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das Hundred vertrat, geleistet wurde, und die Verwandten des Verbrechers das Wergeld, von denen die Verwandten des Erschlagenen nur einen Theil erhielten, ihm zu entrichten hatten. Doch auch dieses Verhältniß genügte nicht für die große Zahl der Freien, welche sich erhalten hatte und keiner der gedachten Verbindungen angehörte. Während im fränkischen Reiche eine Verpflichtung der Schuhhörigkeit eingeführt werden konnte, wurde in dem freiern England, mit Ausschliessung der höher berechtigten Freien, welche durch ihren Rang und den damit verknüpften Besit selbstgenügende Bürgschaft darboten, ein, wie es scheint, alte, ursprünglich kriegerische Abtheilung ange wandt. Je zehn Freie bildeten eine Teothung'), von denen einer das Haupt (tien heofod) derselben hieß, dem contubernium und dessen caput der spätern römischen Kriegstunji entsprechend 2), deren kriegerischer Ursprung unter der später Umgestaltung als Wache (ward and watch) auf der Lands straße noch lange erkenntlich blieb, bis zuleht selbst der Anfüh rer der Mannschaft der Hundrede, der comes stabuli, nut noch als ein untergeordneter Polizeibeamter (constable) diente 3). Sehr wahrscheinlich war schon diese Zehntschaft in åltester Zeit für das Wergeld ihrer Genossen verpflichtet und zu demselben berechtigt, da wir auch in altgermanischen Ges sehen sehr strenge Vorschriften über die Entrichtung von Wergeldern und Bußen von neun Genossen des Mörders, des Einbrechers in ein Haus, des Entführers eines Frauenzimmers finden *). War die Zehntschaft vorhanden, so muß diese ein sehr

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1) So und nicht teothing schrieben die Ungelsachsen; tything ert die spätere Zeit, wodurch schon der in allem Geschichtlichen unzuverläss fige Verfasser der leges Eadwardi Confessoris in den Irrthum geführt sein mag im c. 32., der Zehntschaft den Begriff eines Dinges oder Gerichtes unterzulegen. Durch ihn ist auch die irrige Ansicht auf uns gelangt, daß ein Teothung aus zehn Friborgen und diese aus zehn Freien, jene also aus hundert Freien bestanden habe.

2) Savigny rdm. Recht im Mittelalter I, 236.

3) Palgrave a. a. D. 200. bemerkt, daß tything und ward in ålteren Rechte gleichbedeutend find.

4) Auf lex salica tit. 14, 44 et 45. hat Rogge a. a. D. G. 61 in dieser Beziehung zuerst aufmerksam gemacht. Bgl. auch lex Ripes. 64. Lex Anglior. tit. X, 9. Doch ist nicht zu übersehn, daß in all

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enges Band unter ihren Mitgliedern geschlossen haben, und Niemand war mehr bei dem Erfolge und zur Unterstügung eines Lebensgefährlichen Unternehmens oder zur Verhinderung | desselben aufgefodert als die neun übrigen Mitglieder derselben, und das Gesetz durfte daher diese stets als Mitschuldige muthmaßen. Die ältern Gesehe der Angelsachsen sprechen 1 nicht von Teothungen, doch wohl von Gildegenossen (gegyldan), welche bei Leuten, die keine Speermagen besaßen, gleich den Spillmagen für ein Drittel, und wenn auch Lettere fehlten, in die Rechte sämmtlicher Verwandten tretend, für die Hälfte des Wergeldes hafteten 1). Wahrscheinlich waren jene 1 die Genossen derselben Friedensgilden, welche zu Üthelstans 1 Zeiten zu London 2) und vermuthlich in andern großen Stádten vorhanden waren. Doch können nicht alle Freie in GilI den gewesen sein, welche solche Verpflichtungen übernahmen, die nur denen aufgebürdet werden konnten, welche, wie etwa | städtische Gilden, eigne Zwangsmittel gegen ihre Mitglieder bez i i faßen. Seit der Regierung des Königs Üthelstan finden wir daher vielfache Verfügungen, um jeden nicht erimirten Freien anzuhalten eine Bürgschaft zu stellen 3), welche in der füdlichen Hålfte von England *) in den Teothungs, in dieser Bezichung Freoborhs), Verbürgung der Freien, von den Normannen

diesen Fållen nicht von einer Bürgschaft, sondern von einer Mitschuld die Rede ist. Die Ausdrücke: collecto contubernio, collecta manu scheinen nicht auf eine bestehende Verbindung zu deuten. Lex salica tit. 16. c. 1. et 3. beschränkt die Strafe beim Einbruche in ein Haus ausdrücklich auf die, welche überführt waren in dem contubernium des Hauptfreolers gewesen zu sein, und hat ebenso wenig wie die Gesche der Ripuarier und Anglier. die in den übrigen Fållen allerdings sehr auffallende Beschränkung der nach verschiedenem Maasstabe zu Bestras fenden auf die Zahl Zehn.

1) Leg. Aelfredi 26. 27.

2) Judicia civit. London.

8) Leg. Eadgar. I. B. 6.

4) Palgrave a. a. D. 196 u. 202.

5) Homines decimales oder decimarum, in Aethelstani constitutio de hundredis. Teothung in Judic. Lond. und leg. Canuti II, 20. zuerst genannt. Der angelsächsische Ausdruck freoborh kömmt jedoch in keiner vornormannischen Echrift vor, was von denen zu beachten ist,

francpledge genannt, gefunden wurde. In Northumbrien, einigen Theilen von Mercien, in Shropshire fehlte diese Ein richtung, oder wurde vielmehr, da die Freoborh zu York tienmanna tale geheissen haben soll, daselbst früh verdrängt. Dieje Bürgschaft, welche die Neuern collective francpledge, Gr fammt (richtiger würde sein, gegenseitige) Bürgschaft nennen, beschränkte sich auf die Stellung des Verbrechers vor Gericht wenn dieser entflohen war 1). Waren die Rechtsgenossen nach: låssig in Aufsuchung des Verbrechers oder lieffen sie ihn gar entfliehen, so verfielen sie in gewisse Strafen und bei Diedstählen in die des Ersaßes 2). Dieser Ersatz war bei gestohl nem Vieh so bedeutend, daß er, wie in neuern Zeiten dit Brandgilden, die Eigenthümer zur Nachlässigkeit, wenn niht zu gröbern Misbräuchen veranlasste. Die Haft der Teotgung wurde sogar auf die ganze Dorfgemeinde ausgedehnt und selbst auf die Fälle bezogen, wo der Tháter unbekannt war und es ungewiß schien, ob derselbe ein Rechtsgenosse war. Die Ge meinde welche den Mörder eines innerhalb ihrer Grenzen ges fundnen Todten nicht in einem Monate ausfindig machte, musste das Wergeld an den Berechtigten und eine Buse an den König entrichten. Doch kennen wir diese größere Strenge der Freoborh, wie selbst diesen Namen, erst in der normanni: schen Epoche, und es erscheint höchst wahrscheinlich, daß die Friedgilden und Teothungen der Angelsachsen von den Normannen benut find, um zugleich die Verbindungen der Ber wandtschaft unter den Besiegten zu schwächen und strenge Po lizei zu üben. Hieraus möchte sich auch wohl erklären, wes halb nur die von den Normannen zuerst vollständig unterjoc ten Provinzen die Freoborh am vollständigsten angenommen hatten.

welche die Freoborh für den Schlußstein der angelsächsischen Berfassung haben erklären wollen.

1) Leg. Aethelred. I, 1.

2) Leg. Eadgar. 1. 1. Canuti II, 19, und die Hauptstelle über

bie freoborh Eadward. Conf. c. 20.

1

Privat- und strafrechtliche Sahungen. 2

Unsere Kenntniß des angelsächsischen Rechtes ist beschränkter, als im Verhältniß zu unserer Kenntniß ihrer Geschichte zu erwarten stünde. Es ist bei ihnen nicht, wie bei andern germanischen Stämmen geschah, zur Sicherung ihrer Rechte eine Aufzeichnung des Wesentlichsten veranstaltet, sondern die uns erhaltenen Geseze bezwecken gewöhnlich nur die Anordnung neuer Einrichtungen oder die Feststellung ungewisser Rechts= grundsäge, welche häufig erst durch die Verbindung mit den Dånen erfoderlich geworden ist. Erst unter den Normannen und den durch jene eindringenden fremden Rechtsansichten wurden ausführliche Darstellungen des angelsächsischen Rechtes veranlasst, welche jedoch schon des Neuern, Misverstandenen und Fremdartigen Manches mit aufgenommen haben. Bei aller daraus entstehenden Mangelhaftigkeit unserer Kunde des angelsächsischen Rechtes, welche durch den Verlust aller mercischen sowie der meisten northumbrischen Geseßrollen noch empfindlicher wird, find wir hinlänglich im Stande die Übereinstimmung desselben mit dem anderer germanischen Völker zu erkennen und dürfen es, besonders bei dem Umstande, daß die Aufzeichnungen der Gefeße sowohl als Rechtsbelehrungen und Formulare in angelsächsischer Sprache sich größtentheils erhalten haben, als eine der wichtigsten germanischen Rechtsquellen betrachten. Ein besonderes Interesse für die englische Geschichte gewährt die des angelsächsischen Rechtes dadurch, daß im lehteren auf die glaubwürdigste Weise die Grundlage der spåtern Verhåltnisse der Normannen und Angelsachsen sich zu erkennen gibt. Einige Bemerkungen, welche die wesentlichste Übereinstimmung erläutern und einzelne Eigenthümlichkeiten hervorheben, wenn deren, als dem Historischen sowie dem Staatsrechtlichen näher angehörig, nicht bereits an andern Stellen dieses Buches Erwähnung geschah, sind hier zu verzeichnen, wenngleich eine systematische Übersicht des angelsächsischen Rechts um so mehr ausser dem Plane dieser Darstellung liegen dürfte, da die angelsächsische Rechtsgeschichte den Deutschen durch wackerer Landsleute Bemühungen 1) vertrauter und zugänglicher gewor=

1) Bu Philipps Werken über das angelsächsische und das englis

den ist, als den Engländern selbst bis jetzt noch beschi den wurde.

Der Freie stand im Staate zunächst als Mitglied eines Geschlechtes da, dessen Angehörige zu gegenseitiger Hülfe bei entstandenen Angriffen verpflichtet waren. Diese Verpflichtung bezog sich jedoch nur auf unrechtmäßige Angriffe und wurde durch die Geseze, welche die häufigen Fehden zu verminder bezweckten, mehr und mehr beschränkt und den Gerichten (den Witan) zugleich ein Verfahren bestimmt, wodurch der Todtschläger durch seine Vorsprecher Frieden und die verlegte Magen schaft das schuldige Wergeld erlangen follten '). Die Ver wandten des Erschlagnen erhielten für denselben das ganze den Mitgliedern seines Standes bestimmte Wergeld, waer, wer, leod, Beides ursprünglich den Mann, vir, sodann die geseglice Strafe für dessen Ermordung bedeutend. Dagegen lag es den Verwandten des Todtschlägers ob, denselben vor Gericht zu stellen, damit er sein Wergeld entrichte; entfloh dieser, so be zahlten seine Verwandten die Hälfte des Wergeldes; die Verbannung und der Verlust des werhaften Familiengliedes wurde der andern Hälfte des Wergeldes gleich gerechnet 2); ein Berhältniß welches, im Falle keine Verwandten von der Speers seite vorhanden waren, sondern nur Gildegenoffen und Spillmagen, numerisch, doch nicht dem Grundsage nach fich án: derte 3). Entfloh der Todtschläger nicht, so stand es der Mas genschaft nach spätern Gefeßen frei, zur Entrichtung jenes Ber geldes ihm Aufschub zu geben, oder auch sich von diesem Manne ganz und gar loszusagen. Nur in Fällen von Ber giftungen und ehrlosen, heimlichen Morten (mord-daeth))

sche Recht unter den Normannen ist auch icht dessen deutsche Geschichte mit besonderer Beziehung auf Religion, Recht und Staatsverfassung, Berlin 1882, hinzuzufügen. Schmids Ubhandlungen im Hermes Bd. 31 u. 32. sowie feine Ausgabe der angelsächsischen Gesege und Grimms Rechtsalterthümer ergången jene håufig.

1) Leg. Eadmund. II, 1 u. 7.

2) Leg. Aethelberti 23.

3) Leg. Aelfred. 27. Eadmund. II, 1.

welche Grimm (Rechtsalterthümer 625) unter andern auch in der lex 4) Diese dem Meuchelmord entsprechende Bedeutung des Mordes,

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