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kommt ein Wiesenplatz, durch die Natur ebenso schön als die eben beschriebene Anlage durch die Kunst, endlich Felder, Wiesen und Gehölze'. Von den stattlichen Gebäuden hat man die Aussicht auf die Terrasse, die Waldpartie wie die Baumwipfel des Hippodroms. Dieser enthält eine breite Reitallee mit einer prächtigen Platanencolonnade und mannigfachen Wegen. An den Stämmen der Platanen klettert üppiger Epheu empor und rankt sich guirlandenartig von Baum zu Baum; die Zwischenräume derselben sind mit einer Hecke von Buchs bepflanzt; an der äusseren Peripherie läuft als Grenzpflanzung ein schattiges Lorbeergebüsch. Dort, wo sich der Hippodrom halbzirkelförmig wendet, stehen Cypressen, die mit ihrem schwarzen, dunklen Schatten zu der leuchtenden Rosenpflanzung im Innern des Halbkreises einen wirkungsvollen Kontrast bilden. Auch hier wieder trägt der Buchs tausend Formen (§ 35), Namenszüge u. S. f. Auch sonst bietet der Park kühle, schattige Plätze, Bänke von Marmor, von Wein umrankt, daneben rauschen Springbrunnen und Bäche. Wer möchte es dem Plinius bei einem so reizvollen Besitz nicht nachempfinden, wenn er mit den Worten schliesst: 'Hier fühle ich mich an Leib und Seele am wohlsten'. Mag der römische Garten, wie er sich von der Zeit des Lucullus bis auf Plinius entfaltet hat), auch wesentlich im architektonischen Prinzip befangen geblieben sein, so dass er nur geringe Spuren von dem landschaftlichen Prinzip der englischen Anlage zeigt, welche, der Mauer entbehrend, ins freie Feld ausmündet 2), mag er auch nur die gewöhnlichsten Bäume, Pflanzen und Blumen enthalten haben 78): auch er ist, wie die mit Rücksicht auf die Fernblicke gebaute Villa 'ein wertvolles Zeugnis für ein bereits intensiv entwickeltes Naturgefühl' (Woksch).

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Eine gleiche Anschaulichkeit wie die Villenschilderungen zeichnet auch andere Briefe des Plinius aus, welche von Naturphänomenen berichten. Am bekanntesten ist die naturwahre Beschreibung des Vesuvausbruches, bei welchem sein Oheim den Wissensdurst mit

dem Leben bezahlte: VI, 16; er vergleicht die aus dem Berge aufsteigende Wolke mit einer Pinie, 'die in einem sehr langen Stamme in die Höhe zu steigen und sich in einige Zweige auszudehnen schien. ., inzwischen leuchteten aus dem Vesuv an mehreren Stellen breite Flammen und hohe Feuersäulen hervor, deren Glanz und Helle durch die Finsternis erhöht wurde'. 'Es war', fährt er ep. 20, 9 fort, als ob das Meer sich selbst verschlinge und durch die Erderschütterung gleichsam auf sich zurückgeworfen werde (mare in se resorberi et tremore terrae quasi repelli videbamus); eine schreckliche Wolke zerplatzte, schleuderte schlangenförmige Feuermassen umher und entlud sich in länglichen Flammenbündeln, die wie Blitze aussahen, aber grösser

waren'

Sehr zierlich spricht sich der Sinn des Plinius für die stillen Reize der Natur in der Schilderung der wunderbaren Quelle aus, die in den Larischen See mündet und deren Wasser in regelmässigem Wechsel steigt und fällt (IV, 30), sowie des Sees Vadimo (VIII, 20) mit seinem cirkelrunden, buchtlosen Umriss, seiner zwischen blau und grün schwankenden Farbe und den mit der jeweiligen Strömung dahintreibenden Pflanzeninseln; sowie besonders der Quelle Clitumnus (VIII, 8): 'Am Fusse eines mässigen, mit einem alten Cypressenhain bewachsenen und beschatteten Hügels entspringt sie; in mehreren Adern hervorsprudelnd bildet sie, sobald sie sich hervorgearbeitet hat, ein Becken, dessen weiter Schoss so rein und spiegelklar ist, dass man die hineingeworfenen Münzen und die heraufschimmernden Kiesel zählen kann (lato gremio patescit purus et vitreus, ut numerare iactas stipes et relucentis calculos possis) . . die Ufer sind mit einer Menge Eschen und Pappeln bekleidet, welche man in dem durchsichtigen Strome, wie versenkt in seinen grünen Wasserspiegel, nachzählen kann (§ 4: ripae fraxino multa, multa populo vestiuntur, quas perspicuus amnis ut mersas viridi imagine adnumerat). Tempel liegen umher, Orakel verkünden die Nähe des Gottes; auch Landhäuser baut

man hier, durch die Schönheit des Ortes angezogen. 'Mit einem Worte, du findest nichts, was dir nicht Vergnügen macht'. Wir sehen: auch in der Prosa ist, wie in der Poesie, der Sinn für den verborgenen Reiz des Landschaftlichen, für den geheimnisvollen Zauber, mit dem die Natur in aller Stille Wald und Wasser umwebt, in in bedeutsamer, moderner Weise aufgegangen.

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Hadrian ist der Typus des Rococo in der römischen Kulturgeschichte. Während Quintilian und Plinius Einfachheit und Zierlichkeit in Form und Inhalt anstrebten, indem ihnen Cicero als unerreichbares Vorbild vorschwebte, verrät sich in der Zeit Hadrian's das Greisenalter der Literatur durch die Vorliebe für das Entlegene und Seltsame; Homer ward dem Antimachos, Vergil dem Ennius nachgestellt. Ein hochgradiges Interesse für alles Auffallende, Sonderbare, gemischt mit eitler Ruhmsucht und sentimentaler Empfindungsweise, trieb diesen grillenhaften Dilettanten und archäologischen Schwärmer auf dem Throne der Cäsaren von Land zu Land, so dass man ihn 'den ersten Romantiker unter den Reisenden im Altertum genannt hat'. 74) Er wollte alle Naturgenüsse, gegen die römische Feldherren sonst so gleichgültig zu sein pflegten, selbst kosten, alle Merkwürdigkeiten der Geschichte mit eigenen Augen sehen. Doch ist es schwer zu sagen, ob blos Wissensdrang oder die Modesucht, denselben zu heucheln, oder aufrichtiger Natursinn ihn trieb, den Ätna zu besteigen und von da den Sonnenaufgang zu geniessen oder vom Berge Casius an der syrischen Nordküste, wo man nach der Angabe des Plinius (V, 22) die Sonne drei Stunden vor ihrem Aufgange im Thal sollte sehen können. Rastlos pilgerte er in seinem weiten Reiche umher, bald nach der Oase der syrischen Wüste, bald nach dem salomonischen Palmyra, bald nach der berühmten

Lande spüren die Venus; sie malt purpurn das Jahr mit blühenden Knospen (v. 33). ., die lichten Tautropfen schimmern als zitternde Thränen (En micant lacrimae trementes v. 38) . . . die Göttliche gebietet den gesangreichen Vögeln 'nicht zu schweigen'; die geschwätzigen Schwäne durchlärmen die Fluten mit heiserer Stimme; dazu klagt die Tochter des Tereus unter dem Schatten der Pappel. - Melancholisch schliesst der Dichter: 'Jene singt, wir schweigen; wann kommt mein Frühling? Wann werde ich wie die Nachtigall werden und aufhören zu schweigen?': Illa cantat, nos tacemus. quando ver venit meum? Quanto fiam uti chelidon et tacere desinam? .. Cras amet qui nunquam amavit, quique amavit, cras amet.

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Die lyrisch-epigrammatische Poesie dieser späten Jahrhunderte (poet. lat. m. IV ed. Bährens) entbehrt durchaus nicht des dichterischen Schwunges; die Motive früherer Zeiten kehren in gesteigerter Sentimentalität wieder, indem Verwandtes miteinander verflochten

wird. Auch hier, wie in der griechischen Anthologie, rinnen idyllische und erotische Empfindsamkeit zusammen. Gar manche dieser kleinen Dichtungen bietet uns ein landschaftliches Naturbild, bei dem das Menschliche in den Hintergrund tritt; andere verschmelzen nicht ohne stimmungsvollen Reiz das Physische und das Pathetische, Geistiges und Natürliches. Der Wechsel der Jahreszeiten giebt vor allen Dingen die Anregung; so der Herbst (no. 75), da die Schatten kühler werden und die Platane ihr Laub abwirft (comas iactare) und der Weinstock seine Trauben spendet'; 'nach berühmten Mustern' könnten wir die dem Ovid nachgebildeten lediglich schildernden Tetrasticha über die vier Jahreszeiten benennen (no. 138) — vgl. das 'Lob aller Monate' no. 305, über die Morgenröte und die Sonne (139). Ich hebe die Zeilen des Hilasius heraus: 'Gelblich erglänzt Aurora im Schmucke der rosigen Haare, Wenn in der Frühe der Tau labend die Erde benetzt: Dann aus Thetis' beweglicher Flut erhebet sich Titan, der mit dem flammenden Strahl seines Gesichtes mich traf': Lutea fulgebat roseis aurora capillis Et matutino rore

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madebat humus. Tethyos undivago tum prosilit aequore Titan, Flammiferus vultus ore micante greges. Euphorbus singt: 'Aus dem Ocean taucht goldstrahlend die flammende Sonne: Vor ihr weichen des Alls flammende Sterne zurück; Nacht und Finsternis räumen dem Gotte das Feld, und das holde Licht giebt Farben und Schmelz wieder den Dingen zurück.'

Von Rosen tändeln no. 272 ff., am niedlichsten Florus in no. 275, das man 'Bald verwelkt' betiteln kann 76): 'Dank dem belebenden Hauche des Frühlings kommen. die Rosen: Ein Tag zeigte zuerst nur knospende Spitzchen; der zweite Liess schon stärker die kleinen Gehäuse sich schwellen; ám dritten Blühten sie schon, und am vierten entfalteten voll sich die Blumen; Pflückt man sie frühe sich nicht, so müssen sie heut noch vergehen': Venerunt aliquando rosae per veris amoeni Ingenium: una dies ostendit spicula florum, Altera pyramidas nodo maiore tumentes, Tertia iam calathos; totum lux quarta peregit Floris opus. pereunt hodie, nisi mane leguntur. Luxorius reicht den Preis unter den Blumen der rosa centumfolia, die der goldene Sol gefärbt habe; oder sie ist selbst ein Sonnenstrahl, oder die Venus ergoss sich in sie mit allem ihrem Blut; sie ist der Stern unter den Blumen u. s. f. (no. 520). Von sinnigem Naturgefühl zeugen die kleinen Epigramme vom Tau, der krystallen auf den Gräsern funkelt (411), und die Rätsel des Symphosius (440) von Nebel, Eis, Schnee, Blumen und Tieren. Den Regenbogen schildert eine ganze Reihe von Tristichen (no. 136); so der Pompilianus: 'Bricht ein plötzlicher Strahl aus Phöbus' leuchtenden Augen Sich im Regengewölk, dann erscheint uns Iris am Himmel, Hold im bunten Gewand und mit tausendfarbigen Flügeln': Luce repentina cum sol implevit aquosas Adversus nubes, effulget protinus Iris, Picta veste decens et multicoloribus alis. Sechzig Hexameter singen das Lob der Sonne (no. 543), die der Ursprung alles Lebens, alles Seins ist, was Himmel und Erde und Meer bergen; durchbricht sie das Dunkel, leuchten die Wälder, Felder und Blumenauen; 'dann

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