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maßen dem Elenn (cervus alces) verwandt ist. Molyneux, der im J. 1697 die ersten Nachrichten, die Beschreibung eines Schädels sammt Geweih, davon gab, verwechselte diese Reste noch mit dem amerikanischen Elenn. Später erkannte man die Verschiedenheit und die Naturforscher, die sich nach Molyneux mit diesem Gegenstande beschäftigten, von Engländern besonders Hart, von Deutschen Goldfuß, betrachteten das Thier als eine, wie das Elenn, der Auerochs und andere einst in Mitteleuropa heimische Thiere, zurückgedrängte Art, welche sich aber nicht wie der Auerochs und das Elenn in weniger cultivierten Landstrichen noch erhalten, sondern völlig ausgestorben ist.

Überreste dieser untergegangenen Hirschart sind auch in diesem Jahrhundert in großer Menge ausgegraben worden, in einzelnen Theilen sowohl als in ganzen Skeleten. Wegen der riesigen, die des Elenns weit überragenden Dimensionen des Körpers, insbesondere des Geweihes, hat man das Thier cervus giganteus und c. megaceros, Riesenhirsch genannt. Dieser letztere, ihm von Hart gegebene Name ist nun der allgemein übliche geworden. Vollständige Skelete befinden sich im britischen Museum, in den Museen zu Dublin, Edinburgh, Cambridge, Yorkshire u. s. w. Auch Wien besitzt seit einigen Jahren ein sehr ausgezeichnetes Exemplar, das, bei Killowen in der Grafschaft Wexford gefunden, vom Grafen August Breunner käuflich erworben und seit 1855 in der k. k. geologischen Reichsanstalt dahier aufgestellt ist *). Eine Abbildung und ausführliche Beschreibung dieses Exemplars gab Prof. Dr. Karl Peters im Jahrbuch der geol. Reichsanstalt 1855, S. 318-320, und dieser lehrreichen, das Litterarhistorische über den Gegenstand in übersichtlicher Weise zusammenstellenden Abhandlung verdanke ich die vorstehenden und einen Theil der nachfolgenden Notizen.

Die Güte meiner verehrten akademischen Collegen, der Herren Hofräthe v. Haidinger und Auer, setzt mich in den Stand, meinen Lesern jene Abbildung vorzuführen.

Während des Druckes bringt die Leipziger illustrierte Zeitung vom 8. Juni (Nr. 936. S. 397) die Abbildung eines, an Größe das Wiener Exemplar noch übertreffenden Riesenhirsch-Skeletes, das im Torfmoore bei Limerick in Irland gefunden ward und nun, durch die Bemühungen des Prof. Dr. Geinitz, eine Zierde des k. mineralogischen Museums zu Dresden bildet.

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Um dem Leser einen Begriff von der Größe des Riesenhirsches zu geben, will ich hier die Maße des Körpers und des Geweihes mittheilen. Der Rumpf misst in der Länge 5', 4", in der Höhe 5', 6", 2", die Mittellinie des ganzen Thieres 7', 8", 5" Wiener Maß. Der Schädel, 17", 9" lang und 8", 5"" breit, unterscheidet sich vom Schädel der andern hirschartigen Thiere vornehmlich durch die Größe, die ihn geeignet macht, das riesige Geweih zu tragen. Dieses misst in seiner ganzen Länge, von der Mittellinie der Stirn bis zum äußersten Ende der entferntesten vorletzten Sprosse 5′, 9", 7", der ganze Geweihbogen somit 11', 7", 2". Die Spannweite ist 8', 2", die größte Breite der rechten Schaufel 1', 2", 6", der linken 1', 5", 2"".

die

Die ältern Gelehrten, Goldfuß und Hart, waren der Ansicht, daß das Aussterben des Riesenhirsches erst erfolgt sei, als der Continent und die britischen Inseln bereits von Menschen bewohnt waren. Goldfuß, und mit ihm Nees von Esenbeck, fand einen Anhaltspunkt dafür im Nibelungenlied, indem er den grimmen Schelch für identisch hielt mit dem Riesenhirsch. Von den Neuern dagegen, von Buckland, Owen u. A., wird die Coexistenz des Riesenhirsches und des Menschen geläugnet, indem sie das Vorkommen des erstern in Alluvialgebilden als nicht erwiesen betrachten. Gegen Goldfuß insbesondere erwähnten Buckland und Owen, daß das Nibelungenlied als naturwissenschaftliche Quelle kaum berücksichtigt werden dürfe, weil ja sonst auch die Existenz von Riesen, Zwergen, Feuerdrachen als erwiesen gelten müßte. Dieser Einwand nun, der ohnehin auf sehr schwachen Füßen ruht und wohl mehr nur ein Scherz als ernstlich gemeint ist, wird durch die Kaiserurkunde gründlich beseitigt und das Vorkommen des Schelches in historischer Zeit, noch im 10. Jhd., ist eine feststehende Thatsache. Durch den von mir geführten Nachweis von der Identität des Schelches und des Tragelaphus erhält, wie mir scheint, die Vermuthung Goldfußens eine glänzende Bestätigung: was die alten Autoren vom Tragelaphus aussagen, passt in allen Theilen aufs trefflichste zum Riesenhirsch, und somit vereinigt sich Alles, um es fast über jeden Zweifel zu erheben, daß der Tragelaphus, der Schelch und der Riesenhirsch ein und dasselbe Thier sind.

WIEN, Mai 1861.

FRANZ PFEIFFER.

ZUM MÄRCHEN VOM ZAUNKÖNIG.

Zu Pfeiffers Aufsatz vom Zaunkönige liefere ich hier einen Text, der ohne Frage älter als die aus Papierhandschriften mitgetheilten ist und in dem die wörtlichen Keime des a. a. O. S. 83-87 abgedruckten Textes erkennbar sind.

Dieser Text (mir in früheren Jahren von Zacher mitgetheilt) befindet sich in einer Pergamenthandschrift der k. Niederländischen Bibliothek im Haag (Qu. 721), welche deutsche und holländische Gedichte enthält.*) Das Gedicht „Van den voghelen" steht Bl. 3. 4. Seine Reime weisen in der Mehrzahl auf hochdeutschen Ursprung,

*) Vgl. Haupts Zeitschrift 1, 227 ff.

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H. F. MASSMANN, ZUM MÄRCHEN VOM ZAUNKÖNIG. doch spricht milde: wilde, viande : lande, besonders quaed und winterkoninc für das Niederländische. Mone, Übersicht der niederlän dischen Volks-Literatur älterer Zeit. Tübingen 1838) verzeichnet S. 351 Vogelsproxkene, 52 Verse (jeder Vogel spricht auch hier nur zwei Reime), welche beginnen:

Die aer.

Here, geeft erenrike gave,
Soe stad-i in eren allen dage,

und schließen (mit gleichen Reimen):

Bl. 3d

der loser lere, der valscher raet,
die es t-allen dingen quaet.

VON DEN VOGHELEN.
Die winter konine zeyt.
Ich bids vch lieven heren
Das ir mich raet min eren
wie ich min zachin ane va
Das min rych in eren sta.

Die Aren zeyt.

Here ymmer west mit rade milde
Sone wirt vr goet nemmer wilde.

Die ghier zeyt.

Here is allene dine spise
So dunes du mich gar wise.

Die vale zeyt.

Here zyt werachtich iegen v viande
Hout goeden vrede in uwen lande.

Die wuwe (der wîhe) zeyt.

Bl. 4. Heere et si in velde of in straissin
So ensaltu ghein man nicht laessin.

Die hauic zeyt.

Here zyt goiden luden heymelich
En armt vch niet vnd macht v ryc.

Die vle zeyt.
Here ir sult van den luden tyen
Vnd alle zyt den heren vlyen.

Die sporwar zeyt.
Here war hout uwe wort
Die hogen vliet als quade mort.

Die rauen zeyt.

Here dune machs niet genesen
Du en wilt scale vnd vntrou wesen.

Die papegay zeyt.

Here werlich hout uwe reste
Men prueft den wert bi zinen geste.
Die hoppe zeyt.

Here mich dunket dat beste
Onreyn te zin bewiset min neste.

Die tortelduwe zeyt.
Here wie v goet raet den haet wert
Er is die vre eren ghert.

Die elster zeyt.

Here wie melden vnd claffen kan
Es nv te hove der lieuer man.

Die gans zeyt.

Here ich zuen das der buesen raet
Heren vnd land verderft haet.

Die pauwe zeyt.
Here deys du na der bueser raet
So werts du metten boesen quaet.

H. F. MASSMANN.

LITTERATUR.

San-Marte, Parcival-Studien.

Erstes Heft: des Guiot von Provins bis jetzt bekannte Dichtungen, altfranzösisch und in deutscher metrischer Übersetzung mit Einleitung, Anmerkungen und vollständigem erklärenden Wörterbuche herausgegeben von Joh. Friedr. Wolfart und SanMarte (A. Schulz).

Zweites Heft: über das Religiöse in den Werken Wolframs von Eschenbach und die Bedeutung des hl. Grals in dessen „Parcival," herausgegeben von San-Marte. Halle, Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses 1861. XII und 402, XVI und 278 Seiten gr. 8°.

1.

Die noch immer nicht gelöste Streitfrage, ob der von Wolfram von Eschenbach als Gewährsmann in seinem Parcival angeführte „Kyôt von Provenz“ oder „der Provenzâle" nicht doch identisch mit dem Trouvère „Guiot von Provins" sei, hat den um das Verständniss von Wolfram's Dichtungen so hochverdienten Hrn. Regierungsrath A. Schulz (San-Marte) veranlasst, sich eingehender mit den Werken und Lebens-Verhältnissen dieses altfranzösischen Dichters zu beschäftigen.

Er hat sich aber nicht begnügt, nur die Resultate seiner gelehrten Untersuchungen mitzutheilen, sondern diese Gelegenheit benützt, die in Deutschland doch nur Wenigen bekannten Werke dieses Trouvère in Original und in metrischer Übersetzung nebst einem Specialwörterbuch herauszugeben, welche Ausgabe das vorliegende erste „Heft" seiner „Parcival-Studien bildet.

Zu diesem Behufe hatte er sich mit dem leider zu früh gestorbenen gründlich gebildeten Philologen Johann Friedrich Wolfart, gewes. Professor am Domgymnasium zu Magdeburg*) verbunden, so zwar, daß dieser die Herausgabe des Textes und die Ausarbeitung des Specialwörterbuchs übernahm, Hr. Schulz aber selbst die Einleitung dazu schrieb, eine metrische Übersetzung von Guiot's Werken dem Texte gegenüber abdrucken ließ, und sacherläuternde Anmerkungen anfügte.

Ich werde mich nur auf die Anzeige des sprachlichen Theils dieser Arbeit beschränken.

Guiot's auf uns gekommene Werke sind bekanntlich sein satyrischer Sittenspiegel, dem er den Titel: Bible," d. i. Buch, Schrift, gab, und einige Minnelieder.

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Die Bible" war vollständig nur einmal im Druck erschienen in Méon's neuer Ausgabe von Barbazan's Fabliaux et Contes (Paris, 1808. 8°. Tome

II.

p. 307-393) nach zwei Hdsch, der k. Bibliothek von Paris.

*) Ein diesem gewidmeter,, Nachruf“ (S.IX–X) enthält eine biographische Notiz und ein Verzeichniss der Werke desselben (geb. den 8. December 1798, gest. den 29. März 1860).

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