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falt, und eckles nicht appetitlich sey. Das ist alles, weiter brauchen Sinn und Nervenapparate nicht zu reichen. Glaubt nun Hr. von Liebig ehrlich, daß Professor Endlicher, daß Dr. Natterer, Professor Huß, Medicinalrath Ekkard, Dr. Köller, Major Schwarzmann, die Grafen Coronini und hundert andere gesunde und etliche kranke Leute solchergestalt schwarz von weiß nicht zu unterscheiden vermöchten? Glaubt er's? Nein, er glaubt's nicht. Er selber glaubt nicht, was er in einem feinen Trugschlusse andere Leute glauben machen will. Denn abgesehen von der Unwahrheit des unerwiesenen Obersages und des ebenso unwahren Untersages, ist es klar, daß in Liebigs Syllogism der unbestimmte und vage Mittelbegriff im Obersage einen ganz andern Inhalt hat, als im Untersage. Dort ist er ein Allgemeiner und bedeutet bloß Nichtgesundheit noch ohne alle Geistesschwächung; hier aber bedeutet er Krankheit des vollen Wahnsinns, wo ein Mensch unmittelbarer und ariomatischer Elementarerkenntniß nicht einmal mehr fähig ist. Er liefert also einen Schlußsaß aus vier Hauptbegriffen, wo nämlich im angewandten Mittelbegriffe die Worte der Sprache zweierlei Bedeutung aus Homonymie unterworfen sind, d. i. den Trugschluß ex fallacia falsi medii, und das nennen die Logifer Subreptio, zu deutsch Erschleichung. Und eben diese sophistische Kunst erschlichener Schlüsse aus ungenauer Anwendung der Denkgeseze ist es, worin Liebig in allen seinen Schriften die Meisterschaft dargethan und so häufig das Publikum mit Halbwahrem berückt und bestochen hat. Nur auf so trügerischem Wege ward es ihm möglich, Ungereimtheiten an Mann zu bringen, wie die: der Rübenzuckerbau, dieser Segen Deutschlands, sey unstatthaft und thörigt; Kaffee und Thee, diese eingreifenden, schlafstörenden Nervinen, seyen gesunde Nahrungsmittel; Tabak mit seinem giftigen Nikotin, diese eckelhafteste Unreinlichkeit, die jemals über die Welt gekommen, wo ein Mensch seinen Mund zum Schornsteine macht, seine Nase, seine Zähne, seinen Gaumen dem Schmuße, dem Ruß und Moder preisgibt, Kleider, Geräthe und Zimmerluft mit Gestank erfüllt, seyen ganz zuträgliche, gute und anständige Dinge u. dgl. m. Indem er in solcher Weise mit dem schweifenden Ausdrucke: „nichtgefunde Sinn und Nervenapparate" dem man alles Mögliche was man nur will, unterlegen kann, auch bei mir den falschen Hebel der logischen Erschleichung anzuseßen versucht, gedenkt er das Urtheil des Publikums irre und von den mühsam erworbenen Wahrheiten der Sensitivität ab. zulenken. Nicht meine Untersuchungsmethode ist falsch, die sich hier

wie überall nach der Natur des vorliegenden Gegenstandes zu richten hat, wohl aber die unreine Beurtheilung derselben durch Liebigs denkgesezwidrige Schlußweisen ist falsch. Aber man muß die schielende Dialektik des herrischen Scheidekünstlers aufdecken und den Zeigfinger auf ihre Blöße richten. Er führt falsche Waffen wie man sieht und die muß man ihm aus der Hand winden.

Zerlegt man die Rede des Hrn. von Liebig in ihre Theile, was nicht schwer ist, da sie beinahe von selbst auseinander fallen, so findet man, daß der auf mich gemachte Angriff in gar keinem Zusammenhange mit dem Zwecke und dem Saßbaue seines Vortrages steht, vom Zaun gebrochen und mitten darein hineingesteckt worden ist, einzig in der Absicht, aus Uebelwollen mir persönlich wehe zu thun. Dazu genügte ihm ein motivirter Journalauffaß nicht; er ersah sich einen solennen in Europa wiederhallenden Aft; in diesem gedachte er mich und mein Streben mit Einem Schlage zu verderben. Ob damit Hr. von Liebig mir oder sich selbst mehr Schaden zugefügt hat, das wollen wir erst gewärtigen. Fasse ich aber seine gegen mich geschleuderte inkonsequente und übelberechnete Phraseologie und die vorstehende Analyse derselben in Kürze zusammen, so ist es in die Augen fallend

falsch, daß er heute herabzusehen versucht, was er früher zumeist gebilligt und belobt hat;

falsch, daß keine vorurtheilsfreien Personen die odischen Erscheinungen. beobachtet haben;

falsch, daß nur kranke nervenschwache Leute dabei mitwirksam gewesen; falsch, daß es nur ungebildete Menschen seyen, aus sich selbst ihre Beobachtungen zu schildern unfähig;

falsch, daß ich ihnen ihre Beobachtungen suggerirt habe;

falsch, daß ich sie auf Einzelnheiten inner ihrer Betrachtung geleitet habe;

falsch, daß Sensitive als solche nur nervenschwache Personen seyen; falsch, daß ein Körperkranker darum auch sinnen- und geisteskrank seyn müsse;

falsch, daß selbst Kranke nicht richtige sinnliche Empfindungen haben. fönnen;

falsch und geradezu widersinnig, daß meine Mittheilungen der Gültig

keit deßwegen verlustig gehen müssen, weil die Thatsachen derselben nicht von mir, sondern von Hunderten anderer Menschen wahrgenommen worden seyen;

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falsch und aller gesunden Logik bar, daß meine Untersuchungsmethode den Anforderungen der Physik nicht entspreche und den denkgesezlichen Bedingungen der induktorischen Beweisform und einer regelrechten hypothetischen Entwicklung nicht genüge;

und somit ermangelt dieser ganze seichte Ausfall jeder wahrheitstreuen und folgerichtigen Begründung. Er ist nichts anders, als für was ihn jeder unbefangene Kenner 'erklären muß, er ist eine wissenschaftliche Verleumdung.

Zum Schlusse meiner Gegenwehr will ich dem Leser noch anheimgeben, wie er die Ausfälle der Münchner Eröffnungsrede auf das Od und auf mich mit folgender Stelle in einem Briefe, den mir Hr. von Liebig unterm 7. Januar 1845 schrieb, vereinbar findet. Sie lautet: „Ich wünsche und hoffe, daß deine (odischen) Abhandlungen Jedermann „mit dem Vergnügen lesen wird, mit dem ich sie gelesen habe und "Hoffmann und alle die sie kennen, und wenn ich auch nicht in allen ,,Stücken mich zu deinen Ansichten bekennen kann, was ich dir mit „Aufrichtigkeit sage, so raubte mir dieß keineswegs den Genuß, mit „dem ich mich in deine geistreichen, glänzenden Versuche, Beobach,,tungen und Spekulationen vertieft habe. In der Art und Weise, ,,wie wir deine Untersuchungen verbreiten (durch die Annalen ) ,,müssen deine Ansichten sich Bahn brechen. Möge dir das neue Jahr „in dieser Beziehung alle deine Wünsche erfüllen, ich zweifle nicht „daran.“

Ein anderer öffentlicher Beurtheiler meiner Arbeiten, Hr. Heidenreich, hat sich sein Geschäft dadurch zu erleichtern geglaubt, daß er meine odischen Schriften in die Rubrik des Mystischen schob. Mystisch ist das, was man nicht versteht und was Einem vers borgen gehalten wird, damit man es innerlich nicht verstehe.* Sobald man eine Sache begreift und versteht, fällt alle Mystik fort. In meinen Schriften wird nichts verborgen gehalten. Es werden im Gegentheile lauter klare Thatsachen der Natur und des Bewußtseyns vorgeführt und alles wird durch reichlichen und strengen. Beweis als wissenschaftliche Thatsache festgestellt, also vielmehr der Mystik entrissen, wo irgend welche noch statt hatte. Bei mir ist also nichts mystisches zu finden, das Rubrum ist gänzlich mißgriffen,

*

Krugs Allg. Handw. der philos. Wissenschaften. Vd. 2. S. 826.

und wenn sich solches in den Ideen des Recensenten bildet, so geschieht es nur darum, weil er den Inhalt eben nicht versteht, d. i. meine Schriften nicht gelesen und die offenliegenden Thatsachen wie ihre Beweise nicht geprüft hat. Ihm empfehle ich, sich Hrn. Hugo von Mohl's jüngstes treffendes Wort zu merken: niemand soll ein Buch beurtheilen, dessen Materie er nicht gründlich verstehe, weil ein unreises Urtheil nach allen Seiten schade."

Derselbe Autor hat auch bemerkt, daß ich vor sechs Jahren die Vermuthung aussprach, der Diamagnetismus fönnte vielleicht innerhalb des Ddes liegen und daß in diesem Falle Hr. Faraday und ich in verschiedener Richtung denselben Gegenstand bearbeiteten. Das findet er ganz naiv" von mir. Wenige Blätter nachher aber nennt er Hrn. Dubois Reymond den größten aller Elektrizitätsmänner", dem er so eben einen gewaltigen Verstoß gegen die bekanntesten Geseze der Elektrizität nachgewiesen; und das Od nimmt er ohne weiteres für gleichbedeutend mit Diamagnetismus, vertauscht sogar ihre Namen, alles willkührlich ohne die geringste Begründung. Einmal sagt er, daß zahlreiche gesunde und rüstige Menschen sensitiv seyen, und acht Zeilen tiefer** urtheilt er, daß von einem Ode, welches von gesunden Menschen gar nicht wahrgenommen werde, in der erakten Wissenschaft keine Rede seyn könne. Auch ich finde derlei ganz naiv", ja ich finde es fonfus und vollkommen unwissenschaftlich.

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Hr. Heidenreich sagt gleich mit dem ersten Worte, das er über das Od ausspricht, es sey eine Hypothese, und sollte deßwegen aus seiner empirischen Schrift ferne gehalten werden." Aber vergißt er denn, daß jede Kraft eine Hypothese ist? daß die Wärme, das Licht, die Elektrizität, die er in seiner therapeutischen Physik abhandelt, in so ferne er sie nicht als Erscheinungen, sondern als Kräfte nimmt, nicht um ein Haar weniger hypothetisch sind als das Dd?

Es liegt etwas sehr Unerquickliches für den Schreiber wie für den Leser in berlei akademischem Federgefechte. Allein so lange man auf Unterdrückung und Vertilgung ausgehende ungerechte Angriffe auf sich einstürmen steht, so bleibt nichts übrig, als mit gerechter Abwehr sie sich vom Leibe zu halten. Der Ton solcher Einreden war einst

*Botanische Zeitung vom 17. Juni 1853. **Therapeutische Physik. S. 126.

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besser; es gab vor einigen Jahrzehenten eine Periode, wo man dahin gelangt war, wissenschaftlichen Widerspruch innerhalb urbaner Formen. zu halten; die Herren Liebig und Dubois aber sind es, denen vorzugsweise das Verdienst gebührt, die alten Ruditäten in ihrer ganzen Widrigkeit wiederhergestellt zu haben. Und leider kann man Kolbenstößen nicht in seidenen Handschuhen entgegen treten.

Von der Art, wie meine Arbeiten gewöhnlich geprüft und dann abgeurtheilt werden, will ich nur Ein Beispiel erzählen, das mir ge= rade zunächst zur Hand liegt. In Wien vereinigte unlängst ein Professor der Physik eine Anzahl junger Leute aus seinem Auditorium, um meine Angaben über Odlichterscheinungen in der Dunkelkammer zu untersuchen. Es waren 15 oder 16 junge Männer beisammen, und unter einer solchen Anzahl hätte, meinen Angaben nach, fast unausbleiblich auch ein und anderer Sensitiver sich finden müssen. Allein wie lange man auch wartete, Niemand sah irgend einen Krystall, einen Magnet oder sonst was leuchten. Von hier aus verbreitete sich nun durch ganz Wien die Kunde, ein Professor der Physik habe meine Angaben geprüft und alles nichtig gefunden. Und nun siehe da: mitten unter diesen Leuten befand sich Herr Eduard von Vivenot, den wir bald als einen sehr braven Mittelsensitiven kennen lernen werden, und der während vier Stunden, die er nachher bei mir in meiner Dunkelkammer zubrachte, vortrefflich Odlicht sah, sich und mich und alle Gegenstände aufs Deutlichste leuchtend erkannte, so klar und schön, als ich es nur wünschen konnte. Warum sah nun dieser in meiner Dunkelkammer so gut und in der des Professors gar nichts? Ganz einfach, weil die des Letteren mangelhaft, nicht absolut finster war, weil feine Spälte und Lücken überall etwas Licht einließen, und überdieß noch, die Leute nur etwas über eine halbe Stunde beisammen gehalten wurden, eine Zeit, die zu Vorbereitung des Auges bei Mittelsensitiven durchaus zu kurz ist. Der Professor protokollirte den ganzen Hergang sehr genau, und der Ausspruch, daß an meinen Sachen so ziemlich nichts sey, ging von dieser Versammlung hinaus in die Welt. Das ist das Verfahren und das Urtheil eines sonst sehr schäzbaren Professors der Physik, wie nun erst das von Nichtprofessoren.

Es gibt nicht wenige Naturforscher, welche die Prätension haben, feine Thatsache in der Wissenschaft zulassen zu wollen, zu welcher nicht auch alsogleich die Erklärung aus den bis jezt festgestellten Natur

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