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dafs wir am beften bey dem Texte der Benedictiner bleiben). Ueberdiess entfernt fich der Vf. in seinem Resultat aus den Quellenstellen über die Hypf. von dem von uns angegebenen Inhalt der Hauptftelle darin, dafs er nicht blofs angiebt, dafs von den Hypf. nur Ein Gott, der Allmächtige und Höchfte, verchrt worden fey, fondern dafs er fagt (S. 11): Docebant unum effe Deum... omnibus numeris abfoluti Movódeo vocandi Junt." Puriffimi ergo et Um diefs mit Grund sagen zu können, behauptet er, dafs das in' dwhois (in welcher Formel übriεἰδώλοις ζῆν gens Hr. U. Soha nicht imagines überfetzt, fondern idola, numina fictitia), welches nach der oben angeführten Stelle des Gregor v. Naz. den Hypf. zugefchrieben wird, hier nur im Allgemeinen bedeute, einer falfchen Religion ergeben feyn (S. 9 vgl. S. 32). Dafs jene Worte diefe allgemeine Bedeutung überhaupt und auch wohl hier haben können, geben wir zu; aber die damit bezeichnete falfche Religion kann nur eine folche feyn, in der wenigftens die Existenz von Götzen nicht geleugnet wird. Ein Wort kann fehr allgemeine und abgeleitete Bedeutungen haben; aber in allen mufs fich die ursprüngliche Bedeutung noch erkennen, auf alle noch anwenden laffen, fie darf von keiner ganz ausgefchloffen feyn. Yn eidos v kann alfo heifsen: einen falfchen Gottesdienft haben; aber diefer falsche Gottesdienst kann nicht ein reiner Monotheismus feyn. Wir müffen demnach annehmen, dafs die Hypf. keinen ganz reinen Monotheismus hatten (zu welcher Annahme es fehr wohl ftimmt, dafs Gregor v. Naz. in der Leichenrede das monotheistifche Element nicht als etwas anführt, was die Hypf. mit dem Judenthum gemein hätten, infofern namlich der Monotheismus der Hypf. mit dem reinen Monotheismus der Juden nicht wohl verglichen werden konnte); wie aber diese Annahme mit dem τὰ εἴδωλα ἀποπεμπόμενοι und dem ὁ παντοκράτωρ μόνος αὐτοῖς σεβάσμιος vereinigt werden könne, davon unten bey Hn. Böhmer's Schrift.

Im dritten §. (S. 14-16) ftellt Hr. U. die Frage auf, ob die Hypf. Christen gewefen feyen oder nicht. Seine Antwort fällt dahin aus, dafs fie gar keiner pofitiven Religion folgten, fondern fich aus mannichfachen Religionen die Lehren und Cerimonien ausgewählt hatten, die für alle Orte passten und fich durch ihre Einfachheit und Popularität empfahlen. Sie waren keine Profelyten des Thors, weil lie dann nicht hätten mit einem befonderen Namen genannt werden dürfen, fondern immer als Juden anzuführen waren, und obgleich fie mancherley mit den Christen gemein hatten, fo waren fie doch keine chriftliche Secte, weil fie kein eigenthümlich chriftliches Dogma hatten, weil fie nach Gregor v. Nyffa (an der oben angeführten Stelle, wo er übrigens um diefs hier beyläufig zu bemerken,,nicht von dem Verhältnifle des Monotheismus zum Polytheismus fpricht, fondern von dem Verhältniffe derjenigen, welche an den höchsten Gott als Vater glauBen und ihn als folchen verehren, zu denjenigen, die

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allerdings auch an einen höchften perfönlichen Gott glauben und ihn verehren, aber nicht die Paternität Schrift S. 13.) fich dadurch von den Christen untervon demfelben prädiciren;" f. Böhmer's zweyte fchieden, dafs fie ihren höchften Gott nicht als Vater anerkannten, weil nach Gregor v. Naz. sein Vater bey feinem Uebertritt zum Chriftenthum getauft manchen Orten, infonderheit im Orient damals auch wurde (was aber kein trifftiger Grund ift, da an fchen Kirche getauft wurden, und nach den Bechriftl. Häretiker bey ihrem Uebertritt zur katholifchlüffen des Concil. oecum. II. gewiffe Häretiker wie Heiden behandelt und getauft werden follten), nius, unter den chriftlichen Häretikern erwähnt und weil fie von Niemand, felbft nicht vom Epipha

werden.

ftariorum origine et ratione, quae intercedat inter Im Folgenden handelt nun der Vf.: de Hypfiillos aliasque religiones, und hiezu einleitend §. 4. hier nach, dafs die Benennung ihres höchften Gottes (S. 16-18) über den Namen der Hypf. Er weiset votos von den Perfern, Griechen, Phöniciern, merkt, dafs es ungewifs fey, woher er wirklich entJuden und Christen entlehnt feyn könne, und belehnt fey, wahrfcheinlich indefs von den Juden. In feiner eigentlichen Unterfuchung über den Urfprung der Secte der Hypf. (§. 5. S. 19—23) geht der Vf. von der Stelle des Gregor v. Naz. or. 18. aus, wo derfelbe ausdrücklich die Lehre der Hypf. für ausgebe, welche Anficht über die Entstehung der ein Gemisch aus dem Juden- und Heidenthum (Dabey mifsbilligt Hr. U. Not. 21. Cave's VergleiSecte der Hypf. wohl nicht unrichtig feyn möge. chung der Samaritaner mit den Hypf.) Aus dem die Sabbatsbeobachtung, die Bilderverabscheuung Judenthum nun leitet der Vf. den Monotheismus, (nach feiner unrichtigen Ueberfetzung von dwha und die Enthaltung von manchen Speifen ab; aus dem Heidenthum das τιμῶσι τὸ πῦρ καὶ τὰ λύχνα, et omnipotentis illius Dei cultus fub ignis luminisworunter ohne Zweifel zu verftehen fey,,fummi Religionslehre der alten Perfer (worin das Feuer que figno atque fymbolo. " Diefs erinnere an die als Symbol des Ormuzd einen fo wichtigen Platz einnahm), die zugleich auch, wie die Hypf., alle Bilder der Gottheit verworfen hätten; und da überdiefs Strabo erzähle Geograph. lib. XV. p. 782. (ed. Cafaub.), dafs Verehrer der Perferreligion, mayor, in Cappadocien verbreitet wären, welche dort (wegen ihrer Feuertempel) пvoúdó genannt würden, und da felbft ein Zeuge des vierten Jahrhunderts, dafs Magufäer, perfifche Religionsverwandte, herBafilius Magnus in feinem 258ften Briefe, berichte, rührend von einer alten aus Babylon gekommenen Magiercolonie, in der Gegend des Bafilius (Cappagufäern Bafilius unter Anderem fage: wodvoíay nadocien) vielfach zerstreut feyen, von welchen Maραιτοῦνται ὡς μίασμα und τὸ πῦρ ἡγοῦνται θεόν: Το folge aus diefem Allen eine Verwandtschaft der Hypf. mit den Parfen und mit jenen Magufäern ins

befon

"

befondere. Wenn übrigens der Vf. dafür hält (auf jene Stelle des Bafilius fufsend), dafs die alte Perferreligion unter den Magufäern fchon entstellt gewefen fey, fo fagt er hingegen von den Hypf. (S. 23): Puriorem doctrinam reftituiffe videntur Hypfifta-,,Hypfiftarios autem idem feciffe, nusquam prorii, Judaeorum praecipue placitis melius edocti. Fortaffe melior quaedam puriorque Magufaeorum fecta erant Hypfiftarii, finceram illam et primitivam perficae religionis, fepofito ejus dualismo, doctrinam fequentes."

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In den folgenden §§. unterfucht der Vf. noch die von Anderen angeführten Verwandtschaften der Hypf. mit anderen Secten. §. 6. (S. 23-26.) redet er von der Verwandtschaft der Hypf. mit den Euchiten, Euphemiten oder Meffalianern, welche Parteyen Suicerus und Andere mit den Hypf. verglichen hätten. Es gab chriftliche und heidnifche Euphe miten oder Euchiten. Von heidnischen Euphemiten zur Zeit des Kaifers Conftantius, und, wie er andeutet, in Phönicien fagt Epiphanius haeref. 68 (oder 80) P. 1067 ed. Petav.: Sie nehmen zwar mehrere Götter an, verehren aber nur den Einen, den fie navToxoάtog nennen. Sie verfammeln fich Morgens und Sie verfammeln fich Morgens und Abends, theils gewöhnlich an folchen Plätzen, die den jüdischen noоçevzais ähnlich find (d. h. eingefchloffenen, unbedeckten Orten auf dem Lande in der Nähe der Städte), theils auch in Capellen nach dem Beyspiel der chriftlichen. Hier verrichten fie ihre Gebete. Sie gebrauchen bey ihrem Cultus befonders viele Lichter." Es find alfo, fagt Hr. U. befonders zwey Dinge, in welchen diefe Euphemiten und die Hypf. übereinstimmten,,,ut unum Deum паντоxoάτоoos nomine infignem utrique colerent et παντοκράτορος luminibus five facibus in rebus facris uterentur." Der Vf. nimmt daher eine gewiffe Verwandtfchaft beider Secten an, glaubt aber nicht eine Identität beider zugeben zu können, weil es ungewifs fey, ob das Uebrige, was Epiphanius von den Euphemiten erzählt, auch die Hypf. gehabt hätten.

§. 7. (S. 26-29) unterfucht der Vf. die zuerst von Wetstein angestellte Vergleichung der Hypf. mit den Coelicolis. Die Coelicolae werden in einigen Stellen des Cod. Theodof. (lib. XVI. Tit. VIII. leg. 19; cf. Tit. V. leg. 43.) und vom Auguftin epiftola 44 erwähnt. Auf den Grund diefer Quellen über Ge bemerkt der Vf., fie hätten nicht viel vor Anfang des 5ten Jahrh., befonders im nördlichen Alien (Africa hat ohne Zweifel gefagt werden follen) exiItirt; ihre eigenthümlichen Dogmen feyen unbekannt; vielleicht hätten fie fich zum jüdischen Cultus geneigt, wie fie denn fchon in den kaiferlichen Gefetzen mit den Samaritanern und Juden zufammengestellt würden, - und mit den Donatiften gewiffermassen in Rücksicht der Taufe übereingeftimmt. Weder in der Lehre, noch im Cultus fände fich etwas mit den Hypf. zu vergleichen; das Zeitalter und der Aufenthaltsort der Coelicolae fpreche gegen die Abftammung der Hypf. von ihnen, und nur der Name Coelicolae habe die Zusammenstellung veranlasst,

nach der Vermuthung, dafs beide den Himmel als den höchsten Gott, oder diefen unter dem Namen des Himmels (wie die fpäteren Juden häufig Gott mit dem Namen bezeichneten) verehrt hätten; ditum memoriae eft," fügt der Vf. hinzu (mit Unrecht aber fetzt er nun noch als Erläuterung nach idem feciffe: et praeter Deum vчiotov coelum quoque coluiffe:" denn eine Verehrung des Himmels aufser dem höchften Gott ift etwas ganz Anderes, als eine Verehrung des Himmels als des höchften Gottes oder des höchften Gottes unter dem Namen des Himmels).

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Im 8ten §. endlich (S. 30-32) führt der Vf. noch eine Vergleichung der Hypf. mit einer gewiffen Secte von Deicolis an. Cyrillus Alexandrinus nämlich, in der Schrift de adoratione in fpiritu et veritate lib. III. (T. I. p. 92 ed. Aubert.) erzählt, dass in Palästina und Phönicien aus alten Zeiten (bis zu seiner Zeit) fich gewiffe Leute fortgepflanzt hätten, welche weder Juden, noch Heiden wären, zwifchen beiden in der Mitte ständen, und fich felbft die Gottesverehrer, Jeoσeßis, nennten. Diefe verehrten zwar den Einen allmächtigen Gott, den voros, nahmen aber auch andere Götter an, Erde, Himmel, Sonne, Mond und Sterne; alfo ein Gemifch von Monotheismus und Sabäismus. Hr. U. trägt aber Bedenken, eine Verwandtfchaft zwifchen den Hypf. und diefen Deicolis anzunehmen, weil er bezweifelt, dafs die Hypf. Verehrer der Geftirne gewefen feyen, und weil die Hypf. ihre Verehrung des höchften Gottes, das Einzige (?), worin fie mit den Deicolis übereinftimmten, viel wahrfcheinlicher von den rein monotheift. Juden erhalten hätten.

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In der Summa disquifitionis §. 9. (S. 33. 34.) bemerkt nun der Vf., dafs fich über die Hypf. befonders zwey Anfichten empföhlen, die eine, dafs ihre Religion eine uralte gewefen fey, wie die jener 900ßis, und die andere, dafs die Hypf. eine eklectische Secte wären, welcher zweyten Anficht er den Vorzug giebt. Er fagt über diefelbe: Haec fententia, etiamfi Gregorii Naz. de Hypfifiariorum originibus teftimonium non admodum magni faciamus, quam maxime tamen temporum illorum, ipfique internae Hypfiftariorum doctrinae cultusque rationi necnon regionis illius conditioni convenit." Als Refultat feiner ganzen Unterfuchung giebt er an: ,,a. Hypfifiarii fectam conftituebant eclecticam e Judaicae Perficaeque doctrina et cultu compofitam. b. Euphemitarum (gentilium) non folum fimiles, verum etiam cum iisdem cognatos fuiffe, perquam verifimile eft. c. Inter Coelicolas et Hypfifiarios nulla intercedebat communio. d. Deicolae autem five doorßtis, a Cyrillo Alexandrino commemorati, non ita diverfi erunt ab Hypfiftariis. Cognationem vero inter utrosque juftis rationibus probari poffe dubito." Doch gefteht er, dafs alles über die Hypf. Gefagte mangelhaft fey; allein er meint, dafs aus Quellenmangel, bis neue Quel

len

len aufgefunden würden, etwas Bestimmtéres zu Engeln, von dem Menfchen, feinen Kräften, feifagen nicht möglich fey.

(Die Fortsetzung folgt in den Ergänz. Bl.)

PREDIGERWISSENSCHAFTEN.

ERLANGEN, b. Palm u. Enke: Geiler von Kaifersbergs Leben, Lehren und Predigten, dargestellt von Dr. Friedr. Wilh. Phil. von Ammon, Kön. Baier. Prof. der Theol. Dekan, erftem Pfarrer an der Hauptkirche und Direct. d. homilet. u. katechet. Seminars zu Erlangen. 1826. X u. 236 S. gr. 8. (1 Rthlr.)

Das vorliegende Werk ift ein fehr erwünschter und fchätzbarer Beytrag zur Gefchichte der Homiletik, indem Geiler, trotz der Seltfamkeiten feiner Predigtweife, zu den vorzüglichsten geiftlichen Rednern in Deutschland gehört und gewiffermafsen die Reihe derfelben eröffnet. Nach einer kurzen Angabe feines Lebens und feiner Schriften folgen hier fruchtbare Auszüge aus diefen letztern und Predigten, die theils dazu dienen feine theologischen Anfichten darzuftellen, theils feine Predigtmanier kenntlich zu machen. So erfahren wir denn wie Geiler von Gott überhaupt, von guten und böfen

nem Verhältniffe zu Gott, von der Tugend und Sünde, von der Befferung und Erlöfung, vom Glauben, von der Kirche, den guten Werken und Sakramenten und von dem ewigen Leben gedacht und gelehrt hat. Wir lernen feine Anfichten vom geiftlichen Amte, feine Methode kennen und die Dispofitionen mehrerer einzelnen Predigtfammlungen werden uns dargelegt. Es erscheint uns demnach hier ein recht lebendiges Bild von dem merkwürdigen Manne. Er tritt felbft, wie er ift und lehrt und predigt, in feiner ganzen Eigenthümlichkeit vor uns hin, wir vernehmen feine Worte und gewinnen den Geift der Wahrheit und Liebe, der darin weht, überaus lieb. Manches feiner Bilder und Gleichniffe, manche feiner oft zu weit ausgedehnten Allegorieen fagt freylich dem Predigtgefchmacke unferer Zeit nicht mehr zu; aber man darf nicht den Kern mit der Schale wegwerfen, oder zum Gegenftande des Spottes machen, was der heiligfte Ernft eines wahrhaft tiefen religiöfen Gemüths, unterstützt von echter chriftlicher Gottesgelahrtheit, hervorgebracht hat. - Kein Urtheil weiter, auch kein Auszug: denn das Buch ift auch feiner Wohlfeilheit wegen geeignet, in die Hände von Predigern und Kandidaten zu gelangen.

LITERARISCHE

Todesfall.

In der Nacht zum 9ten Novbr. v. J. ftarb zu Zürich Jakob Heinrich Meister im 83. Lebensjahre, (geboren den 6. August 1744). Da er fich dem geiftlichen Stande widmete, fo wurde fein Vater (der zu Küsnacht im 81. Lebensjahre verftorbene Dekan, dem, weil er früher eine geraume Zeit einer franzöfifchen Kirche vorgeftanden hatte, der Name le Maitre gegeben und von ihm felbft auch gebraucht wurde) fein bedeutendster Lehrer. Ins Minifterium aufgenommen schien er fich den Kanzelberuf zu wählen und einige feiner auf dem Lande gehaltenen Predigten wurden 1766 gedruckt; er entfagte jedoch fpäter diefem Stande, weil er fich durch die in franzöfifcher Sprache ohne feinen Namen gedruckte Probe feiner historischphilofophifchen Forfchungen, in der Abhandlung über den Urfprung religiöfer Begriffe, bey dem Stabilitätsfyfteme jener Zeit zahlreiche Feinde erworben, und ging den Studien und Wiffenfchaften tren bleibend nach Paris. Die Revolutionsftürme in Frankreich bestimmten ihn zu einem Ausflug nach England und fpäterhin zur Rückkehr in's Vaterland. Hier wurde ihn

NACHRICHTE N..

durch die Mediationsakte von 1803 der Vorfitz bey der Regierungscommiffion übertragen, welche den Kanton Zürich zu reorganifiren den Auftrag hatte. Er löfte jedoch fpäter diefes feinen Neigungen wenig entfprechende Gefchäftsband wieder, und nahm nun eine Stelle im grofsen Rath an. Er ift Vf. einer bedeutenden Anzahl Schriften des mannichfaltigsten Inhalts, befonders in franzöfifcher Sprache, die fich in der Schweiz und auch im Auslande grofsen Beyfall erwarben.

Beförderungen u. Ehrenbezeigungen.

bibliothekars der Ludwig Maximilians Univerfität zu Der König von Baiern hat die Stelle eines OberMünchen, welche durch die nachgefuchte Verletzung des Hn. Hofrath Siebenkees in den Ruheftand, erlediget worden, dem dermaligen Rector der Universität, Hn. Hofrath von Drefch übertragen.

An die Stelle des Hn. Dr. Krapp, bisherigen Redacteur der Frankfurter Ober-Poft-Amts-Zeitung, ift Hr. Dr. Pfeilfchifter getreten.

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RECHTSGELAHRTHEIT.

Januar 1827.

Boss, b. Marcus: Inftitutionen des römifchen und
Von Auguft Wil-
deutfchen Civil Proceffes.
helm Heffter, ordentl. Profeffor der Rechte zu
Bonn. 1825. X u. 583 S. gr. 8. (2 Rthlr. 16 gr.)

Was uns vor wenig Jahrzehnden noch als gemei- der einfeitigen Tendenz, die Hr. I. Vediglich an

nes deutsches Procefsrecht gelehrt wurde, war keine
Wiffenfchaft, kein fyftematisches Ganze, fondern
ein blofses Aggregat pofitiver Bestimmungen und For-
men, die alles innern Zufammenhangs durchaus ent-
behrten. Lebhafter als je zuvor wurde diefs gefühlt,
feit durch Kant und deffen Nachfolger Liebe und
Eifer für das Studium der Philofophie geweckt wor-
den war, und eine neue Periode begann, feit Gön-
ner in feinen Erörterungen und späterhin in feinem
Handbuche des Proceffes angefangen hatte, die pro-
cefsrechtlichen Beftimmungen auf allgemeine Grund-
fätze zurückzuführen und aus dem Allgemeinen hin-
wiederum das Befondere zu entwickeln. Mit Erfolg
betraten Grolman, Almendingen, Martin, Müll-
ner (Elementarlehre der richterlichen Entscheidungs-
kunde. Leipzig. 1812. 8.) Gensler, Morftadt, Linde,
Puchta, Reinhardt und andere mehr die gebrochene
Bahn, und je fchärfer und bestimmter die allgemei-
nen Grundfätze hervorgehoben, je richtiger einzelne
Formen und Institute ihrem Wefen und ihrer Bedeu-
tung nach erkannt wurden, defto grofsartiger und
ebenmälsiger war das Gebäude, das fich aus dem
Leider aber
Schutte veralteter Irrthümer erhob.
fehlte dem neuen Gebäude eine fefte und fichere
Grundlage: denn wie überall fo auch in Deutsch-
land hat fich der Procefs nur auf historischem Wege
gebildet, wie überall fo auch hier wird er geregelt
durch pofitive Bestimmungen, die, entstanden in
verfchiedenen Zeiten, das Gepräge und die Bedürf-
niffe diefer ihrer Zeit und der damals herrfchenden,
oft von den frühern und fpätern völlig verfchiedenen,
Anfichten und Grundfätze tragen. Nothwendig be-
darf daher auch die pofitive Wiffenfchaft des Pro-
cefsrechts einer pofitiven Grundlage; fie verträgt
keine durchaus philofophifche Behandlung und wo
diefe vorherrscht, mufs man nothwendig zu Reful-
taten gelangen, die dem Gesetz und der Praxis ge-
radehin widerfprechen. Wahrhaft zeitgemäfs ift da-
her das jetzt von mehr als einer Seite fichtbare Stre-
ben, die Theorie der philofophifchen Schule nach
dem Refultate hiftorifcher Forschung einer neuen
Revifion und Prüfung zu unterwerfen, und der Vf.,
von einem gleichen Streben befeelt, würde schon um
A. L. Z. 1827. Erfter Band.

diefes Zwecks willen für die vorliegende Schrift leb-
haften Dank verdienen, wenn fie in der That auch
weniger gelungen wäre, als diefs wirklich der Fall
ift. Dafs fie aber bey dem überall fichtbaren Fleifse,
bey der umfaffenden Quellenkenntnifs und bey dem
ungemeinen Scharffinn des Vfs dem Rec. nicht ganz
und unbedingt gelungen fcheint, liegt an
Ihm fcheint nämlich nächft den Reichsgesetzen und
dem canonischen Rechte nicht nur vorzüglich, fon-
dern felbft ausfchliefslich, das römische Recht die
Grundlage des heutigen Proceffes zu bilden und er
wollte daher, nach dem Eingange der Vorrede, „die
Entwickelung desjenigen, was wir gemeinen deut-
fchen Procefs nennen, auf einer Grundlegung des
römischen Procefsrechts verfuchen und jenen fol-
chergestalt auf feine wahren, bis zu den äussersten
Quellen zurückführen." Gegen ein folches Verfah-
ren hat jedoch fchon Bethmann - Hollweg in der
reichhaltigen Vorrede zu feinem Grundriffe zu Vorle-
fungen über den gemeinen Civilprocefs (Berlin 1821. 8)
fehr treffend bemerkt, dafs das römische Recht nicht
unmittelbar aus den Quellen, fondern durch den
Mund der Gloffatoren zu uns übergegangen fey, und
daher nicht das eigentliche römifche Procefsverfah-
ren, fondern blofs das, was jene Rechtslehrer aus
den oft falfch verftandenen, noch öfters unrichtig
angewendeten Quellen und dem damaligen Gerichts-
So reichhaltig
gebrauche als Procefsrecht entwickelten, bey uns
einheimisch geworden feyn könne.
aber die Quelle auch ift, die für die Gefchichte des
deutfchen Procefsrechts in jenen Schriften uns fliefst,
fo dürfte gerade eine genauere Durchmufterung der
praktischen Werke damaliger Zeit die Ueberzeugung
begründen, dafs die Romaniften und Decretiften des
Mittelalters, felbft die der italienifchen Schule, nur
germanifches Recht lehrten, wo fie abwichen von den
römifchen Grundfätzen und dafs das Verfahren un-
ferer heutigen Gerichte zwar nicht mehr altgerma-
nifch, noch weit weniger aber römifch ift, fondern
fich vielmehr aus den altdeutfchen Bräuchen und For
men, wenn auch unter dem Einfluffe des römifchen
Rechts, doch der Hauptfache nach felbfiftandig ent-
Diefe Behauptung vollständig zu be-
wickelt hat. -
legen, verbietet der Raum diefer Blätter; doch wird
es vergönnt feyn, die Refte des altdeutschen Verfah-
rens und die von dem römifchen Rechte unabhängige
Ausbildung des deutschen Processes wenigftens für

einzelne Acte und Formen nachzuweifen.

Nach dem neueften römifchen Rechte begann. der Procefs mit der Ueberreichung einer förmlichen

B

und

und fchriftlichen Klage, und diefe wurde fodann dem Gegner in Abschrift zugeftellt, damit er, wie Juftinian Nov. 53 c. 8 fagt, five repudiare voluerit five etiam cum eo (dem Kläger) alium judicem petere licentiam habeat hoc facere, aut forte cognofcere debitum et liberare fe ab adverfarii fui contentione amicabiliter. Waren nach diefer Zufertigung oder Admonitio, wie fie a. a. O. fehr treffend genannt wird, zwanzig Tage verfloffen und hatte der Beklagte unterdeffen weder den Richter recufirt noch den Gegner befriedigt, fo mufste er nunmehr juratorifche Caution wegen feines Erfcheinens beftellen, die Klage annehmen (libellum fufcipere) und, dafs ihm eine Abfchrift davon (libellus refponfionis, avrißißhov) behän digt worden fey, durch Namensunterfchrift und mit Bemerkung des Empfangtages bekennen (fubfcribere libello et declarare quo ei datus eft). Keineswegs aber trat jetzt schon ein Nachtheil für den Beklagten ein, wenn er die Admonitio ganz unbeachtet liefs, vielmehr musste er, bevor in der Sache weiter vorgefchritten werden konnte, entweder in jus vocirt *) oder durch drey, öffentlich anzufchlagende, Edicte zum Erfcheinen aufgerufen werden. (l. 68 bis 73. D. 5, 1 de judiciis. Vgl. mit l. 53. §. 1. D. 42, 1 de re judicata.) Erfchien er aber auch dann nicht, fo hatte der Kläger die Wahl, ob er fich, feiner Sicherheit halber und proviforifch, in das Vermögen feines Gegners einweisen (1.9. C.7, 72 de bonis auctorit. jud. poff. Nov. 53, 4) oder feine Klage beweifen und auf Ertheilung eines Endurthels antragen wolle (l. 73. §. 1. D. 5, 1 de judiciis; l. 8. C. 7, 43 quomodo et quando). Erwählte er letzteres, fo wurde der Beklagte zu dieser Beweisführung nicht weiter zugezogen, erschien diefer aber freywillig, fo konnte er, fobald er nur dem Gegner allen, aus feinem Aufsenbleiben erwachsenen Schaden erfetzte, an der Verhandlung Theil nehmen und fogar peremtorische Ausflüchte vorfchützen und ausführen (l. 15. C. 3, 1 de judiciis).

Nach altdeutschem Rechte, wie es fich, unmittelbar vor Aufnahme des römischen Rechts, im 13.

*) Gewöhnlich und auch von dem Vf. S. 291 f. wird angenommen, dafs die Zufertigung der Klage an die Stelle der Privatladung getreten fey. Diefer Meinung stehen indefs die zahlreichen Stellen entgegen, in denen fie als noch anwendbar genannt wird, und wollte man, wie gewöhnlich gefchieht, annehmen, dafs in allen diefen Stellen in jus vocatio nicht mehr die veraltete Privatladung, fondern überhaupt den Begriff Ladung bezeichne, fo würde damit die Verordnung im WiderSpruch fehen, dafs Niemand ohne ausdrückliche Erlaubnifs des Gerichts folche Perfonen vorladen folle, denen er befondere Achtung fchuldig fey ordnung, die fich wohl auf eine Privatladung, nicht aber auf eine folche beziehen kann, die von dem Gerichte felbft ausgeht. Damit foll indefs nicht geleugnet werden, dafs die Privatcitation unter Juftinian felten gewefen ift; nur wurde fie dann gewifs nicht durch die Zufertigung der Klage, an die kein Präjudiz gebunden war, fondern durch die Edictalladung erfetzt, die ja nach älterm Rechte fchon die Stelle der Privatladung vertrat, so oft es der Kläger verlangte.

eine Ver

und 14. Jahrhunderte ausgebildet hatte, begann der Procefs, wenn nicht etwa die Klage im ungebotenen Gericht (Ehedinge) und in Gegenwart des Beklagten angebracht wurde (Sächf. Ldv. 2, 3), mit einer Ladung, um welche der Kläger mit Angabe des Klagobjects bey dem Richter und in deffen Abwefenheit bey dem Frohnboten anzufuchen hatte. Erft im Termine und zwar jetzt auch dann, wann der Beklagte ausblieb, wurde die Klage angebracht und damit die Bitte verbunden, zu erkennen, ob dem Beklagten die Beantwortung der Klage zu gebieten fey (Richtft. Ldrechts c. 7). Wurde, wie immer gefchah, diefe Antwort für den Kläger entfchieden, und der Beklagte war nicht gegenwärtig; fo bat der Kläger zu erkennen, ob er die erfte Klage gewonnen habe (Richtft. a. a. O.). Auch diefe Frage wurde bejaht, der Beklagte zugleich in Bufse und Wette verurtheilt und auf den Antrag des Klägers eine anderweite Ladung erlaffen. Daffelbe Verfahren fand statt im zweyten Termine (Richtft. a. a. O.) und wenn auch jetzt der Beklagte ausblieb, die letzte, peremtorifche, Ladung erlaffen. Erfchien endlich der Beklagte auch im dritten Termine nicht, fo erfolgte in Civilfällen eine proviforifche Verurtheilung und Exe cution, in Criminalfällen hingegen die Aechtung, und auch diefe erft nach vollständig geführtem Beweife der Klage. (Verm. Sachfenfpieg. B 4. c. 16. d. 14. Sächf. Ldr. B. S. art. 5. B. 1. art. 41 und 70. Weichb. c. 64. Richtft. c. 7.) Doch entging der Beklagte den Nachtheilen der Verurtheilung und wurde in den Befitz des Executionsobjects wieder gesetzt, wenn er in nerhalb Jahresfrift nach erfolgter Immiffion in ein Grundftück, oder innerhalb Techs Wochen nach Abpfändung einer beweglichen Sache in drey, auf einander folgenden, Gerichtstagen freywillig erschien und fich zur Klagebeantwortung erbot. (Sächf. Ldr. 1, 70. Richtft. Lehnr. c. 10.) Selbft nach Ablauf die fer Frift aber ftand es ihm frey, die Nachtheile der Contumaz durch den Beweis von Ehehaften abzu lehnen (Sächf. Ldr. a. a. O. und 2, 7). Erfchien dagegen der Beklagte im erften oder zweyten Termin, fo konnte er Frift zur Antwort erbitten (Sächf. Ldr. 2, 3. vgl. mit 3, 39) und es wurde in diefem Falle durch ein förmliches Urthel ein anderweiter Termin zur Klagebeantwortung festgesetzt. Blieb der Beklagte in diefem Termine aus, fo fand die provi forische Verurtheilung ftatt; erfchien er aber und verweigerte hartnäckig die Antwort, oder floh er aus dem Gericht; fo erfolgte eine difinitive Verurtheilung, die weder durch ein fpäteres freywilliges Erfcheinen, noch durch den Beweis von Ehehaften umgeftofsen werden konnte (Sächf. Ldr. 2, 45. Weichb. c. 110).

Wefentlich verfchieden hiervon fcheint das Verfahren nach gemeinem deutfchen Procefsrecht; aber diefe Verfchiedenheiten find in der That mehr scheinbar als wefentlich, und weniger begründet in den Gesetzen als in einer unrichtigen Interpretation und in Gerichtsgebräuchen, die fich erft lange nach der

Auf

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