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von einem andern, dem ich vertrauen zu können glaubte, aufnahm, war sogleich ein falsches, wie kann ich also der Autorität fremder mir unbekannter Magnetiseure mich hingeben, deren Schriften von Wundern wimmeln, die das Gepräge der Selbsttäuschung nur zu oft und nicht selten so kenntlich an der Stirne tragen, daß man geradezu während des Lesens von Unmuth unterbrochen wird? Man möge mir daher vergeben, ich habe einen neuen Zweig der Physik und der Phyfiologie aufzubauen, und um ihn auf sichere Grundlagen zu legen, sah ich mich durchaus genöthigt, gänzlich von Frischem anzufangen, alle Versuche nach eigenem Plane neu vorzunehmen und mich ihrer Ge= nauigkeit nur dann versichert zu halten, wenn ich sie selbst unter eigenen Augen und Ohren ausgeführt habe. Hier kömmt man nur weiter, wenn man die Erkenntnisse allein auf wohlbewährte Erfahrung gründet und dann daraus eine stetige Fortbildung entfaltet. Auf jedem andern Wege schreitet man im Verständniß nicht nur nicht vorwärts, wie es meines Dafürhaltens dem Mesmerismus bisher ergangen, der nirgends zu einer wissenschaftlichen Grundlage hat kommen können, sondern man gelangt nicht einmal nur zu einem haltbaren Anfange. Diesen Uebeln glaube ich auf dem neuen Wege, den ich einschlug, ausgebeugt und eine sichere Basis für die behandelte Materie auf Grund eigener Erfahrung geschaffen zu haben. Später, wenn ich einmal das vollbracht haben werde, was ich mir zur Selbstausführung vorgeseßt und mir noch einige Lebenstage beschieden seyn sollten, werde ich vielleicht eine Durchsicht der besseren älteren Werke vornehmen und aus den vermengten Erzählungen und Berichten eine Anthologie zusammenstellen, die das darin vorfindliche Gute von dem Unmaaße von unsichern, mißdeuteten, falschen und erträumten Angaben scheiden soll.

Die gegenwärtige Schrift stüßt sich auf meine vorangegangenen odischen Arbeiten, namentlich auf die genannten „Dynamide 2c.“ und kann als eine Fortseßung derselben betrachtet werden. Diese und jene bilden eine fortlaufende Kette von Untersuchungen. Sie ist aber auch ein für sich bestehendes abgerundetes Werk, das den sensitiven Menschen monographisch umfaßt, wie dort in einzelnen Abhandlungen die Krystalle, der Magnet, Sonne und Mond, Wärme u. s. f. odisch monographisch, wenn auch sehr gedrängt, behandelt worden sind. Vieles, was hier wieder berührt wird, dient als Ergänzung und Berichtigung dessen, was in den Dynamiden mitgetheilt worden ist. Hie

und da haben sich beim tieferen Eindringen in die Natur des Gegenstandes meine Ansichten berichtigt, das Verständniß der Versuche hat sich anders und besser gestellt und einige derselben haben Abänderungen erfahren; dieß ist der Gang jeder Untersuchung, wo man vom Dunkeln zum Klarern fortschreitet.

Tiefer blickende Forscher werden den Unterschied meiner Arbeiten von denen aller meiner Vorgänger zunächst in der Methode finden, nach welcher ich den Gang der Untersuchungen gerichtet habe. Wie in der ganzen Natur, so auch in den sensitiven und odischen Erscheinungen ist uns überall nur das Besondere, der einzelne Fall gegeben, aber in seiner vollen Zusammengeseztheit und Verwicklung. Die erste Aufgabe, die Aufgabe der Naturforschung, geht dahin, diese Verwicklung aufzulösen oder durch sie hindurchzubringen zu den elementarischen Faktoren und zu den elementarischen Hergängen. Erst nachdem man. mittelst solchen Verfahrens die allgemeinen Grundgeseze der Elemente bloßgelegt und bestimmt hat, kann man sicheren Schrittes wieder vorwärts zu Zusammenseßungen und zu Anwendungen schreiten. Meine Vorgänger auf diesem Felde begannen ebenso wie ich ursprünglich bei den verschiedenen Wundern des Somnambulismus; sie steigerten diese aber mehr und mehr und verstiegen sich von da zu den höchsten geistigen und geisterhaften Regionen hinauf. Das Unbegreifliche wurde dadurch unter ihren Händen wachsend nur immer noch unbegreiflicher und kippte am Ende oft genug ins Lächerliche um. Ich bin ebenfalls von somnambulen und kataleptischen Erstaunlichkeiten ausgegangen, habe mich aber nicht von ihnen fortreißen, nicht vom aufgeregten Erstaunen betäuben lassen, sondern indem ich in ihnen sogleich höchst zusammengefeßte Aeußerungen der Natur erkannte, habe ich den umgekehrten Weg einzuschlagen für nöthig erachtet; ich habe mich vom Zusammengesezten in rückgängiger Zergliederung nach dem Einfacheren hingewendet, a posteriori ad prius; und so ist es mir gelungen, inbeständig analytischem Verfahren zu den Ursprüngen der Erscheinungen, zu den Elementarkräften, die ihre Componenten ausmachen, rückwärts vorzubringen und dann erst, diese jezt zum Ausgangspunkte nehmend, a priori ad posterius, synthetisch wieder vorwärts zu gehen und aus den gefundenen Gefeßen der Grundkräfte die Erflärungen der bis ins Wunderbare verwickelten Erscheinungen zu construiren. Dieß ist es was man die „Methode der heutigen v. Reichenbach, der sensitive Mensch. 1.

III

Naturforschung" nennt, die man mir aber nicht als Einwendung entgegenhalten kann, wie einige oberflächliche Gegner gerne möchten, sondern die gerade den wesentlichsten Vorzug meiner Arbeit ausmacht, sie von allen früheren auf diesem Felde unterscheidet und zu den reichen Ergebnissen geführt hat, die in meinem Vortrage auseinander gesezt sind.

Wer sich die Mühe nicht hat verdrießen lassen, davon Kenntniß zu nehmen, wird mir beistimmen, wenn ich die Ueberzeugung nicht unterdrücke, daß jeder Physiolog und jeder Arzt davon nicht nur Notiz nehmen, sondern sie gründlich kennen lernen muß, wenn er in seinem Fache nicht über ein ganzes Gebiet der wichtigsten Wahrheiten in Unwissenheit hintanbleiben will. Während der Physiolog eine Reihe bis jezt übersehener Lebensfunktionen in der Sensitivität kennen lernt, findet der Arzt in dem Ode eine Kraft und Thätigkeit, ohne deren Kenntniß er in zahlreichen Fällen nicht nur gar keine Hülfe weiß, sondern nicht einmal zum Verständniß der ihm vor Augen liegenden Krankheitssymptome zu gelangen, viel weniger ihre Leitung irgend zu beherrschen im Stande ist. Die odische Lehre wird auf solche Weise bald den Abstand zwischen einem gebildeten und einem ungebildeten Arzte vergrößern und in diesen Fächern den Mann von Wissenschaft vom gelehrten Handwerksmann unterscheiden. Nicht, daß ich damit meine, jeder Arzt müsse ein Magnetiseur seyn, das liegt weit ab von meinem Sinn, aber ein Arzt, der weder vom Erdode der Lage, vom Sonnen- und Mondode, von den odischen Polen der Menschen, vom odischen Einflusse der Väder, noch vom Theilstriche und von den odischen Hemmungen, noch von dem mächtigen Einflusse des Odes auf die Krämpfe etwas versteht, ja nicht einmal weiß, wie er sich hinzustellen hat, um nur den Puls zu fühlen, spielt jedenfalls vor dem Krankenbette eines Sensitiven eine klägliche Rolle. Auf ganze Abschnitte in der Medicin muß die gegenwärtige und künftige Entschleierung der Geseße des Odes einen nahezu umwälzenden Einfluß nehmen.

Von den Physikern und Chemikern der Jeßtzeit aber sage ich nichts. Denn wer einige Jahrhunderte lange nachsinnt über die tief verborgene Natur des Magnets, wer optische und diamagnetische Krystallaren studirt, wer über unsichtbare chemische und polarisirte Wärmestrahlen sich schlaflose Nächte macht, wer über Phosphorescenz, über Zerseßung, über Einfluß des Lichtes auf Pflanzen- und Thierleben, über die

innern Qualitäten der Substanz jenseits der Erscheinung sich den Kopf zerbricht, denjenigen aber, der ihm die wichtigsten Gefühls- und Lichtphänomene, von denen jene verborgenen Erscheinungen bedingt sind, so zu sagen mit Fäusten zu greifen geben kömmt, nicht anhören, ja nicht einmal zu Worte kommen lassen will, für den bleibt nichts anderes übrig, als Bedauerniß mit seiner unwürdigen Verblendung. Ich muß die Gegenwart bei der Zukunft anklagen und kann nur von dieser Genugthuung erwarten.

Es thut mir leid, daß ich die schwierige und verwickelte Lehre von den Dynamiden noch um ein Glied vermehren und zwar um ein solches erweitern muß, welches die Physiologie, die sich bis jezt ziemlich abseits hielt, nunmehr unmittelbar und sehr innig mit der Physik verflicht. Dadurch wird die Naturwissenschaft zwar einerseits auf ihrem bisher dürftigsten Flecke ansehnlich bereichert, aber auch ihr Studium und ein gründliches Eindringen in ihre höhern Gebiete, wo an die Krystallisation das Leben sich anreiht und wo das materielle Vegetiren das geistige Leben zu erfaffen beginnt, allerdings erschwert. Hierin liegt wohl auch ein Hauptgrund, warum ich auf meinem Wege faft überall nur Widersachern begegne; es ist nicht schwer, einige einzelne Experimente aus Zeitschriften aufzunehmen und in seinen Wissensvorrath seines Drtes einzuschalten; aber sehr mühsam, sehr zeitraubend, sehr schwer ist es, in ein ganz neues Wissensgebiet einzugehen, es nach seinen weitgreifenden Verwicklungen zu verfolgen, ins Gedächtniß aufzunehmen und seine umfassende Bedeutung zu erwägen. Dazu wird sich nur selten eine von den älteren, schweren, wissenschaftlichen Autoritäten herbeilaffen. Ich kann jedoch nicht helfen. Was wahr ift, ist eine Macht." Und die Thatsachen, die vorhanden, die Wahrheiten, die aufgedeckt sind, fordern ihr Recht. Ein in der naturforschenden Welt angesehener Mann schrieb mir: Wenn dem fo wäre, wie Sie schreiben, so wäre das zu schön und so was „kommt in der Natur nicht vor." Darum also, weil die Entdeckungen, die durch das Od enthüllt werden, zu schön sind, sind sie grundlos, können und dürfen sie nicht bestehen! Der Größe ihrer Bedeutung halber wird ihr Bestand nicht zugelassen!... Wenn einige zunftgerechte Physiker etwa glauben, mit den eingebürgerten Imponderabilien der Wärme, des Lichtes, der Elektricität, des Magnetism u. s. w. sey der Kreis der Dynamide in der Natur geschlossen, so dürften sie sich nicht weniger irren, als einst diejenigen, die da meinten,

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der Herr habe für die sieben Schöpfungstage sieben Wandelsterne an den Himmel aufgehängt. Es werden noch ganz andère Männer auftreten, und noch ganz andere zu schöne Kräfte werden sie aus dem tiefen Borne der Naturgewalten an das Tageslicht menschlicher Erkenntniß hervorziehen, als die wenigen, die wir bis jezt leichthin von der Oberfläche auflasen!

Schloß-Reisenberg, unfern Wien, Mitte Mai 1854.

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