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Kreisen accurat anzeigen zu können: so viel Menschen sind im -Kreise; So viele Kühe; So viele Pferde; So viel Korn von jeder Art wird in guten, mittlern und schlechten Jahren gewonnen; So viel wird zur Consumtion erfordert, und so viel bleibt in guten, mittlern und schlechten Jahren von allen Getraidesorten zum Vers kauf übrig oder fehlet. Hiernach nun hat die Cammer die Landråthe hier gehörig zu Rechte zu weisen, daß sie sich von allen den Umstånden ihrer Kreise mit allem Fleiß au fait seßen, und über Alles eine accurate und exacte Anzeige thun können“ 1).

Auch die Schulzen mussten sich einfinden und die Amtleute. Als der König den 23. und 24. Jul 1779 die Gegenden von Nauen, Fehrbellin, Neustadt a. d. Dosse bis ins Magdeburgische bereiste, um die Urbarmachungen, die Kolonien und andere Anlas gen der Art zu sehen, ritt der Oberamtmann Frömme am ersten Tage eine große Strecke neben des Königs Wagen her, um auf allerlei Fragen Auskunft zu geben. Gleim, Fromme's Oheim, hat dieses Reisegespräch des Königs" in Druck gegeben 2), zum Beispiele, wie Friedrich Jedem freudigen Muth gemacht, über den kleineren oder größeren Bezirk des States zu sprechen, von wels chem er eben sachverständig war.

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Auch Geschäftsmänner und Kaufleute sahe der Monarch gern auf Reisen um sich, und dà seine freundliche Milde anzog, so fehlte es seinen Wünschen nie an der genügendsten Auskunft und an Ges legenheit zu weise angelegten Wohlthaten. Im schlesischen Gebirge sagte er einst zu den Abgeordneten des Handelsstandes: Wenden Sie sich nur an mich! Ich bin Ihr erster Minister!" - In Hirschberg empfahl er, um den Leinwandhandel des Gebirges blühender zu machen, den 21. April 1742, vierteljåhrige Konferens zen zu halten, welche zwischen den zum Gebirgshandelstande vers bundenen vier Städten bis 1780 fortdauerten. Diese Konferenzen sollten ermitteln, was der Aufnahme des Handels hinderlich oder günstig sei, und davon bei der Behörde, ja, in wichtigen Fällen unmittelbar bei dem betreffenden Departement Bericht erstatten.

Eine merkwürdige Eigenheit des Königs ist es, daß er auf

1) Baron v. Lamotte Abhandlungen. Berlin 1793. S. 52. 2) Halberstadt 1784. 32 S. 8.

feinen Reisen durch das Land auch gern solche Männer sah und sprach, welche er, mit Recht oder mit Unrecht, seiner Dienste ents lassen, die er aber in andern Beziehungen hochschäßte, also eigentlich auch nicht verkennen wollte. Der G. M. v. Borck wurde 1764 schleunigst der Erziehung des Prinzen von Preußen entbuns den und auf seine Güter verwiesen; 1771 rief Friedrich ihn zur Revue nach Stargard und sprach ihn jährlich daselbst wieder; ja, bei Gelegenheit des in Pommern einzuführenden Kreditsystems war er sechs Tage in Sans-Souci zum Besuche; in den Kriegesdienst aber wurde der rüftige, 1715 geborene Mann, nicht wieder aufgenommen. Grade eben so wurde der nachherige Fürst Blüchers Walstatt behandelt, welcher 1772 als Rittmeister in Polen in Ungnade fiel und 15 Jahre den Acker bauen musste; aber, als pommerscher Kreisdirektor des Königs schmeichelhafte Auszeichnung genoff.

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Bei der erweiterten Befestigung von Glaß fanden sich 1744 zwei Heiligenstatuen, Nepomuck und Florian, die zur dsterreichischen Zeit irgend wo aufgestellt gewesen waren. Man hob sie auf, bis der König nach Glah kam und fragte ihn, was damit gemacht werden folle. Der Florian, antwortete Friedrich, ist für's Feuer gut; indesfen mich geht er nichts an; aber den Schuhpatron von Böhmen müsfen wir in Ehren halten. Es soll auf dem Schlosse ein Thurm gebaut und der h. Nepomuck darauf gestellt werden. So entstand in den Wers ken der Festung Glaß der runde Thurm, dessen oberste Platteforme die Statue des heiligen Nepomuck einnimmt. Im nächsten Jahre sahe der König mit Lächeln den Heiligen an und sagte:,, es ist nicht recht, daß er das Gesicht nach Schlesien kehrt; hier hat er nichts zu thun. Nun kehrt der Heilige sein Gesicht nach Böhmen ').

Auch auf der Reise wurden alle Bittschriften, wie zu Hause, gnådig angenommen 2) und auf Alles, wo möglich, jeden Tag gleich vers

1) 3dner's Briefe über Schlesien. Theil 1. S. 426.

2) Ein schönes Fräulein v. Hohendorf, welches den König 1776 auf der Reise nach Preußen antrat, håtte er gern auf der Stelle mit einem Manne versorgt; s. Blick auf Gesinnung ze. S. 46 und Scheibler's Merkwürdigkeiten zur preuß. brandenb. Geschichte. Frankf. a. d. D. 1786. S. 109.

igt; nichts, verschoben. Kleines, wie Großes lag dem Könige im Herzen, nichts war ihm gering, Jegliches übersah er. "Fries drich, schrieb der Prinz von Ligne im Dezember 1786 an den Kdnig von Polen, war ein alter Herenmeister, dem nichts entging und der den feinsten Takt hatte, der jemals vorgekommen." Sein vortreffliches Gedächtniss umfasste die fremdartigsten Gegenstånde, bot seinen Forschungen über des Landes Wohlfahrt und Ges deihen reichen Stoff und erhielt die Beamten und jeglichen Andes ren, durch Lob und Tadel, in der thätigsten Regsamkeit. „On retient tout le monde dans son devoir par des visites qui se font de temps à autre dans les provinces;" so sagt er im Essai sur les formes du Gouvernement, und an Voltaire schreibt er, den 13. August 1775: „Ich für mein Theil suche bloß in meinem Vaterlande zu verhindern, daß der Mächtige den Schwachen uns terdrücke und bisweilen Sentenzen zu mildern, die mir zu strenge scheinen. Dies ist zum Theil meine Beschäftigung, wenn ich die Provinzen durchreise. Jedermann hat Zutritt zu mir; alle Klagen werden entweder von mir selbst untersucht, oder von Andern, und ich bin dadurch Personen nüglich, deren Existenz ich nicht einmal kannte, ehe ich ihre Bittschrift erhielt. Diese Revision macht die Richter aufmerksam und verhütet zu harte ́und strenge Prozedus ren." Als die französische Kolonie den Verlust eines ihrer Pris vilegien besorgte, schrieb der König ihr: „Vous n'avez rien à ap* prehender de ma part. Si je puis vous rendre service, oui, mais vous nuire jamais. "

So war Friedrich Allen im Lande nahe mit seiner Hülfe, ein Schuß der Guten, ein Schrecken der Bösen, ein wohlthätiger Bote des Höchsten an die Menschheit.

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Noch geben wir, zum Schlusse über die Reisen des Königs folgende Kleinigkeiten: Ein Nachtquartier wurde mit 100 Thalern, ein Speisequartier mit 50 Thalern bezalt. War der Wirth in den Dörfern, wo Revue gehalten wurde, ein Edelmann; so bekam er, außer den 100 Thalern wohl noch eine goldene Tabatiere, oder einen Ring, vier bis fünfhundert Thaler an Werthe. Übrigens hat der König selbst in vielen Jahren kein Geld bei sich geführt, außer im baierschen Erbfolgekriege sechs Dukaten, die er nicht einmal ganz ausgab, und zwei Thaler klein Geld, welches er größ

tentheils den schüchternen Bauern in Oberschlesien zuwarf. Invas liden Soldaten oder andern armen Leuten ließ er auf Reisen und Spazirritten gewöhnlich acht Groschen reichen.

Der König ließ sich stets, auch wenn Vorspannpferde gegeben wurden, von seinem Leibkutscher Pfund fahren, auf dessen Rechnung viele erdichtete, zum Theil sehr plumpe Anekdoten umgehen. Gelindigkeit gegen die Domestiken gehörte nicht unter die Lichtseiten in Friedrich's Karakter; und so wird auch Pfund keine besondere Ausnahme gemacht haben, der ein unverschämter Mensch war und, zehn bis zwölf Jahre vor seinem Tode, ohne Jahrgeld den Abschied bekam. Seine Verschuldung muss bedeutend gewesen sein, da er erst nach langem Bitten und auf die dringendsten Vorstellungen des Oberstallmeisters Grafen Schwerin sieben Thaler monatlich vom Könige erlangte, der ihm 1781 auch ein Haus in Potsdam bauen ließ; aber nur, als er gleichzeitig noch 34 andere Häuser daselbst aufführte und verschenkte ').

Endlich, um des Königs Jahresordnung mit diesem Abschnitte zu beschließen, wurde das potsdamer Schloss zum Winteraufenthalte bezogen. Die Neujahrswünsche nahm er in früheren Jahren in Berlin selbst an; spåterhin ließ er den Offizieren der berliner Garnison bei der Parole zum neuen Jahre Gesundheit, langes Leben und baldiges Avancement, bisweilen auch mehr Applikazion im Dienste wünschen 2). Die Karnevalszeit, vom 16. oder 25. Des zember bis zum 25., höchstens 26. Januar (im Jahre 1763 aber vom 17. Dezember bis 2. Februar), genoff der König in Berlin. Der 18. Januar, als Krönungstag, wurde mit größter Pracht ges feiert: der Hof speiste von dem goldenen Service, und die Kdniginn, wie die Prinzessinnen trugen dann die prächtigen Kleider, welche der König ihnen alljährlich am Neujahrstage schenkte.

Nach dem siebenjährigen Kriege hatte der König die Gewohnheit, mit der Prinzess Amalie eine sogenannte Table de Confi

1) Über den Leibkutscher Pfund s. Büsching's Zuverlässige Nachrichten. Historischer Anhang S. 29.

2) In gleicher Art erwiderte der König die den verschiedenen jährlichen Regimentslisten beigefügten schriftlichen Neujahrswünsche.

dence') zu halten, zu welcher vier geistreiche Damen eingeladen wurden: Gråfinn Camas, Frau von Kannenberg 2) (Schwester des Ministers Grafen von Finkenstein und, nach der Camas Tode, Obers hofmeisterinn der regirenden Königinn), die verwitw. Gråfinn Kamecke, geb. von Golomkin3) und Frau von Morien *). Dazu war der letzte Tag im Jahre gewålt, als an welchem die Herrschaft der Frauen beginnt. Jede der Damen fand unter ihrem Tellertuche eine Krone und einen Szepter von Zucker, anzudeuten, wie süß ihre Herrschaft sei. Die Gåste waren, bei gegenseitigem wißvollen Scherze sehr wohlgelaunt. Doch scheint diese vertrauliche Tafel mit dem Tode der Gråfinn Camas, welche wenigstens die Haupts person in dieser Gesellschaft war, aufgehört zu haben. Wenn wir eben hier noch der Kurfürstinn Antonie von Sachsen, der KaiserinnCatharine von Russland, der Kaiserinn Königinn Marie Theresie und der Landgråfinn Caroline Luise von Hessen Darmstadt gedens ken; so håtten wir wesentlich die vorzüglichsten Frauen beisammen, welche Friedrich, außer seiner eigenen Familie, besonders hochgeachtet.

Im Übrigen hatte die Karnevalszeit ihre bestimmten Luftbarkeiten. Nach der ersten Eintheilung vom Dezember 1741 ) war Sonntags Kour am Hofe; Montags Maskerade und Ball; Dinstags

1) S. Correspondance de Fréderic avec Mr. et Mad. de Camas. Avantpropos p. 12. Die Gräfinn Camas starb in Schönhausen den 2. Jul 1766, 76 Jahre alt; Mémoires de la Marggrafe de Bareith. T. 1. P. 119.

2) Geb. 1706, starb 1795; seit 1762 Wittwe; ihr Mann war Oberhofm. der reg. Königinn.

3) Geb. 1728, ftarb 1797.

4) An Frau v. Morien hat Friedrich im März 1765 seine poetische Epistel „Über das Zuviel und Zuwenig" gerichtet; in den Briefen aus der früheren Zeit, z. B. an Jordan, vom 29. April 1742, nennt der König fie,, Tourbillon." Ihr Mann war Oberhofm. der Königinn Mutter und Kammerherr gewesen; sie selbst zog sich 1774 im Oktober zurück.

5) S. Berlinische Nachrichten von Stats- u. Gelehrten Sachen. 1741. Nr. 144 den 2. Dez.

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