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und Schlosserei des Binnenlandes würde auf diese Weise dem Schiffbau dienlich gemacht werden. Auch die Erübrigung der bisher üblichen Genehmigungen der Einzelheiten durch die Reederei würde bei festliegenden Normalien die Arbeit der Werft um einen großen Teil erleichtern und manche mitunter unangenehme Auseinandersetzung ersparen.

Einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil bietet die sichere Beschaffung und Vorrathaltung von Ersatzstücken. Die bei den Reedereien in den erstaunlich großen Lagern der Reserveteile festgelegten Kapitalien werden durch eine Vereinheitlichung bedeutend ermäßigt, dazu werden die bisherigen Schwierigkeiten der rechtzeitigen Anlieferung passender Ersatzstücke seltener vorkommen. Nicht selten müssen jetzt Schiffe nach einer Havarie, nur notdürftig ausgerüstet, wieder in See gehen, weil ein Ersatz für die beschädigten Teile nicht schnell genug beschafft werden kann. Nach der Heimkehr werden solche Reparaturen dann durch den inzwischen beschafften Ersatz endgültig ausgeführt, was natürlich unnötige Ausgaben verursacht und Arbeitskräfte für die gleiche Arbeit zweimal beansprucht.

Viele Reedereien führten in der Erkenntnis der Vorteile der Vereinheitlichung, und um gleichzeitig Gewähr für erprobte Ausführungen zu haben, für ihren eigenen Betrieb bereits Normalien ein, die aber, da jede Reederei ihre besonderen Konstruktionen hat, nicht selten Preis und Lieferzeit erhöhen, da sie, wenn auch die Unterschiede häufig nur gering sind, neue Modelle oder Einrichtungen bedingen. Bei einem gegenseitigen Vergleich der vorhandenen Reedereinormalien kommt man zu der Ueberzeugung, daß eine durchgehende Vereinheitlichung bei gutem Willen möglich wäre und diese vorhandenen Sachen sehr gute Unterlagen für die Schaffung allgemeiner Normalkonstruktionen bilden könnten.

Selbstverständlich erfordert die Vereinheitlichung sehr viel Mühe und Arbeit, die aber auf keinen Fall gescheut werden sollte, da die Förderung des deutschen Schiffbaues und die Erstarkung der deutschen Schiffahrt in der gegenwärtigen Zeit außerordentliche Bedeutung hat. Es gilt hier, eingehend zu prüfen, Erfahrungen auszutauschen, den Weg für eine Massenherstellung der Einzelteile frei zu machen, aber auch dem Fortschritt und der Entwicklung nicht hemmend entgegenzutreten.

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Um die Vorarbeiten zur Vereinheitlichung im Schiffbau auch an anderen Stellen in Angriff zu nehmen, werden die Bezirksvereine, soweit sie Interesse für die Angelegenheit haben und über sachverständige Mitglieder verfügen, gebeten, dem Beispiel des Unterweser-Bezirksvereines zu folgen und ebenfalls schiffbauliche Ausschüsse mit der Bearbeitung dieser lohnenden Aufgabe zu betrauen. Die Ergebnisse der Arbeiten in den Bezirksvereinen könnten dann einem »Hauptausschuß für Vereinheitlichung im Schiffbau« unterbreitet werden, der eine beiderseitige Anerkennung des durchgearbeiteten Stoffes von Werften und Reedereien herbeizuführen hätte. Eine endgültige Entscheidung würde in die Hand einiger namhafter Herren aus Werft- und Reedereikreisen gelegt werden können.

Da es gilt, Wesentliches zum Siege des wirtschaftlichen Kampfes beizutragen, sollte jeder, dem es es dank seiner Stellung und seines Einflusses möglich ist, die wirklich nutzbringende Bestrebung zur Vereinheitlichung im Schiffbau mit aller Kraft unterstützen.

Vermittlungsstelle für technisch-wissenschaftliche Untersuchungen.

Der Vorstand des Deutschen Verbandes technisch-wissenschaftlicher Vereine hat beschlossen, in seiner Geschäftstelle eine Einrichtung zu schaffen, welche für die Ausführung von technisch-wissenschaftlichen Untersuchungen zwischen der Technik und den wissenschaftlichen Instituten der Universitäten und Technischen Hochschulen vermitteln soll.

Sehr viele Probleme und ebenso die besondere Kenntnis der Arbeitsgebiete sind heutzutage so stark spezialisiert, daß manchmal für ein bestimmtes Problem nur wenige geeignete Bearbeiter in den wissenschaftlichen Instituten vorhanden sind. Wenn es nun gelingen könnte, alle solche Probleme den jeweils geeigneten Bearbeitern zuzuführen, so würde damit ein sehr erheblicher Nutzen mit geringst möglichem Arbeitsaufwand geschaffen werden können.

Einerseits könnten die großen geistigen und materiellen Werte, die in den Einrichtungen der wissenschaftlichen Institute der Universitäten und Technischen Hochschulen und in den Kenntnissen und Erfahrungen ihrer Leiter liegen, in höherem Maße als bisher der deutschen Industrie nutzbar gemacht werden. Andererseits würden der Industrie, soweit sie nicht selbst durch ihre Einrichtungen, Arbeitskräfte und sonstigen Verbindungen dazu in der Lage ist, also insbesondere den mit Versuchseinrichtungen weniger versehenen mittleren und kleineren Werken, die Möglichkeit gegeben werden, auftretende Probleme nicht ungelöst zu lassen, sondern ihre Lösung durch Mithülfe des Verbandes in die Wege

zu leiten. Auch für die großen industriellen Werke könnte es manchmal nicht unerwünscht sein, auf diese Weise Anknüpfung mit Akademikern zu bekommen, die verwickelte Fragen wissenschaftlich, aber doch im Zusammenhang mit der Technik zu beurteilen geneigt sind.

Eine große Anzahl von Institutsleitern auf dem Gebiet der angewandten und physikalischen Chemie, der Physik, der Elektrotechnik und der Ingenieurwissenschaft haben sich bereit erklärt, derartige Arbeiten, welche ihnen durch die Vermittlungsstelle des Deutschen Verbandes zugeführt werden, zu übernehmen, auf jedem der genannten Gebiete haben sich fernerhin der Geschäftstelle fachkundige Herren zur Verfügung gestellt, um sie bei der Auswahl der jeweils in Betracht kommenden Bearbeiter zu unterstützen.

Der Deutsche Verband und die Leiter der wissenschaftlichen Institute hoffen, daß diese Vermittlungsstelle nicht nur für die Dauer des Krieges, sondern auch für die Uebergangswirtschaft und für die spätere Friedenswirtschaft von Wert sein und sich sehr nutzbringend erweisen wird.

die

Der Verband richtet daher an die industriellen Werke auf dem Gebiete der Chemie, der angewandten Physik, der Elektrotechnik, des Maschinenbaues und der gesamten Ingenieurwissenschaften Bitte, sich der Vermittlungsstelle des deutschen Verbandes, Berlin NW Sommerstr. 4a, zu Händen des zu begeschäftsführenden Vorstandsmitgliedes

dienen.

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Veränderung der Korngröße und der Korngliederung in Metallen.')

Von J. Czochralski, Berlin.

A) Veränderung der Korngröße und der Korngliederung bei der Kristallisation. a) Korngröße.

Das Vermögen der Stoffe, »spontan« zu kristallisieren, d. i. freiwillig Kristallisationszentren zu bilden, und die lineare Kristallisationsgeschwindigkeit sind auf die Größe des Kornes eines im Schmelzfluß erstarrenden Kristallhaufwerkes von Einfluß. Die in den folgenden Abschnitten 1 bis 4 wiedergegebene Darlegung der Kristallisationsvorgänge verdanken wir insbesondere G. Tammann und seiner Schule"); die ersten Messungen der Kristallisationsgeschwindigkeit führte bereits 1882 D. Gernez aus 3).

1) Beim Uebergang vom flüssigen in den Kristallzustand bilden sich aus der flüssigen Phase als neue Phase die

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Schmelzpunkt ist die Kernzahl zunächst unendlich klein, dann steigt sie schnell mit wachsender Unterkühlung zu einem Höchstwert, sinkt dann wieder und wird bei noch größeren Unterkühlungen wieder unendlich klein. Bei größeren Unterkühlungen verlieren also viele Stoffe die Fähigkeit, neue Kristallisationszentren zu bilden, und man darf annehmen, daß dieses Verhalten ganz allgemein ist, obwohl man es nicht für jeden Stoff festzustellen vermag.

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2) Aber auch die Geschwindigkeit, mit der sich das Wachstum der Kristalle von ihren Zentren oder Kernen aus vollzieht, ist für den Verlauf der Kristallisation von Wichtigkeit. Als Maßstab hierfür dient die lineare Kristallisationsgeschwindigkeit, d. i. die Strecke, um die sich in der Zeiteinheit die Grenze zwischen dem wachsenden Kristall und der Schmelze verschiebt. Sie wird in der Regel an der Fortbewegung der sichtbaren Kristallisationsgrenze in dünnen mit der unterkühlten Schmelze angefüllten und mit Teilung versehenen Glasröhrchen gemessen. Betreffs der Abhängigkeit der Kristallisationsgeschwindigkeit (KG) von der Unterkühlung haben Messungen der Bewegungsgeschwindigkeit der sichtbaren Kristallisationsgrenze ergeben, daß sie in den Hauptgebieten der Unterkühlung mit gleichförmiger fortGeschwindigkeit schreitet. Die gleichförmigen Geschwindigkeiten stellen sich aber erst ein, nachdem die Kristallisation einige Zeit im Gange Gange gewesen ist.

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Temperatur

Kristallisationsgeschwindigkeit

Abb. 2.

Abhängigkeit der Kristallisationsgeschwindigkeit von der Unterkühlung der Schmelze (für Stoffe mit einer Kristallisationsgeschwindigkeit von mehr als 5 mm/min).

Die Kristallisationsgeschwindigkeit kann in einem weiten Unterkühlungsgebiete nur unabhängig von der Unterkühlung der Schmelze sein, wenn an der Kristallisationsgrenze die Temperatur des Schmelzpunktes herrscht; mit der Aenderung der Temperatur an der Kristallisationsgrenze ändert sich auch die Kristallisationsgeschwindigkeit. Dies ist besonders im Anfangs- und Endstadium der Kristallisation sowie bei kleinen Kristallisationsgeschwindigkeiten der Fall.

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Bei Stoffen mit einer höchsten Kristallisationsgeschwindigkeit von mehr als 5 mm/min kann man fünf Unterkühlungsgebiete unterscheiden, Abb. 2.

Im Unterkühlungsgebiet A, dicht unterhalb des Schmelzpunktes, ist die Kristallisationsgeschwindigkeit sehr klein.

Im Unterkühlungsgebiet B, einige Grade unterhalb des Schmelzpunktes, steigt die Kristallisationsgeschwindigkeit bereits sehr beträchtlich; in diesem Gebiet sowie in dem Gebiet A wird die Kristallisationsgeschwindigkeit um so mehr verkleinert, je langsamer die Kristallisationswärme abfließt, d. h. je geringer das Temperaturgefälle an der Kristallisationsgrenze ist.

Im Unterkühlungsgebiet C (nähere Temperaturgrenzen lassen sich nicht angeben) erreicht die Kristallisationsgeschwindigkeit ihren unveränderlichen höchsten, also von der Unterkühlung der Schmelze unabhängigen Wert. In diesem Gebiet ist zwischen den Kristallen an der Kristallisationsgrenze sporadisch noch Schmelze vorhanden, und deshalb stellt sich an der Kristallisationsgrenze die Temperatur des Schmelzpunktes immer wieder her.

Im Unterkühlungsgebiet D, dem der ungleichförmigen Geschwindigkeiten, erinnern die Verhältnisse an die bei explosionsartig verlaufenden Prozessen. Die Kristallisationswärme reicht nicht mehr hin, um die Temperatur der Kristallisationsgrenze ständig auf die des Schmelzpunktes zu

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rem Maße bemerkbar als bei größeren, weil die in der Zeiteinheit freiwerdende Wärmemenge klein ist und zur Herstellung der Temperatur des SchmelzKristallisationsgeschwindigkeit punktes an der Kristalli

Abb. 3.

Abbängigkeit der Kristallisationsgeschwindigkeit von der Unterkühlung

der Schmelze (für Stoffe mit einer Kristallisationsgeschwindigkeit von weniger als 3 mm/min).

sationsgrenze nicht mehr ausreicht; die Gebiete der gleichförmigen Kristallisationsgeschwindigkeit (C in Abb. 2) werden daher mit kleiner Kristallisationsgeschwindigkeit geringer oder schrumpfen auch zu einem Punkt zusammen, Abb. 3. Die unveränderliche höchste Kristallisationsgeschwindigkeit des Stoffes wird dann unter Umständen überhaupt nicht erreicht oder weit unterschritten.

3) Im Gebiet dicht unterhalb des Schmelzpunktes (A und B in Abb. 2) wird durch Wärmeentziehung die Kristallisationsgeschwindigkeit vergrößert; da nun in den Mittelzonen einer zylindrischen Form das Temperaturgefälle kleiner als an den Randzonen ist, so eilt die Kristallisationsgrenze in diesen Zonen der in jenen voran, die Kristallisationsgrenze bildet daher einen zur Schmelze hohlen Meniskus, Abb. 4.

Im Gebiet abnehmender Kristallisationsgeschwindigkeit (E in Abb. 2) wird die Kristallisationsgeschwindigkeit durch Wärmeentziehung verkleinert; da wieder an der Kristallisationsgrenze der Mittelzonen die Temperatur höher ist als die der Randzonen, so eilt jetzt die Kristallisationsgrenze im Innern einer zylindrischen Form voran, die Kristallisationsgrenze bildet also einen zur Schmelze gewölbten Meniskus, Abb. 5.

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Abb. 5.

Kristallisationsgrenze im Gebiet abnehmender Kristallisationsgeschwindigkeit. (Dem Tempe

raturgefälle gemäß ist die Kristallisationsgrenze in den mittleren Teilen vorgeeilt.)

4) Bei den nichtmetallischen Stoffen geht die Bestimmung der Kernzahl in der Regel glatt von statten. Bei den Metallen gewinnt man infolge ihrer geringen Unterkühlfähigkeit und ihrer Undurchsichtigkeit dagegen nur auf Hülfswegen einen mehr oder weniger zutreffenden Einblick in die Temperaturabhängigkeit der Kernzahl.

Die Unterkühlfähigkeit eines Stoffes hängt nämlich von den Werten der Kristallisationsgeschwindigkeit und der Kernzahl sowie von der Art der gegenseitigen Abhängigkeit dieser Größen, d. i. von der gegenseitigen Lage der Kurve der Kristallisationsgeschwindigkeit und der Kernzahlkurve, vor allem aber von der Abkühlgeschwindigkeit ab; im Hinblick auf die geringe Unterkühlfähigkeit müßte demnach das Vermögen der Metalle, freiwillig zu kristallisieren, sehr groß sein.

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wenn

Temperatur

und Kernzahl Abb. 6.

verringert wird; aber die höchste Kernzahl außerhalb des Gebietes der unveränderlichen höchsten Kristallisationsgeschwindigkeit liegt, gleichgültig ob unterhalb oder oberhalb, dann ist es um so leichter, ein feinkörniges Gefüge zu erhalten, je größer die Kernzahl und je kleiner die Kristallisationsgeschwindigkeit ist, Abb. 6, II, weil die Entfernung der Kristallisationszentren verhältnismäßig klein ist und durch den kleineren Wert der Kristallisationsgeschwindigkeit die Zeit für die Entstehung der Kristallisationszentren vergröBert wird. Am günstigsten für die Kornverfeinerung werden demnach immer die Fälle sein, wo die Kernzahl recht groß und die Kristallisationsgeschwindigkeit recht klein ist. Ein kleines gleichmäßiges Korn deutet also auf große Kernzahl oder kleine Kristallisationsgeschwindigkeit, ein großes ungleichmäßiges dagegen auf eine geringe Kernzahl oder große Kristallisationsgeschwindigkeit; wäre es möglich, ein Metall, nachdem man es eine bestimmte Zeit auf einer Unterkühlungstemperatur gehalten hat, für die man die Anzahl der Kristallisationszentren bestimmen will, möglichst schnell auf eine Temperatur zu bringen, bei der die Kernzahl verschwindend klein ist, die Kristallisationsgeschwindigkeit aber noch groß genug, um ein schnelles Erstarren der Schmelze zu ermög

Abhängigkeit der Unterkühlfähigkeit von der gegenseitigen Lage der Kurve der Kristallisationsgeschwindigkeit und der Kernzahlkurve.

21. April 1917.

lichen, so könnte man durch die Bestimmung der Zahl der Kristalle für die Raumeinheit die Kernzahlen der Metalle leicht ermitteln. Dieser Weg ist jedoch bei den Metallen nicht gangbar.

Die übliche Bestimmung der Anzahl der Kristalle für die Raumeinheit dagegen würde wohl eine Vorstellung von der Gesamtzahl der während der ganzen Erstarrung gebildeten Kristallisationszentren, nicht aber die wirklichen Werte der Kristallisationsgeschwindigkeit für die Zeit- und Raumeinheit bei gleichbleibender Temperatur ergeben.

Führt man aber mit gleichen Mengen desselben Stoffes eine Reihe von Versuchen aus; bei denen die Proben von gleich hoher Gießtemperatur mit verschiedener Geschwindigkeit abgekühlt werden, so kann die Bestimmung der Zahl der Kristalle für die Raumeinheit 1) weitere, wenn nicht zahlenmäßige, so doch relative Anhaltspunkte für die der Temperaturabhängigkeit der Kernzahl und der Kristallisationsgeschwindigkeit ergeben:

Die Zahl der Kristalle wird mit zunehmender Abkühlgeschwindigkeit der Schmelze zunehmen, wenn mit sinkender Temperatur die relative Zunahme der Kernzahl die der Kristallisationsgeschwindigkeit überwiegt, und umgekehrt abnehmen, wenn mit sinkender Temperatur die relative Zunahme der Kristallisationsgeschwindigkeit die der Kernzahl übertrifft.

Darf man aber annehmen, daß in dem betreffenden Unterkühlungsgebiet die Kristallisationsgeschwindigkeit bereits ihren unveränderlichen höchsten Wert besitzt, so würde eine Zunahme oder Abnahme der Zahl der Kristalle mit zunehmender Abkühlgeschwindigkeit darauf hinweisen, daß nur die Kernzahl allein mit sinkender Temperatur zunimmt oder abnimmt.

Infolge der geringen Unterkühlbarkeit der Metalle (bei den technischen Metallen selten über 20 bei einer Zeitdauer von wenigen Sekunden) liegen aber Gründe zu der Annahme vor, daß bei den Metallen unter gewöhnlichen Bedingungen die höchste Kristallisationsgeschwindigkeit überhaupt nicht erreicht wird, und daß die Unterkühlung selten über das Gebiet zunehmender Kristallisationsgeschwindigkeit (A und B in Abb. 2) hinausgelangt; nur bei sehr hohen Abkühlgeschwindigkeiten oder außergewöhnlichen Versuchsbedingungen (s. den nächsten Abschnitt) scheint sich die Kristallisation mit ihrer höchsten unveränderlichen Geschwindigkeit zu vollziehen. Da die relative Abnahme der Kernzahl in diesem Gebiet wahrscheinlich in der Regel die der Kristallisationsgeschwindigkeit übertrifft, so ist in den meisten Fällen umso gröberes Korn zu erwarten, je geringer die Abkühlgeschwindigkeit der Schmelze ist. Die Auswertungsergebnisse derartiger Untersuchungen) können also ebenso gut Gebiete zunehmender Kristallisationsgeschwindigkeit betreffen und dürfen daher, solange eingehendere Untersuchungen fehlen, nicht als endgültig angesehen werden.

5) Ein Verfahren zur Messung der Kristallisationsgeschwindigkeit war für Metalle bisher nicht bekannt. Bei einer Untersuchung des Verfassers ergaben sich indes Ergebnisse, die zur unmittelbaren Messung der Kristallisationsgeschwindigkeit der Metalle verwertet werden konnten 3). Das Verfahren beruht auf der Messung der Höchstgeschwindigkeit, mit der man einen dünnen Kristallfaden des betreffenden Metalles aus seiner Schmelze dauernd ziehen kann, ohne daß er abreißt. Man kann auf diese Weise einheitliche Kristallfäden von beliebiger Länge mit Leichtigkeit herstellen.

In Zahlentafel 1 ist die höchste Kristallisationsgeschwindigkeit einiger Metalle in der Nähe des Schmelzpunktes wiedergegeben. Unterkühlungen wurden nur bei Zinn, und zwar nur in einem Falle, beobachtet; die Unterkühlung er

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6) Das Verhalten der Stoffe beim Kristallisieren würde, wenn die Unterkühlungsbereiche der Metalle sich auf größere Temperaturgebiete erstrecken würden, als dies in der Tat der Fall ist, den Technologen die erwünschte Möglichkeit darbieten, durch entsprechende Wahl der Unterkühlungstemperatur einerseits die Korngröße zu beeinflussen, anderseits aber auch die Erstarrung des Gusses beliebig zu regeln und so der Ausbildung von Lunkerstellen, Blasen u. dergl. entgegenzusteuern. Dazu müßte es aber möglich sein, erstens das Metall genügend schnell auf die Temperatur zu bringen, bei der das freiwillige Kristallisationsvermögen der Schmelze am größten ist, zweitens das Schmelzbad, nachdem es eine bestimmte Zeit auf dieser Temperatur festgehalten (»fixiert«) worden ist, durch weitere kräftige Wärmeabfuhr auf die Temperatur des absteigenden Astes (E in Abb. 2) der Kurve der Kristallisationsgeschwindigkeit abzukühlen, um das Zentrum der Kristallisation tunlichst ins Innere des Gußblockes zu verpflanzen (vergl. Absatz 3). Infolge der völligen Unkenntnis der Abhängigkeit der Kernzahl von der Temperatur sowie der äußerst geringen Neigung der Metalle zur Unterkühlung wird man die Gebiete abnehmender Kristallisationsgeschwindigkeit und zunehmender Kernzahl nur schwer praktisch zu beherrschen und auszunutzen verstehen; indes liegen manche praktische Ergebnisse hinsichtlich der Beeinflussung der Korngröße bereits vor (Schreckguß), wenn sie sich auch offenbar nur auf das Gebiet zunehmender Kristallisationsgeschwindigkeit (A bis B in Abb. 2) erstrecken. Außer der Erforschung der inneren Beziehungen für jedes Metall bei verschiedenen Temperaturen wäre auch ein planmäßiges Studium aller äußeren Bedingungen (Konstruktion und Temperatur der Gießformen usw.) notwendig; nur Versuche, bei denen auf alle diese Punkte von vornherein Rücksicht genommen wird, können einen endlichen Erfolg versprechen. Diese Aufgabe ist nicht leicht, aber immerhin aussichtsreich genug, um weitere Versuche in dieser Richtung lohnend erscheinen zu lassen; betragen doch die Verluste durch den » verlorenen Kopf« nicht selten 20 vH des Gießgutes und darüber.

b) Korngliederung.

1) An den Erstarrungswänden von Metallen können häufig geometrisch ähnlich angeordnete Kristallnadeln beobachtet werden. Insbesondere die Kristallnadeln der Randschichten sind einander fast parallel gerichtet. Es handelt sich hier um eine Erscheinung, die in der Mineralogie als strahliges Gefüge angesprochen wird, in der Technik am besten unter dem Namen »Einstrahlung« bekannt sein dürfte, deren kristallographisches Hauptmerkmal aber die »>Transkristallisation (kristallographisch ähnliche Ordnung) ist.

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2) Zur Erklärung der parallelen Anordnung der Kristalle senkrecht zu den Flächen größter Abkühlung kommen folgende Punkte in Betracht:

Die Erfahrung lehrt, daß die Unterkühlung der Schmelze vom größten Einfluß auf die Zahl der Begrenzungsebenen

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