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Verwendung zulassen könne. Schriftlich hat nicht nur Er den theilnehmenden Monarchen gedankt1), sondern, spåterhin, auch den Kronprinzen dazu angehalten ?), der sein Leben gewiss hauptsächlich der Gerechtigkeit und dem standhaften Muthe der geachtetesten Ges nerale des preußischen Heeres verdankte: dem alten frommen Feldmarschall von Nahmer, dem Fürsten von Dessau und dem Ges neralmajor von Buddenbrock, welche dem Könige geradehin vorstellten: er sei nicht befugt, ohne förmlichen öffentlichen Prozess den Thronfolger als solchen am Leben zu bestrafen. Wilhelm Dieterich von Buddenbrock entblößte sogar, als Friedrich Wilhelm doch für den Tod stimmte, die Brust und sagte heldenmüthig: „Wenn Ew. Majestät Blut verlangen; so nehmen Sie meines; jenes bekommen Sie nicht, so lange ich noch sprechen darf!“

Von Buddenbrock gehörte mit den Generalen Herzog von Holstein-Beck, von Waldow und von Flans zu den beståndigen Gesellschaftern des Königs, welcher nåmlich bei seiner Thronbesteis gung vier Generale zu seinen Kammerherrn mit 2000 Thlr. Gehalt für jeden ernannte. Diese gingen kaum Einmal des Jahs res zu ihren Regimentern, sondern waren überall um den König, an deffen Krankenbette sie sogar Taback rauchten 3). Da nun Friedrich Wilhelm Alles, was die Ehre angeht, streng militårisch nahm und die Stimme bewährter Generale über Alles schäßte; so wird man leicht einsehen, wie viel in diesem seltenen Falle') die entschlossenen Kriegeshelden") vermocht.

Hier erscheint uns der so oft verkannte König Friedrich Wil helm in dem erfreulichsten Lichte. Nach seiner sorglichen Ansicht hatte der Kronprinz, wir möchten sagen wie eine hochtragische

1) Siche Beilage 3, d. 2) Siche Beilage 3. e.

3) Journal secret p. 7.

4) über ein angeblich in Friedrichs Rechtssache von der Juristenfakultät in Leipzig im März 1731 (!) abgefasstes Gutachten siehe Nicolai's Anekdoten. Heft 5. S. 71. In den Archiven findet sich kein solches Gutachten.

5) Nicolai Anekdoten Heft 3 und 5 und von Hertzberg Mémoire historique sur la dernière année de la vie de Fr. II.

Friedr. d. Gr. I.

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Person, sein leibliches Leben verwirkt durch den Verlust der militårischen Ehre und der Gnade bei Gott; und er steht nicht an, den eigenen Sohn zu opfern. Es ist rührend, aus seinen eigenhåndigen Aufsåßen und aus seinen darin enthaltenen 'Herzensergießungen, den Kampf des Vaterherzens mit den Pflichten des Monarchen, Jeden, ohne Ansehen der Person, das Recht des Landes fühlen zu lassen, zu ersehen '). Stellen aber die Träger der unbefleckten Kriegestugend vor, daß die Schuld weit unter dem Maße der Vergebung liege und ruft von der andern Seite ein würdiger „Fürbitter bei Gott" ihm mit evangelischen Worten in die Seele, daß Friedrich als Christ Gnade vor dem unendlichen Erbarmer gesucht und sich errungen; so kanu der Vater, ohne anderweitigen åußeren Einflußf über sich_walten zu lassen, das beseligende Wort der Vergebung sprechen und die Ehre, sein Kind als Soldaten und als Christen geprüft und gerettet zu haben, sich allein beimessen.

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Der Kronprinz hatte den Troftsprüchen des lutherischen Feldpredigers vom Regiment Gensd'armes Johann Ernst Müller, Ohr und Herz geöffnet; um so lieber, da derselbe auch den unglück. lichen von Katte auf seinem Wege zum Tode begleitet und dessen lette Freundschaftsworte treu überliefert hatte. Jenen Geistlichen hatte der König selbst für den doppelten Zweck nach Küstrin mitgehen heißen. An Katte war die fromme Absicht vollkommen erreicht. Der junge Mann war in ernster Reue und in christlicher Ergebung der Ewigkeit würdig entgegen gegangen. Mit wahrer Theilnahme liest man die umständliche Geschichte von seinem Lebensende; auch die Aufträge 2), welche er am Abend vor seiner Hinrichtung dem Prediger an seinen hohen Freund gegeben, nåmlich: 1) Der Kronprinz möchten vielleicht gedenken, als ob Katte die Schuld seines Todes auf den Kronprinzen schiebe, und mit einem Widerwillen gegen Dieselbe aus der Welt ginge. Dieses wåre nicht, sondern Er, Katte, erkenne Gottes heilige Regierung, die diesen rauhen Weg aus gerechten Ursachen also über ihn verhänget hätte, damit er dadurch zur wahren Buße aufgewecket und selig werden möchte.

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1) Cosmar und Klaproth Statsrath S. 48.
2) Siche Beitrag zur Lebensgeschichte S. 14.

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2) Die Ursachen aber dieser heiligen Regierung Gottes über Katte måren folgende a) seine gehabte Ambition b) seine Gottesverachs tung. Hierüber wåre ihm in seinem Arrest schon beigefallen der Psalm: Der im Himmel wohnet, lachet ihrer und der Herr spots tet ihrer. 3) Verspricht Katte dem Kronprinzen, daß er vor Gots tes Throne Ihm wolle mit seinem Gebet Dienste thun. 4) Bittet Katte, daß der Kronprinz wegen dieser Exekuzion nicht einen Groll gegen Sr. K. M. fassen möge, als welche nicht schuld an seinem Tode wåren, sondern der Gerechtigkeit Gottes hierin dieneten. 5) Der Kronpring möchten nicht denken, als ob katte aus Mans gel der Klugheit in dieses Unglück gerathen, sondern möchten die Hand Gottes hierin erkennen, die die Klugen in ihrer Klugheit zu erhaschen weiß. 6) Katte bittet den Kronprinzen, Dero Herrn Vaters Königl. Majeståt sich zu submittiren, weil Sr. K. M. a) Dero Herr Vater b) Der König wåren.. 7) Dieferwegen, möchte der Kronprinz bedenken, was Katte einst in Brandenburg vor eine Vermahnung ihm gegeben, Seines Herrn Vaters Majeståt sich zu unterwerfen, mit Anführung des Exempels von Absalon. 8) Der Kronprinz möchten in sich gehen, ob Ihnen nicht Katte so bewegliche Vorstellungen gethan a) im såchsischen Lager, wo der erste Discours wegen des Weggehens vorgefallen, da Katte den Ausgang dieser Sache vorher dem Kronprinzen prophezeiet håtte, welches er auch noch b) zuleßt in der Nacht wiederholet håtte, da er dem Kronprinzen in Potsdam eine Visite gegeben. 9) Bittet Katte nochmalen um der Wunden Christi willen, daß der Kronprinz Seines Herrn Vaters Königl. Majeståt gehorsam sein möchten, sowohl wegen der göttlichen Verheißungen des vierten Gebots, als auch wegen der widrigenfalls gewiss zu erwartenden Strafe der Talio, daß es dem Kronprinzen dereinst von seinen Kindern eben so könnte wieder vergolten werden. 10) Katte bittet, der Kronprinz möchte bedenken die Nichtigkeit aller menschlichen Anschläge, die ohne Gott gefasset würden. Indem der Kronpring Katten gerne wollen gutes thun und groß machen, welches aber nun so abgelaufen wåre. Dagegen bittet er, der Kronprinz möch ten den Willen und das Wohlgefallen Gottes zur Regel Ihrer Handlungen machen und darnach allemal Ihre Actiones prüfen. 11) Der Kronprinz möchten gewiss glauben, daß Sie durch die

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jenigen, die Ihnen in Dero Passionen flattirten, nur betrogen wür- ́ den, weil solche nicht des Kronprinzen, sondern ihr eigenes Inte resse zum Zweck håtten. Hingegen möchte Er diejenigen, die ihm die Wahrheit sagten und Seinen Passionen sich widerseßten, für Seine besten Freunde achten. 12) Katte bittet auf's Heftigste, der Kronprinz möchten in sich gehen und Ihr Herz Gott ergeben. 13) Noch bitte er zuleßt, der Kronprinz möchten ja nicht glauben eine Fatalität, sondern gewiss sein der Vorsehung und Regierung Gottes in allen Kleinigkeiten.“

Also besuchte Müller den Kronprinzen in doppelter Absicht; er sollte ihn auch zur Reue über seinen Fehltritt bewegen und besonders ihn von der dordrechtschen Lehre1) abbringen und ihm dagegen die lutherische Lehre von der allgemeinen Gnade einschårfen. Die Synode von Dordrecht verdammte 1618 die milde Lehre des edlen Professors Arminius in Leyden und heiligte die strenge calvinische (eigentlich augustinische) Ansicht seines unwürdigen Amtsgenossen Franz Gomarus,, von der unbedingten Vorherbestimmung des Menschen zur Seligkeit oder zur Verdammniss.“

Der Prediger') fand offenen Eingang in des unglücklichen Prinzen Herz und Gesinnung. Friedrich war sehr gebeugt und von Anwandlungen der Ohnmacht ergriffen; auch glaubte er einige Tage, der Geistliche besuche ihn nur in der Absicht, um ihn zum Tóde vorzubereiten. Dennoch verfocht er die Gnadenwahl mit finnreichen Gründen, bis Müller ihn mit neutestamentlichen Stellen belehrte. Es war am 8. November, als Friedrich ganz zerkuirschten Herzens sein gesammtes Unrecht erkannte, sich unbedingt dem Willen des Königs ergab und nun von dem Prediger durch die ersten Strahlen der Hoffnung auch für sein Leben aufgerichtet wurde: „Hierauf, schreibt Müller an den König, betete ich nun mit Ihm und nach dem Gebet bezeigte Er sich wieder etwas beruhiget und bat mich, wenn ich könnte, möchte ich doch noch bei Ihm bleiben und wo möglich auch auf dem Schlosse schlafen, daß er mich nahe håtte und desto mehr mit mir zu seiner Erbau

1) Dieselbe bekennt auch der Heidelberger Katechismus.

2) Siehe dessen eigene Berichte in dem „Beitrag zur Lebensgeschichte.“

ung sprechen könnte; welches denn auch geschiehet. Weil ich nun aus Seinem vielfältigen wehmüthigen Bezeigen vor Gottes Angesicht Ew. K. M. versichern kann, daß keine Verstellung bei dem Kronprinzen im Geringsten zu spåren, so bitte aufs Allerunterthänigste: Em. K. M. wollen nach dem Erempel Gottes barmherzig sein; denn ich sonst immer mehr befürchte, daß er in Furcht und Erwartung derer Dinge, die über Ihn noch kommen könnten und wegen anhaltender und zunehmender großen Traurigkeit in eine schwere Gemüthskrankheit, daraus keine Rettung sein dürfte, verfallen. Gott, der große Erbarmer, lenke hiezu aus Gnaden Ew. K. M. Våterliches und Königliches Herz. Amen.“

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Als der Feldprediger feine Wohnung über des Kronprinzen Gefängnisse genommen, gab Friedrich ihm täglich, oft schon dès Morgens um 6 Uhr, ein klopfendes Zeichen, daß er zu ihm kom men sollte. Alsdann disputirte er oft halbe Tage lang mit ihm über die verschiedenen Meinungen der christlichen Sekten, und hatte sogar die Streitlehre der reformirten Kirche bis auf die kleinsten Abweichungen inne. Weil der Geistliche ihm Beweis, sprüche aus der heiligen Schrift anführte; fo fragte er ihn einst mals, wie er die Zahlen der Kapitel und Verse, wo der Spruch stehe, so genau behalten könne? Müller wies ihm hterauf eine keine Handkonkordanz, welche er in seiner Tasche hatte, als ein Hülfsmittel. Diese musste er ihm einige Tage lang überlassen. Als er sie ihm wiedergab, fand der Prediger inwendig auf dem Deckel mit Bleistift einen Mann auf den Knien gezeichnet, über dessen Haupte zwei Schwerter kreuzweis hingen, und darunter die Worte Assaphs, Psalm 73, 25. 26.,,hert, wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde; wenn mir gleich Leib und Seele verschmachtet, so bist du doch, Gott, allezeit meis nes Herzens Trost und mein Theil 1). “

Des Königs Stimmung bezeichnet am besten folgendes Schreiben) an den Prediger Müller, Wüsterhausen, den 8. Nov. 1730. „Würdiger, lieber Getreuer. Ich habe eure Berichte vom

1) Nicolai's Anekdoten Heft 6. S. 182, wo der Prediger Müller zu Liebenwalde, des-Feldpredigers Sohn, berichtet.

2) Beitrag zur Lebensgeschichte S. 28.

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