherren und Dienstherren, wie auch durch Burger der Stadt Straßburg, anderseits durch Graf Rudolf den Aeltern von Habsburg, in Minne dahin entschieden, daß der Graf von Habsburg als freier Diener die Kirche Straßburg gegen Jedermann schirmen solle, Bischof und Graf Ruffach gemeinsam besigen, zu Gebwyler die Steuer dem Bischofe zufalle, der seinem Vogte daselbst den dritten Pfennig der Bußen entrichten solle dafür, daß er nach Straßburger Recht dort Gericht halte und dem Bischofe,

so oft er ihn ruft, Heerfolge leiste. Das Haus zu Tiernbach blieb Habsburgs Eigen.

Nach dem Ableben des Pfalzgrafen Otto von Burgund, also nach dem 13. Januar 1202, flagte das Kloster Murbach bei seinem Kastvogte, dem Landgrafen Rudolf von Habsburg, Rüdeger von Uffholz halte ein zu Hartmannsweiler liegendes Eigengut der Kirche Murbach zurück und behaupte, er sei damit von dem verstorbenen Pfalzgrafen von Burgund belehnt.

Landgraf Rudolf sprach als Kastvogt dem Kloster Murbach sein Gut zu, der Ansprecher desselben, Rüdeger von Uffholz, behielt gegen Entrichtung eines Jahreszinses die lebenslängliche Nugnießung. Abt Arnold von Murbach erscheint als Zeuge dieses Rechtsspruches.

In der an Wirren und Bedrückungen aller Art so reichen Zeit, als Otto IV. und König Philipp von Stauffen als Gegenkönige stritten, wurde das Chorherrenstift Beromünster arg bedrängt.

Fast allgemein wird auch der Landgraf Rudolf von Habsburg unter den Peinigern dieses schuld- und wehrlosen Gotteshauses genannt. Ich glaube mit vollem Unrechte, denn wir sehen bis anhin den Grafen Rudolf den Aeltern als einen gerechten und milden Herrn den Gotteshäusern gegenüber; zu Beromünster waren die Grafen von Kyburg Kaftvögte, welche zwar durch die Verehelichung der Gräfin Heilwig von Kyburg mit Graf Adalbert, dem ältern Sohne des Landgrafen Rudolf von Habsburg, demselben nahe standen, aber in dieser unrühmlichen Verfolgung mit ihren Dienern Eberhard und Hartmann von Büttikon vor 1203 und nachher allein

erscheinen, während wir unsern Grafen Rudolf bald mit Beromünster auf freundschaftlichem Fuße finden werden. Derartige Bedrückungen, vorab Erbauung von Burgen der Vögte und Untervögte auf dem Boden der Klöster, wurden so allgemein, daß sie ein eigenes Reichsgeset hervorriefen, das deren Schleifung befahl *). Uebernießung der Vogteirechte, besonders bei den Untervögten, gehörten in dieser Zeit, in welcher kein kräftiges Reichshaupt bestand, zu den alltäglichen Dingen.

Wo der Landgraf Rudolf von Habsburg in den Jahren 1203 bis 1207 sich aufgehalten, ist schwer nachzuweisen; in legterem Jahre erst kömmt er am Hoflager des Stauffen, König Philipp's zu Basel und Straßburg, unter den ersten Reichsfürsten genannt, vor.

In derselben Zeit fertigte Graf Rudolf von Habsburg, als Kastvogt der zysterzienser Abtei Lügel im Jura, zu Meienheim eine Vergabung Heinrich's von Knöringen an obiges Gotteshaus.

Die Kastvogtei Seckingens, welche sich über den größten Theil des Landes Glarus, so wie die Güter dieser Abtei am Rheine zu Laufenburg und Seckingen selbst ausbreitete, war nach dem Tode des Pfalzgrafen Otto von Burgund, des Bruders König Philipp's, wahrscheinlich noch nicht lange zuvor von Leßterem dem Grafen Rudolf von Habsburg übertragen.

1207, 4. September, sehen wir in der Stiftskirche zu

*) Bedrückungen der Art bei Constanz, Moun in Neugart Ep. Const. II, 524; bei Interlachen, Stettler Regest Nr. 9; bei Rheinau, Archiv f. Schweiz. Gesch. I, 86; bei der Abtei Zürich in Boswyl, J. E. Kopp Urk. I, 96.

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