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Als indessen endlich die erwünschen Tage der Muße für die Entwerfung der neuer Arbeit kamen, zeigten sich größere Schwierigkeiten, als vorhergesehn waren, vorzüglich bei der älteren Geschichte Englands. Die Mangelhaftigkeit der früheren Bearbeitungen derfelben war in England nicht verkannt, und das Bedürfniß gründlicher Behandlung schon durch Gibbon, der in seinem großen Werke demselben selbst nur gele= gentlich abhelfen konnte, angeregt; den meisten neuern fleissigen Arbeitern geht Kritik und allgemeine Geschichtskunde ab. Dem Deutschen musste es unschwer fallen, auf den Bahnen, welche verehrte Landsmänner und Lehrer eröffnet hatten, neue Blicke für die Geschichte Altenglands zu gewinnen, bei dener der Geschichtsfreund sich nur zu gern zu begnügen und reich zu dün= ken pflegt. Zur Begründung solcher Ansichten, auch wo sie sich ganz richtig erwiesen, fehlte es aber an allen Grundlagen und Vorarbeiten. Sogar die Herbeischaffung der wichtigsten Quellenschriftsteller nahm viele Zeit und Geduld in Anspruch, welche lieber der Arbeit selbst hätten nüşen sollen. Eine erfreuliche Erscheinung und fördernde Anregung wurden mir während der Ausarbeitung des gegenwärtigen ersten Bandes die Werke des Sir Francis Palgrave, welche durch neue

Ansichten, Velseitigkeit und großen Reichthum des be= nußten Materids bald belehrten, bald zur Prüfung und besseren Bezründung der eigenen Ansichten auffo= derten. Nicht mnder förderlich wurde meiner Arbeit eine während derselben zufällig entstandene Correspon= denz mit dem Schriftführer der Parlaments commission für die Erhaltung und Herausgabe der Geschichts- und Rechts - Denkmiler Großbritanniens, Herrn Charles Purton Cooper, welche mich theils mit einigen neuen Quellen bekannt machte, theils mir Gelegenheit darbot viele literårische und historische Notizen, welche sonst als gelehrter Ballast in meinem Werke einen Plat håtten finden missen, zweckmäßiger den Arbeiten jener Commission zuzuwenden.

Wenn nun aber mein Schifflein dennoch nicht so leicht gesegelt ist, als der ursprüngliche Plan dieser Sammlung es zu verlangen scheint, und ich für die angelsächsischen Zeiten einen so sehr bedeutenden Raumin Anspruch genommen habe: so berücksichtige man sowohl die, Nothwendigkeit neuer Begründung und Zurückführung der Nachrichten auf die bisher so häufig verkann= ten legten Quellen, welche in folgenden Jahrhunderten bei den vorhandenen bessern Vorarbeiten seltener erfo= derlich sein werden, als auch das besondere, bisher

noch nie verfolgte Intereffe, welches die Geschichte des unvermischten deutschen Stammes in Britannien vor seiner Romanisirung durch die Normannen bei den Deutschen in Anspruch nehmen darf. In Allem was zur Grundlegung einer Geschichte der Angelsachsen dienen konnte und sich historisch erweisen ließ, glaubte ich da her nicht geizen zu dürfen; manches Andere über angelsächsische Mythen, die Altbriten und das nördliche England betreffende Geschichtssagen wird velleicht bald an andern passenden Orten mitgetheilt werden. Die von mir mit Nachweisungen ausgearbeiteta genealogischen Tabellen der angelsächsischen Königshcuser sind diesem Bande beigefügt. Mit wenigen Ausnahmen, in welchen ich eine Hypothese als solche zu fernerer Untersuchung glaubte aufstellen zu dürfen, wird man das Bestreben erkennen, auf den festesten Grund zu bauen; möchten mit der Ausführung Andere zufriedener sein, als der Verfasser selbst es sein darf.

Das Bestreben die lehten Quellen der altenglischen Geschichte, so weit sie für uns vorhanden sind, zu erkennen und anzudeuten, hätte jedoch höchst mangelhaft bleiben müssen, wenn nicht die zuvorkommende Güte der gelehrten Vorsteher der Büchersammlungen zu Göttingen, Hannover, Kiel und Wolfenbüttel, dem Verfas=

ser die zu dergleichen Untersuchungen erfoderliche långere und ungestörte Benutzung vieler seltener Werke und Handschrifter gestattet hätte. Indem ich diesen würdigen Månnem für das mir erwiesene Vertrauen und Wohlwollen meine aufrichtigste Dankbarkeit hier zu bezeugen mich verpflichtet fühle, muß ich zu dem= selben Zwecke wiederum meines geehrten Freundes Cooper gedenken, deffen einflußreicher Verwendung ich nicht allein viele wertvolle, für die normannische und spätere Perioden der Geschichte Englands wichtige Werke verbanke, sondern auch die vor Abschluß dieses ersten Bandes zeitig erfolgte Mittheilung mehrerer für die angelsächsische Geschichte bedeutender, von der Recordcommission ́veranstalteter Quellensammlungen, welche er dem persönlich unbekannten Ausländer vor deren bis jeht noch nicht erfolgter öffentlichen Bekanntmachung zu eigenem Gebrauche gestattete. Möchte das was hier gegeben werden kann, so seltenen und ehrenvollen Zutrauens nicht ganz unwerth erscheinen!

Hamburg, den 16. September 1833.

J. M. L.

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