Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Luft einen so langen strahlenden Schweif zurück, wie wenn eine Stern schnuppe vom Himmel fällt.

Wir lassen unsere Deutung dazu folgen. Die Winde sind Riesen und Zwerge, die in der Gewitterwolke wohnen; der schwedische Riese Bisa, schweizerisch der Biswind, wohnt in der Bisaborg, d. i. Gewitterburg. Rußwurm, Eibofolke 2, 248. Statt des Sturmwindes weht hier der milde Nachtwind, der in den Zwergennamen Gustr (flatus) und Vindalfr verkörpert ist und als jene Zaubermusik beschrieben wird, die dem Mutisheere voraus ertönt. Solche Himmelsgeister sinds, von denen der Psalmist 104, 4 sagt, sie seien Engel, die Gott zu Winden mache. Das entsprechende hebräische Wort ruah, das unsere deutsche Bibel mit Geistern übersetzt, bedeutet sinnlicher Seits das Wehen und Blasen, so daß wir damit mundartlich den Blast, eine Wolkenschichte, den Hausgeist Blaserle (spiritus), das Flötenblasen der Geister und endlich den Brauch verstehen lernen, wornach die Schiffer dem Winde pfeifen und unsere auf der Weidenpfeife blasenden Kinder dem Aufthauen der Bäche und Quellen locken. Als der Pfarrer Sera Halfdan zu Fell auf Island Seeräuber in der Nähe seines Gutes landen sah, gieng er um seinen Pfarrhof herum und pfiff nach allen vier Himmelsgegenden; alsbald kam ein Windstoß, das Schiff kenterte und alle Korsaren ertranken. K. Maurer, Isländ. Sagen der Gegenwart 133. Wirft das Schloßweible den Leuten glänzende Kronenthaler nach, hinter denen in der Luft ein langer Lichtstreif nachflammt, so sind damit die Sternthaler, die man aus dem gleichnamigen Märchen Grimms kennt, glücklich gekennzeichnet. Diese Sternenschoße nannte die ältere Naturbeschreibung Iridis flores, guttae Apollinis, beim Volke heißen sie Attelspfennige, Regenbogenschüsselein. Denn ein Säckchen Gold liegt am Fuße des Regenbogens und wer sich unter ihn stellt, bekommt eine Wanne voll Geld. Was also die flötende goldvertheilende Burgfrau der deutschen Sage ist, dem entspricht in der nordischen der Riese Aelwaldi; er vertheilt unter seine drei Söhne das Gold und diese messen es, indem Jeder einen Mund voll nimmt. Uhland sieht darin den Regenwind und im Golde die in den Wolken aufgehäuften Schätze; dieses Erbe zertheilen und zerblasen die übrigen Winde, damit der Regenwind, der Ael herbeischaffende Vater Aelwaldi, weiche.

Das andere Beispiel, das seiner Kürze und Deutlichkeit wegen hier hervorgehoben wird, handelt von den goldenen Kegeln. Der alte Schloßherr vom Berg Graneckle bei Wisgoldingen hatte ein goldenes Kegelspiel mit einer goldenen Kugel. War ein Ritterfest, so wurde damit gespielt. Wahrscheinlich in Kriegszeiten, sagen die Leute, sind die Kegel vergraben worden, noch jetzt liegen sie im Berge drinnen. Sie kommen heraus und man sieht sie droben, wenn's einen Regenbogen hat, wenn ein Gewitter am Himmel ist und es recht donnert. Hier ist die Fassung einer schon in sehr zahlreichen Spielarten vorhandenen Gewittersage desshalb so glücklich, weil das Symbol des Blitz- und Donnerkegels keiner weiteren Missdeutung mehr ausgesetzt ist. Das Sinnbild erinnert an einen Kinderreim in Zingerle's Tiroler Sitten, S. 164:

Es donnert, es blitzt,
Im Himmel oben sitzt

Die Mutter des Herrn,

Hat goldene Kegel.

Geh schnell fort,

Sonst trifft sie dich todt!

Wenn die Kaatskillberge am amerikanischen Hudson, dessen erster Entdecker Hendrik Hudson war, ihre atmosphärischen Donnerschläge bei hellem Himmel rollen lassen, so sagen die Eingeborenen: das ist Hendrik Hudson mit den Holländern, die ihre Kegelkugeln werfen. Ule, Ztschr. die Natur 1854, 278. Das Zutreffende der schwäbischen Sage leuchtet durch solche anderweitige Naturgleichnisse recht ein, die wir gerade ihrer gegenseitigen Entlegenheit wegen hier anzuführen suchten.

Wir wünschen dem guten Buche fleißige Leser und Käufer, Es ist sauber gedruckt, handlich und im Preise wohlfeil, die Lieferung zu acht Bogen kostet 36 Kreuzer.

E. L. ROCHHOLZ.

Alt- und angelsächsisches Lesebuch nebst altfriesischen Stücken, mit einem Wörterbuche. Von Max Rieger. Giessen 1861. XXVIII, 332 SS. 8. Die alt und mittelhochdeutschen Lesebücher sind an der Mode, und wer irgend dazu Lust hat, der kann sich jetzt ohne Mühe mit diesen Sprachen bekannt machen. Daß für die niederdeutschen Dialekte in dieser Hinsicht bis jetzt nicht die Hälfte so viel gethan worden ist, wie für ihre südlichen Nachbarn, ist leicht erklärlich, Sie sind schwieriger zu verstehen und bieten eine weit geringere Zahl von Texten als diese. Das Studium des Altnordischen ist durch die trefflichen Lesebücher von Friedr. Pfeiffer und Ettmüller um ein bedeutendes erleichtert. Hingegen war für das Studium des Angelsächsischen eigentlich nur Ettmüllers Auswahl zu gebrauchen, das mit großer Sprachkenntniss gearbeitet und um so werthvoller ist, als die ersten Ausgaben angels. Texte schwer zu erlangen, theuer und unkritisch sind. Abgesehen von diesen Vorzügen, ist dennoch Ettmüller's Lesebuch für den Anfänger von wenig Nutzen. Viele dunkle Stellen sind unerörtert geblieben; die erklärenden Anmerkungen genügen bei weitem nicht.

Um so verdienstvoller wäre es daher gewesen, selbst nach Erscheinen von Greins angels. Bibliothek, ein Lesebuch dieser Sprache auszuarbeiten, welches für den Anfänger bestimmt, eine gediegene Auswahl von Stücken, mit reichlichen Erklärungen versehen, eine kurzgefasste, übersichtliche Grammatik, und ein vollständiges, klar geordnetes Glossar geboten hätte. Ein solches Buch war ein Bedürfniss, und man muß sich nur wundern, daß das vorliegende dieses Bedürfniss noch keineswegs befriedigt.

Nach dem Titel zu schließen, ist es zwar nicht die Absicht des Verfassers gewesen ein bloß angelsächsisches Lesebuch zu bieten; er wollte vielmehr ein zusammenfassendes Bild der drei Hauptmundarten des Niederdeutschen liefern. Aber der Weg, welchen der Verfasser dabei eingeschlagen hat, erschwert beträchtlich das Studium einer jeden dieser Mundarten für sich. Ein sehr richtiger Gedanke war es gewiss, eine Auswahl altsächsischer, angelsächsischer und friesischer Texte in klarer Ordnung dem Studierenden an

die Hand zu geben; allein es war auch zugleich nothwendig die Texte verständlich zu machen, das Studium der drei Sprachen zu erleichtern, den Anfänger anzuregen. Dafür ist leider wenig geschehen. Nicht einmal eine kurze vergleichende Grammatik der niederdeutschen Mundarten ist in dem Buche zu finden, in welcher jedes Paradigma ein Wort in alts., ags., und fries. Mundart enthalten hätte. Allerdings ist ein Glossar beigegeben wor den, welches wissenschaftliches Interesse hat und Gelehrsamkeit beurkundet, aber für denjenigen nicht zu gebrauchen ist, der nicht eine genaue Kenntniss der ganzen Lautlehre besitzt. Denn Hr. Rieger hat nicht jedes Wort in seiner Mundart besonders aufgezeichnet, sondern die friesischen und ags. Wörter unter ihrer altsächs. Form, und wo diese nicht vorhanden war, die friesischen Wörter unter der angels. Form angeführt. Durch dieses Verfah ren ist das Glossar für den Anfänger völlig häufig unbrauchbar. Einige zufällige Beispiele mögen das beweisen: Seite 169 steht geschrieben: end suê eihvelc mon (und so jeder Mann). Wer weder alts., noch ags., noch friesisch kennt, wird eihvele nachschlagen, aber nicht finden, da es eine frie sische Form ist und unter der altsächsischen ghrele steht. Dieses ghvele zu suchen, wird natürlich keinem Anfänger einfallen. S. 201, 20 ist zu lesen: use fri lond, that is thi riuchta fria stol. Um zu erfahren was riuchta ist, muß man reht aufsuchen, wo aber die schw. Nom.-Form riuchta nicht angegeben ist. Diesem Mangel wäre einigermaßen durch erklärende Anmerkungen abzuhelfen gewesen; leider sind deren keine vorhanden.

Wissenschaftlicher Werth kann dem Buche nicht abgesprochen werden; die Texte, die R. anführt, sind sorgfältig ausgearbeitet, vortrefflich gewählt und anziehend. Doch scheint es mir, es wäre nicht überflüssig gewesen, das zwischen den Bruchstücken des Beowulf fehlende jedesmal, wie bei Ettmüller, kurz anzugeben.

Es ist Schade, daß, bei seinen sonstigen Vorzügen, dieses Buch nicht denjenigen besitzt, den ihm zu geben so leicht gewesen wäre, und ohne welchen es seinen Zweck halb verfehlt, den Vorzug nämlich, für Ungeübte brauchbar und nützlich zu sein.

ZÜRICH.

A. ROCHAT.

Kaiser Ludwig der Bayer und sein Stift zu Ettal. Ein Beitrag zur Kunst- und Sagengeschichte des Mittelalters von Dr. H. Holland. München. Verlag von August Rohsold. 1860. 32 SS.

gr. 8.

Der Verfasser, der sich um Sagenkunde schon manche Verdienste erwor ben, theilt zuerst die Legende von der Gründung dieses Klosters durch Ludwig den Baier ausführlich mit. Die folgenden Abschnitte beziehen sich auf die Regel der dortigen Ritter, auf den Bau des Tempels und dessen Geschichte, auf das Verhältniss Ludwigs zu Albrecht von Scharfenberg, der im Auftrage des Kaisers den jüngern Titurel gedichtet *), auf das Ettaler

*) Dieser Abschnitt wäre, zum Vortheil der sonst hübschen und gelungenen Abhandlung, besser weggeblieben. Der Verf. hätte sich nicht durch San-Marte (Wolfram 2,285 ff.) verleiten lassen sollen, nachdem das Richtige seit Jahren in

Madonnenbild und den h. Gral.

Das Resultat der mit großem Scharfsinn gepflogenen Untersuchung ist, daß der den schönen Künsten und Wissenschaften holde Kaiser bei seiner Stiftung zu Ettal nichts Geringeres bezweckte, ,als inmitten einer furchtbar erregten und schwer zerrissenen Zeit einen Graltempel zu erbauen und so den schönsten Plan, den eines großen Dichters Geist ersonnen, nach Möglichkeit zu realisieren. Wie Titurel auf überirdische Weise, so wird der Kaiser von dem Bilde selbst geführt, das gleich der Wünschelruthe die Stelle des Tempels bezeichnet; wie in Salvaterre, so haben wir hier ein gleiches Bergplateau, das am Eingange des Landes, und gleichfalls an einer Heerstraße gelegen: es ist die gleiche Waldwildniss, holzverwachsen und zerklüftet. Während auf Munsalvasch nur dem Gralkönig verehelicht zu leben erlaubt ist, hat der milde Kaiser seinen Rittern die Ehefrauen belassen; auch erscheint derselbe Zug, daß die Kinder schon im zartesten Alter, gerade wie von der Gralburg die jungen Edelherren, in herrenlose Lande hinaus gesendet werden.

Auch unsere Ritter waren züchtig und ehrbar zu leben verbunden und hatten ein Abbild des Gralkönigthums in ihrem Meister und ihrer Meisterin. Sodann ist die Anlage der Ettalerkirche mit der des Graltempels, den König Titurel baute, in ganz überraschender Weise zusammenstimmend. Das wunderbare, tausendfältig Gnaden spendende Bild aber, das vom Himmel gekommen war und das nur von den Reinen und Sündenlosen sich tragen und heben lässt, war der Gral dieser Tempeleisen, die hier mitten im Walde und in einer vordem nie gelichteten Wildniss hausten und lebten.

ZINGERLE.

Die siebenbürgisch-sächsische Bauernhochzeit. Ein Beitrag zur Sittengeschichte. Von Johann Mätz. Kronstadt 1860. 101 SS. 8. Eine sehr fleißige Arbeit, welche uns ein treues, genaues Bild von einer solchen Hochzeit mit ihren Bräuchen und Sitten giebt. Die Schrift

Wackernagels Litteraturgeschichte 195. 196 zu lesen steht. An der Entstehung des jüngern Titurel hat Kaiser Ludwig der Baier keinen Antheil. Der in den Heidelberger Bruchstücken genannte „Beier prinz duc Loys et Palatinus" ist nicht der Kaiser, sondern dessen Vater, Herzog Ludwig der Strenge (1228-1294) der bei der 1255 mit seinem Bruder vorgenommenen Theilung Ober baiern und die Pfalz mit der Kurwürde und dem Reichsvicariat für sich behielt. Während des Interregnums 1256 -1273 war er Reichsverweser und darauf bezieht sich ohne Zweifel die 22. Strophe des Bruchstücks (San-Marte 2, 284), worin er, der im römischen Reich nicht seines Gleichen habe, ein hochgeadelter Aar genannt wird, der mit seinem weiten Fittich die kleinern Vögel (Fürsten) in Schwaben, Baiern und Franken beschirme und dessen Banner man von Österreich bis Flandern flattern sehe. In die genannten Jahre, also noch vor die Geburt des nachmaligen Kaiser Ludwigs (1282), muß daher wohl der jüngere Titurel fallen, jedenfalls noch ins 13. Jhd. Seine Entstehung weiter hinab, ins 14. Jhd., zu rücken, verbieten schon Vers und Reim.

F. PFEIFFER.

LITTERATUR

zerfällt nach einem lehrreichen Vorworte über Land und Leute (S. 1-15) in die Abschnitte 1. Knecht- und Magdthum oder heimliche Liebe treiben (16-24). 2. Handschlag und Brautvertrinken (24-38). 3. Zur Hochzeit rüsten (38-50). 4. Hochzeitstag (50-79). 5. Schluß der Hochzeit (79 ff.). Wir müssen diese Schrift als das werth vollste bezeichnen, was über Bauernhochzeiten bisher erschienen ist. Der Verfasser giebt nicht nur genauen Bericht über die Feierlichkeiten und Gebräuche bei Eingehung der selben, sondern theilt allen auf Liebe und Hochzeit bezüglichen Aberglauben und Bräuche mit. Daß sichs hier um die Feier der Hochzeit nach uralter Sitte handelt, zeigt uns außer den mitgetheilten Gepflogenheiten, die hohes Alter verrathen, schon der Name brälft (Brautlauft). In den Anmerkungen hat der Verfasser Einschlägiges aus andern Gegenden berücksichtigt. - Die mitgetheilten Lieder und Sprüche werden dem Freunde der Volksmundarten sehr willkommen sein. Zum Schlusse wünschen wir, der Herausgeber möge dieser werthvollen Gabe mehrere ähnliche Mittheilungen über die siebenbür gisch-sächsische Sittenkunde folgen lassen.

ZINGERLE.

Sagen und Lieder aus dem Nösner Gelände gesammelt von Heinrich Wittstock, Bistritz 1860. 49 SS. 8.

[ocr errors]

Diese treffliche Sammlung, dem Verein für siebenbürgische Landeskunde für das Jahr 1860 zur Festgabe bestimmt, hat den Zweck Fr. Müllers Siebenbürgisches Sagenwerk (Kronstadt 1857) zu vervollständigen und in den Liedern den Dialektforschern Material zu ihren Studien zu bieten. Im ersten Theile der Schrift sind die Sagen von Schätzen und Hexen reich vertreten. Unter den letztern ist die von dem gesegneten Sacke S. 10 merkwürdig. Ein Bauer, der ober sich eine Hexengesellschaft mit schauderhaftem Lärm dahinsausen sah, rief voll Angst: Gott segne euren Reigen." Darauf erhielt er die freundliche Antwort: „Gott segne deinen Sack! So lange du Niemanden Etwas sagst, wirst du nichts zu mahlen brauchen!" Das Wort ging in Erfüllung: das Mehl im Sacke nahm nicht ab, so oft auch davon genommen wurde, bis der Bauer seinem zudringlichen Weibe das Begebniss erzählte. Wir haben hier einen auffallenden Beleg, daß die alten Mythen von segenspendenden Göttern auf Hexen übertragen wurden. Die segnenden Hexen dieser Sage sind an die Stelle einer umziehenden Göttin (Hulda) und ihres Gefolges getreten. Denn das Segnen widerspricht dem Wesen der Hexen, die nur fluchen und zaubern können. In den historisch gefärbten Sagen (S. 17-32) werden die Tatern oft genannt (Nr. 21-27). Zwei derselben (Nr. 25 u. 26) erinnern an das Märchen Hansel und Gretel (Grimm K. H. M. 1, 79). Nr. 27 stimmt wesentlich zur Gutasage in Bregenz (Vonbun S. 90). Bemerkenswerth ist die Sitte, daß in Nösen von Michaeli bis Georgi um 3 Uhr Morgens geläutet wurde (S. 32), wie in mehreren Gegenden Deutschlands während dieser Zeit das Geläute um 7 Uhr Abends im Schwange

war.

Auf Beowulf weist das Grändelsmôr, ein großer tiefer Sumpf auf

« ZurückWeiter »