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Geschäftstelle für Flugtechnik, die auch vom Verein deutscher Ingenieure mit Beiträgen unterstützt wird, unter Leitung von Dr.-Ing. Bendemann in Lindenberg Versuche mit Hubschrauben anstellen. Diese Versuche sind für die Schraubenflieger von größter Bedeutung. Mangels guter Tragschrauben haben die Schraubenflieger noch nicht die Stufe der Entwicklung erlangt, auf der sich die Drachenflieger bereits befinden. Ein Fortschritt in ihrer Konstruktion ist erst zu erwarten, wenn Tragschrauben von gutem Wirkungsgrad vorhanden sind, und die Motoren so zuverlässig arbeiten, daß ein Absturz durch ihr Versagen nicht so leicht zu befürchten ist. Abgesehen von militärischen Zwecken wird aber doch stets der Drachenflieger die größere Bedeutung behaupten, da für schnelle Fortbewegung in der Wagerechten ein weit größeres Bedürfnis als für senkrechten Aufstieg besteht.

Bei der Konstruktion neuer Drachenflieger empfiehlt es sich, zunächst an das Erprobte anzuknüpfen, und erst, wenn

deutscher Ingenieure.

bereits Flüge geglückt sind, neue Anordnungen zu versuchen, jedenfalls aber immer nur eine Neuerung auf einmal.

Die Drachenflieger werden bekanntlich nach der Anzahl der übereinander angeordneten Tragflächen in Eindecker, Zweidecker und Dreidecker eingeteilt. Am weitesten entwickelt sind bisher die Zweidecker, und mit ihnen wurden die besten Flüge erreicht. Sie mögen daher jetzt im einzelnen besprochen werden.

Einzelbauarten.

Die wichtigste Bauart von Drachenfliegern, wie von dynamischen Fliegern überhaupt, ist die der Brüder Wright. Wilbur Wright hält mit seinem Doppeldecker alle Rekorde. Diese Drachenflieger werden von der Compagnie Générale de Navigation Aérienne in Paris und Dieppe bereits fabrikmäßig hergestellt1) und sollen in der französischen Armee und in der Armee der Vereinigten Staaten für die Zwecke der Befehlsübermittlung und zur Beobachtung eingeführt werden.

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Ansicht von oben mit abgenommener oberer Tragfläche.

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funtere, fi obere Tragfläche, k Kufen zum Landen, h Höhensteuer, i halbmondförmige Flächen zwischen den Flächen des Höhensteuers zur Unterstützung der Seitensteuerung, s Seitensteuer, 91, 92. abnehmbare Tragstützen für das Seitensteuer, l1 Lenkhebel für das Höhensteuer, ei Gestänge dazu, l1⁄2 Lenkhebel für das Seitensteuer (betätigt den doppelarmigen Hebel d mittels Gestänges e2), ≈ Zugseile für das Seitensteuer, 21 bis 24 Seile zum Verwinden der Tragflächen, m Motor (treibt mittels der Ketten a1, a2 die Schrauben t1, t2), w Kühler für den Motor, n Benzinbehälter, b Zugstange, durch welche der Flieger am Zugseil der Startvorrichtung angehakt wird, p1 Sitz für den Führer, på Sitz für den Fahrgast, 71, 72 Leitrollen für die Seile.

Außer den Brüdern Wright selbst sind heute vier Personen befähigt, diesen Flieger zu steuern.

Der Wrightsche Flieger darf als das typische Beispiel eines Doppeldeckers gelten; fast alle andern Konstruktionen sind mehr oder minder durch ihn beeinflußt. Die hauptsächlichen Organe sind in folgender Weise angeordnet. In der Mitte befinden sich die Tragflächen, vor ihnen das Höhensteuer, hinten das Seitensteuer, Fig. 20 bis 222). Alle diese Flächen sind als Doppelflächen ausgeführt. Eine Schwanzfläche zur Erhaltung der Stabilität in der Flugrichtung fehlt, diesen Zweck erfüllt das Höhensteuer. Die Seitenstabilität wird durch die Tragflächen gewonnen. Die Brüder Wright haben ganz darauf verzichtet, die Stabilität in beiden Richtungen selbsttätig zu erhalten; der Führer muß sie sowohl in der Flugrichtung als auch seitlich durch geeignete Manöver herstellen, Fig. 23. Scheinbar ist dies ein Nachteil gegenüber den Fliegern mit selbsttätig gewonnener Stabilität von Voisin, Ellehammer und andern. In Wirklichkeit verdanken die Brüder Wright gerade ihrer Art der Stabilisierung ihre groBen Erfolge, nicht zum wenigsten auch vermöge ihrer durch lange Uebung erreichten Geschicklichkeit. Die Steuerorgane sind bei dem Wright-Flieger feiner ausgebildet als bei den andern bis zum öffentlichen Auftreten der Wrights bekannten Bauarten. Das Höhensteuer zeichnet sich durch die Einrichtung aus, daß seine beiden Flächen bei ihrer Drehung um eine wagerechte, quer zur Flugbahn gerichtete Achse zugleich gekrümmt werden, und zwar mit ihren Rändern nach oben beim Abwärtssteuern, nach unten beim Aufwärtssteuern, wie dies in Fig. 24 bis 26 dargestellt ist. Durch den Luftdruck auf diese Flächen wird das Höhensteuer gehoben oder gesenkt und damit der Einfallwinkel der Tragflächen geändert. Wird er größer, so wird der Drachenflieger durch den Luftdruck gehoben, er steigt, bei Verringerung des Einfallwinkels senkt er sich. Durch die Krümmung der Flächen wirken die Höhensteuer beim Aufsteigen auch als Tragflächen, ein wesentlicher Vorzug gegenüber den Höhensteuern der andern Drachenflieger, welche ebene oder wenig gekrümmte, in ihrer Krümmung

1) Auch in Deutschland hat sich unter der Führung der AEG eine Gesellschaft zur Herstellung der Wrightschen Flieger gebildet.

2) Die ältere Konstruktion der Brüder Wright ist in Z. 1908 S. 957 Fig. 3 und 4 dargestellt.

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10. Juli 1909.

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Bei andern Drachenfliegern, namentlich den meisten Eindeckern, ist das Höhensteuer hinter den Tragflächen angebracht, und dabei hat es keinen Zweck, die Krümmung der Höhensteuerflächen veränderlich zu machen. Das Höhensteuer muß dann nämlich im umgekehrten Sinne gedreht werden, beim Aufsteigen wird also die Vorderkante herabgezogen, das Höhensteuer wird durch den Luftdruck gesenkt und dadurch der Einfallwinkel der Tragfläche vergrößert. Für die Ausnutzung des Höhensteuers als Tragfläche ist dies ein Nachteil; anderseits hat die Anordnung yorn die Mängel, daß das Höhensteuer beim Landen

Steuerhebel für Höhensteuer, & für Seitensteuer und Seitenstabilisierung.

liegt der Schwerpunkt nur wenig unter dem Widerstandsmittelpunkt des Fliegers, da der Motor mit allen Antriebmechanismen und Zubehör ebenso wie der Führer seinen Platz zwischen den Tragflächen hat. Wird der Flieger durch einen seitlichen Windstoß geneigt, so bringt ihn der Führer dadurch wieder in die Mittellage, daß er die Tragflächen auf der tieferliegenden Seite an der

Hinterkante nach unten

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krümmt, auf der höherliegenden nach oben; dann wird diese Seite durch den Luftdruck nach unten gedrückt, die andre Seite wird gehoben. Ist so der Flieger wieder wagerecht gestellt, so werden die Flächen in die normale Form zurückgebogen, Fig. 27 und 28. Diese Verwindung der Tragfläche kann beliebig abgestuft werden, was bei den Stabilitätseinrichtungen mit drehbaren Flächen nicht in so vollkommener Weise zu erreichen ist. Jedoch hat diese klug ersonnene Einrichtung der Wrights auch einen großen Fehler. Bekanntlich sind die Tragflächen nach unten gewölbt, da sie dann besser tragen. Auf der nach unten gekrümmten Seite der Tragflächen wird durch das Verwinden die Wölbung stärker, auf der nach oben gebogenen Seite dagegen geringer, und dementsprechend ändert sich auch der Flugwiderstand beider Seiten. Fig. 29, in der die Tragflächen von hinten gesehen schematisch gezeichnet sind, läßt dies gut erkennen. Demgemäß wird auch

Fig. 24 bis 26.

Höhensteuer von Wright in drei verschiedenen Stellungen.

leicht beschädigt wird und dem Führer des Drachenfliegers zum Teil die freie Aussicht nimmt. An sich wirkt das Höhensteuer vor oder hinter den Tragflächen gleich gut. Die Anordnung hinten hat aber den weiteren großen Vorzug, daß die Steuerflächen die Stabilität in der Flugrichtung erhalten, genau wie die Schwanzflächen bei den Fliegern von Voisin, Ferber u, a. Wird nämlich etwa durch einen Windstoß die Tragfläche nach unten gedrückt, so wird der Widerstand des Höhensteuers vermehrt und damit auf Vergrößerung des Einfallwinkels der Tragfläche hingearbeitet. Umgekehrt ist es bei vorderem Höhensteuer; hier könnte sich der Drachenflieger überschlagen, wenn der Führer nicht rechtzeitig das Höhensteuer nach abwärts stellt. Da die Steuerung eines Drachenfliegers an und für sich weit schwieriger ist als z. B. die eines Automobils oder Schiffes, so ist es angezeigt, alle Vorteile zur zur Vereinfachung der Steuerung nutzen; wenn also keine Schwanzfläche zur Erhaltung der Längsstabilität vorhanden ist, dürfte das Höhensteuer besser nach hinten zu legen sein. Durch Fortlassung der Schwanzflächen wird aber der Drachenflieger einfacher, leichter und billiger, auch wird wesentlich in der Länge gespart, so daß auch der Schuppen zur Unterbringung des Fliegers kleiner wird.

auszu

Die Erhaltung der seitlichen Stabilität bei stärkerem und namentlich wechselndem Winde ist den Brüdern Wright durch einen Kunstgriff gelungen, den sie den Vögeln abgesehen haben. Während bis zum ersten öffentlichen Auftreten der Wrights fast alle Flugtechniker auf die selbsttätige Erhaltung des seitlichen Gleichgewichtes den größten Wert legten und sie meist durch Tieflegen des Schwerpunktes anstrebten, haben alle jüngeren Konstrukteure darauf mehr oder weniger verzichtet und die seitliche Stabilität von der der Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit des Führers abhängig gemacht. Beim Drachenflieger von Wright

abwärts

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h Steuerhebel; & Schubstange; f, fi obere, f, f2 untere Fläche des Steuers mit Gelenken. Am Arm d des dreiarmigen Hebels d, di, de greift die Schubstange s an, die Arme d1, d2 sind mit den Gelenken der Flächen verbunden, welche um die Achsen a1, a2 drehbar sind. Arm di ist kürzer, Arm de länger als die mit ihnen verbundenen Arme an den Flächen f, fi bezw. f, f2. Daher werden die Flächen des Höhensteuers beim Abwärtsflug, Fig. 24, nach oben gewölbt, beim Geradeausflug, Fig. 25, sind die Flächen, um tragen zu können, wenig gewölbt, beim Abwärtsflug, Fig. 26, werden sie stark nach unten gewölbt. i halbmondförmige feststehende Fläche zur Unterstützung des Seitensteuers.

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die Geschwindigkeit der herabgebogenen Seite entsprechend verzögert, d. h. der Drachenflieger beschreibt eine Kurve, deren Mittelpunkt nach dieser Seite hin liegt. Nun muß sich aber ein Fahrzeug nach der Innenseite einer Kurve hin neigen, wenn es im Gleichgewicht bleiben soll. Um also den

Fig. 29.

Widerstände der Tragflächen beim Wright-Flieger im Kurvenflug.

71, 72 nach oben gekrümmt, 71, 72 nach unten gekrümmt.

Fig. 30.

Tragflächen und Seitensteuer des Wright-Fliegers beim Kurvenflug nach links (perspektivische Darstellung).

Fig. 31 und 32.

deutscher Ingenieure.

niger zum Bewußtsein gekommen sein, wohl aber ihren Schülern. Das dürfte der Grund sein, weswegen es trotz des vorzüglichen Lehrverfahrens verhältnismäßig lange gedauert hat, bis die ersten Schüler durch Wilbur Wright ausgebildet worden sind.

Dieser Mangel des Verfahrens zur Erhaltung der Seitenstabilität läßt sich beseitigen: es braucht in der Kurve nur der Widerstand auf der inneren Seite vermehrt zu werden. In einfachster Weise läßt sich dies dadurch erreichen, daß nur eine Seite der Tragflächen verwunden wird, und zwar die, welche sich senken soll. Das Tragflächenende muß dabei derartig geformt sein, daß durch das Krümmen der Widerstand, also die Flächenprojektion in der Flugrichtung, möglichst vermehrt wird. Die hintere Tragflächenkante darf daher im nor

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Fig. 33 und 34.

Lenkstange bezw. Steuerhebel zur Bedienung des Höhen- und Seitensteuers und zum Verwinden der

Tragflächen.

/ Welle mit Lenkstange h; f Führung und Lager für die Welle 7; a Achszapfen an der Führungshülse f, drehbar im Ring r; dieser ist wieder mittels Zapfen az im nicht gezeichneten Lagerbock der Steuervorrichtung beweglich. Bewegung von 7 um Zapfen a bedient das Höhensteuer, um Zapfen ɑg die Seitenstabilisierung (Verwinden der Tragflächen). Drehung in Hülse f betätigt Seitensteuer mittels Trommel t. 0, 01 Oesen zum Befestigen der Seile, mit welchen die Tragflächen verwunden werden.

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malen Zustande nicht nach unten gezogen sein, sondern muß in Richtung der Flugbahn liegen. Fig. 31 und 32 zeigen diese Einrichtung schematisch; man sieht, daß der Widerstand auf der inneren Seite der Kurve größer ist, somit auch ohne Betätigung des Seitensteuers ein Kentern des Drachenfliegers vermieden wird.

Tragflächen eines Drachenfliegers, bei dem zur Erhaltung der Seitenstabilität die Tragflächen nur auf einer Seite verwunden werden (Kober, Vorreiter). Ansicht von hinten und von rechts.

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Wie schon gesagt, erfordert es besondere Uebung, wenn man mittels eines einzigen Hebels durch seitliches Schwenken die Tragflächen verwinden, durch Vor- und Zurückschwenken das Seitensteuer bedienen will. Gebräuchlicher ist es auch, die Seitensteuerung durch seitliches Drehen eines Handrades oder eines Hebels zu betätigen; s. Fig. 33 und 34. Wird das Seitensteuer nicht in seiner ganzen Höhe gleichmäßig herumgeschwenkt, sondern die untere Kante mehr als die obere, so erzielt man ein Kippmoment, der Flieger muß sich in der Kurve, die er beschreibt, nach innen neigen. Noch besser ist die Wirkung, wenn nicht ein, sondern zwei Seitensteuer angewendet werden, eines an jeder Außenkante der Tragflächen. Wird das Seiten- mit dem Höhensteuer vereinigt, so kann gleichzeitig eine Verlegung des Schwerpunktes erreicht werden, indem in Kurven ein Teil der Höhensteuerfläche nach der inneren Seite gelegt wird. Durch die größere Fläche dieser Seite wird auch die Reibung an der Luft und dadurch der Widerstand dieser Seite etwas größer.

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1, 2 rechte Hinterkanten nach oben gebogen, li, linke Hinterkanten in normaler Lage, wenig nach oben gebogen.

Drachenflieger in eine entgegengesetzt gerichtete Kurve zu zwingen, muß man gleichzeitig das Seitensteuer betätigen, Fig. 30. Hierdurch entsteht ein neuer Widerstand, durch welchen die Fluggeschwindigkeit herabgesetzt wird, und bei verminderter Geschwindigkeit sinkt natürlich der Flieger, wenn nicht, um dies zu verhindern, der Einfallwinkel der Tragflächen vergrößert wird. Das heißt also: der Führer muß das Höhensteuer bedienen. Die gleichzeitige Bedienung aller drei Organe, die bei Wright durch zwei Hebel erfolgt, erfordert große Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit. Den Brüdern Wright, die lange Zeit mit Gleitfliegern Versuche gemacht und mehrere Jahre der Ausbildung ihres Drachenfliegers gearbeitet haben, wird diese Schwierigkeit we

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10. Juli 1909.

Fig. 36 und 37.

Tragflächen mit senkrechten Zwischenwänden beim Drachenflieger von Farman-Voisin.

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f untere, fi obere Tragfläche; v bis 24 senkrechte später entfernte Flächen; 81, 82 einstellbare Flächen zur Erhaltung der Seitenstabilität; 7 Hebel zur Betätigung derselben mittels der über Rollen geführten Seile 21, 22.

Für die Betätigung aller Steuer ist, da auch die Einrichtung für die Seitenstabilisierung als Steuer zu betrachten ist, anzustreben, alle Manöver durch ein Steuerrad zu bewerkstelligen, Fig. 33 und 34. Bei fast allen Landfahrzeugen ist ja nur ein Steuer erforderlich. Die Bedienung der Luftfahrzeuge wird am leichtesten zu erlernen sein, wenn man sich an die Anordnungen des Automobils und des Fahrrades anlehnt; sind doch beide die natürlichen Vorläufer des Luftautomobils, des Drachenfliegers.

In gewissem Sinn ist dies bei den nächst Wright bemerkenswertesten Fliegern, denen der Gebrüder Voisin, der Fall, deren Doppeldecker namentlich durch Farman, Delagrange, in Berlin durch Zipfel, bekannt geworden sind. Bei Voisin wird zum Steuern ein Handrad verwendet, Fig. 35. Durch Drehen wird das Seitensteuer betätigt; wird es nach dem Führer zu angezogen, so wird das Höhensteuer auf Hochflug gestellt, beim Vorschieben auf Abwärtsflug. Vom Führer beeinflußte Einrichtungen zur Erhaltung der Seitenstabilität sind bei Voisin nicht vorhanden. Diese wird selbsttätig ferhalten, einmal dadurch, daß der Schwerpunkt tiefer als z. B. bei Wright liegt, dann durch schwache Krümmung der Tragflächen nach oben. Durch zwischen den Schwanzflächen, später auch zwischen den Tragflächen eingespannte senkrechte Flächen wird bei Schwingungen um die Längsachse Luft verdrängt; diese Flächen ergeben also zusammen mit den sehr breiten Tragflächen eine Luftdämpfung, Fig. 36 und 37. Die senkrechten Flächen haben aber den großen Nachteil, daß der Drachenflieger durch Seitenwind mehr aus der beabsichtigten Flugbahn gedrängt wird. Henry Far

hat jetzt an seinem Voisin-Doppeldecker, Fig. 38 bis 42, Stabilisierungsflächen angebracht, die sich zu beiden Seiten hinter den Tragflächen befinden und um wagerechte Achsen drehbar sind. Neigt sich z. B. der Flieger nach links, so wird die linke Stabilisierungsfläche gesenkt, die rechte gehoben. Bedient werden diese Flächen durch einen Fußhebel. Die Einrichtung wirkt nicht so gut wie das Verwinden der Tragflächen, weil die feinen Uebergänge fehlen. Ueberhaupt ist der Drachenflieger von Voisin nicht so schmiegsam wie der von Wright; er kann daher nicht so enge Kurven durchfliegen, was auch durch seine große Länge verhindert wird. Diese gewährt anderseits den Vorteil, daß der Flieger in der Flugrichtung sehr stabil ist und die Höhensteuerung weniger Aufmerksamkeit erfordert 1).

Beim Vergleich der beiden Bauarten von Wright und Voisin fällt noch die Anordnung der Schrauben auf. Abgesehen davon, daß Wright 2 Schrauben, Voisin nur eine benutzt, befindet sich die Schraubenwelle bei Wright fast in der Mitte zwischen den Tragflächen, genau betrachtet etwas über der Mitte, bei Voisin dagegen weit unter der Mitte. Ferner liegt bei Voisin die Schraubenachse in Richtung der Flug

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Fig. 38 bis 42. Entwicklung des Drachenfliegers von Farman-Voisin.

Fig. 38.

Erste Konstruktion, Tragflächen wenig nach oben gebogen, ohne senkrechte Flächen.

Fig. 39.

Zweite Konstruktion, Tragflächen gerade, mit seukrechten Flächen.

bahn, bei Wright dagegen fast in Richtung der Sehne, die wir uns an die Krümmung der Tragflächen gelegt denken; der von den Schrauben erzeugte Luftstrom fällt also nicht mit der Flugbahn zusammen. Bei Voisin werden, da der Kraft Angriffspunkt der unter dem Mittelpunkt des die Widerstandes liegt, Tragflächen, so lange die Schraube arbeitet, gegen die Flugrichtung geneigt, die Schraube ist bestrebt, den Einfallwinkel zu vergrößern. Diesem wirkt die Schwanzfläche entgegen, und so wird der richtige Einfallwinkel der Tragflächen selbsttätig hergestellt; die Bedienung des Höhensteuers erfordert also weniger Aufmerksamkeit als bei Wright.

Henry Farman hat einen neuen Drachenflieger gebaut, der, abgesehen von Umbauten, die dritte Entwicklungsstufe bildet. Der neue Farman, Fig. 42, steht in seiner Konstruktion in der Mitte zwischen den Konstruktionen Voisin und Wright. An letztere erinnert namentlich die Anwendung von Schlittenkufen zum Landen. Zum Anlauf sind jedoch vorn an den Kufen je 2 Räder angebracht, außerdem befinden sich 2 kleinere Räder an dem Gerüst der Schwanzflächen. Die Einrichtung zur Erhaltung der Seitenstabilität ist dieselbe. wie am Farman II, je

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1) Zeichnung der Drachenflieger von Farman, siehe Z. 1908

S. 957, Fig. 1 und 2.

doch sind die beweglichen Flächen hinten zu beiden Seiten der Tragflächen nicht nur an der unteren, sondern auch an der oberen Tragfläche angebracht. Die senkrechten Flächen zwischen den Tragflächen fehlen ganz, nur

Fig. 40.

Derselbe Flieger mit an den Hinterkanten der Tragflächen angebauten Stabilisierungsflächen.

deutscher Ingenieure.

nötig. Vor dem Kühler, der wie ein Automobilkühler gebaut und mit einem Ventilator versehen ist, befindet sich der Sitz des Führers. Dieser bedient mit einem rechts angebrachten Handhebel das Höhensteuer, links das Seiten

Fig. 42.

Letzte Konstruktion obne senkrechte Flächen mit leichterem Gerüst.

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steuer, also auch hier wieder eine Anlehnung an Wright. Der neue Farman hat folgende Abmessungen: Breite der Tragflächen 10,5 m, Länge des Drachenfliegers 13 m, Durchmesser der Schraube 2,3 m. Bei den Anlaufrädern ist noch bemerkenswert, daß die beiden innen liegenden Räder an den Kufen einen kleineren Durchmesser haben als die beiden außen liegenden Räder. Je ein großes und ein kleines Rad haben eine gemeinsame Achse, durch deren Verschiebung in dem Lager an den Kufen die kleinen oder großen Räder näher an die Kufen gebracht werden können; auf

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diese Weise läßt sich der Abstand der Kufen vom Boden regeln. Farman fliegt auf dem Manöverfelde bei Chalons und hat sich sofort mit seinem neuen Drachenflieger erhoben; da auch der Motor ausgezeichnet arbeitet, so sind weitere gute Flugleistungen von Farman zu erwarten.

Die Regelung von Dampfturbinen

(Fortsetzung folgt.)

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