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laffen. Da sie den Präsidenten auf ihrer Seite hatte, so verwarf sie alle diese Bedingungen mit vielem Stolze, daher von beyden Seiten verschies dene Schriften gewechselt wurden. Da ihre årgers lichen und anstößigen Lehren das Vornehmste waren, was die Geistlichkeit wider sie einzuwenden hatte, und der Pråsident befürchten mußte, daß ste am Ende doch damit wider seine Clientinn durchdringen würde, so rieth er ihr, ihr Glaubensbekenntniß so kurz als möglich, aufzusetzen, damit er dasselbe dem Herzoge vorlegen, und den Ungrund der Bes denklichkeiten der Kirche damit beweisen könne. Man weiß, wie leicht es der mystischen Schwärz merey wird, sich in alle Sättel zu werfen, und sich in Worten allen herrschenden Religionen anschmier gen kann, wenn damit zu gewinnen ist. Es fiel daher auch der Bourignon nicht schwer, zumahl da sie sich dabey immer hinter Worte verbergen konnte, Es lautete demnach sehr orthodox und zwar folgens der Gestalt: „1. Ich bin eine Christinn, und glaube „alles, was ein wahrer Christ glauben muß. · 2. „Ich bin in der katholischen Kirche auf den Nahs men des Vaters, des Sohnes und des heil. Gets ftes getauft. 3. Ich glaube die zwßlf Artickel des apostolischen Glaubensbekenntnisses, und zweis „fele an keinem einzigen derselben. 4. Ich glaube, „daß Jesus Christus wahrer Gott und wahrer » Menschy ist, und daß er der Erlöser und Seligma

cher der Welt ist. 5. Ich glaube das Evangelium, „die Propheten und die gesammte heilige Schrift, so wohl alten als neuen Testamentes. ~ 6. Ich

will auch auf alle Puncte dieses Glaubens leben und, sterben, welches ich hiermit vor Gott und allen Menschen bezeuge. Zu dessen Urkund habe ich dieses mein wahres Glaubensbekenntniß eigens håndig unterschrieben, und mit meinem Petschafte besiegelt. Schleswig, den 13ten Mårz 1675. Antoinetta Bourignon.

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Poiret thut sich auf dieses Glaubensbekenntnis sehr vieles zu Gute, und bildet sich ein, daß es der Teufelsbrut 2c. den Geistlichen zu Schleßwig und allen ihren übrigen Gegnern den Mund auf ewig stopfen müssen. Es kann seyn, daß manche Hofleute sich dadurch täuschen ließen; Niemann und die übrigen Geistlichen, welche diesen Kniff der Schwärmer dieser Zeit schon kannten, ließen sich dadurch nicht blenden, sondern zeigten viels mehr, daß dieses schwankende Bekenntniß aller Ges stalten fähig sey, und bewiesen aus ihren eigenen Schriften, daß sie die Worte desselben in einem ganz andern Sinne nehme, als die protestantische und katholische Kirche. Sie erntete daher auch den Vortheil davon nicht ein, den sie und der Prähis dent gehoffet hatten. Die Geistlichkeit blieb stands haft bey ihrer Weigerung, und so vielen guten Wils len auch der Pråsident hatte, so konnte er doch das Krumme nicht gerade machen, denn auch ihr Pros Jeß mit den Våtern des Ocaterii zu Mecheln fieng an, schief zu gehen, so sehr sie auch mit ihren Vors Stellungen und Suppliken den Hof plagte.

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Indessen hatte sie auf der andern Seite dem Trost, daß ihre Träume dem Schein nach immer mehr Beyfall fanden, welches theils von dem Schus Be des Hofes, theils von der immer mehrern Vers breitung ihrer Schriften, theils aber auch von dem Widerspruche der Geistlichen, und der natürlichen Neigung schwacher Köpfe zu dem Neuen und Sons Derbaren herrührte. Es fanden sich daher aus allen Gegenden geistliche und leibliche Abenteurer bey ihr ein, welche sich zu ihr gesellen wollten; als lein, da der Widerstand der Geistlichkeit vornehms lich von ihrer Sectirerey herrührte, die sie bisher nur zu sehr verrathen hatte, so war sie doch jezt ein wenig behutsamer, und sagte, daß sie keine neue Religion stiften wolle, und keine andere Lehs re, ́als die Lehre Christi in dem Evangelio kenne; ungeachtet sie noch vor ein paar Jahren aus einem ganz andern Tone gesprochen hatte. Allein, daß das gleichfalls bloße Täuschung war, erhellet am besten daraus, daß sie teine solche Bedenklichkeiten. machte, wenn sie überzeugt zu ́seyn glaubte, daß die Personen, die sich ihr anbothen, ihren Absicht ten völlig gemäß waren. So nahm sie jetzt den oben schon genannten Nicol. Henning aus Flenss burg, einen schwachen trübseligen Kopf, der unter dem Vorwande Kriegesdienste zu nehmen, seine Frau und Kinder in Stiche gelassen hatte, zu sich in ihr Haus und in ihre Zucht. Allein sie genoß des Narren nicht lange, indem er wenig Tage darauf krank ward und in der Fieberhise, von welcher Poiret viel schönes zu sagen weiß, starb.

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Sie freute sich, daß sie nun schon zwey Kinder vor dem Herren hatte, den de Cort und diesen; es starb zwar bald darauf noch ein anderer ihrer Wechs selbålge, der ihr aber nicht so viele Freude machte, weil er in der Wiedergeburt verunglückt war, und daher immer noch zu viel vernünftelte und den nårrischen Grillen seiner Gebietherin nicht blinds lings gehorchen wollte. Doch da ihr Gott alles offenbarte, was sie nur wissen, und nicht wissen wollte, so ward ihr auch kurz darauf entdeckt, daß er sich in einem ganz leidlichen Zustande befinde. Doch dieser Verlust ward ihr bald wieder erseßt, indem der Doctor Joh. Schwammerdam, ein Medicus und Anatomicus aus Holland zu ihr kam, fich von ihr wiedergebåren zu lassen, und sich zu dem Ende einige Monathe bey ihr aufhielt. Die Söhne gelangen ihr immer besser als die Tochter, die sie der Mühe der Wievergeburt selten werth hielt, daher sie jenen zu Gefallen auch verschiedene Verhaltungsregeln aufsehte, die ihr, wie Poiret will, unmittelbar von dem heiligen Geiste eingege ben wurden.

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Doch die gute Hoffnung, die sie sich von der Gunst des Hofes und des Pråsidenten gemacht hats te, fiel går bald wieder in den Brunnen, denn der Teufel machte sich nun einmahl sein wichtiges Ges schäft daraus, ihr alles zu verhunzen. Er heßte den König von Dånnemark an, daß er den Herzog mit Krieg überziehen, und die Stadt Schleswig einnehmen und mit Truppen besehen mußte. Der Hof mußte flüchtig werden, und sich nach Hamburg

begeben, Kielmann aber ward gefangen genommen, und nach Kopenhagen geführet, und mit ihm verlor sie nicht allein ihre vornehmste Stüße, sondern auch alle Hoffnung, sobald zu dem Befiße der Insel Noordstrand zu gelangen., Es kann seyn, daß der Superintendent Niemann damit umgegangen, sie bey der nunmehrigen Dånischen Regierung, deren Strenge gegen die Schwärmer und Fantasten sie bereits in Flensburg erfahren hatte, anz geben; allein wenn auch das nicht gewesen wäre, so war doch jeßt nichts weiter für sie in Schleswig zu thun. Gott selbst befahl ihr Holstein zu verlassen, daher fie denn den lezten März *) 1676 ihren Anhang zurück ließ, und in Begleitung einer einzigen Magd dem Hofe nach Hamburg folgte.

Poiret sagt, man håtte glauben sollen, daß sie in dieser volkreichen und durch das Gewühle der Handlung zerstreuten Stadt nicht so genau wäre beobachtet worden; aber da es überall Teufel und Priester gebe, so könne man sich auch den Erfolg leicht vorstellen. Sie miethete sich bey einem ge wissen Manne vom Kriegesstande ein, der auch ein Fantast der ersten Größe war, und sie willig aufs nahm. Poftet nennt ihn zwar nicht; allein aus dem Moller **) erhellet, daß es Bertrant de la Tofte, ein Franzose war, der ehedem "Artilleries Oberster bey dem Churfürsten von Brandenburg gewesen war und sich jetzt in Hamburg aufhielt. Wie derb der Schuß war, den der Mensch bekoms

Nicht den 2ten wie Moller will.

*) Moller in Eimbria litterata, Th. a. S. 153.

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