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Die Einlaẞsteuerung der hinteren Seite unterscheidet sich von den sonst gebräuchlichen ganz wesentlich dadurch, daß eine Feder das Einlaßventil selbsttätig öffnet, sobald eine festgekeilte Daumenscheibe dies zuläßt. Diese Scheibe V (Verteilscheibe), Fig. 11, sichert gleiches Voröffnen für alle Füllungen, und zwar durch Ausweichen, bildet also gewissermaßen das >>Negativ« einer gewöhnlichen Daumenscheibe, während die auf die Steuerwelle lose aufgesteckte Daumenscheibe E (Expansionsscheibe) ihre Stellung vom Achsenregler angewiesen erhält (Aenderung der Voreilung durch einfache Verdrehung) und demgemäß früher oder später den Schluß des Einlaßventiles besorgt. Die Oeffnungsfeder hat vorerst nur die Ventilspindel mit dem kleinen Entlastungsventil anzuheben, damit sich der Druck zwischen der unter dem Ventil ansteigenden Kompressionsspannung und der Spannung über dem Ventil (in der Ventilkammer) ausgleichen kann. Nach eingetretener vollständiger Entlastung ist die Federkraft frei und hat nur die Massenbeschleunigung des Ventiles zu besorgen.

Die Stopfbüchse hat einen doppelten Packraum mit Zwischenring, dessen Hohlraum mit einem Raum niedrigen Druckes, z. B. dem Kondensator oder dem Saugwindkessel der Speisepumpe, verbunden werden kann; man braucht dann die Stopfbrille nur ganz sanft anzuziehen. Die vorliegende Maschine arbeitet mit Auspuff, und es ist von der

Fig. 19.

eben erwähnten Einrichtung kein Gebrauch gemacht. Trotzdem springt das Einlaßventil so leicht und sicher an, daß man während des Betriebes die Oeffnungsfeder abnehmen kann, und der geringe Dampfüberdruck auf den Spindelquerschnitt genügt, um das Ventil zu öffnen. Ein Versagen des Einlaßventiles ist bei dem bisherigen, etwa halbjährigen Betriebe noch nicht vorgekommen. Uebrigens würde, wenn etwa das Ventil wegen zu starken Anziehens der Stopfbüchse hängen bleiben, also kein Dampf eintreten sollte, die Betriebsicherheit weniger gefährdet, als wenn bei einer der gebräuchlichen Ventilsteuerungen das Ventil offen stehen bliebe und der hochgespannte Dampf ohne Unterbrechung einströmte. Bei der vorliegenden Einrichtung könnte die Maschine immerhin mit einseitiger Füllung weiterlaufen, bis der Maschinist herzukäme und die Stopfbüchse nachließe oder die Oeffnungsfeder nachspannte, was während des Betriebes geschehen kann.

Nur beim Anlassen der Maschine macht sich das Fehlen der entlastenden Kompressionsspannung fühlbar. Man muß bei der vorliegenden Ausführung mit der Hand an der äußeren Steuerung nachhelfen, damit das Einlaßventil anspringt, was als lästig empfunden wird. Der Uebelstand ist beseitigt, wenn man durch eine besondre kleine Leitung Frischdampf in den Zylinder eintreten läßt. Da bei Heißdampfmaschinen der Heizmantel wegfällt, so ist eine solche Leitung für unmittelbaren Dampf ohnedies wegen des Anwärmens ein Bedürfnis. Jedenfalls ist diese äußere Steuerung die einfachste, welche bis jetzt bekannt ist, da die Verdrehung eines Daumens zur Füllungsänderung genügt.

Steigt die Kompression zu hoch an, oder gelangt Wasser in den Zylinder, so hebt sich das Einlaßventil selbsttätig, wirkt somit als Sicherheitsventil.

Erwähnenswert ist noch, daß für höhere Umlaufzahlen die in Fig. 19 dargestellte elastische Korkscheibe in das Steuergestänge eingeschaltet ist. Der Steuerdaumen hat beim Ansetzen keinen Ventilüberdruck zu überwinden, weil das Ventil offen steht, jedoch die Beschleunigung der Masse zu besorgen. Beim Aufsetzen des Ventiles kommt nur dessen eigene Masse in Betracht, während die Spindel ihren Weg noch fortsetzt. Die erste Stufe des Daumens braucht somit

nur das Ventil allein zur Ruhe zu bringen, während die zweite Stufe das Ventilgestänge übernimmt.

Die vordere Zylinderseite ist mit der in Fig. 20 dargestellten zwangläufigen Daumensteuerung ausgestattet. Die festgekeilte Daumenscheibe V öffnet unter Vermittlung einer verschiebbaren Rolle r, des Steuerhebels h und der nur auf Zug beanspruchten Stange z das Einlaßventil; eine im Ventilständer untergebrachte Feder f besorgt wie üblich den Schluß, wenn die Roller an der Daumenscheibe V abläuft. Die vom Regler verdrehte lose Scheibe E bringt unter Vermittlung des gegabelten Hebels g zu einem beliebigen Zeitpunkt die Roller vorzeitig zum Ausweichen; die beiden Rollen des Hebels g laufen auf äquidistanten Kurven der losen Scheibe E. Bei der Füllungsunterbrechung wirkt das hintere Hebelende von g unter Vermittlung einer Spannfeder auf die Verlängerung des Steuerhebels h und erzwingt den Schluß auch dann, wenn etwa die Schließfeder f brechen sollte. Die Spannfeder hält dabei alle Gelenke einseitig an

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gedrückt. Verschiedene Male wurde (während des Betriebes) die Schließfeder abgenommen, ohne daß im Gange der Steuerung ein Unterschied zu merken war. Die Steuerung kann somit als vollkommen zwangläufig bezeichnet werden, zum Unterschiede von den sogenannten halbzwangläufigen Steuerungen, bei denen die Feder den Schluß bewirkt. Es bedarf wohl kaum noch des Hinweises, daß diese in der Praxis gebräuchlichen Bezeichnungen nicht logisch sind; denn kein Ventil schließt sich aus Gefälligkeit«.

Der Achsenregler ist in Fig. 21 und 22 abgebildet. Die Gewichtkörper sind in bekannter Art radial gerade geführt und wirken unmittelbar, ohne Gelenke, den Federn entgegen. Das Gehäuse samt den Verschaldeckeln wirkt als Beharrungsmasse; seine Stirnseiten haben schräge Schlitze, in denen sich die Zapfen der Schwungkörper mit Kulissensteinen führen. Jeder Bewegung der Gewichte nach außen oder innen entspricht eine schwingende Bewegung der Beharrungsmasse nach rückwärts oder vorwärts und umgekehrt. Die Bewegung der Beharrungsmasse wird von zwei einander gegenüberliegenden Punkten der Trommel auf Zahnradseg

1798

Die Eisenbahnbrücke über die Havel bei Brandenburg.

mente übertragen, die sie mit vergrößertem Winkelausschlag an Zahnräder weitergeben, welche (rechts und links vom Regler) mit den Expansionsdaumen auf gemeinschaftlichen Hülsen sitzen und ihnen daher eine entsprechende Drehung erteilen. Der ganze Ausschlag der Beharrungsmasse erzeugt an den Expansionsdaumen einen Drehwinkel von 164°, welcher reichlich genügt, um alle Füllungen zu beherrschen.

Bei diesem Regler, welcher der Beharrungsmasse zuliebe recht schwach bemessen wurde, machte man die unangenehme, aber äußerst lehrreiche Erfahrung, daß die Anwendung des Beharrungsprinzipes bei geringen Umlaufzahlen keineswegs vorteilhaft ist. Die seinerzeit von Prof. Stodola ausgesprochene Hoffnung 1), daß man vielleicht den Regler selbst etwa zehnmal so schwach ausführen könnte, als sonst nötig, wenn die Beharrungsmasse die Hauptwirkung über

deutscher Ingenieure.

tritt, damit sich der Druck vollständig ausgleichen kann; es bedarf wohl kaum des Hinweises, daß sich zur äußeren Steuerung verschiedene bekannte Systeme ebenfalls eignen, insbesondre die, bei welchen Schubkurven verwendet werden, weil man dabei die erwähnte »doppelte Abstufung« leicht anbringen kann.

Ohne weiteres ist wohl auch klar, daß die hier beschriebenen äußeren Steuerungen sich auch mit Doppelsitzventilen vereinigen und auf einfache Weise sehr vollkommene Ventilerhebungsdiagramme erzielen lassen.

Die Steuerungen mit unrunden Scheiben ermöglichen eine Vereinfachung der konstruktiven Behandlung der Ventildampfmaschinen, da man für alle gangbaren Maschinen mit 3 bis 4 Größen von Daumenscheiben und dementsprechend mit 3 oder 4 Steuerungsschemen auskommt. Kleine Aende

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nähme, hat sich nach den bisher vorliegenden Erfahrungen keineswegs bestätigt. Selbst bei höheren Umlaufzahlen muß der Regler eben so kräftig sein wie gewöhnlich, um die Beharrungsmasse beim Anlaufen zum Einspielen zu bringen, während bei niedrigen Umlaufzahlen, z. B. bei 100 i. d. Min., wie im vorliegenden Falle, die Beharrungsmasse so viel schädliche Reibung erzeugt und zur eigenen Beschleunigung beim Anlaufen soviel Kraft erfordert, daß man den Regler stärker wählen muß, als sonst nötig ist. Die Regler, bei denen das ganze Gehäuse als Beharrungsmasse wirkt, sind für geringe Umlaufzahlen überhaupt nicht zu empfehlen, da der Regler der Beharrungsmasse unter die Arme greifen muß, statt des Umgekehrten.

Die vorliegende Versuchsmaschine hat gezeigt, was in erster Linie erprobt werden sollte, daß die Entlastung der neuen Ventile wirklich eine vollständige ist, sobald nach dem Anheben des Entlastungsventiles eine kleine Hubpause ein

1) Z. 1899 S. 576.

rungen der Vorausströmung und der Kompression können von Fall zu zu Fall durch Verdrehung der Auslaßdaumenscheiben berücksichtigt werden. Die Schablonen aus gehärtetem Stahlblech für die Daumen oder diese selbst können auf Vorrat gearbeitet werden, da sie sich immer wiederholen. Wendet man die entlasteten Einsitzventile mit ihrem geringen schädlichen Raum an, dann genügen auch 3 oder 4 Modelle für die Ein- und Auslaßventile, ohne Rücksicht auf die vorkommenden Abstufungen im Zylinderdurchmesser oder der Umlaufzahl. Auch beim Achsenregler genügen 3 bis 4 Größen für alle Fälle, da eine etwas reichlichere Bemessung des Reglers, als unbedingt nötig wäre, viel weniger kostet, als wenn bei jeder Maschinenbestellung zeitraubende Nachrechnungen und Umzeichnungen (etwa auch noch Modelländerungen) vorgenommen werden, um eine nicht wesentliche Ersparnis am Regler zu erzielen. Nur so lassen sich die Unkosten für Bureau wie für Modelle, die bei vielen Maschinenfabriken eine unheimliche Höhe erreichen, verringern und gleichzeitig die Uebersichtlichkeit und Genauigkeit der Herstellung erhöhen.

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4. November 1905.

Sitzungsberichte der Bezirksvereine. Eingegangen 7. Juni 1905.

Kölner Bezirksverein.

Sitzung vom 10. Mai 1905.

Vorsitzender: Hr. Deeg. Schriftführer: Hr. Neumann. Anwesend 88 Mitglieder und 16 Gäste.

Der Vorsitzende teilt das Ableben des Hrn. Effertz in Köln-Lindenthal mit.

P. Effertz war in Grevenbroich geboren, besuchte von 1865 bis 1868 die Technische Hochschule Zürich, war dann bei der Kölnischen Maschinenbau-Aktiengesellschaft in Köln-Bayenthal, später bei der Maschinenbauanstalt Humboldt in Kalk und darauf längere Jahre bei der Maschinenfabrik Germania in Chemnitz tätig; später wurde er Vertreter dieser Firma in Köln für Brauereimaschinen. In den letzten Jahren war Effertz sehr oft krank und infolgedessen verhindert, seinem Berufe nachzugehen. Alle, die ihn kannten, schätzten ihn und werden sein Andenken in Ehren halten.

Zu Ehren des Verstorbenen erhebt sich die Versammlung von den Sitzen.

Darauf spricht Hr. Matschoß über technische Museen. Museen in der Bedeutung geordneter öffentlicher Sammlungen zum Zwecke des Studiums einzelner Gebiete der Kunst und der Wissenschaften sind eine Errungenschaft der neueren Zeit. Das Altertum hat, wenn wir von den Bibliotheken absehen, eigentliche Sammlungen nicht gekannt, ebensowenig das frühere Mittelalter. Erst als sich mit dem erwachenden Verständnis für die alte Kultur auch die Wertschätzung der noch vorhandenen Ueberreste Bahn brach, begann man, zuerst im Kreise der Fürsten und reicher Privatmänner, planmäßige Sammlungen anzulegen. Gegenstand der Sammlungen waren vorzugsweise die Erzeugnisse der Künste und des Kunstgewerbes. Die ersten technischen Museen waren die Rüstkammern der Ritter und Fürsten.

Oeffentliche Museen großen Stiles, die allen zugänglich sind, hat erst das vergangene Jahrhundert geschaffen. Der sich entwickelnde moderne Staat stellte immer reichlichere Mittel für derartige gemeinnützige Bestrebungen zur Verfügung. Man beschränkte sich nicht mehr auf Kunst und Kunstgewerbe, sondern zog die verschiedensten Wissensgebiete in den Kreis der Sammlungen. Es entstanden Museen, die sich zur Aufgabe machten, die Kulturgeschichte eines ganzen Volkes darzustellen. Das Germanische Museum in Nürnberg vertritt diese Gruppe wohl am großartigsten. Auch Berufstände, wie der Kaufmannstand, haben sich in den Handelsmuseen lehrreiche Sammlungen geschafft. Nur die exakte Naturwissenschaft, Physik, Chemie und die alles umgestaltende Technik wollten sich, wenigstens in Deutschland, nicht über den Rahmen von Hochschulsammlungen hinaus zu Museen erweitern. Ein allgemeines Museum der Naturwissenschaften und der Technik besitzen bisher nur Frankreich und England. Das nicht hoch genug zu schätzende Verdienst, jetzt Deutschland das zu geben, was diese beiden Kulturnationen schon so lange besitzen, haben sich die Begründer des Museums für Meisterwerke der Naturwissenschaft und Technik in München erworben.

Im folgenden ist ein kurzer Ueberblick über den Inhalt und Umfang einzelner vom Vortragenden besuchter Museen gegeben.

Conservatoire des Arts et Métiers, Paris, Musée technologique et industriel. Im Jahre 1794 wurde das Museum vom Staate gegründet und erhielt nach verschiedenen Erweiterungen seinen dauernden Platz in der hierfür umgebauten Benediktiner-Priorei St. Martin des Champs. Es enthält 20 000 Gegenstände und umfaßt insbesondre folgende Gebiete: Bergbau, Metallurgie, allgemeines Maschinenwesen, Technologie, landwirtschaftliche Maschinen, Materialienkunde, Präzisionsmechanik und allgemeine Physik. Als bemerkenswert seien erwähnt: geschmiedete Zylinder aus dem Jahre 1730, der erste Dampfmotorwagen von 1770, Modelle der ersten Luftballons von Montgolfier, ein Planetarium von Huyghens, große Sammlungen alter Musikinstrumente und der Saal der Eisenwerke von Creusot.

Das Marine-Museum in Paris. Die Sammlung ist im Louvre untergebracht und enthält eine Anzahl von Schiffsmodellen und Erinnerungsstücken aus der Geschichte der französischen Marine, unter anderm ein Modell, das die Aufrichtung des Obelisken von Luxor in Paris 1836 zur Darstellung bringt. Auch einige Modelle von Dampfschiffsmaschinen und ein sehr großes Modell einer Ludwig XVIII. geschenkten Lokomotive von Norris in Philadelphia sind vorhanden.

Das South Kensington-Museum, London. Die Museen, die unter diesem Namen gewöhnlich zusammengefaßt werden, umschließen fast alle Gebiete menschlicher Tätigkeit und Forschung, alle Gebiete der Kunst und Wissenschaft, der Technik, des Handels und des Verkehrs. Eine Stadt von Museen bildend, gibt das Kensington-Museum beim Durchwandern einen Begriff von der »Universitas<< menschlicher Bldung, wie er großartiger wohl an keinem andern Orte der Welt in gleich kurzer Zeit erworben werden kann.!

Die Abteilung, welche hier besprochen werden soll, zerfällt in 3 Hauptteile:

1) die Sammlung des Maschinenwesens,

2) die Sammlung für Schiffbau und Schiffsmaschinen

wesen,

3) die Sammlung mathematischer und naturwissenschaftlicher Geräte und Gegenstände.

Die technischen Sammlungen sind 1867 begonnen worden, und zwar auf Veranlassung der obersten Unterrichtsbehörde Englands. Eine außerordentliche Bereicherung erfuhren sie 1876 dadurch, daß die Firma James Watt & Co. eine große Anzahl von Maschinen und Modellen überließ, die größtenteils von James Watt selbst angefertigt waren. Nur ein Teil der von Privatpersonen gestifteten Gegenstände geht in das Eigentum des Museums über, sehr viele bleiben in fremdem Besitz und werden dem Museum leihweise überlassen. Eine besondre Anziehungskraft übt die Sammlung dadurch aus, daß ein großer Teil der Modelle von dem Beschauer selbst mit leichter Mühe durch Preßluft in Bewegung gesetzt werden kann.

Aus der gewaltigen Fülle des Dargebotenen seien nur ganz wenige bemerkenswerte Gegenstände herausgegriffen. Man findet die älteste bekannte Turmuhr aus dem Jahre 1325, das arbeitende Modell eines Geysers und Vulkanes und Geräte von Joule zur Bestimmung des mechanischen Wärmeäquivalentes. Das Maschinenwesen allein umfaßt 1732 Gegenstände; die davon getrennte Abteilung für Schiffbau enthält auch die großartige Sammlung Maudslayscher Schiffsmaschinen.

Die interessanteste Gruppe der technischen Abteilung ist die der Dampfmaschinen. Alte Wattsche Originalmaschinen sowie die ersten Lokomotiven, gleichfalls im Original, erwecken, in einer großen Halle aufgestellt, das Interesse jedes Besuchers. Erwähnt sei ferner die fast vollständige Sammlung von Schreibmaschinen, die den ganzen Entwicklungsgang darstellt, sowie die sehr bedeutende Sammlung von technischen Meßgeräten.

Die Einrichtung der Sammlung ist als geradezu mustergültig zu bezeichnen. Ausführung und Einrichtung der Kataloge können kaum übertroffen werden. Das Museum wird, außer durch Ankauf und Schenkungen, durch Anfertigung von Modellen in den eigenen Werkstätten erweitert. Außerdem scheint auch von der Leitung des Museums eine Art konservatorische Tätigkeit ausgeübt zu werden, insofern alte Maschinenanlagen, die sich zur Aufbewahrung im Museum nicht eignen, wenigstens vor ihrer Zerstörung photographisch aufgenommen werden.

Das k. k. historische Museum der Oesterreichischen Eisenbahnen in Wien. Das Museum war zuerst nur für die österreichischen Staatsbahnen gedacht, wurde aber bald so erweitert, daß es im Jahre 1894 als historisches Museum der österreichischen Bahnen angesehen werden konnte. Es umfaßt insbesondre Zeichnungen, Abbildungen und Modelle hervorragender Bauten, Brücken usw., verschiedene Betriebsgegenstände und Signalmittel, die auf den österreichischen Eisenbahnlinien längere Zeit hindurch in Verwendung gestanden haben, und bildliche oder graphische Darstellungen denkwürdiger Ereignisse beim Betriebe. Unter den ausgestellten Betriebsgegenständen sind vertreten: Schienen- und Oberbau-Anordnungen, Weichen (118 Nummern), Wagen, Achslager (79 Nummern), Telegraphen-, Fernsprech- und Signaleinrichtungen, Eisenbahngeld, Eisenbahnmodelle und Eisenbahnmarken, sowie eine Zusammenstellung von Eisenbahnreklamemittel.

Das k. k. technologische Gewerbemuseum in Wien umfaßt Holzindustrie, chemische Gewerbe und Metallindustrie. Es dient ausschließlich Unterrichtzwecken; dem entspricht auch die Wahl der Gegenstände und die Anordnung der Sammlung.

Das kgl. bayerische Verkehrsmuseum in Nürnberg. Veranlassung zu der Gründung des Museums gab die bayerische Landesausstellung zu Nürnberg im Jahre 1882, insofern als die königl. Eisenbahnverwaltung beschloß, die von ihr ausgestellte umfassende Sammlung von Zeichnungen und Mustern bahntechnischer Einrichtungen in einem besondern

Museum zu vereinigen und dauernd zu erhalten. Im Erdgeschoß befinden sich die eisenbahntechnischen Sammlungen, im Obergeschoß Post, Telegraphie, Fernsprechwesen. Die eisenbahntechnische Sammlung enthält Modelle von Lokomotiven und Wagen, ferner Modelle und Zeichnungen von Brücken und Gebäuden. Eine Abteilung befaßt sich mit der Bodensee-, Kanal- und Mainschiffahrt. Sehr bemerkenswert sind ferner vor allem die Bremsen und die Lokomotivkessel sowie die Einzelteile der Lokomotiven.

Das Germanische Museum in Nürnberg. Zu den Gegenständen, die in den Rahmen des vorliegenden Berichtes fallen, gehört außer den Waffensammlungen die unter dem Namen >>Deutsches Handelsmuseum« mit dem Germanischen Museum verbundene Stiftung. Man sieht hier eine Anzahl von Schiffsmodellen, teilweise bis zum 16. Jahrhundert zurückreichend, ferner Modelle von Wagen und Karren, eine Sammlung von Gewichten, Maßen und Geräten, von der eine größere Anzahl Astrolabien (Stern aufnehmer), Geschützquadranten, Globen bemerkenswert sind. Unter der Bezeichnung: technische Modelle und Werkzeuge, findet man in einem Saale bunt durcheinander eine Kanzel mit Treppe, Hängebrücken, Kreuzgewölbe und Dachstühle, Dreschmaschinen, Hammerwerke, Oefen, das Modell eines Bergwerkes, Ackerbaugeräte und schließlich eine Vereinigung verschiedener durch Wasserkraft bewegter Maschinen, friedlich vereint mit der Ruine der Klosterkirche zu Paulinenzelle und dem Königstuhl zu Rhense.

Es macht den Eindruck, als hätte man hier alles zusammengestellt, was man anderswo schwer unterbringen konnte, und es wäre mit Freuden zu begrüßen, wenn es gelänge, diese teilweise wertvollen Gegenstände dahin wieder zurückzuführen, wo sie hergekommen sind, nämlich nach München, und zwar jetzt in das neu gegründete Museum der Naturwissenschaft und Technik.

Der Mathematisch-physikalische Salon in Dresden. Die Sammlung besteht insbesondre aus optischen und astronomischen Geräten, die bis zum 16. Jahrhundert zurückreichen. Bemerkenswert sind in der mathematischen Abteilung eine Rechenmaschine von Pascal 1650 und ein Galileischer Handzirkel 1615.

Das Reichsmarine-Museum in Kiel. In einem mäßig großen Raume ist in starkem Durcheinander eine Menge der verschiedensten Gegenstände von sehr verschiedenem Wert untergebracht. Am bedeutsamsten ist wohl eine Anzahl von gut ausgeführten Schiffsmodellen. Die Sammlung darf nur als bescheidener Anfang eines Reichsmarine-Museums angesehen werden.

Das Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik in München ist bei Gelegenheit der Münchener Hauptversammlung des Vereines deutscher Ingenieure am 28. Juni 1903 gegründet worden. Es gleicht in seiner Organisation dem Conservatoire des Arts et Métiers. In dem Vorstandsrat und in dem weiteren Ausschuß ist eine lange Reihe der hervorragendsten Vertreter der Wissenschaft und Technik in Deutschland zur Mitarbeit herangezogen. Außer den Sammlungen der für die Entwicklung der Naturwissenschaft und Technik maßgebenden Geräte, Maschinen und Bauwerke will das Museum eine großartig angelegte Bibliothek der allgemeinen Benutzung zur Verfügung stellen und ihr eine Sammlung von Zeichnungen und andern technischen Urkunden hinzufügen. Der in Betracht gezogene Platzbedarf des Museums ist dem Umfang dieser Bestrebung angepaßt. Schon jetzt stehen ihm 4500 qm zur Verfügung. Wenn der in München geplante Neubau hergestellt sein wird, werden beim ersten Ausbau 22000 qm vorhanden sein, während beispielsweise die technische Abteilung des KensingtonMuseums in London nur 6000 qm umfaßt.

Abgesehen von der dem Museum überwiesenen hervorragenden Sammlung der königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften, die allein vier große Säle füllt, sind schon jetzt etwa 600 wertvolle Gegenstände von 70 verschiedenen Stiftern teils übergeben, teils zugesagt worden.

Die Abteilung für Physik und Chemie enthält die wertvollen Instrumente Fraunhofers, dessen Einfluß auf die Entwicklung der Optik hierdurch in anschaulicher Weise verbildlicht wird, die Originale der Steinheilschen Telegrapheneinrichtungen, ferner die vom Staate vor wenigen Jahren für den Preis von 30000 M angekaufte Reichenbachsche Kreisteilmaschine, die nahezu 100 Jahre im Gebrauch stand, dann eine Sammlung der Werkstätte von Karl Zeiß in Jena, welche wertvolle Beiträge zur Entwicklung des Mikroskopes, der Fernrohre usw. liefert.

Die Sammlung für Maschinenwesen und Elektrotechnik weist die berühmte Reichenbachsche Wassersäulenmaschine auf, die vom bayerischen Finanzministerium überwiesen worden ist; sie liefert durch ihre nahezu 100jährige Be

deutscher Ingenieure.

triebsdauer zugleich einen Beweis, wie vorzüglich Maschinen schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts hergestellt werden konnten. Von der Firma Fried. Krupp werden wichtige Dampfmaschinen, darunter eine Balanziermaschine vom Jahre 1806, von Gebrüder Sulzer deren erste Ventilmaschine, von der Gasmotorenfabrik Deutz die ältesten Ausführungen ihrer atmosphärischen und Viertaktmaschinen, von R. Wolf eine seiner ältesten Lokomobilen, von R. Diesel die ersten Diesel-Motoren zur Verfügung gestellt werden.

Die Entwicklung der Elektrotechnik wird durch historische und vorbildliche Dynamomaschinen und Starkstromgeräte, die auf Veranlassung Wilhelms von Siemens in mustergültiger Weise von den Siemens-Schuckert-Werken aus den alten Beständen der Berliner und Nürnberger Fabriken zusammengestellt sind, erläutert werden.

In der Gruppe für Verkehrswesen soll die erste in Bayern verwendete Schnellzuglokomotive aufgestellt werden, und zwar soll sie, um der Belehrung weitester Kreise zu dienen, längs der Kesselmitte und längs der Zylinder durchgeschnitten werden. Die Erfindung des elektrischen Bahnbetriebes durch Werner von Siemens wird durch das von der Firma Siemens & Halske gestiftete Original der ersten elektrischen Lokomotive im Museum verewigt werden. Auf dem Gebiete des Marinewesens sind wertvolle Modelle wichtiger Erstkonstruktionen von Schiffsmaschinen sowie Modelle hervorragender moderner Schiffsarten seitens der Schichauschen Werke gestiftet worden.

Von der bayerischen Verkehrsverwaltung und dem Reichspostamte sind Nachbildungen der wichtigsten Geräte aus den Postmuseen zu Berlin und Nürnberg zur Verfügung gestellt.

Auf dem Gebiete der chemischen und mechanischen Technologie zeigen die von der Firma Krupp überlassenen Sammlungen die industrielle Entwicklung der Eisen- und Stahlfabrikation. Seitens des Hrn. Reinhard Mannesmann, Remscheid, sind Originaleinrichtungen für das Mannesmannsche Dr. GoldWalzverfahren zur Verfügung gestellt worden. schmidt in Essen hat Muster der ersten, nach seinem Thermitverfahren geschweißten Schienen, Röhren usw. überwiesen.

In der Abteilung für Straßen-, Wasser- und Eisenbahnbau, Hygiene usw. wird von der badischen Regierung aus dem Bestande der Technischen Hochschule zu Karlsruhe das Modell der alten Offenburger Brücke, der ältesten Gitterbrücke Deutschlands, geliefert werden.

Außerdem soll das Museum mit einer Bibliothek, Urkundenund Plansammlung verbunden werden und Bilder hervorragender Männer sowie wichtiger Ereignisse der Technik enthalten.

Auch schon bestehende Museen, die sich die geschichtliche Erforschung kleinerer Gebiete zur Aufgabe gemacht haben, fangen an, für technische Urkunden und Gegenstände Interesse zu zeigen. So fand der Redner im Museum der Stadt Freiberg in Sachsen Werkzeuge der Bergmannstätigkeit und vor allem eine vorzügliche Entwicklungsreihe von Beleuchtungskörpern, vom Kienspan an. Andre kleinere Museen haben bereits technische Zeichnungen von Fabriken erbeten. Vor allem aber wird es wertvoll sein, wenn sich die einzelnen Firmen angelegen sein lassen, den Entwicklungsgang, den die technischen Erzeugnisse ihrer eigenen Werke genommen haben, festzulegen.

Ganz hervorragend mustergültig ist in dieser Weise die Gasmotorenfabrik Deutz vorgegangen, die ihre reichhaltige Sammlung von Gasmaschinen und Geräten wohlgeordnet in einem Museum aufgestellt hat. Wohl nirgends läßt sich heute die Entwicklung der zu so hoher Bedeutung gelangten Gasmaschine so genau studieren wie in den Museumsräumen der Deutzer Fabrik, die schon fast zu klein für den großen Umfang der Sammlungen sind. Nur die Sammlung von Schiffsmaschinen, die Maudslay angelegt hat und die heute einen wichtigen Bestandteil des Kensington-Museums ausmacht, läßt sich mit dem Deutzer Museum vergleichen.

In der sich anschließenden Erörterung bemerkt Hr. Neumann, daß Deutschland nicht arm an technischen Museen einzelner Sondergebiete sei, und führt als Beispiele verschiedene Museen in Berlin an: das Postmuseum, wo sich eine vorzügliche Sammlung der verschiedensten Telegraphenand Fernsprecheinrichtungen, Rohrpostanlagen und sonstiger Beförderungsmittel für den Postdienst befindet; die Sammlung der »Urania«, eines Privatunternehmens, welche eine große Anzahl physikalischer Geräte enthält, die durch Druckknöpfe in Bewegung gesetzt werden können; das Museum für Arbeiterwohlfahrts-Einrichtungen in Charlottenburg, in dem alle möglichen Sicherheitsvorrichtungen und dergl. an Maschinen ausgestellt sind; das Museum an der Technischen Hochschule in Charlottenburg; endlich das in

4. November 1905.

Vorbereitung befindliche Eisenbahnmuseum. Diese Museen geben ein hübsches Bild von dem, was in der Technik geleistet worden ist, wenn sie auch nicht auf gleiche Stufe wie die Londoner, Pariser und das im Entstehen begriffene Münchener Museum gestellt werden können. Es wäre zu wünschen, daß man diese zersplitterten technischen Museen zu einem größeren vereinigte; dann würde auch das Interesse des großen Publikums zunehmen.

Hr. Heinr. Esser erwähnt, daß etwa vor einem halben Jahr der Minister der öffentlichen Arbeiten alle Eisenbahndirektionen um Material für das Eisenbahnmuseum ersucht habe. Die Kölner Direktion werde wahrscheinlich eine alte Lokomotive und einen alten Eisenbahnwagen hinschicken.

Hr. Prof. Dr. Wiedenfeld (Gast) bemerkt, daß man in Köln ebenfalls ein technisches Museum einrichte, das einstweilen noch den Namen Handelsmuseum trage. Dort sollen an Hand von Modellen oder Abbildungen die verschiedenen Maschinen und Geräte erklärt werden.

Hr. Rinckel teilt mit, daß er bei seiner Anwesenheit im Pariser Museum nur einen sehr schwachen Besuch festgestellt habe.

Hr. Matschoß erwidert, daß er für das Pariser Museum diese Angabe bestätigen könne, soweit es sich um Wochentage handle; Sonntags sei der Besuch besser. In London liege die Sache aber ganz anders, denn die englische Bevölkerung bringe dem Museum ein lebhaftes Interesse entgegen. Er erwähnt ferner, daß auch in Philadelphia ein großes Museum besteht, wo man unter anderm die Räder der ersten amerikanischen Lokomotive ausgestellt hat.

Darauf werden Vereinsangelegenheiten, insbesondre die Denkschrift betr. mißbräuchliche Benutzung von Zeichnungen und der Entwurf von Normen für Versuche an Verbrennungskraftmaschinen, verhandelt.

Eingegangen 16. Juni 1905.
Mannheimer Bezirksverein.
Sitzung vom 17. Mai 1905.

Vorsitzender: Hr. Post. Schriftführer: Hr. Heintz.
Anwesend 28 Mitglieder und 10 Gäste.

Der Versammlung ging eine Besichtigung der Abwässerkläranlage der Stadt Mannheim voraus, woran sich rd. 60 Herren beteiligten. Zunächst wurde die Pumpstation im Ochsenpferch unter Führung des Hrn. Bauinspektors Heichlinger und des Hrn. Walleser besucht. Die Anlage dient dazu, die von Neckarau und Mannheim zufließenden und mittels eines Dükers unter dem Neckar durchgeführten Abwässer etwa 2 m zu heben und der rd. 2 km entfernten Kläranlage auf der Bonadiesinsel zuzuführen. Die in einem gemauerten Kanal von 3,4 m Breite nnd 3,4 m Höhe zuflieBenden Abwässer werden zunächst durch Sandfang und Rechen von den gröbsten Schwimmstoffen befreit und gelangen dann in eine der drei Kreiselpumpen von 400, 600 und 800 mm Saugrohrdurchmesser, die von Elektromotoren von 23, 45 und 80 PS angetrieben werden. Die Pumpen reichen für eine. Leistung von rd. 1800 ltr/sk aus. Wird diese Menge bei starken Regenfällen überschritten, so darf das stark verdünnte Wasser unmittelbar durch einen Notauslaß in den Neckar abgelassen werden. Bei höherem als Mittelwasserstand des Neckars muß das Wasser durch eine besondre Kreiselpumpe mit 1250 mm Saugrohrdurchmesser, angetrieben von einem 90 PS-Motor, gehoben werden. Für den Fall einer Seuche ist über dem Sandfang des zufließenden Wassers eine Desinfektionsanlage vorgesehen, die jedoch noch nicht in Tätigkeit gesetzt worden ist.

Die Kläranlage besteht aus 6 Klärbecken von je 48 m Länge, die parallel geschaltet, vom Wasser mit etwa 0,02 m/sk Geschwindigkeit durchflossen werden, so daß das Wasser sich 40 Minuten lang darin aufhält; hierbei setzt sich der Schlamm auf dem Boden ab, und das Wasser fließt schließlich durch kupferne Rechen mit 3 mm Spaltenbreite zum Rhein ab. In Zeiträumen von 3 bis 4 Tagen wird eine jede der vorn und hinten mit Abschlußschützen versehenen Kammern abgeschaltet; das darüber stehende klare Wasser fließt noch ab, das über dem Schlamm stehende trübe Wasser aber wird durch eine besondre Pumpe den übrigen noch im Betriebe befindlichen Klärbecken zugehoben. Der Schlamm wird nach einem hochstehenden Behälter gepumpt und fließt von dort durch ein verzweigtes Rohrnetz nach den Feldern. Bei hohem Rheinwasserstand muß auch das nach dem Rheine fließende geklärte Abwasser gehoben werden, und zu diesem Zwecke sind wie bei der Anlage auf dem Ochsenpferch 3 Kreiselpumpen aufgestellt; die große Pumpe von 1250 mm Rohrdurchmesser fälit natürlich hier fort.

In der Sitzung spricht Hr. v. Horstig über Reinhaltung der Flußläufe und Krafterzeugung aus dem Klärschlamm1).

Darauf wird über die Denkschrift betr. mißbräuchliche Benutzung von Zeichnungen verhandelt.

Ausflug nach Speyer zur Besichtigung der Baumwollspinnerei Speyer und Sitzung vom 20. Mai 1905.

An dem Ausfluge beteiligten sich rd. 66 Herren und Damen. In der Spinnerei sprach zunächst deren Direktor Hr. v. Bippen über die Einrichtung der Fabrik und die Fabrikation. Darauf wurden die Werkstätten besichtigt. Besondres Interesse erregten eine Dampfturbine, der elektrische Gruppenund Einzelantrieb und die selbsttätige Feuerlöscheinrichtung. Daran schloß sich eine Sitzung, in der unter anderm über die Normen für Leistungsversuche an Verbrennungskraftmaschinen verhandelt wurde.

Eingegangen 5. Juni 1905. Niederrheinischer Bezirksverein,

Sitzung vom 3. April 1905.

Vorsitzender: Hr. Schnaß. Schriftführer: Hr. Birsztejn. Anwesend 40 Mitglieder und Gäste.

Der Vorsitzende widmet dem verstorbenen langjährigen, verdienstvollen Mitgliede Prof. Stammer ehrende Worte des Nachrufes. Zu Ehren des Dahingeschiedenen erheben sich die Mitglieder von ihren Sitzen.

Darauf spricht Hr. v. Rolf über den Rhein und seine Schiffahrt.

Er kennzeichnet in kurzen Umrissen den Ursprung des Stromes, seinen Lauf und seine Länge und geht dann zu den Regulierungsarbeiten über. Die preußische Rheinstrom-Bauverwaltung hat sich um die Regulierung des Stromes ein ganz besondres Verdienst erworben. Das Haupthindernis für die Schiffahrt des Rheines war von jeher das Felsenriff bei Bingen. An seiner Beseitigung hat schon der Römer Drusus gearbeitet. Die preußische Regierung ließ die ersten Arbeiten zur Erweiterung des Binger Loches von 1830 bis 1832 ausführen, wobei unter einem Kostenaufwande von 28848 M 49 cbm Felsen gesprengt und beseitigt wurden. Neben dem Binger Loch wurde von 1860 an ein zweiter Fahrweg, das sogenannte Neue Fahrwasser, geschaffen, das jedoch wegen seiner sehr starken Strömung für die Bergschiffahrt recht wenig beliebt ist. Die von der Strombauverwaltung aufgewandten Mittel betrugen seit 1881 jährlich weit über 1 Mill. M und sind erst seit 1896 geringer geworden. Zusammen wurden von 1880 bis 1899 rd. 22 Mill. M verausgabt.

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Die Eigenarten, welche der Flußlauf vor seiner Regulierung zeigte, haben ihren Einfluß auf die Schiffahrt ausgeübt. Am Niederrhein spielte wegen der flachen Ufer die Segelschiffahrt die Hauptrolle, doch waren auch ober- und mittelrheinische Schiffe mit Segeln ausgerüstet. Zu allen natürlichen Hindernissen der Schiffahrt kamen die Stapelrechte und das Zollwesen, die bis 1850 die Schiffahrt lähmten. Den Rheinverkehr zuerst befreit zu haben, ist das Verdienst Frankreichs, das 1803 alle bisherigen Zölle abschaffte und an ihre Stelle den Rhein-Oktroi einführte, der einer einzigen Behörde anvertraut war und die Schiffahrt weniger aufhielt. Dagegen ließ Frankreich die Stapelrechte von Köln und Mainz ungehindert bestehen. Der Personenverkehr auf dem Rhein wurde mit sogenannten Jachten betrieben, denen es untersagt war, Handelsgut mitzunehmen.

Eine Umwälzung der rheinischen Verkehrsverhältnisse brachte der Pariser Frieden von 1814 zuwege, der die Freiheit der Rheinstraße bis ans Meer festsetzte. Eine internationale Kommission, in der Wilhelm von Humboldt hervorragend mitarbeitete, regelte die Grundsätze des Verkehrs im einzelnen. Den wirklichen Aufschwung aber brachten nicht Regierungsmaßnahmen, sondern die große Umwälzung, die die Dampfkraft im Verkehrswesen hervorrief. Die ersten Dampfboote, welche den Rhein befahren haben, waren der >>Prinz von Oranien«, von dem Engländer Wager erbaut, und die >> Caledonia« von James Watt. Der letztere fuhr 1817 mit seinem Schiff über den Kanal in die Schelde und Maaß und den Rhein hinauf bis Koblenz. Die Erfolge sollen aber nicht befriedigend gewesen sein. Die erste Gesellschaft, die planmäßig den Rhein mit Dampfschiffen befuhr, wurde 1822 in Rotterdam gegründet. Die Erfolge waren sehr günstig, und das Dampfboot »>Rhein« war das erste, das den Strom bis Mainz und Straßburg hinauffuhr. Dieser Gesellschaft folgten

1) s. Z. 1905 S. 1252.

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