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ihrer Auflösung nahe gebracht wurde, da Üthelberts Sohn Eadbald nicht nur das Christenthum anzunehmen verweigert hatte, sondern sich ganz dem Wahnsinne der leidenschaftlichsten Aufregungen überließ und sich nicht gescheut hatte die Wittwe seines Vaters zu heirathen. Die Söhne des Sabereth hatten gleichfalls sich geweigert die Taufe zu empfangen, gaben den Unterthanen, welche an dem Heidenthume sehr hingen, die Erlaubniß zu den altväterlichen Gößen zurückzukehren und vers trieben den Mellitus aus ihrem Reiche, als dieser sich geweigert hatte das heil. Abendmahl zu einem frevelnden Gastmahl für die Heiden zu entwürdigen. Mellitus und Justus flohen nach Gallien, wohin auch Laurentius ihnen zu folgen sich be= reits rüstete, als die plötzliche Sinnesveränderung des Königes Eadbald Kent für immer dem Christenthume wiedergab. Doch musste noch der Sohn des Cadbald († 640), Earconbert († 664), die Zerstörung der Gößenbilder verordnen und die seinem Volke so sehr wenig zusagenden Fasten unter strengen Strafen verfügen 1).

Nicht so bald wurden die Ostsachsen ihres Irrthums inne, obgleich die drei Söhne des Saebryht in einer Schlacht gefal= len waren. Mellitus folgte dem Laurentius in der erzbischöflichen Würde von Canterbury, doch seine frühere Diocese schloß fich ihm nicht wieder an. Erst eine neue Generation folgte dem Könige Sigebert dem Guten und dem größeren Theile der Angelsachsen, welche bereits im Christenthume verharrten. 653. Doch selbst dann brachte die Erscheinung einer ungewöhnlichen verheerenden Pest die Ostsachsen dazu, Hülfe in der Wiederherstellung der heidnischen Tempel zu suchen, und sogar einer der damaligen zwei Könige, Sighere, war abgefallen. Der Schuß 665. des gläubigen Königs Sebbi, die geistliche Thätigkeit des Bischofes Jaruman führten zu endlicher Zerstörung des alten Nationalgößendienstes und seiner Gebäude und zur festen Begründung des neuen Weltglaubens 2).

1) Beda l. III. c. 8. Ülfred überseht hier idola durch deofollgyld. Ebenso leg. Canuti saecul. art. 5., wo also nicht an Teufelsgilden zu denken ist.

2) Beda 1. III. c. 22 et 30. Nach der an legterem Drte am Rande bemerkten Jahreszahl wird der Anfang der Regierung der Sighere

In den Tagen Üthelberts hatte auch der König der Oft angeln, Redwald, auf einem Besuche bei jenem für die Annahme des Christenthums sich erklärt; ein Schritt der um so wichtiger schien, da nach Üthelberts Tode die Bretwaldawürde auf die Uffingen überging. Doch Schwäche oder ehrgeizige Rücksichten bewogen ihn die neugewonnene Überzeugung wieder zu verlassen und dem Christenthume nur einen Altar in der Reihe seiner Göhen anzuweisen.

Sein Nachbar jenseit des Humber, Üdilfrith, welcher mit seinem Erblande Bernicia auch seines verstorbenen Schwiegervaters Ülla († 588) Reich Deira vereinigt hatte, war ein Feind des Christenthums. Den Ruhm großer Tapferkeit bewährte er in der siegreichsten Schlacht gegen Aidan, König der Scoten, 603. bei Degsastan, deren Andenken diese lange von erneueten Einfållen in Britannien zurückgeschreckt hat '). Die Furcht, welche seine bedeutenden Eroberungen verbreiteten, veranlasste eine bisher unerhörte Unnäherung britischer und angelsächsischer Fürsten. Üllas dreijähriger Sohn Eadwin war, wie es scheint, dem Schuß des Cadvom, Königs von Gwynedh, anvertraut 2), der daselbst in der Nähe britischer Geistlichkeit erzogen, das männliche Alter erreichte. Cadvom wagte sogar für seinen Schüßling, dem Könige von Powis, Brocmail, dem gefeierten Gönner - des Sångers Taliesin, sich anschliessend, einen Krieg mit Eadwins Verfolger Üthelfrid, welcher mit der Zerstörung der Stadt CarLegeon (Legacenster, Chester) und des berühmten Klosters zu Bangor, dem Size celtisch-chriftlicher Wissenschaft, endete 3).

und Sebbi in das Jahr 665 gesezt; doch erscheinen sie schon in einer mercischen Urkunde über eine geistliche Stiftung im I. 664 als Könige. S. dieselbe in chron. saxon. ad a. 656.

1) Beda 1. I. c. 34. Nach Gibson ist jener Ort Dalston bei Carlisle, wofür auch die Lesart Deglastan spricht.

2) Vaughan diss. on british chronology. Langhorn chron. angl., den Galfrid von Monmouth im übrigen widerlegend, er klårt dieses für wahrscheinlich. Alfred. Beverley 1. VI. p. 90, den Turner dazu anführt, hat Nichts als einen Auszug des Beda und also Nichts über Cadvom.

3) Im J. 603 nach Florenz; 607 nach chron. saxon., 613 nach annal. Cambriae und Tiger nach Beda II. 2. gibt nicht das Jahr der Schlacht.

Eadwin floh vor seinem grausamen Schwager nach Mercien und, auch dort beunruhigt, zum Könige Redwald von Oftangeln. So heimatlos umherfliehend begründete er, durch den dort gesuchten und erhaltenen Schuß, eine Verbindung, welche den nördlichen Angeln widerstrebend gewesen zu sein scheint, aber von viel wichtigern Folgen war als sogar die mit den Altbriten. Der Bretwalda hielt es für richtiger, die oft wiederholten glänzenden Anerbietungen des Üthelfrid für die Auslieferung seines Schüßlings zu verwerfen und mit seinem starken, wohlgerüsteten Heere gegen Northumbrien zu ziehn. Er verlor in der Schlacht von Idla an der Grenze von Mercien (in 616. Nottinghamshire) seinen tapfern Sohn Raginheri, doch blieb ihm die Siegerstätte, welche mit vielen Erschlagenen auch Äthelfrid deckte 1). Dieser Sieg war für ganz Britannien von den wichtigsten Folgen. Eadwin ergriff Besitz vom våterlichen Reiche sowie von dem verlassenen Throne Bernicias. Er eroberte sogleich das kleine Reich Elmet 2), welches unabhängig unter dem Könige Cerdic ein Name, welcher auf britische wie auf sächsische Abkunft gedeutet werden kann — bestand, und vertrieb den König, welcher den gleich seinem Dheim von Üthelfrid verfolgten Neffen Eadwins, Hererich, unter dem Schuße der Gastfreundschaft aufgenommen und vergiftet hatte 3).

1) Beda 1. II. c. 12.

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2) Beda l. II. c. 9. Es lag um Leeds herum, wo noch Barwick in Elmet, großentheils wohl südlich am Flusse Air, da es unter den cishumbrischen Låndern aufgeführt wird. Vgl. Smith ad Bedam 1. II. c. 14. Das Land der Elmetsåten wird nur auf 600 Hyden an= geschlagen in einer åltern, Angabe bei Gale I. 748.

3) Palgrave I. 435. II. 309. hat schon die Nachricht über die Unterjochung des Königs Cerdic von Elmet durch Eadwin in Nennii append. verbunden mit Beda IV. 23. Hereric nepos Aedwini exularet sub rege Britonum Cerdice. Doch scheint`er sich zu übereilen, wenn er sagt, daß Cerdic vertrieben sei, weil er den verbannten Verwandten Eadwins aufgenommen habe. Der Zusak Bedas, ubi et veneno periit, rechtfertigt die von mir versuchte Deutung, welche auch durch die von Eadwin der Tochter Hererichs, Hilda, erwiesene Rücksicht, fie bei seiner Taufe gleichfalls taufen zu lassen, bestätigt wird. Here= rich, der Sohn des älteren verstorbenen Sohnes des Ülla, war also vor Üthelfrids Tode gestorben; wodurch es sich denn auch erklärt, weshalb Lappenberg's Geschichte Englands I.

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Den Nordangeln schlossen sich nunmehr die stammverwandten Reiche dadurch an, daß ihrem mächtigen und vielbefreundeten Könige das erste Bretwaldathum über sämmtliche Angelsachsen wurde). Die britischen Reiche, selbst die Insel Man wurde ihm unterthan, sowie auch das mächtige Mona, welches von den dahin geführten Colonisten den Namen der Angles-ey erhielt, doch später den celtischen Charakter ganz wieder annahm. Dem Eadwin selbst wurde nach dem Tode der Quaenburge, einer Tochter des mercischen Königs Ceorl, die Hand einer christlichen Prinzessin aus dem Hause der Üscingen, der ehemaligen Lehnsherren seines Landes, Üthelberge oder Tatan 2), einer Tochter Üthelberts von Kent. Diese Ehe war unter ähnlichen Bedingungen und mit gleichen Erwartungen gestattet, wie einst die der fränkischen Bertha mit ihrem Vater. Der Bischof Paulinus war der jungen Königin gefolgt, um sie in ihrem christlichen Glauben zu stärken und den Gottesdienst wahrzunehmen. Binnen kurzer Frist langten Sendschreiben des Papstes Bonifacius 3) an Eadwin, König der Angeln, und Üthelberge, seine Gemahlin, an, um die Bekehrung des Ersteren zu veranlassen. Kostbarer Schmuck für beide Ehegatten begleitete die Briefe, wohlberechnet williges Gehör einschmeichelnd vorzubereiten und dem Heile der Kirche aufgeopfert, um dereinst auch den weltlichen Interessen des påpstlichen Stuhles unermeßliche Zinsen zu bringen. Eadwin war wahrscheinlich weder unvorbereitet noch abgeneigt die heil. Taufe zu

Eadwin, Üllas zweiter Sohn, ohne Widerspruch dem Üthelfrid folgte. Des Cerdic oder Ceretic Tod berichten auch annal. Cambriae ad a. 616.

1) Palgrave S. 308 sezt die erste Heirath des Eadwin in das Jahr 592 und übersieht, daß dieser damals erst das ́ siebente Jahr erreicht hatte, da er nach Beda (1. II. c. 20.) im I. 633, 48 Jahre alt starb.

2) Das Vorkommen dieser und anderer Namen in Jütland und auf der Insel Fehmarn, sowie die Beachtung ditmarsischer Namen bietet noch manchen Fingerzeig für die Verwandtschaft der angelsächsischen Ståmme dar.

3) Da Bonifacius V. am 22. October 625 starb, so müssen seine Briefe noch in diesem Jahre geschrieben, doch können sie im folgenden Frühling angelangt und also Bedas Erzählung zu rechtfertigen ́sein.

empfangen, zu welcher er schon in früheren Jahren häufig muß aufgefodert sein; doch erwog er die Schwierigkeiten und die Gefahr solchen Schrittes bei seinen Unterthanen. Die glückliche Errettung Eadwins vom Dolche eines von Cuichelm, dem Könige der Westsachsen, gedungenen Meuchelmörders, durch die heldenmüthige Aufopferung des Lilla, eines ihm nahestehenden Hofbeamten, am ersten Ostertage, wo er durch die Geburt einer Tochter erfreuet war, bestimmte ihn dem Paulinus Gehör zu geben, diese Tochter durch die heil. Taufe dem Christenthume zu weihen und selbst zu demselben überzugehen, wenn Sieg über den verrätherischen Westsachsen das Wohlwollen und die Macht des Christengottes vor Aller Augen bewähren würde. Dieses wurde ihm in einer sehr glücklichen Schlacht, in welcher fünf westsächsische Könige fielen 1). Der König sann jezt viel über den gelobten Glaubenswechsel nach, als dem Paulinus sich ein Mittel darbot ihn durch denjenigen Einfluß zu bestimmen, welchen geistige Überlegenheit zu großen Zwecken zu gebrauchen felten als Misbrauch betrachtet hat. Eadwin hatte einst auf seiner Flucht zu Redwald, während er auf dessen Beschluß über seine Aufnahme oder Auslieferung an Äthelfrid ångstlich harrte, in der Stille der Nacht auf einem Steine fihend, eine ihm unbekannte Gestalt gesehen, welche ein Zwiegespräch anknüpfend ihn beruhigte, tröstete und ihm das Versprechen abnahm, daß, wenn er die jezt ersehnte Aufnahme bei Redwald erhielte und hernach, auf den Thron Northumbriens gesetzt, mächtiger als seine Vorgänger alle werden würde, er sodann dem Heil und Leben bringenden Rathe desjenigen folgen wolle, der ihm jenes Glück vorausgesagt habe; die Zeit dazu werde er einst an dem Zeichen erkennen, wenn so wie icht die Rechte auf sein Haupt gelegt würde. Die segensreiche Verheissung war erfüllt; das Zeichen war noch nicht gekommen. Paulinus erfuhr das Geschehene, wie Beda berichtet, im Geiste. Er trat zu dem einsamen, in Betrachtungen über die Religion tief versunkenen Könige herein und legte die Rechte auf sein Haupt. Da dieser zitternd ihm zu

1) Chron. saxon. ad a. 626; kürzer Beda 1. II. c. 9. den Palgrave II. 235 allein anführt, in einer Arbeit welche bei allen großen Verdiensten Genauigkeit und Vollständigkeit noch häufig vermissen lässt.

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