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Heereszüge berührten diese südwestliche Ecke der Provinz nicht, und wir besigen daher die wenigsten Nachrichten aus dieser Zeit über den Theil des Landes, von welchem die drei alten Welttheile zuerst gehört haben.

Zwischen den Dumnoniern und den Belgen wohnten die Durotrigen; in der Grafschaft Glocester die Dobuni. Die Atrebaten, deren Stadt Calleva war'), saßen um das heutige Orford herum. Unter und neben ihnen sucht man die von Cáfar genannten kleinen Stämme der Segontiaci, Ancalites, Bibroci, bei dem Orte Bibracte im Brai Hundred an der Themse unterhalb Windsor 2), und die Cassii 3).

Wir dürfen hier die Vermuthung nicht zurückhalten, daß auffer den Coritanern, welche aus dem gegenüberliegenden jezigen Nordfriesland, aus welchem ihnen später die Angeln folgten, eingewandert sein könnten, auch die Belgen, die Atrebaten und vielleicht einige andere kleinere Stämme teutonischen Ursprunges find. Die Errichtung und Benennung des sächsischen Gestades, sowie spåter des festesten der sächsischen Königreiche, Weffer, im Lande der Belgen, dienen sehr die bei der Namensgleichheit fast unvermeidliche Annahme zu bestårken.

Von den schottischen und irländischen Volksstämmen, deren Namen wir fast nur durch Ptolemåus kennen, kann nur in den Specialgeschichten dieser Lånder die Rede sein. Hier ist nur

1) Ricard Itiner. XII.

2) Ibid.

3) Für die Geographie Britanniens unter den Römern siehe aufser den bekannten Werken des Vaters der Geographie und Alterthumskunde Englands, des trefflichen Camden, sowie Horseley und Stukeley, die sehr brauchbare Zusammenstellung und Erläuterung des Textes des Ptolemåus, Antonini Iter Britanniarum und der betreffenden Stellen der Notitia imperii occidentalis in dem Anhange zu dem ersten Buche von Henrys Geschichte von Großbritannien. Die Itinerarien des Unto: nin und des Richard von Cirencester mit den Erklärungen von Gale, Horseley und Stukeley zusammengestellt, gibt Whitaker am Schlusse der History of Manchester. Unserm Mannert aber bleibt das Verdienst, am besten die Unsichten der Alten über die Gestalt Britanniens und daher auch zuweilen die Küsten des Ptolemåus erläutert zu haben, während die Eingeborenen das Land selbst mit seinen Alterthümern bess ser kennen mussten.

zu bemerken, daß die Einwohner der Hochlande, die Gaelen, von den Römern Caledonier genannt werden, in den schot tischen Niederlanden aber die Måaten.

Die Briten hatten bisher ohne irgend eine Berührung mit dem südlichen Europa gelebt, ausser den oben angegebenen durch wenige Reisende und einen meistens von Zwischenhändlern geführten, nicht bedeutenden Handel, als sie vernahmen, daß von Süden her das gewaltige Römervolk schon zu den stammverwandten Galliern vorgedrungen sei und viele derselben bezwungen habe. Tapfer und eigener Gefahr eingedenk suchten fie, jedoch vergeblich, die Gallier gegen den siegreichen Feind zu unterstützen; diese ungenügende Hülfe diente aber nur dazu der römischen Politik einen Grund oder dem römischen Feldherrn einen Vorwand darzubieten, um einen Angriff auf das unbezwungene Eiland zu wagen. Bald vernahmen die dortigen Einwohner von fremden Kaufleuten, daß jener Zurüstungen zu einer Landung-treffe, und sie erblickten einen römischen Haupt- 55 mann, C. Volusenus, der auf einem langen Schiffe ihre Küsten v. Chr. erforschte. Einige der britischen Völker, durch den Ruf der Besieger von mehr Welten, als jene kannten, geschreckt, oder in der Absicht durch Verhandlungen die Feinde hinzuhalten, schickten Gesandte über See in das römische Feldlager um Geiseln und Unterwerfung zu verheissen. Sie wurden von ihrem ehrgeizigen Gegner freundlichst aufgenommen und versprachen die baldige Erfüllung jener Verheissungen. Mit ihnen ging Commius, welchen die Römer wegen seiner Tapferkeit, seiner Einsicht und seines Ansehns begünstigten und zum Könige der gallischen Atrebaten (Arras) eingeseht hatten, welcher nunmehr den Auftrag übernahm, die Briten zum Vertrauen auf das römische Volk zu überreden und die baldige Ankunft, ihres Feldherrn zu verkünden. Kaum hatte jedoch Commius seine Anträge in öffentlicher Versammlung kund gethan, als, wenngleich die Fürsten die völkerrechtliche Heiligkeit der Gesandten zu schüßen hatten, das erbitterte Volk, den Sinn der gleiffenden Worte schnell erspåhend, den Redner ergriff und feffelte. Ob Commius hier, wie früher seine Stammgenossen, oder, wie er spåter that, die Römer verrathen wollte, ist die Frage, welche es erlaubt ist ungelöset zu lassen. Die Briten

in

sammelten ihre Schaaren, welche sie an den Hochufern geschickt vertheilten. Die Cefariaiden ), welche vom Lande der Menapier her zwei Legionen mit günstigem Winde hinüberschifften, wagten anfänglich die Landung nicht, versuchten sie aber hernach, den Zeitpunct der Ebbe wahrnehmend, auf einer flachen Uferstrecke. Hier waren britische Reiter und Kriegswagen vor dem Fußvolke aufgestellt, welche die Landenden einige Zeit hindurch gewandt und kühn zurückhielten. Doch das Wurfgeschüß der Feinde, der römische Muth, die Begeisterung für ihren Feldherrn, den großen C Julius Cåsar, unter dem den Ruhm des Sieges auch nur etwas geschmålert zu sehen für größere Schande geachtet wurde als unter einem andern Heerführer geschlagen zu werden, vor Allem aber die überlegene Kriegszucht bewerkstelligten die feindliche Landung. Die Briten, der ersten Bestürzung die Gefahr als größer sich vorstellend, schickten Gesandte an Cåsar und mit denselben den Atrebaten= fürsten Commius, um Geisel anzubieten, dem römischen Schuhe sich zu unterwerfen und Verzeihung wegen das an Commius begangenen Frevels zu erbitten. Da Cásar, dessen Reiterei zu schwach gewesen war die Besiegten zu verfolgen, diesen Antrágen nicht anders als freudig überrascht williges Gehör leihen konnte, so wurden die britischen Krieger auf ihre Felder zurückgesandt und ihre Fürsten kamen zu Cásar um sich und ihre Staaten seinem Schuhe zu empfehlen. Jedoch bald bemerkten fie, daß die Tapferkeit des Gegners sie über seine Anzahl ge= täuscht hatte; sie vernahmen, daß die von demselben erwarteten Schiffe mit der Reiterei und dem Getreide durch einen Sturm vernichtet seien. Bald reifte in ihnen der Entschluß ihr Vaterland auf immer von dem verwegenen Feinde zu befreien. Sie entfernten sich aus dem römischen Lager, sammelten ihre Krieger und griffen die zur Fouragirung ausgeschickten Römer an, denen jedoch Cäsar zeitige Hülfe sandte. Nach einigen Tagen wurden sie von den Römern angegriffen und geschlagen, wenngleich wegen Mangel an Reiterei nicht verfolgt. An demselben Tage erboten sie sich die doppelte Zahl der früher

1) Die Römer werden in den Triaden Cesariaidd genannt. Archaeology of Wales p. 58.

verheissenen Geisel zu senden, und Cäsar eilte bei dem nahe bevorstehenden Üquinoctium dem gefährlichen Kampfe mit den Elementen auszuweichen und durch schnelle Rückkehr nach Gals lien ein nur für seinen Ruhm nicht erfolgloses Abenteuer zu beendigen.

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Doch folgte dem leichten Vorspiele bald ein ernsterer Kampf. Schon im nächsten Sommer wurden die britischen Gestade von Cåsar mit stärkerer Truppenzahl, fünf Legionen und 2000 v. Chr. Reitern, und allem Waffengeschüß, wozu auch ein Elephant gehörte '), wieder betreten, ohne daß er auf einen Widerstand traf, da die Küstenbewohner, welche sich anfänglich am flachen Ufer gerüstet hatten, durch die Größe der herannahenden Flotte geschreckt, auf die höheren Puncte des Landes sich zurückzogen. Ein innerer Zwist, genährt durch Mandubratius 2), den Sohn des von Cassivellaun ermordeten mächtigen Fürsten der Trinobanten, Imanuentius, zerstörte das Land. Gering war der Nußen, welchen die gegen einheimische Feinde in den Wäldern bereits angebrachten Verhacke wider die Römer leisteten, gegen den Nachtheil daß durch Mangel an Einigkeit der Briten die fremden Feinde unbelästigt landeten, ihre Flotte herstellten und mit leicht errungenen Siegen vordrangen. Jene hatten endlich unbedeutenden Hader dem ersten Bedürfnisse der eigenen Selbständigkeit aufgeopfert und dem tapfern Cassivellaun (Fürsten der Caffier), der bisher mit den Nachbarstaaten steten Krieg unterhalten hatte, die gemeinsame Heeresführung übertragen. In Streifzügen und Überfällen wurde viele Tapferkeit bewährt, doch der Mangel an Kriegszucht verschuldete zu große Bestürzung nach einem Unfalle und verhinderte große Schlachten. Die Feinde drangen bis zur Themse vor, welche sie an einer seichten Fuhrt, durch das vom Cassivellaun im Flußbette eingerammelte starke Pfahlwerk, dessen Trümmer Beda 3) noch nach mehr als sieben Jahrhunderten kannte, nicht aufgehalten, durchwateten. Der Verrath der Trinobanten und anderer Völker

1) Polyaen. I. VIII. Man glaubt sein Skelett wieder gefunden zu haben. 2) Caesar I. 1. V. c. 20. Orosius 1. VI. c. 8. nennt ihn.

Androgorius.

3) Bedae hist. eccl. l. I. c. 2.

entmuthigte den britischen Heerführer, dessen Ruhm nur durch das ehrenwerthe Zeugniß Cåsars auf uns gelangt ist, nicht in feiner tapfern Gegenwehr; seine geschickt angelegte Waldfeste wurde mit großer Mühe endlich eingenommen, und auch dann versuchte er noch einen vergeblichen Angriff auf das Lager an der Küste von Kent, um den Römern durch Zerstörung ihrer Flotte aus dem eroberten Lande einen Kerker zu machen. Als kein anderer Ausweg ihm blieb, vermittelte jener Atrebate Commius seine Unterwerfung, durch welche die Römer, was sie in diesem ihnen unheimlichen Lande allein suchen konnten, den Ruhm des Siegers erreichten, Caffivellaun aber, was durch die Schmach scheinbarer Demüthigung nicht zu theuer erkauft war, die Räumung seines Vaterlandes von feindlichen Heeren. Geiseln wurden dieses Mal von den Römern wirklich heimgeführt, Getreide ward ihnen geliefert; Rom wurde durch Cåsars Bulletins über den Reichthum des neuen Welttheiles durch einen Harnisch von Perlen, welchen Cåsar der Venus 1) weihte, geblendet; doch die verheissenen jährlichen Abgaben wurden nicht entrichtet, und mit Ausnahme jener Geiseln waren die Britannier wieder so frei wie vor einem Jahre, che eine flüchtige Wolke den Sonnenschein ihrer Freiheit augenblicklich verdunkelt hatte. Dem stillen, aber mächtigen Einflusse der Bildungsstrahlen jenes römischen Weltgestirns konnte Britannien sich nicht entziehen, und schon die Münzen ihres Fürsten Cunobellin, des in der Sage und durch Shakespeares Dichtung verherrlichten Cymbellin, beweisen, daß das römische Alphabet den Eingebornen verständlich, die römische Kunst im Lande geehrt war 2).

Beinahe ein Jahrhundert verging, ehe die Briten andere Römer als friedliche Kaufleute auf ihrem Boden sahen; die in Gallien von ihren Ausfuhren erhobenen Zölle bemerkten sie

1) Plin. IX. 35. Man könnte in dieser Huldigung eine Bestäti gung der Ansicht finden, daß Cåsar durch eine sinnliche Neigung zu dem Kriege gegen Britannien geführt sei; doch bezieht sich die Stelle des Tacitus, worauf jene sich gründet, nicht auf dieses Land sondern auf Trier.

2) S. Pegges essay on the coins of Cunobeline. London 1766. Auch Whitakers history of Manchester enthält Zeichnungen von diesen Münzen. Ferner Henry history of Great Britain T. II.

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