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Constitution plethorisch ist, da müssen allgemeine Blutentziehungen vorausgeschickt werden. Wenn man nur eine geringe Zahl der Blutigel in die Nähe des Auges setzt, so steigern sie gewöhnlich die Entzündung durch den Reiz des Einbeifsens; allein wenn eine hinlängliche Anzahl derselben gesetzt wird, so kann man Verminderung des ent-zündlichen Leidens erwarten. Man hüte sich, dieselben an das obere oder untere Augenlied zu setzen, da wegen dem spongiösen Baue derselben nachtheilige Ekchymosen zu folgen pflegen.

Die von Hippocrates1) empfohlene, nachher von Woolhouse, Plattner 2) und Mauchart3) abermals vorgeschlagene Ophthalmoxysis ist nach allgemein anerkannter Erfahrung eine verwerfliche Handlungsweise. Nach Woolhouse wird dieselbe mittelst eines Kornährenpinsels, welchen man so verfertigte, indem man zehn bis fünfzehn Stücke der Hülsen von Kornähren, welche eine mit kleinen Stacheln versehene Ecke haben, mittelst eines gewichsten Fadens fest zusammenband, und das hierdurch gebildete Bürstchen an den äufsersten Theilen beschnitt, verrichtet. Wollte man dieses Instrument anwenden, so kehrte man das Augenlied um, und führte dann diese Kornährenbürste auf der innern Fläche der Augenlieder oder auf der Conjunctiva herum, je nachdem man dieser oder jener Blut entziehen wollte, welches auch bald nachflofs, und durch Bähen mit lauem Wasser befördert wurde. Dieses Verfahren aber ist verwerflich; denn ist der Pinsel, womit die Operation verrichtet wird, frisch und weich, so werden die an den Hülsen befindlichen Haken nicht

1) De visu. T. 2. p. 353. Edit. Lind.

Halleri Disp.

2) Dissertatio de scarificatione ocul. Lips. 1728.
3) De Ophthalmoxysi. Tubingae. 1726.
chirurg. Vol. 1. Nro. XVI.

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eingreifen, mithin auch die bezweckte Blutung nicht hervorbringen. Sind aber die Hülsen trocken and spröde, so brechen die Haken ab, bleiben als fremde Körper im Auge sitzen, und erhöhen demnach die vorhandene Entzündung. Man dringt nicht tief genug in die Conjunctiva ein, um eine hinlängliche Menge Blut zu entziehen. Auch wird die Geschwulst gewöhnlich durch das im Zellgewebe zwischen der Conjunctiva und Sclerotica befindliche extravasirte Blut vorzüglich hervorgebracht, wo dann diese Operation fruchtlos angewendet wird. Richter*) bemerkt noch, dafs dieser Operation oft eine Eiterung der verwundeten Oberflächen nachfolge, und dafs eine Verwachsung der Augenlieder mit dem Augapfel zu befürchten stehe. Letzteres jedoch ist zu bezweifeln, da die schleimhäutigen Flächen unter sich so lange nicht in Verbindung treten, bis dieselben durch den exulcerativen Procefs ihren Charakter und ihre individuelle Bildung abgelegt haben, und zur allgemeinen Zellform zurückgeschritten sind. Zweckmäfsiger bedienten sich die Alten statt der Kornährenbürste eines Werkzeuges, das den Namen Blepharoxyston führt, und löffelförmig gestaltet ist, so dafs die convexe Seite mit kleinen Erhabenheiten besetzt ist, oder dafs zwei auf einander befestigte Löffel durch Zusammendrücken so gegeneinander sich verhalten, dafs die Erhabenheiten des einen durch die Oeffnungen des andern hervortreten; diese Erhabenheiten sind lancettförmig gestaltet.

Man hat, dieses Verfahren verlassend, die Scarificationen der Conjunctiva aufgenommen, wel-, che auch in vielen Fällen als Hülfe bringendes Mittel empfohlen zu werden verdienen. Man bilde mittelst einer Lancette hinlänglich tiefe Einschnitte,

*) Anfangsgründe der Wundarzneikunst. 3. B. S. 36.

welche sich durchkreutzen; doch hüte man sich, zu tief einzudringen, z. B. die Sclerotica zu verletzen. Kleine Stiche sind fruchtlos, da sie wenig Blut geben und sich augenblicklich schliefsen. Die Ausschneidung des durch die laxe Conjunctiva hervorgebrachten Sackes, der gröfstentheils durch extravasi tes Blut gebildet ist, hat sich nach P. Frank's 1). Beobachtungen als ein zu empfehlendes Mittel bewährt. In Indien soll mit Vortheil bei den daselbst endemischen Augenentzündungen die Stirngegend und die Augenlieder scarifizirt werden 2).

Die blutigen Schröpfköpfe sind, um cine Localblutentziehung vorzunehmen, sehr tauglich, und wurden schon von den ältesten Aerzten in entzündlichen Krankheiten angewendet. Sie werden bei Augenentzündungen gewöhnlich auf der Scläfegegend angebracht.

Noch verdienen die ableitenden Mittel, welche ebenfalls entzündungswidrig wirken, hier eine kurze Erwähnung. Unter diesen werden besonders die Fufsbäder empfohlen. Sie eignen sich vorzüglich bei entstehenden, noch nicht zur Reife gediehenen Entzündungen, und in jenen Fällen der schon ausgebildeten Augenentzündungen, wo bedeutendes Zuströmen des Blutes gegen den Kopf Statt findet. Die Vesicantia und hautreizenden Mittel überhaupt werden dann mit gutem Erfolge angewendet, wenn die Augenentzündung durch Unterdrückung der Hautthätigkeit bedingt ist, besonders spricht sich die gute Wirkung derselben bei Entzündung der Schleimgebilde des Auges aus, deren Thätigkeit im Wechselverhältnifs zur Hautthätigkeit steht. Man hüte sich jedoch, Hautreize dem Auge zu sehr zu nähern. Will man von einem derivirenden Mittel länger Gebrauch machen, so bediene man sich des Haarseils. Auch

) De curandis hominum morbis epitome. T. II. p. 77. a) Sprengel, Geschichte der Arzneikunde. 1r Thl. p. 466.

trockene Schröpfköpfe können in der Absicht, eine Ableitung zu bewirken, angewendet werden.

Die Ausgänge der Entzündung sind verschieden. Wie das Senk blei den Schwerpunkt immer findet, so verhält es sich auch mit der Lebensstimmung der Organe; jedes hat eine gewisse Stimmung, unter und über welche es getrieben werden kann, allein immer kehrt es wieder zu dem ursprünglichen Tone zurück. Darauf beruht der Ausgang der Entzündung in Zertheilung. Die Funktionen der ergriffenen Gebilde treten in ihren normalen Zustand zurück, die Schmerzen im Theile hören auf, die Geschwulst verschwindet, ein Beweis des beginnenden Gleichgewichts zwischen Arterie und Vene, des Verschwindens der Stockungen, der Beschränkung der Wucherungen und übertriebenen Secretionen; endlich verschwindet die Röthe, ein Beweis für den erfolgten indifferenten Zustand des Capillargefäfses.

Ein anderer Ausgang der Entzündung ist die Eiterung. Der entzündete Theil producirt eine weifsgelblichte Flüssigkeit, welche von den übrigen Säften des Körpers verschieden und unter der Benennung Eiter bekannt ist. Es entwickelt sich der Eiterungsprocefs auf secernirenden Gebilden, indem die Thätigkeit derselben pathisch gestimmt eine andere Richtung nimmt, und daher qualitative und quantitative Veränderungen der Secretionen ohne Ulceration erfolgen. Hier bildet sich ein Eiterflufs, wobei der Eiter frei ausfliefst, wie bei der Ophthalmoblenorrhoe, oder eine Eiterergiefsung, indem sich der Eiter in eine vorhandene Höhle ergiefst, wie dieses bei Iritis und der defshalb exsudirenden serösen Oberfläche der Iris Statt findet, woraus sich das Hypopion bildet. Aber nicht allein auf der Oberfläche, sondern selbst in der Tiefe des entzündeten Theiles, als Folge des gesteigerten

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Lebens und der innern Regung, kann Eiterbildung statt finden, indem der entzündete Theil zum absondernden Organe sich hinaufsteigert, wie dieses beim Hornhautabscefs der Fall ist. Auch bei jeder Granulation scheint das erwachende Zellgewebe seine Entwicklung durch Eiterabsonderung zu beurkunden. Die Eiterung geschieht demnach durch pathische Stimmung eines absondernden Organs, oder durch Bildung eines pathischen absondernden Organes.

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Der Eiterungsprocefs ist entweder plastischer Natur, indem sich die bildende Tendenz ausspricht, so, dafs hier dieselbe nur als Ausgleichung des Differenten erscheint, wie die elektrische Spannung in der Wasserbildung erlöscht. Oder aber der Eiterungsprozefs zeigt den Charakter der Zerstörung. Der letztere, auch colliquativer oder Aftereiterungsprocefs genannt, beruht auf einem gesunkenen Zustand der Lebensthätigkeit des Capillarsystems, auf Entmischung der Säfte, so, dafs die secernirte Flüssigkeit mit Blut gemischt und im Zustand der Verderbniss hervortritt.

Beer*) bestimmt den ächten, plastischen zur Reproduktion tauglichen Eiter durch folgende Zeichen: er soll milde und undurchsichtig seyn, einem weifsgelblichten Breie gleich sehen, und den ihm eigenthümlichen Geruch besitzen; er röthet weder die Lacmustinktur; noch färbt er den Veilchensaft grün; auch ist er im Wasser unauflöslich. Die Jauche hingegen, das Produkt des deleteren Eiterungsprocefses, ist grün, braun, mit Blut gemischt, übelriechend, oder dünne und halbdurchsichtig. Uebrigens lässt sich über die Gutartigkeit des Eiters nichts festes bestimmen, da derselbe durch äufsere Einwirkungen verändert

1) Lehre von den Augenkrankheiten. 1r B. S. 52.

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