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des Aeneas dargestellt werden. Der in der griechischen Sage hergebrachte Name dieses Sohnes Ascanius bot keinen Anknüpfungspunkt für eine solche Gleichsetzung. Es traf sich daher sehr glücklich, dafs für Ascanius auch noch ein zweiter Name Ilus in den Quellen sich fand. Von Ilos, dem Sohne des Tros, dem Vater des Laomedon (Ilias XX 232), dem Gründer der Stadt Ilios (Apollod. III 12, 3, 2), konnte der Sohn des Aeneas sehr wohl benannt werden. Wir können allerdings aus den Spuren des alten griechischen Epos diesen Namen für den Sohn des Aeneas und der Kreusa nicht mehr direkt nachweisen; gleichwohl ist aus einem sehr bekannten Zeugnis bei Vergil der Schlufs berechtigt, dafs hellenische Quellen den Namen nannten. Vergil leitet unumwunden aus dem Wort Ilus die italische Form des Namens Iulus ab und legt diese Etymologie keinem Geringeren als Iuppiter selbst in den Mund, Aen. I 267: At puer Ascanius, cui nunc cognomen Iulo additur, Ilus erat, dum res stetit Ilia regno triginta magnos volvendis mensibus orbis | imperio explebit. Von den späteren Schriftstellern bezeugt nur Appian dieselbe Namensverwandtschaft, App. civ. II 68, wo Cäsar vor der Schlacht gegen Pompejus opfert: τὸν Αρη κατεκάλει καὶ τὴν ἑαυτοῦ πρόγονον Αφροδίτην, ἐκ γὰρ Αἰνείου καὶ Ἴλου τοῦ Αἰνείου τὸ τῶν Ἰουλίων γένος, παρενεχθέντος τοῦ ὀνόματος, ἡγεῖτο εἶναι. Indessen genugt Vergils Zeugnis dafür, dals auch ältere Quellen dem Ascanios diesen Beinamen beilegten. Man kann nun weiter die Frage aufwerfen, seit welchem Zeitpunkt etwa zu Gunsten des Nachweises der Verwandtschaft der Gens Iulia mit Aeneas man den Namen des Ilus herbeigezogen hat. Es wäre interessant zu wissen, ob erst die augusteische Zeit diese in der That frappierende Übereinstimmung der beiden Namen bemerkt und verwendet hat, oder ob diese Beobachtung schon älter ist. Wir besitzen ein Zeugnis, welches deutlich dafür spricht, dafs jene etymologische Argumentation vor den augusteischen Zeiten unbekannt war. Cäsar hatte die Vorstellung, dafs die Iulier Aeneaden seien, bekanntlich eingehend in seiner laudatio funebris, die er seiner Tante Julia, der Witwe des Marius hielt, erörtert. Sueton Divus Iul. 6 führt Cäsars Worte an: Amitae meae ... maternum genus ab regibus ortum, paternum cum dis immortalibus coniunctum est. nam ab Anco Marcio sunt Marcii Reges, quo nomine fuit mater; a Venere Iulii, cuius gentis familia nostra est. Est ergo in genere et sanctitas regum ..., et caerimonia deorum. Aus dieser Rede ist vielleicht noch ein anderes Fragment unter Cäsars Namen entlehnt, welches Servius aufbewahrt hat, worin Cäsar über die Entstehung des Namens Iulus zwei verschiedene Vermutungen aufstellt, welche beide als undenkbar erscheinen lassen, dafs er die Ableitung von Iulus aus Ilus kannte. Serv. ad Aen. I 267: Et occiso Mezentio Ascanium [sicut I. Caesar scribit] Iulum coeptum vocari [vel quasi ioßólov (Iuuolon Parisinus, emendavit F. Schoell), id est sagittandi peritum, vel] a prima barbae lanugine [quam ovlov Graeci dicunt], quae ei tempore victoriae nascebatur. Dieses unter Cäsars Namen überlieferte Bruchstück hat in Nipperdeys Fragment-Sammlung keine Aufnahme gefunden. Rührt

dasselbe wirklich von Cäsar her, so liefert es den Beweis, dafs damals die Identität von Ilus und Iulus noch nicht entdeckt war. Es scheint also, dafs dieser Fund, der den Anspruch der Iulier, von den Göttern abzustammen, auf so einfache und, nach antiken Begriffen von Etymologie, so glaubwürdige Weise unterstützte, erst in den diesem Gegenstand so eifrig gewidmeten Studien des augusteischen Kreises zu Tage gefördert wurde.

Bonn.

Ed. Lübbert.

Verbalformen vom Perfektstamme bei Claudian.

Die Lehrbücher der Grammatik geben im Paradigma der Verbalflexion für die Bildungen aus dem Perfektstamme auf -ui, deren u konsonantisch ist (wie amaui, audiui, iui, noui, creui u. a.), bekanntlich sowohl die unkontrahierten wie die kontrahierten Formen: amauerunt, amarunt, amauerant, amarant, amauissent, amassent, bei den i-Stämmen die letzteren nur mit verklungenem u: audit, quaesieram u. S. W. Man weifs dagegen, dafs im thatsächlichen Sprachgebrauch die unkontrahierten Formen vielfach zurücktreten. Eine genaue Statistik für jeden Autor ist hierfür noch zu machen, und der Gewinn würde sowohl unserer historischen Grammatik zu gute kommen, für die sich ein Kapitel der Geschichte des Verbum damit erledigt, als auch der Kritik und Texteskonstituirung jedes einzelnen Autors. So ist bei dem Dichter Claudian eine bewufste Auswahl in den Formen augenfällig, und eine Zusammenstellung hierüber sei im Folgenden mitgeteilt, in welcher einige Folgerungen für den Text des Claudian sich zugleich mit ergeben werden. Eine Vergleichung der früheren Dichter kann hier dagegen nicht ausgeführt werden.

Wichtig und einschneidend ist vornehmlich die Unterscheidung der Formen, deren Schlufs- und Ableitungssilbe um mich aufserlich auszudrücken Imit s und mit r anlautet. So willkommen die Synkope in vocassent war, so wenig war sie es doch in vocarunt, vocarant, aus phonetischem Grunde; denn der doppelte, scharfe, dentale Zischlaut im vocáv-ssent ist stärker als der einfache Reibelaut in vocáv-runt und konnte das v leichter zerstören; und ferner sind sich die Organe, die das s und die das v erzeugen, benachbart, das r entsteht dagegen weitab im Hintergrunde des Mundes.

In wie weit die Älteren, z. B. Vergil, auf diesen Unterschied achtgeben, wäre, wie gesagt, besonders zu behandeln; mit Vorliebe kontrahiert findet man bei ihm in solchen Fällen wie clamassent, foedasti, fundasse, gencrasse, sacrasse, orasse, seruassent, turbasti, uiolasset, uocasset, und selten steht, wie es scheint, bei ihm ein uitauisse statt uitasse (Aen. II 433); umgekehrt bleiben gern unkontrahiert raptauerat, mactauerat, uariauerit, uiolauerit, sacrauerat, deerrauerat, uocauerit, daneben steht allerdings je einmal ein pacarit, uiolarit, laudarit, ja sogar einmal sehr hart uocaris statt uocaueris ecl. 3, 49; von noui kennt Vergil nur die kontrahierten Formen noras nosse, kein nouerat,

nouisse. In der pluralischen 3. Person des Perfekt endlich stehen häufiger solche Formen wie errauere, lustrauere, seruauere, seltener solche wie sacrarunt (Aen. X 419).

Der späte Claudian war zum Teil feinfühliger und hat, was bei Vergil nur Vorliebe und Abneigung gewesen war, zum Teil zum Prinzip erhoben. Während er die sigmatischen Formen demnach stets zusammenzieht, konserviert er dagegen in den r-Formen principiell den ursprünglichen Silbenbestand.

Wir lesen also durchgängig Ruf. I 224 und Gild. 56 negasset, Ruf. II 122 umbrasse, 190 fumasset, II 386 sperasti, de III cons. Honorii 39 firmasti, 88 pugnastis, de IV cons. 61 und 174 leuasset, 164 tractasti, 470 flagrasse, nupt. Honorii 116 debellasse, 256 transnasse, Gild. 118 mutasti, 384 mandasse, pan. Theodori praef. 4 seruasse, paneg. Theod. 30 reuocasti, so wie die entsprechenden Formen an den Stellen Eutr. I 175, 201, 403, 457. II 127, 128, 328, 552; Stil. I 133, 180, 296. II 326, bell. Pollent. 16, 19, 387, 508, 595, 597; de VI cons. Hon. 157, 225, 226, 282, 465, 510, 585; laus Serenae 71; epist. ad Serenam 43, ep. ad Probinum 11, de piis fratribus 29, Rapt. Proserp. I 47. Im bell. Pollent. 438 ist das renouasse des Sinnes wegen nicht ohne Bedenken. Insbesondere seien daun noch angeführt: nupt. Hon. praef. 12 nossent, paneg. Theod. 178 und bell. Pollent. 333 nosse, Stil. I 381 nosset. Ja sogar ein quiesset steht Gild. 297 zu lesen, und die Glossatoren in den Handschriften halten für nötig dies als sincopa zu notieren.

Allen diesen Beispielen stellt sich als einzige Ausnahme der Vers Rapt. Proserp. III 79 gegenüber:

Tartarea Furias debellauisse bipenni.

Ob hier etwa ein sic debellasse einzusetzen ist (vgl. nupt. Honor. 116)? Denn wenn wir Ruf. I 22, Stil. II 65, de VI cons. 103, de IV cons. Honorii 376 und 557 ein creuisse, fleuisse und spreuisset, Stil. II 18 ignouisse lesen, so verwehrte hier der bessere Usus die Synkope; und ebenso wenig war Ruf. I 316, II 185 anders als strauisset, strauissent zu schreiben möglich.

Die Belege für die r-Formen, in denen umgekehrt der perfektbildende u-Laut rein konserviert wird, sind sodann kaum minder zahlreich, man sehe: paneg. Olybr. et Prob. 24 flagrauerit, 74 laxauerat, Ruf. I 11 librauerit, II 406 libauerit, de IV cons. 88 librauerat, 222 pacauerit, nupt. Honor. 2: flagrauerat, 204 uocauerit, Gild. 229 sperauerat, 281 mutauerit (oder nutauerit), 394 gestauerat, paneg. Theodori 68: mandauerit, 101 animauerit, 113 fundauerat, sowie die entsprechenden Formen an den Stellen Eutr. I 164, II 305, 389, Stil. II 117, 312, III 306 (curuauerat oder curuauerit), bell. Pollent. 55, 81, 514, de VI cons. 538, 540, epist. ad Serenam 25, in Iacobum mag. 7, Nilus 30, Rapt. I 29, 130. III 84, 214. Insbesondere sei dabei wiederum auf die vollen Formen nouerat paneg. Ol. et Prob. 41, nupt. Honor. 4 und in Curetium I 4 sowie nouerit de piis fratr. 44 hingewiesen, im Unterschiede zu Vergil, der, wie wir sahen, bei diesem Verbum nur die Kontraktion kennt und so gut

noras, noris, norunt, norint, norant flektiert wie nosse. Dazu stellt sich noch cognouerit bei Claudian Ruf. I 216, agnouerit de IV cons. 221.

Formen, deren Verkürzung durch den Usus nicht oder doch wenig empfohlen war, sind dann endlich mouerat Stil. I 248, admouerat de VI cons. 443, promoueris Stil. II 158, sueuerat paneg. Ol. et Prob. 44, Eutr. I 194, II 414, neuerat pan. Ol. et Prob. 224, creuerat Eutr. II 179, Stil. II 347, spreuerat Stil. II 150, pauerit descr. armenti 8.

Dem, was hiernach als Gesetz erscheint, widerstreiten nur wenige Stellen. Abzusehen ist dabei von dem satiarit Ruf. I 101, das ganz schlecht bezeugt ist, und nicht eben viel besser steht es mit dem fraudarit Stil. I 165. Crearas steht in der laus Christi u. 8, welches Gedicht unecht ist. Nicht unbedenklich sind auch die Verse in Rufinum I 321, 322, die König für interpolirt erklärte; in ihnen giebt sowohl das laturus opem Anstofs (der Sinn würde expectans opem erfordern) als auch die Form norat statt nouerat. So führen de VI cons. 129 Spuren der Überlieferung darauf, dafs Claudian Et quamuis... fugauit und nicht fugarit schrieb (quamuis hat den Indikativ z. B. auch de VI cons. 538). Es bleiben zunächst, wenn ich nicht irre, nur zwei Stellen übrig, de nuptiis Honor. 310:

Dicere possemus quae proelia gesta sub Haemo

Quaeque cruentarint fumantem Strymona pugnae,
Quam notus clipeo, quanta ui fulminet hostem,

ebenso bell. Pollent. 70 temptarint, an welchen beiden Stellen der Konjunktiv in gleicher Weise durch parallele benachbarte Verbalformen gegen Änderungsversuche geschützt ist; an beiden steht indes die dritte Person des Plural; ein cruentauerint, temptauerint wäre ja nicht in den Vers gegangen und es lag hier somit ein metrischer Zwang vor. Als wirkliche Ausnahme ist nach alledem wohl nur in Rufin. II 327 zu notieren: uix toto corde quierat; es steht dies in einem Erstlingswerke des Dichters, und das entsprechende quiesset bei ihm ist vorhin nachgewiesen. Vielleicht wäre danach aber auch das vorhin aus Ruf. I 322 angeführte norat diesem Erstlingswerke zuzugestehen. Endlich findet sich in dem allerfrühesten Gedicht Paneg. Olybrii et Probini v. 95 uariarat nicht ohne Varianten (worüber hernach); vielleicht ist aber auch hier diese Form aus demselben Grunde hinzunehmen.

Nicolaus Heinsius, der bei weitem verdienteste Claudiankritiker, hat doch für eine regelmässige und methodische Observation der Formen, des Modusgebrauches u. s. w. noch nicht Zeit gehabt. Daher hat er, nur auf den Sinn achtgebend und in Erinnerung an die subtilere Syntax der eigentlich klassischen Dichter, vielfach Herstellung von Verbalformen vorgeschlagen, die Claudian selbst verschmäht hat. Uns werden derartige Fälle zum Theil vielmehr als Beispiele für die freiere Tempus- und Modussyntaxe des Dichters dienen dürfen.

Über das desuerit und discrerit lässt sich nicht reden, das Heinsius Stil. II 307 und Rapt. I 250 in Vorschlag brachte. Zwecklos wäre auch sein satiarimus Gild. 36 und sudarit Gild. 94 (wo der Vaticanus sudabit). Unanstöfsig ist Eutr. I 447 die indikativische

Frage: fustra. . tranauit Cloelia Thybrim? und Heinsius' verzweifelter Versuch einen Konjunktiv zu gewinnen war vergeblich; man vergleiche z. B. den Indikativ de IV cons. Hon. 34: Quid calor obsistit forti? und dazu Heinsius' Versuche. Epithal. Pallad. 10 ist quo quemque uocauit umbra gesicherte Überlieferung und an uocarat lässt sich nicht denken; nicht anders steht es mit armauit laus Serenae 21. reicher ist in demselben Epithal. Pallad. v. 64 der Satz:

...

Quis locus Aethiopum,
Palladii penetrauit amor?

quo non rumore secundo

Lehr

denn wir lernen eben, dafs Claudian auch in solchem Falle den Konjunktiv verschmähen durfte. Lehrreich sodann auch Stil. III 230, wo es für den Dichter genügte, eine Vorvergangenheit im plusquamperfektischen Sinne mit dem Tempora palluit und ditabat auszudrücken; Heinsius wünschte auch hier ditarat. Und es giebt der Stellen noch mehr, wo Claudian sich bescheidet das Imperfekt zu setzen, weil ihm die plusquamperfektische Form unbequem war, so Stil. III 331: fera captiua uehitur iuuencis, explebat quibus ante famem und Rapt. III 76 laurus.. quondam quae ..umbrabat thalamos; auch hier wieder wünschte Heinsius explerat, umbrarat; das Verständnis wird indes durch den Zusatz des ante und quondam erleichtert. De sene Veronensi 3 genügt das herkömmliche reptauit, aber auch das reptabat des cod. Veron. wäre hier nach dem Gesagten ohne Bedenken; jedenfalls wird man sich nicht zu einem reptarat verführen lassen. Endlich ist Paneg. Olybr. et Probini 95 zwar variarat die beste Tradition, und das variaret des Florentinus ist nur hieraus entstanden; doch könnte man dem Laurentianus 33, 4 zu folgen und auch hier zu lesen geneigt sein: Et formidato clipeus Titana lacessit

Lumine, quem tota variabat Mulciber arte.

In der 3. Person des pluralischen und indikativischen Perfekts bevorzugte endlich, wie wir sahen, schon Vergil solche Formen wie errauere, lustrauere vor einem errarunt, lustrarunt. Sehr energisch ist in der gleichen Vorliebe auch Claudian, bei dem Formen wie conspirauere Ruf. II 118, commendauere de IV cons. Honor. 117, coniurauere Rapt. III 199, nutriuere Rapt. II 296, mutauere Rapt. I 143, II 189, sudauere Eutr. I 401, certauere epist. ad Seren. 3 u. s. w. ständig sind. Allerdings leidet diese Regel, wenn ich recht gesehen, zwei Ausnahmen: mutarunt flumina ripas steht Gigantom. 65 und lustrarunt umeros Phoebus et astra tuos Rapt. II praef. 48. Hingegen Eutr. II 461 hat Claudian weder nerunt noch neuere, sondern mit vollster Endung neuerunt ultima Parcae gesetzt; dieser Ausspruch vom Schicksalspinnen der Parcen trägt in der Tragikomödie des Eutropius und seines Leo besonderes Gewicht, und dies hat wohl das altertümlich volle Wort ausdrücken sollen, so wie Claudian auch sonst einmal da, wo er archaischen Ton brauchte, ein di farint riskiert hat (bell. Pollent. 528).

Noch ist ein Wort über die entsprechende Flexion der i-Stämme hinzuzufügen. Sie hat das Perfektabzeichen v noch schlechter konserviert als die der a-Stämme oder gar der e-Stämme, und dasselbe

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