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Cymbeline in Ungarn.

«Aschenhans», ein ungarisches Volksmärchen,1)

mitgeteilt von

Elisabet Rona-Sklarek.

Also es ist wirklich gewesen, wenn es gewesen ist, siebenmal sieben Königreiche weit von hier war's auch: Wo man die Laus, den Floh mit hundert Zentner schweren Hufeisen beschlägt, damit er nicht sein Bein ins Gewicht hinein schlägt. Ohne Lügen gibt es nichts, aber wenn es nicht heute war, so könnte es doch morgen sein, ein Augenblinzeln und es könnte sich begeben. Es war einmal ein König. Dieser König hatte drei schöne Söhne. Dieser König starb zugleich mit seiner Frau; doch vor seinem Tode befahl er den Königssöhnen, daß sie des hundsköpfigen Königs drei Töchter freien sollten. Und den einen Königssohn hießen sie Aschenhans. Der kauerte immer und ewig unter dem Herd und spielte in der Asche; seine beiden älteren Brüder trieben Landwirtschaft.

Eines Abends sagte der älteste Königssohn: «Krieche mal unter dem Herd hervor, du Aschenhans; mahle nicht immer und ewig die Asche, sondern mach Feuer!>

Antwortete darauf der Aschenhans: «Ihr zürnt mir vergebens, denn ohne mich könnt Ihr nicht erlangen, wonach Ihr trachtet.»

Da wurden seine zwei Brüder zornig; sie holten zwei Stöcke und prügelten ihn so, daß sie ihn ganz zerschunden. Aschenhans indessen ging, als seine beiden Brüder eingeschlafen waren, hinaus in den Stall und sattelte die dreibeinige alte Stute. Dann schwang er sich hinauf und sprengte geradeswegs in die Luft. Von dort ließ sich das Pferd rücklings wieder nieder; als es fast auf der Erde angekommen war, stand das Pferd aufrecht. Sprach das Pferd: «Mein lieber guter Herr, was ist dein Begehr?»

«Ich begehre nichts anderes als daß ich zum hundsköpfigen König gehen will».

1) Übersetzt aus Magyar Népköltési Gyüjtemény VII. Mailand Oszkar. Székelyföldi Gyüjtés (Sammlung ungarischer Volksdichtungen. VII. Band. Szekler Sammlung, gesammelt und herausgegeben von Oskar Mailand.) Nr. 4. Hamujutka Jancsi.

Da wieherte das Pferd eins, stampfte eins, daß der Schall davon durch siebzehn Reiche, siebzehn Welten ertönte. Dann sprang es eins und stand in des hundsköpfigen Königs Tor. Aschenhans trat ein in des hundsköpfigen Königs Schloß, und dort sieht er, wie in einem Gemach vier Kerzen brennen, und sieht, wie die älteste Prinzessin dort schläft in einer goldenen Wiege, die mit goldener Kette am Balken aufgehängt ist. Von da ging er in das andere Gemach. Dort sieht er, wie auf dem Tisch der mittelsten Königstochter fünf Kerzen brennen und die Prinzessin dort schläft in einer goldenen Wiege, die mit einer Kette am Balken aufgehängt ist. Von dort ging er in das dritte Gemach; und da sieht er, wie auf dem Tisch sechs Kerzen brennen und dort die jüngste Prinzessin schläft in einer goldenen Wiege, die mit goldener Kette am Balken aufgehängt ist, und die Sonne war auf ihrer Brust und der Mond auf ihrer Stirn, aber unter der linken Brust da waren acht goldene Haare gewachsen. Jetzt dachte Prinz Aschenhans bei sich: «Nun, jetzt sollen alle drei Prinzessinnen mir folgen!» Er hob sie auf die alte Stute, die wieherte eins, stampfte eins, und da war er in seinem Haus. Als er in den Hof getreten war, tat er die drei Prinzessinnen in das Zimmer und ging hinein und rüttelte seine beiden Brüder auf.

«Steht auf, denn ich brachte, was ihr euch wünschtet, ich brachte eure Liebchen.» Seine beiden Brüder waren sehr aufgebracht, daß ihr närrischer jüngster Bruder sie nicht in Ruhe ließ und sagten dem Aschenhans: «Packe dich; denn du hast's leicht, spielst den ganzen Tag in der Asche; wir aber arbeiten von früh bis spät und sind müde und matt.» Da antwortete Aschenhans: «Steht nur auf! denn wonach euer Herz sich sehnte, das brachte ich.> Spricht der älteste Bruder zum mittelsten: «Steh auf, mein Bruder, wir wollen sehen, ob er unsere Liebchen brachte; denn wenn er sie nicht gebracht hat, dann töten wir ihn auf der Stelle, daß er uns fürder nicht zum Narren habe.»

Da gingen sie zur Tür der ältesten Prinzessin, und da sah sein Bruder, daß dort seine Liebste war. Fragt Aschenhans: «Nun Bruder, bist du zufrieden? Wahrlich, lieber Bruder, jetzt kannst du nichts mehr sagen, was ich dir nicht gewähren würde; denn du brachtest, um die ich so viel gekämpft habe.» Spricht Aschenhans zu seinem mittelsten Bruder: Komm, mein zweiter Herzbruder, schau nun auch die deine! Sie öffneten die Tür; da sah der mittelste Königssohn seine Liebste, wie sie schlief. In seiner Freude küßte er ihn wieder und wieder. Da sprach Aschenhans aufs Neue: «Nun, meine lieben Brüder, jetzt kommt und schaut auch die Meine.» Und sie gingen zur Tür der jüngsten Prinzessin. Als sie die Tür öffneten, da sahen die beiden älteren Brüder, daß sie eine so schöne herrliche Jungfrau war, wie sie auf der weiten Welt weder mit Blicken gesehen noch Kunde je vernommen hatten.

Als anderntags der Morgen anbrach, erwacht der hundsköpfige König, und da sieht er, daß seine drei Töchter nicht daheim sind. Da sprach er: << Wohlan, du Aschenhans, ich wußte es wohl, schon als du noch so klein warst wie ein Knoblauchskeim in deiner Mutter Schoß, daß wir aneinander geraten würden.» Da rüstete sich der hundsköpfige König und versammelte seine Soldaten und machte sich auf, daß er Aschenhans verderbe. Aschenhans aber stellte seine beiden Brüder auf dem Hofe auf. Also du, mein

ältester Bruder, stellst dich mit deiner Frau unter das erste Tor, denn jetzt kommt unser Schwiegervater mit einem ganzen Heer von Feinden, daß er uns allsogleich verderbe. Doch fürchte nichts, sondern wenn er bei dir anlangt, so präsentiere1) deinen Säbel so, daß er in Stücke springt. Du mittelster Bruder, du stellst dich in das mittelste Tor! Ob nun mein ältester Bruder präsentiert oder nicht, du sollst so präsentieren, daß dein Säbel in sechs Stücke springt».

Und da langte also der hundsköpfige König an; doch er gab seiner Mannschaft den Befehl, daß keiner kämpfen dürfe, bis er es sage. Er stellte seine Soldaten auf, und mit gezücktem Schwert zog er voll Ungestüm los, daß er seinen Schwiegersohn verderbe. Wie er dort angelangt war, präsentierte sein ältester Schwiegersohn so, daß sein Säbel in zwei Stücke sprang Da entgegnete der junge König dem hundsköpfigen König: «Gemach, erlauchter Vater König, bezwinge dein Ungestüm, denn wir gelobten, unserm erlauchten Vater König beizustehen, wenn wir ihm helfen könnten; nur den Aschenhans müßte er besiegen ».

Als sie zum mittelsten Tor kamen, präsentierte der mittelste Königsohn so, daß sein Säbel in sechs Stücke sprang. Sprach der mittelste Königsohn: «Gemach, erlauchter Vater König, bezwinge dein Ungestüm, denn wir gelobten, dir Hilfe zu leisten; nur den Aschenhans mußt du besiegen > Jetzt gingen sie zum Aschenhans zum dritten Tor. Hier präsentierte Aschenhans so, daß sein Säbel in sechzehn Stücke zersprang, und die Funken sprühten so, daß der hundsköpfige König die Augen schloß, damit sie nicht heraussprangen. «Gemach, sprach der hundsköpfige König, dein Ungestüm soll sich legen; denn als du in deiner Mutter Schoß noch so klein warst wie ein Knoblauchskeim in sechzehntausend Stücke zerschnitten, wußte ich, daß wir aneinander geraten würden». Da erwiderte Aschenhans: «Wir gelobten einander, daß wir meinem erlauchten Vater König Hilfe leisten wollten». Mit solcher Rede gab sich der hundsköpfige König zufrieden, und sie ließen die Hochzeit ausrufen. Durch siebzehn Welten, siebzehn Reiche ließen sie verkünden, daß Grafen, Herzöge, Prinzen, auserlesene Zigeunerburschen kommen sollten. Priester und Henker kamen. Der Priester traute sie, der Henker stäupte sie. Und jetzt war nun die große Hochzeit.

Als die Hochzeit vorüber war, ließ Aschenhans seiner Gemahlin auf dem Hofe einen eisernen Pavillon machen, und dort wohnten sie.

Einstmals ließ der Rote König durch siebzehn Reiche, siebzehn Welten verkünden, wer seine Schrift nachmachen könnte, der sollte jeden Tag anderthalb Scheffel Gold bekommen. Also sprach Aschenhans: «Nun, mein Herzlieb, meine Augenweide, gern ginge ich zu jenem Roten König als Schreiber, daß ich dort ein bischen Geld verdiente». Erwiderte seine Frau: «O mein Herzlieb, meine Augenweide, ich hätte ja nichts dagegen, nur daß es Schande über uns brächte, ginge ein König als Schreiber». Wieder sprach Aschenhans: «O mein Herzlieb, meine Augenweide, es ist wahr, daß wir

1) Zum Verständnis dieses Ausdrucks sei bemerkt, daß in Ungarn beim Präsentieren des Degens zum Schluß ziemlich energisch mit der Degenspitze auf den Boden geschlagen wird. (E. R.)

Geld und Gut haben; aber ich hätte doch gern, wenn es mehr wäre». Erwiderte seine Frau: «Nun, wenn du so große Lust hast, mir ist's gleich, wenn du fortgehst».

Da machte sich Aschenhans daran und trug zwei kleine Sessel auf den Hof hinaus und stellte sie nebeneinander: «O mein Herzlieb, meine Augenweide, komm, setz dich auf diesen Sessel!» Sie setzten sich nebeneinander, aber sie saßen so nebeneinander, daß man auch nicht eine Nadel hätte zwischen sie stecken können. Nun, und da sprach Aschenhans: «Ich werfe dieses Schwert in die Luft; wer nicht mit wahrem Herzen einer des andern ist, den verletze dieses Schwert; wenn wir aber alle beide mit wahrem Herzen in Treue beieinander sind, so verletze es keinen!» Dann warf er das Schwert in die Luft, und das sank zwischen den beiden Sesseln so zur Erde, daß es sogar auch ihre Kleider nicht verletzte. Da sagte Aschenhans zu seiner Frau: «Mit ruhigem Herzen lasse ich dich hier; denn ich weiß, daß du mit wahrem Herzen bei mir sein wirst».

Damit zog Aschenhans von dannen zum Roten König, daß er als Schreiber eintrete.

«Gott zum Gruß, erlauchter Vater König!»

<< Schönen Dank, Aschenhans! was gibt's neues?»

<Ich habe nichts neues gehört, erlauchter Vater König, nur daß Ihr einen Schreiber braucht.>

«Nun, mein lieber Sohn, wenn deine Handschrift meiner gleicht, so bekommst du jeden Tag einen und einen halben Scheffel Gold». Machte sich Aschenhans daran und warf solche Schrift auf das Papier, daß sie das genaue Gegenstück zu der des Roten Königs war. Da sprach der Rote König: «Na, mein Sohn, nun laß die Sache mal liegen und geh spazieren; schau dir meine Stadt an». Und wie er auf dem Marktplatz angelangt war, sah er, wie ein alter Mann mit zwei Frauensleuten Arm in Arm herumspaziert. Sagt Aschenhans zu dem alten Mann: «Heda Onkelchen, diese zwei schönen herrlichen Frauen kommen Euch doch nicht zu? O bitte,» sagt der alte Mann, «nicht nur mit diesen gehe ich spazieren; sondern auch Eure eigene Frau könnte ich zum Narren halten». «Na, du alter Mann, wenn du das tust und angibst, was für ein Mal meine Frau hat, dann gebe ich dir sogleich mein halbes Königreich; wenn du jedoch nicht tust, was ich sagte, lasse ich dich sogleich aufhängen». Sprach der alte Mann: «Nun, erlauchter Königssohn, ich werde tun, was du sagst; gewähre mir nur drei Tage». Gewährte ihm der junge König drei Tage. Der alte Mann war jetzt aber in großer Angst, daß es mit seinem Leben aus sei, denn wie konnte er angeben, was für ein Mal die Königin habe Nun, und da dachte er bei sich, wenn es schon mit seinem Leben so wie so aus sei, wolle er vorher noch in jene Stadt gehen, damit er wisse, wo die Königin wohne. Er langte bei sinkender Nacht in jener Stadt an, wo des Königssohns Gemahlin wohnte. Wie er dort die Kreuz und Quer herumgeht, überlegte er bei sich, wo er Herberge fände. Er ging in ein Haus zu einer Witwe und bat sie um Herberge. Die Witwe gab ihm auch Herberge. Als sie sich beide in Unterhaltung eingelassen hatten, fragt die Witwe: «Und was führt Euch denn her!» Er klagte ihr, daß er mit dem Aschenprinz eine Wette eingegangen sei, er würde angeben, was für ein Mal seine Frau hätte. «Doch

das kann ich nicht», sagte der alte Mann; «ich weiß wohl, daß es mit meinem Leben jetzt aus ist. Da entgegnete die Witwe: «Ich gehe just zur Frau Königin; vielleicht kann ich helfen». Eutgegnete der alte Mann: «Nun du Witwe, wenn du herausbringen kannst, wie ich erfahre, was für ein Mal die Königin hat, dann nehme ich dich zum Weibe, und wir werden Könige». Entgegnete die Witwe: «Na, dann nur drauf los; denn ich werde die Sache schon machen ».

Sogleich ging die Witwe fort; sie verschaffte sich eine Lade, bohrte zwei Löcher in die Wand der Lade und schloß den alten Mann in diese Lade ein. Dann ging die Witwe zur Königin:

«Gott zum Gruße, erlauchte Frau Königin».

«Schönen Dank, altes Mütterchen, was gibt's Neues?»>

«Ja, erlauchte Frau Königin, ich war so frei herzukommen; denn was ich von der erlauchten Frau Königin so nach und nach an Geld bekommen habe, das habe ich so nach und nach gesammelt. Nun haben einige Räuber bemerkt, daß ich ein bißchen Geld habe und wollen mich berauben. Wenn die erlauchte Frau Königin erlauben würde, daß ich meine Lade über Nacht hier hereinbrächte, würde ich es der erlauchten Frau Königin sehr danken». Sprach die Königin: «Bringe sie nur ruhig hier herein!»

Da lief die Witwe nach Hause und rief sogleich vier Männer und ließ die Lade zur Königin tragen und stellte die Lade in der Königin Zimmer so auf, daß die zwei Löcher auf das Bett der Königin sahen. Dann ging die Witwe fort, und die Königin legte sogleich das Schloß vor die Türe. Als die Königin zu Abend gegessen hatte, legte sie ihr Hemd ab und suchte Flöhe. Und da sah der alte Mann von der Lade aus, daß dort auf ihrer Brust die Sonne war, auf ihrer Stirn der Mond, aber unter der rechten Brust acht goldene Haare gewachsen waren. Als die Witwe die Lade morgens hatte heimtragen lassen, schloß sie sie auf, und der alte Mann stieg aus der Lade. Sie fragte den alten Mann:

« Also, was hast du nachts gesehen?>

Mein Herzlieb, meine Augenweide, ich sah wirklich alle Male; jetzt bin ich dein, und du bist mein. Jetzt gehe ich sogleich, sage dem König die Zeichen an, und dann komme ich und heirate dich. »

Damit ging der alte Mann fort zum König, gerade als die drei Tage

um waren.

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Gott zum Gruße, erlauchter Vater König!»

«Schönen Dank, alter Mann, und was gibt's Neues?

«Nun, du Aschenprinz, ich habe diese deine Frau gesehen. Die Sonne ist dort auf ihrer Brust, der Mond auf ihrer Stirn, und unter der rechten Brust sind acht goldene Haare gewachsen ».

Da ließ der Aschenheld allsogleich die Henker zusammentreten und erhängte sich inmitten der schwarzen See. Der alte Mann freute sich und eilte von dannen in die königliche Burg. Dort ließ er die Königin aus der Burg jagen; er setzte sich die königliche Krone auf und heiratete die Witwe. Und nun führte er die Königsherrschaft.

Die arme Königin aber grämte sich und dachte bei sich: «Mein Gott, was kann mein Gemahl getan haben, daß er mich so verlassen hat? Ich kann jetzt nichts anderes tun, selbst wenn ich wüßte was, als daß ich

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