Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Thietmar sprechen. Nach dessen Abschiede las Waltherd, obwohl er es zuerst abgelehnt, doch, weil es der Tag des heil. Stephan und Sonntag war (inventio Steph. 3. August), die Messe, und zwar seine lehte. Am Donnerstage (7. Aug.) kam Thietmar wieder nach Merseburg und erfuhr, als er dort auf des Erzbischofs Ankunft wartete, daß dieser in krankem Zustande (non bene valens) zu Wagen nach Giebichenstein (Jvicansten) unterwegs sei. Den nächsten Tag ritt Thietmar dorthin und fand dort den Bernward, Bischof von Hildesheim, welcher theils der Einsegnung (benedictionis), theils der Heilung wegen, auf die er sich gut verstand, zum Erzbischof berufen war, ferner den Grafen Friederich (Frithericum) (von Eilenburg), dessen Bruder Graf Dedi war. Als Thietmar eintrat, empfing ihn Waltherd in einem Sessel (solio) fißend sehr freundlich und blickte auf seine Füße hin, welche von der gewöhnlichen Geschwulst weniger beschwert waren. Er bedauerte das aber, weil, wenn diese geschwollen waren, sein Leib (venter) sich leichter befand. Er erklärte dem Thietmar, daß, wenn er wieder gesund würde, er keinen treueren Freund als ihn haben sollte. Bis zum Abend blieb er bei ihm, verließ ihn aber dann wider Willen, weil der folgende Tag der Vorabend des St. Lorenztages war, dessen Feier auf den Sonntag fiel. Thietmar hielt vor dem hinzuströmenden Volk eine kurze Predigt und bat dann um die gemeinsame Fürbitte für den kranken Erzbischof. Am Dienstag (12. August) kam er wieder von der ersten Hora zum Waltherd und fand den Bischof Eid (von Meißen) vor, der sich eifrig im Gebet um den Sterbenden bemühte. Als Thietmar ins Zimmer des Kranken trat, konnte derselbe nicht mehr sprechen, schien auch Niemanden mehr zu erkennen. Es kamen darauf auch, während er noch lebte, die Bischöfe Arnulf und Hilliward nebst Meinwerk und Erich an, welche ihm alle den Segen und die Absolution ertheilten. Thietmar aber falbte ihn an den schmerzhaftesten Stellen mit dem heiligen Dele. Auch Herzog Jarmir (von Böhmen), den sein Bruder und Gefolgsmann (satelles), Othilrich, alle seine Pflichten vergessend, am leztvergangenen Ostersonnabend aus seinem Reiche vertrieben, was den Jarmir genöthigt hatte, zu dem ihm zwar verwandten, aber ihm bisher feindlichen (Herzog) Bolizlaw zu flüchten. Er hatte den Erzbischof um seine Fürsprache beim Könige angehen wollen, da er ihn aber sterbend fand, so bat er unter Thränen, er möge ihm doch, als ein Zeichen, das ihn bei den Anwesenden empfehle, die Rechte reichen. Als sich nun Waltherd zum Sterben neigte, so machte er, indem er sich etwas wie abwehrend zur Linken wandte, mit Anstrengung das Zeichen des Kreuzes, dann aber verzog er, Körper und Antlig abwendend, das Gesicht wie zum Weinen, worauf seine Züge wieder heiter wurden. Von Schmerz überwältigt, ging Thietmar hinaus, und mittlerweile hoben die Anwesenden den Halbentseelten aus dem Bette und legten ihn auf einen Teppich. Als man darauf die Kerzen angezündet hatte

ward Thietmar gerufen und er fand den Erzbischof bereits im Todeskampfe begriffen, mit der Stola angethan. Auf seiner Brust lag ein Crucifix, in den Händen hatte er Asche und war mit einem härenen Untergewande (cilicium) bekleidet, wie Bischof Eid es zeigte. Am 12. August gegen Abend, während noch Weihrauch gespendet wurde, gab der Erzbischof seinen Geist auf. Als nun alle Anwesenden weinten, that Bischof Thietmar es nicht, aus einem Grunde, den er verschweige. Die Eingeweide wurden nun herausgenommen und innerhalb des Raums von der Kirche bis zum Sterbehause beerdigt und dann die Leiche zubereitet und vor den Altar gesezt. Nach gehaltener Seelenmesse und nach genossener Mahlzeit geleiteten dann die Betheiligten die Leiche noch an denselben Tage bis Könnern (Conici). Unterwegs kamen ihm seine trauernden Diener und Vasallen (familia) entgegen. Als man am Tage darauf zu dem unter dem Kloster Berge (iuxta montem Sti. Johannis) liegenden Dorse kam, erschien der ganze Clerus weinend und trauernd und eine große Schaar von Juden und Waisen, deren Vater er gewesen war, erhoben laute Wehklagen und als der Leichenzug in die Domkirche eintrat, so empfing seine ganze Verwandtschaft (amici et hereditarii) die Ankommenden unter großer Trauer.

Hierauf trat Thietmar mit dem übrigen Convent zusammen und sie wählten, mit Ausnahme des Benno, den Neffen Thietmars (nepotem), d. h. Thiedrich, zum Nachfolger des Verstorbenen, nicht weil sie hofften, daß er es werden könnte denn er war zu jung —, sondern um das Wahlrecht zu wahren und aus Liebe zum Erzbischof Tagino. Am Abend kam Bischof Arnulf und bemühte sich sehr in dieser Angelegenheit (quibuscumque valuit bonis ad haec aspirans). Nachdem dann am folgenden Tage die Wahl wiederholt worden war, wurde die Leiche des Erzbischofs am südlichen Flügel der Kirche (in australi manica) zur Rechten seines Vorgängers bestattet und zwar am Tage vor Marien Himmelfahrt (14. August). Als die Königin dies erfuhr, meldete sie es durch ihren Mundschenken Gero dem Könige, der mit dem Heere vor Met lag. Als dieser sich erkundigt hatte, wie die Sachen in Magdeburg ständen, übertrug er der Königin die Verweserschaft im Reiche.

Thietmar schildert den verstorbenen Erzbischof als streng in seinem Aeußern, doch mild im Innern. Er fürchtete Gott und liebte den Nächsten. Seine Fleischesschwachheit fühute er durch bittere Reuethränen und durch ungemein reiche Almosen. Durch solche Eigenschaften war er beim Könige beliebt und bei den Großen des Reichs sehr angesehn und Erzbischof Tagino hatte vor ihm nur die erzbischöfliche Weihe und den Titel voraus. Er war wahr und theilnehmend und ein tapferer Streiter für seine Kirche; ohne Prahlerei half er vielfach seinen Nachbaren, und nahm man wahr, daß er sich selbst genügte. Thietmar hörte ihn selbst es beschwören, daß er nicht aus Ehrgeiz, sondern um der bedrängten Kirche zu helfen, nach der erzbischöflichen Würde gestrebt habe.

Auch habe er dieselbe gern zwei geistlichen Mitbrüdern übertragen gesehen, wenn er nur Aussicht gehabt hätte, es durchseßen zu können. Er war gerecht und fest in seinen Entschlüssen. Lob von Andern begehrte er nicht, doch versagte er es Anderen auch nicht. Seiner vornehmen Herkunft machte er nie Schande. Sein Vater war Herr (senior) Erp, von löblichem Lebenswandel, allen seinen Zeitgenossen theuer, seine Mutter Amulred leuchtete durch fromme Zucht und ein dem Herrn wohlgefälliges Wirken vor anderen Frauen hervor. Nach ihres Gemahls Tode gab sie alle Güter, über welche sie zu verfügen hatte, zu seinem Seelenheil der Kirche. Dem Waltherd ward es im Traume verkündigt, daß er Erzbischof von Magdeburg werden würde, und in dem Jahre, wo dies geschah, hatte eine Matrone ein Gesicht, in welchem ihr seine Mutter erschien und Taginos Tod und Waltherds kurze Regierung als Erzbischof verkündigte. Er soll dies auch selbst vorher gewußt und einmal seine nicht im geistlichen Stande lebende Schwester (die andere war in einem Kloster) zu sich gerufen und sie an ihr Versprechen erinnert haben, wenn sie ihn beerbe, sein Gut in Olvenstedt (Osulfstidi) dem heil. Moriß zu schenken. Nachdem sie ihm alles versprochen, habe er ihr gesagt, er werde nicht lange mehr leben; doch hatte er nicht an seinen plöglichen Tod gedacht. Er war 28 Jahre (Dom)Propst und versah dieses Amt in ausgezeichneter Weise. Zur Aufnahme von Heiligengebeinen ließ er (fecit) einen gewaltigen (ingens) silbernen Sarkophag machen. Die in Folge eines Brandes zerstörte große Rundkirche (vgl. Zusaß der Magdeburger Schöppenchronik S. 84) in Magdeburg ließ er von Grund auf neu errichten und bestimmte für ein daselbst zu gründendes Stift (canonicorum congregationem) das obenerwähnte Gut (in Olvenstedt). Er sprach nicht viel, sondern hielt manches an sich, was er zu gelegener Zeit aussprechen wollte. Sehr bedauerte er vor seinem Ende, daß er die Kirchen und die Geistlichkeit seiner Diöcese nicht mehr habe weihen können; wegen des Palliums aber betrübte er sich gar nicht. Er hatte sich eine große Anzahl (ineffabilem copiam) Bücher sowie einen bedeutenden erzbischöflichen Ornat (apparatum) und viele das Weltliche betreffende Dinge angeschafft, was bei seinem Tode alles in viele unnüße Hände zertheilt wurde; denn auf dem erzbischöflichen Stuhle saß er nur 7 Wochen und 2 Tage.

Thietmar sagt, er habe sich nur deshalb über Waltherd weitläufig ausgelassen, damit sich Niemand über den plößlichen Tod wundere oder denselben gar dessen Schuld beimessen möge, denn vor ihm hätten Manche 30 Jahre auf dem erzbischöflichen Stuhl gesessen und sich nicht so viel Verdienste erworben, wie er. Als Thietmar sich am 28. October (Tag Simonis und Judä) bei der Besaßung in Meißen (Misni) befand, erschien ihm im Traume der verstorbene Erzbischof Waltherd und verkündigte ihm, daß er die Buße völlig überwunden habe, er (Thietmar) dürfe nun zum Danke die Glocken läuten lassen.

Dann fragte Thietmar die Erscheinung, ob sie wisse, daß den Nachreden vieler Leute zufolge des Königs Gunst ihm entzogen sei, weil er beabsichtigt habe, bald nach seiner Weihe (ordinationem) Manches gegen ihn (den König) zu unternehmen und Waltherd betheuerte darauf dringlich und nachdrücklich seine Unschuld. Thietmar sezt noch hinzu, er habe später von wahrhaften Personen gehört, daß Waltherd am Tage aller Heiligen (1. November) vor Gottes Angesicht zu erscheinen gewürdigt worden sei.

Sodann versichert Thietmar, er habe solches Lob zur Steuer der Wahrheit gesagt, denn Waltherd habe vor seiner Weihe nicht viel von ihm gehalten und um des Vortheils seiner eigenen Kirche der seinigen (Thietmars) Vieles in den Weg gelegt. In Wirklichkeit sei an Waltherd alles noch größer, als er es dargestellt habe.

Als nach Waltherds Bestattung der Bischof Erich (von Havelberg) vom Könige an Thietmar gesendet wurde, um die geschehene Wahl zu melden, wendete sich dieser in einem Schreiben an den König, in welchem er ihm die Entschädigung der Merseburger Kirche für ihre Verluste ans Herz legte. Thietm. chron. 1. VI. c. 45-47 in M. G. III. p. 826-829.

564) 12. August (1012)

starb (Erz)Bischof Walthard (von Magdeburg).

S. Necrolog. Magdeb. de 946-1033 in den Neuen Mittheilungen X. 2, p. 263 und Necrolog. Magdeb. de 1325/53. Ibid. 1. c. p. 266.

565) 12. August (1012)

starb der Erzbischof Walthard (von Magdeburg).

S. Necrolog. Molenbec. ap. Schannat Vindem. litt. I. p. 140.

566) 18. August (1012).

Papst Benedict übersendet dem Erzbischof Walthard von Magdeburg auf dessen Antrag das Pallium mit der Verordnung, es zu Weihnachten, Epiphanias, Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten, an den Festtagen des heil. Johannes, der Apostel Petrus und Paulus, der heil. Jungfrau Maria, des Stifts-Patrons, ferner am Tage der Domweihe, seinem eigenen Geburtsfeste und bei der Weihe der Suffraganbischöfe sowohl in der Domkirche als sonst an andern Orten und auf Reisen anzulegen und eine Kreuzfahne vor sich her tragen zu lassen. Er verordnet ferner, daß beim Erzstift 12 Presbyter ordinirt und bei ihren Ministrationen am Hochaltar mit Dalmatiken, an Festtagen mit Sandalen bekleidet sein sollen; sodann sollen die 7 Diaconen (vom Domcapitel) täglich, mit Ausnahme der Fasttage, der Dalmatiken, zu den Festzeiten der Sandalen sich bedienen. Der Erzbischof von Magdeburg solle zu den Cardinal-Erzbischöfen der

Römischen Kirche gehören und in allen Stücken denen zu Trier, Köln und Mainz gleich stehen. Schließlich bestätigt er das Erzbisthum mit allem feinem Zubehör und nimmt es in seinen Schuß, gleichwie dem Vorgänger des Walthard, Adalbert, dies vom Papste bestätigt ist.

Scriptum per manum Benedicti Notarii Regionarii et Scrinarii sancte Romane ecclesie in mense Augusto, indictione decima Bene vale.

Datum XV. Kalendas Septembris per manum Petri Episcopi sancte Prenestine Ecclesie et Bibliothecarii sancte sedis Apostolice, Anno Benedicti Octaui Pape primo, mense et indictione suprascripta decima. Gedruckt bei

v. Dreyhaupt Beschr. d. Saalkreises I. p. 24, 25.

567) 19. August (1012)

stirbt Walthard, Erzbischof von Magdeburg.

S. Necrologium ecclesiae S. Mauritii in Hallis, gedruckt in Würdwein, Subsidia diplomatica X. p. 410..

569) 20. August 1012.

Auf die Nachricht vom Tode Waltherds, Erzbischofs von Magdeburg, zog Herzog Bolizlav von Polen mit seinem Heere vor die Stadt Lebus (Liubusua), wissend, daß wegen der durch die Elbe verursachten Ueberschwemmung die Belagerten keinen Entsag erwarten konnten. Am 20. August (13. Kal. Sept.) richtete er bei Eroberung der Stadt ein großes Blutbad ́an. Thietm. chron. 1. VI. c. 48 in M. G. III. p. 829.

Vgl. Magdeb. Schöppenchronik herausg. von Janicke S. 84.

[merged small][ocr errors][merged small]

In Magadaburg, wo Thietmar, Bischof von Merseburg, auf Ansuchen des Propstes Reding zwei Altäre, den einen an der Begräbnißstätte des Erzbischofs, den andern im nördlichen Theile derselben (Dom-) Kirche am 22. August weihte, hörte derselbe die Nachricht von dem Ueberfalle von Lebus durch Herzog Bolizlav (20. August) und eilte sofort nach Merseburg zur Königin. Alsbald wurden die Landesgenossen (conprovinciales) angewiesen, an der Mulde (Milda) zu lagern und die Ankunft des Königs abzuwarten. Dieser kam aus dem Westen zurück und war bestrebt, seinen Kaplan Gero in die erledigte Stelle als Erzbischof von Magdeburg zu bringen. Bischof Erich von Havelberg eilte zwar zu ihm, mit der Nachricht von der geschehenen Wahl Thiedrichs, aber der König ging darauf nicht ein, sondern machte diesen an Geros Stelle zum Kaplan. Zu St. Matthäi (21. September) ging der König nach Seehausen (Sehusun), wohin sich auch Bischof Thietmar

« ZurückWeiter »