Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

gefeßen beigebracht werde. Dieß ist eine ganz unbegründete und durchaus unzulässige Forderung. Sie würde, wenn man ihr Raum gäbe, die Wissenschaft in den schwunghaftesten ihrer Fortschritte hemmen. Je unerklärlicher eine Erscheinung auftritt, desto tiefer liegt ihr Grund, desto Bedeutenderes birgt sie, desto größeres Interesse hängt an ihr, desto dringender ist die Anforderung an die Wissenschaft, sie zu prüfen und aufzulösen. Allerdings soll man (mit Beneke*) sorgsam Wache halten am Eingange der Wissenschaft und keine Vorstellung hinein lassen, welche sich nicht in Betreff der Berechtigung ihres Eintrittes zureichend auszuweisen im Stande ist. Diese Berechtigung erhält sie aber, wenn sie durch eine zusammenhängende Reihe unzweifelhafter Thatsachen zum Begriffe erhoben und durch regelrechte Induktion jene Qualification erlangt hat. In diesem Falle muß sie von der Wissens schaft zugelassen werden und bildet ein vollberechtigtes Problem der= selben.

Mich aber wird man nach allem diesem gerechtfertigt finden, ja man wird die Nothwendigkeit zugestehen, daß ich in den Beweisfüh= rungen für die vorgeführten Thatsachen und Beobachtungen mich auf die breiteste Grundlage stelle und mich mit dem ganzen Apparate der induktorischen Beweisführung rüste, dessen ich mich habhaft gemacht habe und der mir zu Gebote steht. Zu dem Ende habe ich noch jeden. einzelnen Versuch, die bei mir alle sogleich protokollirt werden, mit der Nummer versehen, die er in meinen Tagbüchern hat, wovon ich über jeden Sensitiven ein Eigenes geführt habe. Dadurch mache ich mich anheischig, nicht bloß jedem sensitiven Beobachter, sondern auch jedem Leser für die Aechtheit jedes einzelnen Versuches Rede zu stehen und ihn bis zu seinem Ursprunge nachzuweisen. Man muß hierin eine unter der Aufsicht des mit Namen genannten Sensitiven stehende Bürgschaft finden, daß der angeführte Versuch so und nicht anders angestellt worden; daß es kein gedachter, sondern ein ge= machter Versuch ist, und daß das Ergebniß genau das beschriebene und bis ins kleinste Einzelne kein anderes ist. Ich stelle dadurch mich und meine Arbeiten unter Control nicht bloß von 160 Sensitiven, sondern selbst unter die des gesammten Publikums. Man muß sehen, daß wenn ich von 50, 60, von 80 und von mehr Versuchen spreche, über welche einzelne Erscheinungen wiederholentlich geprüft worden sind, dieß

* Bencke, Archiv für pragmatische Psychologie. 1853. . 283.

[ocr errors]

nicht etwa eine Amplifikation der Redensart, sondern gewissenhafte Thatsache und eine mit Bürgen belegte Wirklichkeit ist. Meine sensitiven Reagentien sind nicht stumm, wie die chemischen, sondern sie können reden und beantworten Fragen. Das ist nicht ihr Fehler, sondern ihr Vorzug. Endlich werden mir diese Numern eine Schuzwehr gegen die Vergeßlichkeit der Sensitiven selbst abgeben, wenn eine solche etwa vorkommen sollte.

Manche meiner Gegner haben einen mächtigen Beweis gegen die Sicherheit meiner Angaben darin finden wollen, daß die Erscheinungen nicht von Jedermann, sondern nur von den Sensitiven wahrgenommen werden können. Ein geachteter Naturforscher schrieb mir, so lange ich nicht Jedermann sichtbare Versuche vorzuführen im Stande sey, sey das Dd, seyen meine Arbeiten kein Gegenstand der Naturforschung. Als ob es keine Musik geben könnte, weil eine Menge Menschen kein musikalisches Gehör haben! Als ob es keinen Schmerz des Podagra gäbe, weil bei weitem der größte Theil der Menschen nie etwas davon empfunden hat! Als ob es keine Hunswuth gäbe, weil Millionen Menschen nie in die Lage kommen, sie beobachten zu können! Alles was in der Natur vorgeht, ist Gegenstand der Naturforschung. Kein Vorgang in derselben, welch eigenthümlicher und isolirter Beschaffenheit er immer sey, kann davon ausgeschlossen seyn. Ja im Gegentheil, je seltsamer und dadurch räthselhafter er auftritt, ein desto größeres Interesse bietet er dar, ein um so größeres Recht hat er, ich muß es wiederholen, auf die Aufmerksamkeit der Forscher und auf eine tiefgehende Untersuchung. Es ist ganz gleichgültig, ob alle Menschen Odlicht sehen und Odeinwirkungen empfinden können, oder nur etwa der dritte oder vierte Mann. Zur Herstellung des Beweises vom Daseyn dieser Dinge reicht es vollkommen hin, wenn hunderte, tausende, hunderttausende von Menschen die Wirkungen des Odes wahrnehmen, es ist für die Stabilisirung der Wahrheit ihrer Eristenz ganz und gar unnöthig, daß alle Welt sie schaue. Dieser Einwurf, auf welchen sich Manche so viel zu Gute thun zu können meinen, hat nicht das geringste Gewicht und ist für die Kritik dieser Dinge ganz ohne wesentlichen Belang, wie jeder einsteht, dem die Anfangsgründe der Logik und die Lehre vom deduktiven und induktiven Beweise irgend einmal zu Ohren gekommen sind.

Aber nicht bloß die Physiker und Chemiker schauen mich scheel an, auch die sogenannten Magnetiker, die mesmerischen Aerzte sind

mir nicht eben grün. Schon haben die Herren Justinus Kerner,
Eschenmayer, Ennemoser, Schwarzschild u. a. da und dort, offen und
verdeckt, saure Miene mir geboten. Der eine meint ungefähr, dreißig
Jahre später gekommen, als sie, zieme es mir wenig, ein Wort von
vorne her drein reden zu wollen; der andere versichert, was ich da alles
rede, sey nur der Widerhall von dem, was sie schon seit Menschen-
altern predigten; der dritte und vierte sagt mir, daß sie aus meinen
Schriften nichts lernen können. In der That, ich sehe es auch, daß
diese Herren nichts von mir gelernt haben. Alle aber sind sie unge-
halten, daß ich nicht auf der Grundlage ihrer ausgedehnten thierisch-
magnetischen und somnambulen Literatur weiter fortbaue, sondern neue
und eigene Fundamente legen will. Was kann ich einem Manne ent-
gegen halten, der wie Hr. Schwarzschild in seiner neuesten Schrift
(Magnetismus 2c. Bb. II. Seite 10) wörtlich sagt: „der Weg der Be-
„obachtung, der in allen Wissenschaften der belehrendste ist, ist aber
„gerade der unsicherste in der räthselhaften Lehre des Magnetismus.“
-Auf welch anderem sichererm Wege will uns denn Hr. Dr. Schwarz-
schild die Räthsel des Magnetismus lösen lehren, wenn er die Beob-
achtung für den unsichersten hält? Ich bin völlig umgekehrt der Mei-
nung, daß Alles an der Beobachtung liege, daß nur Beobachtung uns
hier weiter bringen könne, und daß wir einzig und allein an der Hand
der fleißigsten, aufmerksamsten und reichlichsten Beobachtung aus dem
Wirrsal heraus gelangen können, in welches Ausschweifung der Spe=
kulation den sogenannten thierischen Magnetismus so bedauerlich hin-
eingeführt haben. Und was werden unterrichtete und erfahrne Kenner
des Magnetismus von der Gründlichkeit der Einsichten des Hrn.
Schwarzschild denken, wenn sie ibd. pag. 125 lesen, daß er sogenann-
tes magnetisirtes Wasser für Betrug und Täuschung" ansieht
und daß folglich dieser neueste Schriftsteller, der so schonungslos fast
alle seine Vorgänger heruntermacht, es nicht einmal bis zur Kenntniß
des magneteten (geodeten) Wassers noch gebracht hat?! - Es thut
mir leid, mit diesen Herren nicht auf gemeinsamem Grunde arbeiten
zu können. Ich habe keine Geister gesehen, niemals hat ein solcher
Gast, der mir gewiß willkommen wäre, seinen Besuch mir schenken
wollen; nicht einmal zu meinen Sensitiven hat sich irgend einer be-
mühen mögen; ich weiß von einem allgemeinen Nervengeiste und Ner-
venäther nichts und habe den Inhalt eines so unflaren, vagen und
daher unberechtigten Begriffes nicht nur nirgends als Ausfluß lebender

[ocr errors]

Wesen erkennen, sondern auch niemals in meinen Krystallen, nie in meiner Schallglocke, nie in meinen chemischen Präparaten, nie in Sonnen- und Mondstrahlen, nie in der Reibung, nie in einem chemischen Vorgange wiederfinden können; ich lege mich nicht auf die Krankenheilung und habe niemals finden können, daß irgend ein Dynamið den Inbegriff alles Heilwesens umfasse; niemals habe ich einzusehen vermocht, daß in natürlichen Dingen der Glaube das Wissen surrogiren könne. Die Herren mögen mich daher entschuldigen, wenn ich offen und bestimmt ausspreche, daß ich mich auf ihren Standpunkt niemals stellen kann. Ich kann von ihrer gesammten reichen Literatur wenig oder keinen Gebrauch machen, weil sie durchaus entweder medicinisch, oder sympathetisch, oder geisterseherisch ist, oder weil ihr alle zu einer regelrechten Induktion erforderlichen Bedingungen abgehen. Mit Mystik habe ich nichts zu thun, das Medicinische hat für mich nur untergeordnetes Interesse, von Klopfgeistern aber weiß ich gar nichts; bei mir geht alles vollkommen natürlich und nach aus der empirischen Naturforschung abgeleiteten Gesezen her. Ich habe von den Erscheinungen die meisten gar nicht, andere nur selten, am Kranfenbette beobachtet, vielmehr in der weiten Natur, in der Gesellschaft und in ihrem unermeßlichen Umfange bei weitem den größten Theil nur an gesunden Sensitiven studirt und darauf lege ich Gewicht. Auf diesem Wege bin ich zu Ergebnissen gelangt, die weit hinausreichen über den engen dunkeln Kreis, in welchem sich die sogenannten Magnetiseurs bisher herumgedreht und aus dem sie den Ausgang nicht gefunden haben. Das Od umfaßt, wie die Wärme, wie das Licht, das Universum und hat nicht Raum in dem halbmorschen und schwanfenden Gebäude der bisherigen Medicin. Ich habe es schon an einem andern Orte (in den odischen Briefen) ausgesprochen und muß es hier wiederholen: Der sogenannte Mesmerismus, das magnetische Kuriren ist eine spezielle Anwendung des odischen Dynamids im Heilverfahren, bis hieher leider ohne allen wissenschaftlichen Verband und aus einem bloßen Aggregate unzusammenhängender Wahrnehmungen bestehend. Die Ausdrücke Od und Mesmerismus stehen einander darum auf keine Weise im Wege, jedes hat seine eigene Bedeutung; Od ist eine Weltkraft und umfaßt die ganze Schöpfung in unendlichem Eingreifen; Mesmerismus ist eine von Dr. Mesmer eingeführte spezielle Anwendung des Odes im Heilverfahren. Sie verhalten sich also wie ein weitumfassendes Ganze zu einem beschränkten Theile, zu

einer abgesonderten Anwendung desselben in gewissen bestimmten Fällen, wie Gattungsbegriff zu Artbegriff, und haben also beide ihre Arena, wovon die ungleich kleinere im weiten Umfange der größeren eingeschlossen ist. Aber auch die Männer, die ihre Studien auf Mesmerism oder auf allgemein odische Erscheinungen richten, haben Play genug neben einander und es scheint mir sehr unnöthig, durch verlegende Angriffe bittere Abwehren herauszufordern, wo man ruhig durch Austausch von Ansichten und Gründen sich und der Welt angenehm und nüßlich werden könnte.

Somit sieht man mich zwischen Physikern, Physiologen, Medicinern, Magnetiseurs und vielleicht bald auch Psychologen mitten inne ganz allein stehen; nicht daß die Naturforschung im weitesten Sinne meine Einzelsäge nicht zuließe, denn sie kann die Thatsachen, die ich aufstelle, nicht abläugnen; die Physik kann das Krystall-Licht nicht wegraisonniren; die Chemie vermag dem Auftauchen der odchemischen Reihe ihr Staunen nicht vorzuenthalten; die Physiologie kann sich vor der dreifachen Polarität des menschlichen Leibes nicht die Augen zubinden; die Medicin muß die Krampfftillung und Krampferzeugung durch Odstriche sich gefallen lassen; die Magnetiseurs müssen vor der Verladung positiven und negativen Odes aus rothgelbem und blauem Sonnenlichte auf ein Stück Holz verstummen; die Psychologie endlich, wenn ich einem anscheinend gesunden Menschen durch bloße Berührung der Zehenspige innerhalb einiger Sekunden das Bewußtseyn raube und willkührlich wieder gebe, muß nahezu erbeben: Diese kernhaften Thatsachen können sie alle, selbst Liebig und Dübois mit Grobheiten nicht, aus dem Wege räumen, sie müssen sie zulassen, ob es ihnen gefalle oder nicht; dieß alles ist es nicht was mich isolirt; sondern die wissenschaftliche Disciplin ist es, unter welche alle diese merkwürdigen Erscheinungen unter sich in Zusammenhang und unter den gemeinschaftlichen wohlbegründeten Gesichtspunkt eines hypothetischen Dynamides, des Odes, zu bringen es mir gelungen ist; der wissenschaftliche Verband, in den ich diese tausende von Erscheinungen verknüpft, das fonsequent durchgeführte theoretische Gebäude, in welchem ich sie alle unter Dach und Fach gebracht, das ist es, was so viele gelehrte Gewohnheitsmenschen inkommodirt, in welches sich hineinzudenken lästig fällt und mit Widerwillen gegen weitgreifende Neuheiten erfüllt. Da ist es dann viel leichter das Ding als furzweg untauglich sich vom Halfe zu schütteln und in Ruhe zu bleiben beim Alten. Es wird aber nichts

« ZurückWeiter »