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ja verhältnißmäßig nur wenige Kranke, sondern weit mehr (im gewöhnlichen Sinne) Gesunde sich befinden? Sieht er nicht, daß sensitive Männer, wie Kotschy, Philippi, Natterer, Köller u. a. felsenfeste Naturen sind, wie man sie nur selten findet? Daß Endlicher, Huß, Unger, Ragsky, Schabus und so viele andere, die er fast alle persönlich kennt, in kernhaften Leibern wohnen, mit einer Fülle von Gesundheit ausgestattet, wie sie nur irgend wünschenswerth seyn kann? Ist es Unwissenheit oder ist es bloßer Leichtsinn, oder aber ist es Absicht, mit welcher Hr. von Liebig über das wichtigste und aufs Nachdrücklichste accentuirte eigenthümliche Ergebniß meiner Untersuchungen wegschlüpft, daß nicht bloß unter Kranken, sondern wesentlich unter weit mehr nach allgemeinem Begriffe ganz gesunden kräftigen Menschen ausgesprochene und nicht selten sehr starke Sensitivität vorhanden ist? Hat er nicht einmal die erste Pagina meiner Schrift über die „Dynamide 2c." gelesen, wo mit Umständlichkeit auseinander gesezt ist, daß bei weitem zum größten Theile nur gesunde Personen zu meinen Untersuchungen verwendet worden sind? Urtheilt er also über eine Sache, deren Auseinanderseßung er nicht einmal ordentlich gelesen hat und gründlich nicht versteht, so ist sein unwahrer Ausspruch von der einen Seite eine Anmaßung, von der andern eine offene Verlegung der Achtung, die er dem Publikum schuldig ist, das ihn anhörte, Ignorirt er aber meine Hauptsäße geflissentlich, so habe ich über ein solches Benehmen öffentlich weiter nichts zu sagen, es richtet sich selbst.

Freiherr von Liebig fährt dann weiter fort, die Sensitiven, welche ich verwendete, haben bei meinen Untersuchungen „von dem Fragesteller (d. i. von mir), der aber die Erscheinungen selbst nicht sieht und nie „gesehen hat, auf die einzelnen Theile derselben und ihre Eigenthüm„lichkeit durch seine Fragen aufmerksam gemacht und geleitet werden „müssen.“ Hat man je eine beleidigendere Sprache eines Naturfor= schers gegen den andern gehört? Was Hr. von Liebig sich hier herausnimmt, ist nichts weniger als mir öffentlich Versuchsfälschungen zur Last zu legen, indem ich die Reaktionen suggerirt haben soll, die ich dann der Welt als neu gefundene Wahrheiten verkaufe? Und er fühlt nicht die Blöße, die er durch den eigenen innern Widerspruch gibt, der in dieser ganzen unwürdigen Polemik liegt? Wenn ich mehr als 160 Menschen, welche durchweg gleichstimmige Angaben über die odischen Sensationen niederlegten, allen nach einander das, was sie sehen und fühlen sollten, eingeredet und eingetrichtert habe, woher endlich

habe denn ich selbst diese Thatsachen und diese Beobachtungselemente? Irgendwo müssen sie doch hergekommen seyn? Sagt er doch selbst, daß ich die Erscheinungen nicht und nie gesehen habe, wie also soll ich die Sensitiven auf Spezialitäten aufmerksam machen und sie zu Angaben verleiten, wovon ich doch selbst nichts wissen kann? Wie kann ich Jemand etwas suggeriren, das ich selbst nicht weiß? wie vollends ihm sinnliche Anschauungen aufbinden, die ich selbst nicht kenne und die am Ende wohl gar nicht eristiren würden? Die Lächerlichkeit des innern Widerspruchs in dieser Behauptung ist so zwerchfellreizend, daß hier nur Eines unfaßlich bleibt, wie Hr. von Liebig jenen nicht fühlen fonnte, indem er diese aussprach.

Und seit wann schadet eine Frage der Erforschung verborgener Wahrheit? Seit wann ist es verboten, über Naturerscheinungen durch Fragen sich Aufklärung und Bestätigungen zu verschaffen? Alles was man durch Fragen und eine überreiche Anzahl von gleichlautenden Antworten ermittelt hat, sollte darum, weil man es nicht unmittelbar an sich selbst erfahren hat, wissenschaftlicher Beachtung nicht werth seyn? Weil ein Arzt die Leiden, die ihm der Kranke auf seine Ausfragen. mittheilt, nicht selbst mitempfindet, sollten die Antworten alle unbrauchbar seyn? Die Diagnose sollte deswegen nichts taugen, weil sie auf die erfragten Antworten des Kranken sich gründet? - Ueber so schiefe Argumentationen ist kein Wort zu verlieren.

Noch aber muß der Leser Hrn. von Liebig fragen, wie denn daraus herauszukommen sey, daß ich die Sensitiven auf die einzelnen "Theile der Erscheinungen und deren Eigenthümlichkeiten aufmerksam "machen solle." Soeben haben wir gehört, daß weder ich, noch meine Sensitiven etwas fühlen oder sehen sollen; hier dagegen spricht Hr. von Liebig von den Theilen und Eigenthümlichkeiten der odischen Erscheinungen." Was aber Theile und Eigenthümlichkeiten hat, auf die man einen Andern aufmerksam machen kann, muß ja wohl ein Ding seyn, das eristirt, ein Objekt, dem diese Prädikate ankleben. Und wenn er diese Eristenz auf solche Weise einräumt, was soll dann seine ganze Einsprache? In dem einen Redesaße läugnet er die Eristenz der odischen Erscheinungen, in dem andern spricht er von ihren Theilen und Eigenthümlichkeiten, auf welche ich die Leute aufmerksam mache. Auf jeder Linie also ein Widerspruch gegen sich selbst.

Ist es denn aber auch wahr, was mein übereilter Gegner als eine ausgemachte Sache hinwirst, daß ich der Fragesteller" von den

odischen Erscheinungen nichts sehe und nie etwas gesehen habe? Nein, es ist ganz und gar nicht wahr! Sehr vieles habe ich nicht gesehen; dennoch habe ich und alle andern Nichtsensitiven sehr wichtiges und Entscheidendes vollkommen gut gesehen. Unter anderen wird man später im Kapitel von den odischen Wirkungen der gesammten Körperwelt" S. 1390 ff. finden, und es ist in allen meinen Schriften über diese Gegenstände vielfach ausgesprochen, daß die Sensitiven alle Körper nach ihrem elektrochemischen Werthe von einander zu unterscheiden. wissen. Wenn ich nun einer mittelsensitiven Person z. B. eine Flasche Schwefelsäure in die Hand gab und dann von derselben Hand eine Flasche concentrirte Aezkalilauge ergreifen ließ, so erklärte sie die eine Flasche für kühl, die andere für lau. That ich nun dasselbe mit andern Körpern verschiedener Art und ließ sie die kühlen auf eine Seite, die lauen auf die andere Seite zusammenstellen, so sah ich jedesmal, daß die elektronegativen alle auf die eine, die elektropositiven alle auf die andere Seite zusammen kamen. Und als ich eine Anzahl chemischer einfacher Stoffe auf solche Weise von sensitiven Händen. einzeln prüfen und nach der Stärke ihrer relativ kühlen und lauen Gefühlserregung in eine Reihe bringen ließ, so sah ich mit Erstaunen diese Körper in die elektrochemische Reihe sich rangiren. Dieses höchst überraschende, dem Sachkundigen wahrhaft Staunen abnöthigende Ergebniß meiner Arbeiten sah ich mit eigenen Augen sich aus dem Gemenge herausbilden, so oft ich es versuchte. Von der außerordentlichen Feinheit des sensitiven Wahrnehmungsvermögens, von den eigenthümlichen Kräften desselben zu Wahrnehmungen, die weit jenseits aller nichtsensitiven Beobachtungsfähigkeit liegen, von einer neuen, der Náturwissenschaft gänzlich unbekannten sspezifischen Qualität aller Materie, welche sie durch eigenthümliche Emanationen handgreiflich manifestirt, - einer Qualität, die ihrem elektrochemischen Werthe genau parallel läuft, durch ihn controlirt ist, also in der tiesinnersten Natur alles Stoffes wurzelt, - von diesen und ähnlichen Resultaten odischer und sensitiver Wirksamkeit, die jedem Verständigen", nur dem verständigen Baron Liebig nicht, die gespannteste Aufmerksamkeit und eine glühende Theilnahme abnöthigen, habe ich „der Fragesteller“ selbst, so oft vor meinen Augen in die Erscheinung treten gesehen, als ich es immer wünschte. Wenn dieß ganz der einzige Erfolg aller meiner Bemühungen gewesen wäre, so wäre zehnjährige Arbeit dadurch allein reichlich belohnt. Es ist ein Fund, von dem ich kaum glaube, daß er einst an

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Bedeutung und Folgenschwere dem Derstedschen von 1820 nachstehen wird, wie jeder leicht übersicht, der auch nur oberflächlich über den weiten physischen und physiologischen Umfang der Sache nachzudenken vermag. Dieses und noch manches andere nicht minder Gewichtige, was man in den hier folgenden Untersuchungen finden wird, habe ich sehr gut selbst gesehen. Aber das Alles geht an Hrn. von Liebig ganz unbemerkt vorüber; er steht wie Hans Schieferdecker so hoch, daß er derlei Kleinigkeiten von uns andern winzigen Leuten da unten gar nicht mehr gewahr und dadurch zu mißgriffenen, faktisch falschen Behauptungen verleitet wird, deren platte Unwahrheit er sich dann öffentlich und ins Angesicht vorhalten lassen muß.

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Gesezt aber, nicht die Sensitiven, sondern ich wäre es, der die odischen Gefühls- und Lichterscheinungen wahrgenommen hätte, um wie vieles wären wir dann mit der Gültigkeit meiner Thatsachen und Folgerungen beffer daran? Würde Hr. von Liebig bann sagen: Reis chenbach ist der Entdecker des Paraffins, des Kreosots, des Afsamars, des Eupions, des Kapnomors u. s. w., lauter Stoffe, deren Bestand sich durch erperimentelle Control anderer Chemiker als wahr erprobt, und der damit bewiesen hat, daß er Geschäft und Methode wissenschaftlicher Untersuchung versteht; er ist folglich ein unter uns affreditirter Naturforscher, dem wir Vertrauen schenken werden? - Schwerlich! Er würde umgekehrt sagen: Ein Zeugniß ist kein Zeugniß; und hätte damit Recht. Der Vorwurf aber, den er mir jest entgegenhält, daß nicht ich, sondern nur mit Namen genannte 160 Zeugen die Erscheinungen wahrgenommen haben, liegt denn hierin auch nur ein Gran von Urtheil? Dient nicht gerade umgekehrt dieß mir zur Stüße? Ist denn nicht ein Schluß aus Hunderten von gleichlautenden Aussprüchen ein richtigerer und sicherer, als der von Einem allein in seiner eigenen Sache? Ist Hrn. von Liebig niemals das uralte Wort zu Ohren gekommen: plus vident oculi quam oculus? Gerade daß ich, der Berichterstatter, nichts fühle und nichts sehe, gerade der Umstand, daß ich die Realität der Thatsachen erst für mich und dann für die Welt aus der Uebereinstimmung hunderter von Beobachtungszeugen zusammenbringen und aus beiläufig 13,000 bis nun mit ihnen angestellten Versuchen zur Theorie zusammenbauen mußte, gerade dieß ist der solideste Beleg, ist die kräftigste Stüße für die Glaubwürdigkeit meiner Vorträge. Hier ist alle subjektive Selbsttäuschung fast ausgeschlossen. Die Wahrnehmung des einen Sensitiven verbürgt die des Andern,

und Hunderte bestätigen die jedes Einzelnen. Wo also Liebig vermeint, mich bei einer Schwäche erfassen zu können, da liegt gerade meine Stärke und die kräftigste Gewähr für die Unumstößlichkeit meiner Thesen.

Hier gleicht Liebig jenem Blinden, der, weil Er kein Licht sah, die Dreiftigkeit hatte zu behaupten, Licht und Farben eristiren gar nicht. Der Schlüssel zu dem Borne, aus dem er diese Ungereimtheiten. geschöpft hat, findet sich leicht. Es kommen zu mir viele Menschen, welche die „odischen Briefe" gelesen haben und wünschen die Sensiti vität zu prüfen, deren Merkmale sie an sich wahrgenommen. Es sind dieß theils wissenschaftliche, theils nur neugierige Leute. Ich diene ihnen allen gerne und führe sie in meine verfinsterten Gemächer. Mit den Einen mache ich regelmäßige Forschungen, stelle ihnen Fragen und horche der Antworten, die mich belehren und mir Stoff zu weiteren Untersuchungen geben. Mit den Andern, die mir keine wissenschaftliche Ausbeute versprechen, mache ich nur den Cicerone; ich zeige ihnen, was ihrer Wißbegierde Befriedigung gewähren kann, erkläre ihnen odische Werkzeuge, deren Gebrauch und Wirkungen im Hellen und im Finstern, ich erzähle ihnen; dann verweile ich mit ihnen im Finstern und zeige ihnen die Odlichterscheinungen, frage sie auch, ob sie dieses und jenes sehen und fühlen oder nicht, was ich ihnen beschrieb, schilderte und erzählte, wie man so mit Leuten zu plaudern pflegt, denen man eben freundliche Unterhaltung gewähren will und sonst nichts. Da waren denn einige Herren von der Naturwissenschaft bei mir, die ich auch zu meinen Erzählungsfreunden zu rechnen mich ge= nöthigt sah. Diese reisten von Wien nach Wiesbaden zur Naturforscherversammlung und sprachen im Vorbeigehen bei Hrn. von Liebig ein. Hier wurde meiner eben nicht in allen Stücken allzu gnädig gedacht und was die reisenden Herren von der Dunkelkammer auf SchloßReisenberg nach ihren Anschauungen und meinen Auseinanderseßungen erzählten, das hielt Hr. von Liebig, Erperiment und Demonstration verwechselnd, für vortheilhaft geeignet, eine Zierblume zu Ausschmüdung seiner Eröffnungsrede abzugeben und mir und dem Ode gelegenheitlich die Bestattung zu ertheilen. Er möchte sich verrechnet haben, Wenn Hr. von Liebig keine bessere Waffen zu führen weiß, als solche aus trüber Quelle geschöpfte mißverstandene Argumente, die vom ersten Lufthauche fallen, so wird er uns beiden in den Augen von Sachkennern wenig anhaben. „Kein Verständiger," meint er schließlich,

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