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len geschehe mit beiden Augen, da dieses immer nur mit einem Auge geschieht 1). Stellt sich das schielende Auge nach innen, so entsteht der Stra→ bismus convergens, stellt sich dasselbe nach aussen, so bildet sich der Strabismus divergens. Im Anfange der Krankheit sieht der Schielende gewöhnlich doppelt, weil derselbe mit dem aus der Sehaxe verrückten Bulbus nicht denselben Punct, welchen das normale Auge beobachtet, fixirt.

Ausser den angegebenen Arten des Schielens ist noch das unvollkommene und das periodische Schielen zu berücksichtigen. Das erstere findet nur in einer bestimmten Richtung des Auges und bei gewisser Entfernung der Gegenstände Statt, wo hingegen das letztere durch vorübergehende Ursachen gesetzt, aufhört und wiederkehrt.

Man hat geglaubt, die Ursache des Schielens beruhe auf einem fehlerhaften Baue der Häute des Auges oder auf einer abnormen Insertionsstelle des Sehnervens des leidenden Auges, was aber dadurch schon widerlegt wird, dafs dann das Schielen immer angeboren seyn müfste, was es jedoch selten ist. Es geht aus den Erscheinungen, welche dieses Uebel darbietet, deutlich hervor, dafs eine Affection der Muskeln hier zu Grunde liege, dafs eine Störung im Gleichgewichte derselben bestehe. Dieser Zustand vermag durch Gehirn- und Nervenleiden 2), durch Catalepsie, Hydrocephalus, Epilepsie, durch entferntere Reize, durch Würmer, durch Lähmung eines oder des andern Augenmuskels 3) durch Verkürzung), die 1) Boyer, im a. W. S. 599. 5. B.

2) Der Strabismus ist der gewöhnliche Vorläufer und Be-
gleiter der Amaurose.

3) Sauvages (Nosologia methodica T. 1. p. 528) bemerkt,
dafs durch Lähmung, Verwundung, Geschwüre etc. der
eine Muskel erschlafft werde, der Antagonist aber con-
vulsivisch sich contrahire und das Schielen sich bilde.
4) Delpech (Précis elementaire des maladies reputées chi-
rurgicales T. 1. pag. 651) giebt dieses als vorzügliche

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entweder angeboren ist, oder, wie oben gezeigt wurde, durch Entzündung eines der Muskeln entsteht, hervorgerufen zu werden. Daher wird bei der fehlerhaften Gewohnheit, den Kindern die Gegenstände zu nahe, oder immer in einer Richtung vorzuhalten, leicht durch vermehrte Contractilität des thätigen, bewegten Augenmuskels ein Schielen hervorgebracht, daher wird durch Verdunklungen der Hornhaut, der Linse etc., indem das Auge nur in einer gewissen Stellung die Gegenstände gewahrt, das Schielen bedingt. Büffon 1) hat bemerkt, dafs durch Ungleichheit der Sehkraft der Augen das Schielen begründet werde, da, im Falle das eine Auge fern, das andere kurzsichtig ist, die Eindrücke, die das Individuum erhält, wenn es mit beiden Augen die Gegenstände betrachtet, verwirrt sind, woher es dann genöthiget ist, das schwächere Auge von der Sehaxe des stärkern abzuziehen, wodurch Ungleichheit in der Thätigkeit der Muskeln entsteht. Ueberhaupt wird das schielende Auge vernachlässigt und schwächer, als das gesunde, was bei der Behandlung zu berücksichtigen ist. Ist das Auge durch die mechanische Gewalt einer in der Augengrube sich entwickelnden Geschwulst schielend, so ist gewöhnlich Exophtalmus gleichzeitig vorhanden. Gemeiniglich entwickelt sich der Strabismus im kindlichen Alter zur Zeit des Zahngeschäftes. Die Luscitas ist die höhere Stuffe des Strabismus, und unterscheidet sich von diesem durch das Unvermögen, den fehlerhaft gestellten Bulbus in die der fehlerhaften Stellung entgegengesetzte Richtung zu bringen 2).

Ursache an. St. Yves (Nouveau traité des maladies des yeux pag. 164) beschreibt ein Schielen, welches Folge des rheumatischen Leidens ist, und empfiehlt Aderlässe Abführ- und Brechmittel zur Hebung desselben.

4) Memoires de l'Acad. des Sc. ann. 1743.

2) Beer, im a. W. S. 667. 2. B.

Bei der Behandlung trachte man die Ursache des Uebels, die krankhafte Nervenstimmung, den consensuellen Reiz, jenen Einflufs, den die fehlerhafte Gewohnheit weckte, zu entfernen. Vorzüglich hat man auf den gestörten Antagonismus der Muskeln, und auf die angeborne oder erworbene Schwäche des Auges Rücksicht zu nehmen. Die durchlöcherten Schalen, die Röhrenbrillen und andere Vorrichtungen, vermöge welchen das Auge gezwungen wird, den Gegenstand in gerader Richtung zu betrachten, werden empfohlen, allein die Anwendung derselben gewährt keinen günstigen Erfolg, da das Individuum nur mit dem gesunden Auge sieht, und das schielende von dessen Axe entfernt ist, sie können vielmehr nachtheilig werden, da gewöhnlich zur Seite der Schalen einiger Raum für das Eintreten der Lichtstrahlen besteht, wohin das schielende Auge sich wendet, und wodurch der krankhafte Zustand erhöht wird. Das schwarze Pflaster auf die Nasenspitze geklebt, gewährt beim Strabismus divergens eben so wenig Nutzen, als die von Verduc) vorgeschlagenen kleinen auf die Seite des Auges befestigten Spiegel. Das Verfahren von Buffon, das in neuern Zeiten von Roux 2) mit Erfolg angewandt wurde, verdient Nachahmung; es wird das gesunde Auge bedeckt, das schwächere auf eine passende Weise geübt, um dadurch die Gleichheit der Energic der Netzhaut beider Augen und die Harmonie der Wirkung der Muskeln zu erhalten. Die Wirkung dieses Verfahrens wird durch geistige Einreibungen in die Augengegend, durch Galvanismus oder Elektricität u. dgl. zweckmässig unterstützt.

Nevrosen, bei welchen die Sensation krankhaft verändert ist.

In den hier aufgestellten Krankheitsformen spricht 1) Pathologie T. 2. p. 50.

2) Obs. sur un Strabisme diverg. gueri sur un sujet adulte,

sich die Receptivität der sensiblen Sphäre entweder erhöht oder vermindert aus. Die hieher gehörigen Krankheitsformen sind: die Amaurose, die Amblyopie, die Diplopie, die Hemiopie, die Hemeralopie, die Nyctalopie. Die Amaurose fafst bisweilen alle diese Krankheitsformen, welche selbstständig aufzutreten vermögen, als Symptome in sich, sie ist daher auch die wichtigste der hier aufgestellten Krankheiten. Obgleich die Myopie und Presbyopie gewöhnlich durch den Bau des ganzen Auges hervorgerufen werden, so ist die Veränderung der Sensation, wenn schon hier nur symptomatisch, doch so auffallend ausgedrückt, dafs diese Zustände hier aufgestellt zu werden verdienen.

Von der Amaurose.

Die Beschränkung oder vollkommene Aufhebung des Sehvermögens, gesetzt durch den abnormen Zustand des Sehnervengebildes), bedingt die Amaurose. Die Erblindung ist weder Folge der Verschleimung der Hüllen, noch der Trübung der Flüssigkeiten des Auges. Es leidet nur ein Auge, oder was gewöhnlicher ist, es erkranken beide. Be schränkt sich das Leiden im Beginnen des Uebels nur auf ein Auge, so steht das Individuum doch in Gefahr, völlig zu erblinden, da das andere in

*) Beer hat gezeigt, dafs die Sehnerven nicht aus dem untern und hintern Theile der Sehhügel ihren Ursprung nehmen, sondern er hat den Verlauf derselben bis zur medulla oblongata verfolgt. Sie erhalten Verstärkungen von der eminentia quadrigemina, von den Sehnervenhügeln, welche man als Ganglien dieser Nerven betrachtet, von den Schenkeln des Gehirns, und, von dem Trichter aus der Masse des Gehirns. (Anatomische und physiologische Darstellung des menschlichen Auges von F. Müller. Wien. 1819. pag. 81). Die Ansicht, dafs irgend ein anderer Nerve thatigen Antheil an dem Sehvermögen habe, ist grundlos.

der Folge, gewöhnlich in denselben ErkrankungsProcefs gezogen wird. Mehrentheils erstreckt sich die Krankheit über die ganze Retina (Amaurosis completa), zuweilen nur über die Hälfte derselben (Amaurosis dimidiata). Im ersten Falle ist der Kranke ganz blind; im zweiten sieht er die Gegenstände nur halb. Zuweilen begränzt sich die Krankheit auf eine einzelne kleine Stelle der Retina; der Kranke sieht alsdann einen einzelnen schwarzen unbeweglichen Flecken. Man hat schon beobachtet, dafs bei dem über die Retina ausgebreiteten Leiden eine kleine Stelle derselben gegen das Licht empfindlich blieb *).

Das Erlöschen des Sehvermögens fiudet entweder plötzlich Statt, oder man bemerkt allmählige Abnahme desselben. In letzterm Falle geschieht dieses unter Erscheinungen, welche gesteigerte oder verminderte Sensibilität bezeichnen.

Es

Die Amaurose mit gesteigerter Sensibilität zeigt bei ihrem Entstehen vermehrte Empfindlichkeit des Auges, Lichtscheue; glänzende Gegenstände sind dem Auge unerträglich, die Lichtflamme, alle glänzenden Gegenstände scheinen dem Leidenden mit einem Farbenkreise umgeben zu seyn. entsteht zuweilen eine ausserordentliche Schärfe des Gesichts (Oxyopia), zuweilen bei hohem Grade der Lichtscheue, sieht das Individuum nur bei sehr geringer Beleuchtung. Im Auge finden Lichtentwicklungen Statt. Der Patient fängt an zu schielen, und es bildet sich Diplopie. Gewöhnlich stellen sich Schmerzen im Kopfe und in dem Auge ein, die Conjunctiva wird leicht geröthet, das Auge thränt oder ist vollkommen trocken, hart, und zuweilen hervorstehend. Die Pupille ist gewöhnlich verengert, und die Bewegungen der Iris sind träge.

Die beginnende Amaurose mit verminderter Sen

*) Richter, Anfangsgr. der Wundarzn. 3. B. pag. 496.

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