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man in Europa bis vor kurzem meist noch Drahtbürsten oder Schleifbleche, wie sie auch bei Dynamomaschinen für andere Zwecke üblich sind. In Amerika und neuerdings auch bei uns werden fast nur noch Kohlen als Stromabnehmer benutzt, denen man nachrühmt, dass durch sie die Funkenbildung vermindert und die Stromsammler sehr geschont werden.

Um die Bewegungsrichtung des Ankers umzukehren, genügt es, die Stromrichtung in den Feldmagneten oder im Anker umzukehren. Da aber die neutrale Stelle, wo an den Stromabnehmern die geringste Funkenbildung erfolgt, in der Bewegungsrichtung des Ankers um einen gewissen Winkel über die von den Feldmagneten gebildete neutrale Zone hinausliegt, so sind vielfach zwei Paare von Stromabnehmern vorgesehen, das eine für die Vorwärts-, das andere für die Rückwärtsfahrt. Bei Stromabnehmern aus Kohle und sehr kräftigen Feldmagneten gelingt es, mit einem Paar Stromabnehmer für Vor- und Rückwärtslauf des Ankers auszukommen, die in der von den Feldmagneten am Ankereisen erzeugten Neutralitätszone angelegt werden.

Beim Anlassen des Motors, beim plötzlichen Anhalten des Wagens oder gar bei Umkehr der Bewegung finden rasche Aenderungen der Stromstärke statt. Um dabei starken Funkenbildungen vorzubeugen, sind Widerstände nötig, durch welche der Strom allmählich gesteigert oder stufenweise vermindert werden kann. Diese Widerstände werden in einer feuersicheren Einhüllung meist ebenfalls unter dem Boden des Wagens oder an einer anderen geeigneten Stelle, etwa auf der Plattform, angebracht.

Einzelne Konstrukteure wollen von dem Gebrauch von Widerständen nichts wissen, z. B. Reckenzaun, Julien, Sprague, weil dadurch nutzlos elektrische Energie in Wärme umgewandelt wird. Reckenzaun, der sich durch zahlreiche wertvolle Arbeiten auf dem Gebiete der Strafsenbahnen mit Akkumulatorenbetrieb grosse Verdienste erworben hat, schaltet z. B. die Windungen der Feldmagnete derart hinter einander und parallel, dass die Gröfse des Kräftepaares der Anker stufenweise, dem wechselnden Bedürfnisse entsprechend, geändert wird. Er bedient sich zu diesem Zweck eines verhältnismässig einfachen Umschalters, der von beiden Plattformen an den Enden des Strafsenbahnwagens aus durch eine einfache Hebelvorrichtung in Thätigkeit gesetzt werden kann. Sprague, einer der hervorragendsten Pioniere auf dem Gebiete des elektrischen Strafsenbahnwesens, von dem unter anderen eine der besten Anlagen in Richmond in Amerika hergestellt ist, verwirft ebenfalls den Gebrauch von Widerständen und hat eine andere Einrichtung getroffen, welche gestattet, die Leistung des Motors ohne störende Funkenbildung zu ändern.

Die Feldmagnetwicklung besteht aus zwei Spulen S1 und S2, die zwischen der Zu- und Ableitung + L und - L des Stromes liegen, Fig. 1. Die Stromabnehmer B1 B2 des Ankers A können an verschiedenen Stellen dieser Windungen der Feldmagnete angelegt werden. Werden die Stromabnehmer B1 B2, die dem Anker den elektrischen Strom zuführen sollen, in der Mitte der beiden Windungen S1 und S2 angelegt, so fliefst nach dem bekannten Kirchhoff'schen Gesetz über Stromverzweigung zunächst gar kein Strom durch den Anker und dieser übt kein Drehungsmoment aus. Verschiebt man die Berührungsstelle der Bürste B1 nach der Seite des Stromaustrittes, die der Bürste B2 entsprechend nach + L hin, so

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bewegt sich der Motor vorwärts und sein Drehungsmoment nimmt um so mehr zu, je mehr die Verschiebung der Berührungsstellen in diesem Sinne erfolgt.

Verschiebt man aber von der Mitte aus die Berührungsstellen der Stromabnehmer B1 B2 mit den Elektromagnetwindungen S1 S2 in entgegengesetztem Sinne, so kehrt der Anker seine Drehungsrichtung Lum. Auf diese Weise ist es möglich, Geschwindigkeit und

deutscher Ingenieure.

Bewegungsrichtung des Ankers zu ändern, ohne dass eine starke Funkenbildung eintritt.

Die Motoren müssen gegen Schmutz und Nässe geschützt werden, da sie in ziemlicher Nähe der Strafsenoberfläche gelegen sind. Da aber, wie bereits erwähnt, nicht selten bedeutende Erwärmungen eintreten, schliefst man die elektrischen Maschinen nicht gern in vollkommen dichte Schutzkasten ein, um die Abführung der Wärme durch Lüftung nicht zu verhindern. Man zieht vielfach vor, die Leiterteile mit einer Schutzhülle zn überziehen; manche verwenden wasserdichte Gewebe zu diesem Zwecke. Sprague bedeckt die Oberfläche mit einem hitzebeständigen und für Feuchtigkeit undurchdringlichen Lacküberzug und reinigt den Motor von Zeit zu Zeit dadurch, dass er ihn mit einem kräftigen Wasserstrahl abspritzt.

Trotzdem noch vielfach Störungen des Betriebes durch Schäden der Motoren eintreten und die Kosten für Ausbesserung dieses wichtigen Teiles der elektrischen Eisenbahn einen erheblichen Posten in dem Haushalt der Verwaltungen ausmachen1), sind doch erst in neuester Zeit wieder tiefer greifende Verbesserungsvorschläge aufgetreten, während man sich mehrere Jahre hindurch damit begnügt hatte, die gegebenen bekannten Formen, wie sie zumal von Anfang an von der Firma Siemens & Halske zur Anwendung gebracht worden waren, hinsichtlich ihrer konstruktiven Einzelheiten weiter auszubilden.

Der zunächst hier abgebildete Elektromotor von Reckenzaun, Fig. 2, lässt diese Verwandtschaft mit den allgemein bekannten Formen noch deutlich erkennen. Durch eine Ver

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schiebung des rechts sichtbaren Hebels wird das eine oder das andere Bürstenpaar an den Stromsammler angelegt, je nach dem der Motor vor- oder rückwärts laufen soll.

Vorzugsweise des geschichtlichen Interesses wegen, um zu zeigen, wie auch in der kurzen Zeit, seit elektrische Bahnen bestehen, die Einzelheiten durchgebildet worden sind, ist in Fig. 3 ein Bild von dem Wagengestelle mit daransitzenden Elektromotoren gegeben, wie sie Sprague im Jahre 1887 zur Anwendung brachte, als ihm der Auftrag wurde, die grofse Strafsenbahn in Richmond (V. S.) für elektrischen Betrieb umFig. 3.

1) Thomas Lowry, der Vorsitzende der Versammlung der amerikanischen Street Railway Convention, die im Herbst des vorigen Jahres 1890 in Buffalo (V. S.) stattfand, behauptet in seiner Eröffnungsrede, dass der Aufwand für Brennmaterial unter dem Kessel der Dampfmaschine für jeden Wagen und Tag 1 $ und der für Reparaturen aller Art 1,5 $ betragen habe,

1.

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2. Januar 1892.

zuarbeiten und 40 Wagen mit Elektromotoren auszustatten. Besonders auffällig erscheint in Fig. 3 die geringe Gröfse der Elektromotoren, deren jeder 8,5 PS zu leisten vermochte. Die gröfste Geschwindigkeit betrug damals 16 km i. d. Std. Die beiden Motoren waren hinter einander geschaltet; durch einen Hebel auf der Plattform wurde ihre Thätigkeit geregelt.

Neuerdings verwendet die Sprague Co. wesentlich widerstandsfähigere Motoren, und zwar hat jedes Wagengestell deren 2 zu je 15 PS. Sie sind einerseits mit dem Joch des Elektromagnetes drehbar an den Radachsen, anderseits federnd an je einem Querbalken befestigt, der sich nahe der Mitte des Wagengestelles befindet. Um diese letztere Unterstützung zu ermöglichen, sind die beiden Polschuhe durch eine Rotgussplatte mit einander verbunden, die einen ringartigen Ansatz trägt, an welchen sich kräftige Federn von oben und unten anlegen. Die Ankerachse greift durch einen Trieb in ein Zahnrad ein, welches, um einen ruhigen Gang zu sichern, mit Hartgummizähnen versehen ist. Die Bürsten, die auf dem Kollektor der Maschine schleifen, wirken für Vor- und Rückwärtsbewegung des Ankers, ohne zu starken Funkenbildungen Anlass zu geben. Neuerdings werden auch von Sprague fast ausschliesslich Kohlenplatten verwendet. Alle Teile der Motoren und des Gestelles können in kürzester Zeit ausgewechselt werden. Auf das Wagengestell kann jeder beliebige Wagenkasten aufgesetzt werden, ohne wesentliche Veränderungen an dem Wagenkasten vornehmen zu müssen. Neuerdings sind die Motoren und die Getriebe von Hüllen aus wasserdichtem Stoff umgeben, um Feuchtigkeit und Staub abzuhalten. In Fig. 4 und 5 sind diese Hüllen nicht mit angegeben, um alle Teile der Maschine sichtbar zu machen.

Fig. 4.

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gröfsten Strafsenbahnwagen für die Beförderung von 60 Personen bei voller Belastung mit einer Geschwindigkeit von 45 km in der Stunde zu bewegen und Steigungen von 71⁄2 pCt zu überwinden. Im Jahre 1890 befand sich auch in Deutschland, und zwar in Bremen gelegentlich der Kunst- und Gewerbeausstellung, eine von der Thomson-Houston Co. gebaute elektrische Strafsenbahn in Betrieb.

Sehr günstig urteilt man ferner in amerikanischen Fachkreisen über den Elektromotor von Westinghouse, welcher sich dadurch auszeichnet, dass er bewegliche Polstücke hat und dass alle seine Teile leicht zugänglich sind. Fig. 7 giebt ein allgemeines Bild der elektrischen Maschine. Das Ganze

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Unter denjenigen Gesellschaften, welche sich in Amerika mit besonderem Erfolge mit der Errichtung elektrischer Bahnen beschäftigt haben, steht die Thomson-Houston Co. unmittelbar neben der Sprague Co.; ihre Anordnung des Elektromotors, des Getriebes und der Verbindung beider mit dem Wagengestelle, Fig. 6, verdient daher besondere Aufmerksamkeit. Das nicht unbeträchtliche Gewicht des Motors ist, wie bei den meisten guten neueren Konstruktionen, an der Triebachse aufgehängt, um eine möglichst starke Adhäsion der Triebräder an den Schienen zu erzielen. Damit die Stösse, welchen das Wagengestell ausgesetzt ist, nur gemildert auf den Motor übertragen werden, ist der Motor mittels Federn aufgehängt. Das Getriebe ist durch Zahnräder gebildet. Alle Lager sind mit selbstthätiger Schmierung und mit Schutzvorrichtungen gegen das Eindringen von Schmutz versehen. Die aus Kohlenplatten bestehenden Stromabnehmer stehen fest, und werden nicht verstellt, wenn der Motor rückwärts laufen soll.

wird von einem nahezu quadratischen gusseisernen Rahmen AA getragen, der gleichzeitig die Lager für die Motorachse und für die Achsen des Triebwerkes trägt. Die Polschuhe NS, zwischen welchen der Anker sich bewegt, sind nur wenig gekrümmt, sodass die Spulen WW darüber hinweg geschoben werden können. Die Feldmagnete können, wenn die aus nichtmagnetischem Metall hergestellten Verschraubungen der Rotgussstücke C gelöst worden sind, um die Achsen B1 und Ba gedreht werden, sodass alsdann der Anker frei zugänglich ist, während man andererseits die magnetisirenden Spulen WW der Feldmagnete ohne Schwierigkeit von den Eisenkernen abziehen kann. Die Rotgussstücke C sind notwendig, damit die magnetischen Kraftlinien an ihnen einen erheblichen Widerstand finden und sich in der Hauptsache durch das Eisen des Maschinenankers schliefsen. Fig. 8 zeigt den Motor in geöffnetem Zustande, nachdem die oberen und unteren Feldmagnete zurückgedreht worden sind. Der Anker hat die v. Hefner-Alteneck'sche Trommelwicklung. Die Gesamteinrichtung des Motors entspricht somit den Anordnungen, wie sie in Europa als H-Maschinen von Siemens & Halske und bei den neueren Gramme-Maschinen längst bekannt und früher bereits von uns in dieser Z. 1888 S. 395 beschrieben worden sind. Die Feldmagnetwindungen bestehen, wie man aus den Abbildungen leicht erkennen kann, aus mehreren Spulengruppen von ungleicher Gröfse; durch Benutzung der einzelnen Spulenpaare allein, in Parallel- oder Hintereinanderschal

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2. Januar 1892.

herumgehen, ohne die Windungen des Ankers zu schneiden. Man erreicht auf diesem Wege den grofsen Vorteil, dass die Ankeroberfläche ganz glatt abgedreht werden kann, wodurch es möglich wird, den Luftzwischenraum zwischen Ankereisen und Schenkeleisen auf ein äusserst geringes Mafs herabzubringen. Ausserdem sind die Ankerdrähte vollkommen fest eingelagert und können nicht beschädigt werden, wenn man den Anker herausnimmt. Die Träger, durch welche das Ankerlager gestützt wird, s. Fig. 12 und 13, sind seitlich an die Feldmagnete angeschraubt und können leicht entfernt werden; wenn man sie abgenommen hat, kann der Anker nach der Richtung seiner Achse hin verschoben und herausgezogen und dann die Spulen der Feldmagnete von ihren Kernen abgestreift werden. Also auch dieser Motor ist leicht zugäng

Fig. 12.

lich für Ausbesserungen usw., ohne dass es deshalb nötig ist, ihn vom Wagen loszuschrauben. Auf dem Stromsammler C schleifen nur zwei Bürsten B1 Bg, die an Stellen angreifen, welche um 90° von einander abstehen. Der Anker macht nur 400 Min.-Umdr., weshalb man mit nur einer Zwischenachse auskommen kann. Die Bewegung des Motors wird auf die Achse der Triebräder durch eine besondere hydraulische Kupplung übertragen, auf die wir an anderer Stelle zurückkommen. Da der Motor etwas gröfsere Abmessungen besitzt als sonst für Strafsenbahnen gebräuchlich, so stellt Wenström die Maschine auf den Boden eines verhältnismässig kurzen Wagens, der alsdann als Lokomotive für eine Anzahl gewöhnlicher Strafsenbahnwagen dient. Fig. 14 zeigt eine solche Lokomotive.

Noch einen Schritt weiter ist Baxter in Baltimore gegangen; er verwendet eine achtpolige Maschine mit 4 Feldmagnetwindungen. Bei dieser Einrichtung greifen zwei am Ende der Motorachse befindliche kleine Zahnräder in zwei andere grössere ein, welche unmittelbar mit den Triebrädern des Wagens fest verbunden sind. Durch eine geschickte seitliche Anordnung der Feldmagnete beträgt die gesamte Höhe des Motors nur 48 cm, der äufsere Durchmesser des Ankers 46 cm, sodass die elektrische Maschine, wie Fig. 15, Fig. 15.

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Fig. 13.

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Fig. 14.

Grund- und Aufriss des Wagengestelles, erkennen lässt, noch unter dem Wagen Platz gefunden hat. Die beiden Stromabnehmer (Bürsten) stehen ähnlich, wie dies früher schon Gülcher bei seiner mehrpoligen Maschine gethan hat, nur um 45o von einander ab; die Stromabnehmer liegen beide oben und sind durch eine im Boden des Wagenkastens angebrachte Thür jeder Zeit leicht zugänglich. Der Anker bewegt sich mit nur 294 Min.-Umdr.; die Zahnräder auf der Ankerachse haben 11,4 cm, die auf der Wagenachse 46 cm Dmr.; die Räder selbst sind 76 cm grofs. Der Anker und ebenso der Stromsammler hat 136 Abteilungen, und jede Ankerabteilung enthält 12 Windungen. Der gesamte Ankerwiderstand beträgt 1,3 Ohm, der Gesamtwiderstand der hinter einander geschalteten Spulen der Feldmagnete 1,4 Ohm. Aus dem Bedürfnis, für elektrische Bahnen Motoren mit verhätnismässig geringer Umdrehungszahl verwenden zu können, sind auch noch einige andere neuere Konstruktionen hervorgegangen, die geradezu als langsamgehende (slow speed) Motoren bezeichnet werden. Die eine, Fig. 16, rührt von der Thomson-Houston Co. her und ähnelt in der Anordnung der Feldmagnete der bereits früher von uns in dieser Zeitschrift 1888 S. 415 beschriebenen Lahmeyer-Maschine. Der Rahmen, welcher den Motor und das Lager des Getriebes trägt, dient gleichzeitg dazu, die Kraftlinien, welche durch die Windungen der Feldmagnete erzeugt werden, zu schliefsen. Der Anker ist ein Gramme-Ring und so eingerichtet, dass eine Windung, falls beschädigt, leicht ersetzt werden kann, ohne dass man deshalb genötigt ist, den Anker ganz abzuwickeln. Die Stromabnehmer stehen sich wagerecht genau gegenüber. Auf der Ankerwelle befindet sich ein stählernes Triebrad mit

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