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kann, der keine menschliche Inclinationen hat, der sich schåmt, nit reiten noch schießen kann und dabei mal-propre an seinem Leibe, feine Haare wie ein Narr sich frisiret und nit verschneidet und ich alles dieses tausendmal repremandiret, aber alles umsonst und keine Besserung in nits ist. Zum andern hoffåhrtig, recht baurenstolz ist, mit keinem Menschen spricht, als mit welche, und nit popus lar und affabel ist, und mit dem Gesichte Grimmassen macht, als wenn er ein Narr wåre, und in nits meinen Willen thut, als mit der Force angehalten; nits aus Liebe und er alles dazu nits Lust hat, als seinem eigenen Kopf folgen, sonsten alles nits nåße ist. Dieses ist die Antwort. Friedrich Wilhelm."

Wir müssen hier des Dresdener Hofes gedenken, welcher, damas liger Zeit etwas zügellos1), auf den Kronprinzen nicht ohne bedeus tenden nachtheiligen Einfluss gewesen zu sein scheint. Kursachsen war, durch die preußischen Werbungen, mit dem Berliner Hofe vor einiger Zeit in Unfrieden gerathen, so daß es selbst seinen Gesandten, von Suhm, 1727, abberufen. Indessen stellten der såchstsche Generalfeldmarschall Graf von Flemming und der kaisers liche Gesandte bei dem Könige von Preußen, Graf Seckendorf, das gute Vernehmen zwischen beiden Mächten wieder her. Fries drich Wilhelm brach am 13. Januar 1728 von Potsdam auf und überraschte den König von Polen in Dresden, wo Friedrich, von Graf Finkenstein und von Kalkstein begleitet, am 15. auch eintraf, den Orden vom weißen Adler mit kostbaren Brillanten bekam und mit dem nachherigen Maréchal de Saxe, Grafen Moriz, lebenslange Freundschaft schloff. Erst den 12. Februar kehrten die preußischen Herrschaften zurück, als die Karnevalsluftbarkeiten (Opern, Komödien, Redouten, Caroussels, Illuminationen,

1) La Saxe galante. Amsterd. 1734, und Königs Historische Schilderung, sammt den Memoiren der Markgråfinn von Baireuth lehren den Unterschied zwischen dem damaligen Dresdener und Berliner Hofe genau kennen. Als August von Sachsen mit seinem Kurprinzen und einem Gefolge von 500 Personen den 26. Mai 1728 nach Potsdam kam, machte das Militair, die Gewehrfabrik und ein Schnepperschießen im Luftgarten, wobei zwei Medaillen, (von Großkurth und Koch auf die Gelegenheit geprägt) als Gewinnste ausgetheilt wurden, die Unterhaltung.

Feuerwerke, Jagden),

im üppigsten Glanze beendigt waren. Bei diesem Besuche nun führte König August von Polen unferm Kronprinzen, den er in die Gråfinn von Orzelska, die eigene Tochter und Buhle'), verliebt sahe, eine seiner zahllosen andern Geliebten, die schöne Formera zu. Der einmal gefrånkten Uns schuld wurden immer tiefere Wunden geschlagen. Eine wüste Zeit nimmt in Friedrichs Herzen Plag: er giebt sich ganz wildem Umgange mit losen Frauen hin. Die leitenden Gesellschafter, Oberst von Rochow und Major Baron von Keyserlingk, welche der König, statt der bisherigen Erzieher, 1729, ihm zugeordnet 2), hatten kein Gewicht über ihn; die Jugendfreunde, von Keith, Page des Königs, und, seitdem dieser als Lieutenant nach Wesel verseßt war, der Lieutenant von Katte bei den Gens'darmes in Berlin, mahnten nicht erfolgreich auf den Weg der Tugend zu« rück. Friedrich war, wie Titus') vor seiner Thronbesteigung, in eine schwere Verirrung versunken, welche seines Vaters streng fittliche Lebensansicht höchst stråflich finden musste. Ueber diese Nachtseite in des Prinzen Jugendleben kann man vergleichen, was die eigene Lieblingsschwester in ihren Denkwürdigkeiten erzählt *), die zwar etwas leidenschaftlich und ohne Nachsicht gegen die Verwandten, aber mit unverkennbarer Treue geschrieben sind, schågbare Beiträge zur Geschichte des Berliner Hofes in der Zeit, von der wir eben sprechen. Auch Friedrich selbst deutet mehrfach in seis nen Schriften auf die Jugendverirrungen") hin, namentlich in dem Schlusse der Epistel an seinen Bruder August Wilhelm; und dem Obersten von Camas schrieb er den 18. März 1740:

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1) Poellnitz Histoire des quatre derniers Souverains. T. 2. p. 174; Mémoires de la Margrave de Bareith, T. I. p. 104, 117.

2) Poellnitz, Mémoires T. 2. p. 186.

3) Tacitus Historiarum 1. 2. c. 2.

4) T. I. p. 104. 111. 120. 131. 159.

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5) Was der Ritter v. Zimmermann in seinen Fragmenten S. 75, und 78 von einem Doktor von Malchow, und S. 80 von einer kleinen Verstümmelung" sagt! ist die schamloseste Lüge; f. Freimüthige Anmerkungen über des Ritters von Zimmermann Frage mente. 1. Abthlg. S. 134-145, und Büsching's Zuverlässige Betträge. Historischer Anhang S. 20.

während die ältere im Grundtone des Karakters, d. h. in der Freiheit sich selbst zu bestimmen, mehr des Kronprinzen Schicksal hatte.,,Fritz ist ein Querpfeifer und Poet, pflegte der König zu sagen, er macht sich nichts aus den Soldaten und wird mir meine ganze Arbeit verderben!" Auch der Große Kurfürst war, wie sein Urenkel in den brandenburgischen Denkwürdigkeiten1) erzählt, gegen seinen Sohn aus der ersten Ehe so erbittert, daß er die Nachfolge gern auf seinen zweiten Sohn Philipp würde haben übergehen sehen. Unser Kronprinz, sagt man, zeigte sich bereit, den wiederholten dringenden Anforderungen zu genügen und, zu Gunsten seines jüngeren Bruders, dem Thronrechte zu entsagen, wenn der König erkläre, daß er unehelich geboren sei"). Mit solchen Bedingungen war der Vater, als keuscher und treuer Eheherr, leicht zurückgewiesen. Dennoch wuchsen über Friedrichs Haupte die Ungewitterwolken immer drohender zusammen und ein furchtbarer Gewitterstrahl fuhr nur so eben an seinem Dasein mit blog schreckhafter Erschütterung hernieder. Nächsten Anlass gab. wieder die heimliche Sorge der Königinn, deren Lieblingsgedanke schon seit 1719 es war, ihre Tochter Wilhelmine mit dem Herzoge von Glocester, welcher 1727, als sein Vater König von England wurde, den Titel eines Prinzen von Wales annahm, und dann auch ihren Sohn Friedrich mit der englischen Prinzess Amalie vermålt zu sehen. Der König war dieser Doppelheirath Anfangs sowenig abgeneigt, daß seine Gemalinn diefelbe mit ihrem Bruder Georg II. einzuleiten sogar Erlaubniss bekam und daß beide Pärchen der am 9. November 1723 geborenen ) Prinzess Amas lie als einzige Taufzeugen gegeben wurden. Da indess der englische Hof die Verbindung ungebürlich hinhielt; so nahm Friedrich Wilhelm dies endlich sehr übel. überhaupt hatten auch hier, wie im ganzen deutschen Reiche, die preußischen, fast gewaltsamen Wers bungen, das alte gute Vernehmen schon långst getråbt. Georg. I. hatte immer große Rekruten nach Potsdam geschenkt; aber das genügte nicht. Preußische Werber entführten seit dem Jahre 1724

1) T. 2. gleich zu Anfange.

2) Büschings Charakter. S. 180.

3) Mémoires de la Margrave. T. 1. p. 81.

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große Leute von dem hannöverischen Gebiete, beredeten auch sogar schöne hanndverische Soldaten zum Entweichen in die preußischen Lande, also zum Meineide, welchen Friedrich Wilhelm als Christ doch verabscheuete. Aber die blinde Sucht nach großen Leuten überwand alle übrige Gefühle und Grundsäße, auch die vielbekannte gute Geldwirthschaft am Berliner Hofe, der, wie Fassmann1) gewiss nicht zu hoch angiebt, in den Jahren 1713 bis 1735 zwölf Millionen Thaler Werbegelder in die Fremde geschickt hat. Doch, man muss die Denkwürdigkeiten der Markgråfinn von Bais reuth, Seckendorfs Lebensbeschreibung, Morgenstern's und Fassmann's Schriften eingesehen haben, um von den preußischen Werbehåndlen damaliger Zeit und von den tausendfältigen Verdrüß lichkeiten, welche dem Könige daraus erwuchsen, ein klares Bild zu haben. Zwischen Berlin und Hannover, zweien so nahe vers wandten Fürstenhäusern, gingen über die Werbehåndel Spans nungen und aus diesen offenbarer Hasf hervor. Preußen nahm es übel, daß seine Werber im Hanndverischen verhaftet wurden; es verdross Friedrich Wilhelm, daß sein Schwager, dem stets beos bachteten Brauche des vorigen Königs von England entgegen, und, ungeachtet von Berlin aus daran erinnert wurde, es versäumt, ihn seine Ankunft in Herrnhausen, Anfangs Jun 1729, wissen zu lassen. Andere kleine Neckereien, vielleicht gar feindselige Erins nerungen aus der frühesten Jugend kamen dazu; Österreich schürte den Funken zur Flamme: so drohete ein Krieg. Schon im Jun 1729 standen 44,000 Preußen unter Fürst Leopold von Defsau auf dem Kriegesfuße, das Regiment Gensd'armes war bereits von Berlin aus in Halberstadt eingerückt, drei Bataillone Garde folgten; Pontons und Geschüße standen zum Aufbruche fertig; so die ganze Besatzung der Königsstadt. Auch Georg, verstärkt durch dänische und hessische Hülfstruppen, ließ marschiren. Beide Theile machten der Welt ihre Gründe und Beschwerden kund. Da übers nahmen, den 5. Septbr. 1729, die Herzoge von Braunschweig und von Gotha die Vermittelung, und die nach Braunschweig abs geordneten Bevollmächtigten erhielten, im April des folgenden Jahres, wenigstens die äußere Ruhe. Aber, alle freundliche Zus

1) Leben und Thaten. Theil 1. S. 723.

Friedr. d. Gr. I.

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neigung war erloschen; beide Könige machten sich, ohne Hehl, über einander lustig. Nannte Georg den Schwager seinen lieben Bruder den Unteroffizier" und des heiligen römischen Reichs Erzsandstreuer" (Archisablier); fso nannte dieser ihn dafür seinen ,,lieben Bruder den Komödianten'). Selbst bei Tafel, im Angesichte der Königinn, fielen zu Berlin solche Schmähreden vor. Dennoch gab die englischgesinnte Partei am preußischen Hofe ihre Absichten auf jene Doppelheirath nicht verloren. Die Köniz ginn hatte ihre beiden Kinder für sich und fand besonders au dem Minister Baron von Knyphausen Rath und Beistand; während ihr Gemal durch den Fürsten von Anhalt- Dessau, durch den Generallieutenant Minister von Grumbkow und durch den kaisers lichen Gesandten Generalfeldzeugmeister Grafen von Seckendorf immer mehr gegen diese Eheverbindung eingenommen wurde. So entstand am preußischen Hofe ein unheilbarer Zwiespalt. Beide königliche Eheleute, die sonst in so herrlicher Eintracht der altvåterlichsten Treue gelebt hatten, belauschten einander misstrauisch; Fräulein von Wakenik, Hofdame der Königinn, Fräulein von Leti, die erste Kammerfrau Ramm, sowie der Leibchirurgus und Kammerdiener Eversmann, ein besonderer Anhänger von Grumbkow und Seckendorf, spielten die verderbliche Rolle der Zwischentråger: die Freunde und Minister des Königs bauten auf diese Nachrichten weiter alle häusliche Freude war verkümmert und der Kronprinz wurde von seinen Entwürfen, sich nach England zu flüchten vor der våterlichen Hårte, nicht abgemahnt.

Es wird, auch des Folgenden wegen, nicht zweckwidrig sein, bei den hier berührten Kabalen noch einen Augenblick zu verweilen, besonders, um die beiden wichtigsten Mitspieler in denselben, den Fürsten von Dessau und den Grafen Seckendorf etwas nåher kennen zu lernen. Leopold, der schon unter Friedrich I. großen Kriegesruhm gewonnen, wurde, als dessen Sohn den Thron bestieg, die Seele des ganzen preußischen Heeres. Nur der nachherige Feldmarschall von Grumbkow, ein Mann von vielem Geiste und von großer Gewandtheit in Geschäften, theilte seine Gunst und

1) Friedrich im Leben seines Vaters, beim Jahre 1727 und Histoiro de mon temps, chap. 2.

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