Kraft der innern Stimme der Menschenbrust, unter und mit welcher sie sich harmonisch ausbilden sollen, abtrůnnig, nur der Sinnlichkeit, allen Gebrechen der menschlichen Natur und der damaligen Verirrung des bürgerlichen Verbandes dienten. Róz mische Sitte, Kleidung, Ausschweifung fanden mit den Tem-: peln, der Sprache und dem Rechte der Weltstadt bei den Barbaren Eingang, und jeder günstige und jeder nachtheilige Einfluß des Sieges vereinten sich, um die Nationalität der mit ihnen verschmelzenden Besiegten, der einzelnen bald verschollenen Ståmme sowie des ganzen Volkes, zu zerstören. Agricola hatte den Umfang der britannischen Provinz bis in das Innere Schottlands hinein erweitert; doch seine Kämpfe und die späteren Siege der Caledonier gehören, wenngleich nicht ohne Einfluß auf Britannien, welches hier nur als die Heerstraße zu dem bewegtesten Tummelplaze nordischer und römischer Tapferkeit erscheint, vielmehr der Geschichte Schottlands an. Von diesem Lande war auch die Bewegung ausgegangen, welche zu den Zeiten des Kaisers Hadrian den Freiheitssinn der Britannier zu neuem Leben und einer anscheinend gegründeten Hoffnung erweckte, das römische Joch ganz abwerfen zu können 1). Wenngleich indessen die römischen Heere in der ålteren Provinz sich behaupteten, so hielt der Kaiser es doch für rathsam, die von Agricola in Schottland gezogene und bes festigte Grenzlinie aufzugeben und zwischen dem Tyne und Solway Frith einen mit einem Graben versehenen Wall, den noch jezt sechs Fuß hohen Pictenwall, aufzuwerfen, welcher die 120. eigentliche Provinz schüßen konnte 2). Der Einfall der Måa1) Spartiani Hadrian. c. 5. Britanni teneri sub romana ditione non poterant. Fronto de bello parthico §. 4. Ha c. 17. driano imperium obtinente, quantum militum a Britannis caesum! 2) Spartiani Hadrian. c. 11. Mannert will aus dem Ausdrucke murus auf eine Mauer folgern; doch ausser andern Gründen lassen die Worre des Capitolin. Antonin. Pius c. 5. alio muro cespititio auf einen frühern Erdwall des Hadrian schlieffen. Herodian III. 14. kennt nur Wålle, zopata, vor Severus. ten (im südlichen Schottland) blieb nicht ohne Unterstüßung und Anschliessung mancher Briganten und vermuthlich anderer Briten, da fie bis zu den Ordoviken vordrangen; doch wurden fie von dem Propråtor Lollius Urbicus zurückgedrängt, welcher den von seinem Herrn, dem Kaiser Antoninus dem Frommen, benannten Erdwall zwischen Caerriden am Forth und Alchuid an der Clyde aufwarf '). Von einem Kriege in Britannien unter der Regierung des Kaiser Antoninus des Philosophen 161wissen wir nur den Namen des römischen Feldherrn Calpur 180 nius Ugricola. Der Kaiser sann in der Ruhe seines Palastes Lehren verborgener Weisheit nach und ließ es sich gefallen, wenn sein Name dem nördlichsten Denkmale römischer Herrschaft ertheilt wurde und der Redner ihn und das Volk mit dem Wahne täuschte, daß er im behaglichen Genusse des Wissens und Erlernens das Ruder des ungeheuern Staatsschiffes und auch diese ferne Kriegesführung leite 2). Unter dem Kaifer Commodus wurde die Grenzbefestigung von den Briten 190– durchbrochen, und schwer ward es dem Ulpius Marcellus fie 197 zurückzudrången. Die Macht und das Ansehn, welche dessent Nachfolger Clodius Albinus verleiten konnte mit dem Severus um den Besitz des Kaisermantels zu kämpfen, zeugt von den Fortschritten, welche die Cultur und Wohlhabenheit seiner Provinz gemacht hatte, sowie die von Severus unternommene Theilung der Verwaltung Britanniens in zwei Hälften 3) dieselbe Wahrnehmung bestätigt. Db nach dem Kriege gegen die Caledonier, welcher spåter des Kaisers eigene Gegenwart erfoderte (bis zu seinem im Jahre 211 zu Vork erfolgten Tode) “); 1) Diese Angabe ist die fast allgemein angenommene; der Graz hams Dyke scheint die Spuren dieses Walles noch zu bewahren, sowie daselbst gefundene Inschriften auf Antoninus hinzuweisen. Jedoch Pausanias I. VIII. c. 43. §.3., womit die eben angeführte Stelle des Ca= pitolinus sich sehr wohl vereint, bleibt bei jener Unnahme unerklärt, verträgt sich aber sehr wohl mit der Ansicht, daß Antoninus Wall neben dem des Hadrianus, den die Britten zerstörten, errichtet sei. 2) Capitolini Antonin. Philosoph. c. 8. Fronto, angeführt von Eumenius in dessen Panegyricus auf Constantius. Cap. 14. 3) Herodian. 1. III. c. 8. §. 4. 4) Galfrid. Monmouth. 1. V. c. 2. gibt dem Sohne des Se er den Wall des Hadrian oder den des Antonin vergrößerte und durch eine Mauer verstärkte '), ist eine nicht werthlose Frage der Alterthumsforscher; doch bleibt in jedem Falle der Entscheidung es fest begründet, daß das südliche Schottland stets ein unsicherer Besitz der Römer und in den Händen un zuverlässiger Bundesgenossen war und demnach nur in dem heutigen England ein irgend bedeutender Einfluß Roms stattgefunden haben kann. Die Ruhe, welche Britannien mit Ausnahme der nördli chen Grenzlande genoß, begann in diesem Jahrhunderte durch eine Erscheinung gestört zu werden, welche in dieser Art und in ihren wichtigen Folgen in der Weltgeschichte neu, für jenes Land von unabsehbarem Einflusse war. Das Element, welches dem feindseligen, wüsten Umherschweifen der Wilden ein heilsames Ziel steckt, der Cultur und vielseitigem Verkehr zur fichersten Verbindung und freier Heerstraße bestimmt ist, war im nördlichen Europa in einem Zustande, welcher weder der Trennung noch der Verbindung diente und bei dessen Anblicke das mals schwerlich ein Übergang aus jener zu dieser geahnet werden konnte. Es begann damals mit Schaaren jener wage kühnen Seeräuber angefüllt zu werden, denen es noch viele Jahrhunderte das wahre Vaterland gewesen ist, welche allen Gefahren der offenen See und der Stürme sich preisgebend, bei jedem Treffen in kleinen gebrechlichen Fahrzeugen den Muth des Zweikampfes mit gleichen Waffen bewährten und wenngleich in der Menschenverachtung des Heidenthumes und verderblichster Verhöhnung der Gerechtigkeit, die auf dem Eigen verus, Bassianus, auch mit dem britisch lautenden Namen Caracalla genannt, eine britische Mutter. 1) Die leştere Unsicht ist von Mannert aufgestellt und durch seine obengedachte Erklärung des murus Hadriani bedingt. Würde auch Dio von der Mauer des Severus, wenn sie in Schottland lag, ohne an die des Hadrian zu denken, gesagt haben, daß sie die Insel in zwei Theile fondere? L. 76. c. 12. Auch hätte er l. I. c. 15. von den neuen Feinds feligkeiten der Måaten und Caledonier anders sprechen müssen, beide Völker durch die Mauer in völlig verschiedene Verhältnisse zu den Römern wåren gesegt worden. Vgl. auch Smith zum Beda. Appen dix Nr. 5. wenn thume beruht, befangen, einen durch viele Geschlechter fortgepflanzten Muth, eine Abhärtung und Kampfgeschicklichkeit an den Tag legten, welche, wichtigeren Zwecken zugewandt, Spartas und Altroms glänzenden Ruhm in der Geschichte würden erneuert haben. Die Hauptstämme dieser Seekrieger sind für Europa im Mittelalter von großer Wichtigkeit geworden, keinem Lande aber mehr als demjenigen, in welchem aus der Verschmelzung der Sachsen und Normannen ein Volk sich bildete, welches mehr als irgend ein anderes zugleich seine geistigen Eigenthümlichkeiten und seine bürgerliche Freiheit bewahrend, sie mit den Blüthen alle» Bildung der Vor- und Mitwelt zu vereinen wusste und daher glanzvolle Jahre des Vorranges vor den übrigen Völkern der Erde hat froh und stolz durchleben dürfen. Der Name der Sachsen ist in den für uns vorhandenen Geschichtsquellen nicht vor dem Ende des zweiten Jahrhunderts nach Chr. G. erwähnt, wo sie als Inhaber der Inseln an der Mündung der Elbe und vermuthlich der gegenüberliegenden Länder Holstein und Hadeln bezeichnet werden '). In dem folgenden Jahrhunderte wurden sie durch ihre Seeräubereien dem römischen Reiche so lästig, daß zur Befehdung derselben und zum Schuße des Wohlstandes der römischen Nordseeküsten von den Kaisern Diocletian und Maximinian in der Person des Menapiers Carausius 2) ein Befehlshaber ernannt wurde, dessen Nachfolger den Titel eines Comes litoris saxonici führten 3). ctor. 1) Ptolemaeus Geogr. 1. II. c. 2. Menapiae civis. Aurel. ViGenere infimus. Oros. Vilissimo natus. Eutrop. Ricardus Corineus de situ Britann. 1. I. c. 8. §. 14. sucht seinen Geburtsort in einer der beiden britischen Städte Menapia, was durch die Ungabe, daß er in Britannien erzogen sei, nicht widerlegt wird. Galfrid. Monmouth. 1. V. c. 3. juvenis in Britannia ex infima gente creatus. 3) Dieser Titel findet sich nicht früher als in der Notitia dignitatum imperii, welche nach den Zeiten des Arcadius und Honorius aufgesezt ist. Die früheren Schriftsteller nennen ihn Comes maritimi tractus; ein Umstand, der nicht übersehen werden darf, da das litus saxonicum für die Geschichte der Sachsen wichtig ist. Von Caraufius fagt Eutrop. 1. IX. c. 18. apud Bononiam per tractum Belgicae So bedeutend war aber diese Stellung durch die Gefährlichkeit des Gegners, daß Carausius, die durch den gallischen Bundschuh (Bagauda) erregte Verwirrung benußend, durch Abfindung und Vereinigung mit den sächsischen Seemännern dem römischen Scepter sich zu entziehen, Boulogne für sich zu befestigen und in Britannien den Kaisertitel anzunehmen wagte. Der Kaiser Maximinian sah sich gezwungen ihn als Mitherrscher anzuerkennen, ohne jedoch ein Ende der Seeräubereien zu erreichen, welche die Küsten der Nordsee, des atlantischen und selbst des Mittelmeeres in beständiger Furcht erhielten. Er herrschte in diesem Lande auch nach dem Verluste Boulognes fieben Jahre, siegreich gegen die Caledonier und kraftvoll in der innern Verwaltung, bis die Hand eines Meuchelmörders, feines Gefährten Allectus, ihn tödtete 1), der drei Jahre hindurch feine Estelle behauptete, als Asclepiodotus, der Präfect des Kaisers Constantius, ihn und seine Schaaren vernichtend, London stürmte und den Cäsaren bald ihre nördlichste Provinz wieder gab 2). Die Thaten des Augustus Carausius find von großer Bedeutung für die spätere Geschichte Englands geworden. Bris tannien erfuhr durch ihn zuerst, -- denn ein wenige Jahre früher durch einen vom Kaiser Probus eingesetzten Präses gegen seinen Her erregter Aufstand war durch den Freund des Ersteren et Armoricae pacandum mare, quod Franci et Saxones infestabant etc. Auch Eumenius in Constant. Cap. 12. sagt von der Flotte des Ca= rausti is: quae olim Gallias tuebatur. 1) Orosius I. VII. c. 25. Vgl. Genebrier Gesch. des Caraufius arus Münzen, a. d. Franz. in den Zusågen zur allgemeinen Welthisto= rie Th. VI. Dr. Stukeley medallic history of Carausius. Einige Münzen des Carausius und Alectus s. in Havercamps Orofius. S. 527. S. auch Eumenii oratio pro restaurandis scholis c. 18 et 21. 2) Eumenii panegyr. Constantii c. 15–17. gibt allein unter den ålt eren uns erhaltenen Schriftstellern die nåhern Umstånde der Befiegung des lectus, und im Wesentlichen stimmt Galfrid von Mon= mouth so sehr mit diesem Berichte überein, daß wir auch hier bei diesem berufenen Schriftsteller altrömische Quellen, welche jezt unbekannt sind, vermuthen möchten. Auch der Name des Vertheidigers Londons bei Galfrid, Livius Gallus, ist wahrscheinlich gleich seinen übrigen römischen Namen echt. |