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gewiß seyn, daß es keine Sensitive ist; wenn ich aber einen blauen Hut, blaue Gewänder gewahre, wovon man in der Wahl Absichtlichkeit und Vorliebe erkennen kann, so ist hundert an Eines zu sehen, daß die Trägerin eine Sensitive ist.

§. 1317. Befrägt man nichtsensitive Menschen um ihre Zu oder Abneigungen gegen Farben, so bekommt man gewöhnlich zur Antwort, daß man grün liebe, daß Rosenfarb schön sey und so durch alle Farben. Dabei hört man gar nichts von besonderer Abneigung gegen die eine oder die andere Farbe, alle Farben, wenn sie rein oder passend gemengt sind, werden schön gefunden und geliebt. — Und so ergibt sich denn schlagend, daß derAbschen gewisser Menschen vor Gelb ganz und gar nicht auf irgend einem Vorurtheile, anf irgend einer übeln Gewohnheit beruht, sondern tief in ihrer Natur liegt, an ihrem ganzen Wesen Theil hat, und durchaus nimmermehr getadelt werden darf, sondern daß ihm Anerkenntniß und Berücksichtigung gezollt werden muß, und daß die ganze Erscheinung ein merkwürdiges Attribut ausgesprochener Sensitivität ist.

§. 1318. Fragte ich nun bei denen, welche Gelb verabscheuen, nach dem Verhalten zu andern Farben, so gab es immer darunter einige, welche sich), merkwürdiger Weise, auch gegen grün erklärten; dieß waren unter andern Frl. Beyer, Josephine Zinkel, Azmanusdorfer, Hr. Dr. Mielichhofer (21) und eine sensitive Person aus den höchsten Kreisen, welche zu nennen die Umstände nicht wohl gestatten. Das grüne Kleid der vegetabilen Natur steht in so hohem Ansehen in der ganzen menschlichen Gesellschaft, daß eine Abneigung gegen seine Farbe keine zufällige seyn kann, sondern aus tiefen Gründen hervorquellen muß. — Andere fanden sich, welche Abneigung gegen Roth bezeugten, und deren waren schon ziemlich viele, sie seyten es dem nahe liegenden Gelb gleich oder doch nicht sehr weit davon abstehend.

§. 1319. Wenden wir uns nun zurück zum Spectrum des Sonnenlichtes, so finden wir eine überraschende Analogie der odischen Annehmlichkeit oder Widrigkeit der prismatischen Farben mit ebeudenselben im Schatten und zerstreuten Lichte. Was im Spectrum kühl und angenehm auf das sensitive Gefühl wirkt, das Blau, ist auch willkommen im täglichen Leben, ist angenehm, zusagend und gefällt den Sensitiven; was aber in der Iris lauwidrig und peinlich empfunden wird, das Gelb und Roth, fällt auch im gemeinen Leben ins Unangenehme, wird gemieden, ja es ist verhaßt, alles ohne daß sich die betroffenen Personen irgend Rechenschaft über die Ursache zu geben vermögen. Selbst das gepriesene Grün muß dem dunkeln Justincte gewisser Gefühle weichen.

§. 1320. Augenscheinlich sind nun diese Gefühle nichts anderes, als die Wirkungen der Sensitivität, und so weit erstreckt sich diese unbewußte Eigenschaft unzähliger Menschen herein in ihr Erkennen und Denken, in

ihr ganzes Thun und Lassen, daß es sogar ihren Geschmack influencirt und beherrscht.

§. 1321. Dadurch erfahren wir dann, daß in den Farben noch etwas Weiteres liegt, als ein bloßer Ausdruck ihrer Form in unserem Percep tionsvermögen. Es ist nicht eine bloße passive Aufnahme, welche in uns vorgeht, wenn wir etwas Farbiges anschauen, es ist nicht jene bloße sinnliche Vorstellung, ein leerer Abdruck des vor uns liegenden Modells, sondern es geht dabei noch etwas Actives außer der Vorstellung vor, ein physischer, ein odischer Eingriff in unser Nervensystem, in das Sensitive unseres Or= ganismus, welches mit Zuträglichkeit und Unzuträglichkeit gepaart ist, Lust und Unlust erregt, und unser sinnliches und geistiges Gefühlsvermögen in Agitation bringt. Was nun das ist, das hier in der Tiefe vorgeht, das wird Vorwurf der künftigen Geschlechter unserer Physiker, Physiologen und Psychologen werden: wir werfen ihnen hier das erste Trum des langen Fadens hin, an dem sie fortzuspinnen haben werden.

§. 1322. Noch habe ich einen Versuch gemacht, die Wirkung farbiger Papiere in vollem Sonnenlichte zu prüfen. Der Frau Baronin von Augustin (6) gab ich drei Röhren von Papier, aus einem gewöhnlichen Bogen gefärbten Papiers zusammengerollt und gebunden in die Hände, eine rothgelbe, eine grüne und eine blaue, und ließ sie eine nach der andern so in den Sonnenschein halten, daß die Hand selbst im Schatten blieb. Eine weiße Papierrolle war im Sonnenschein kühl geworden, wie ein Holz- oder Glasstab. Die rothe Rolle aber gab ihr lauwarm und so widrig, daß ihr beinahe übel dabei geworden wäre. Die Grüne fand sie nicht lau, erträglicher, aber mit einer eigenen unangenehmen Widrigkeit angethan. Die Blaue gewährte ihr Kühle und Erholung. Einen zweiten Versuch ordnete ich mit Frl. Wilhelmine Glaser (161) an. Sie fand die rothe Rolle im Sonnenscheine Wärme geben, mit Gruseln den Arm hinauf. Gelb erschien ihr nur laulich, grün kühlig, blau kalt und angenehm. Frl. Zinkel (776) gab ich mehr solche Papierrollen in die Hand; sie erzeugten ihr im Sonnenschein, in der linken Hand:

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schwächer kühl und minder angenehm.

Diese Ordnung der Gefühle vom gefärbten Papiere war demnach nicht

merklich anders, als die vom Spectrum.

§. 1323. Einen Bogen blauen Papiers breitete ich der Frau von Rivo (*. 9), Hrn. Leopolder (177) und seiner Tochter Martha (121) im Schatten meines Arbeitszimmers aus, und ließ es sie abwechslungsweise bald mit dem linken, bald mit dem rechten Auge betrachten, während das andere jedesmal geschlossen wurde. Alle waren verwundert zu gewahren, daß der Anblick verschieden auf ihre Augen wirkte, daß er angenehm war im linken Auge, unangenehm aber im rechten. Nun that ich dasselbe mit einem oraniengelben Bogen. Jest war das Ergebniß umgekehrt: der Anblick war unangenehm im linken Auge, angenehm im rechten. In allen diesen Fällen fühlten die Sensitiven noch, daß der angenehme Anblick im Auge zugleich klar und rein, der unangenehme trüb und undeutlich war. Diese Beobachtung ließ ich wiederholen von Frau Heintl (62), von Lit= trow (22), von Hauer (10), zwei Schwestern Fräulein von Unchrechtsberg (10), Zinkel (1383, 1469), Hrn. Alexander Baumann (40), Grafen Karl von Coronini (31), Ritter von Siemianovski (26), Klein (96), Richard Schuler (''), Alois Zinkel (139), immer mit demselben Erfolge. — Bei Frl. Beyer (530) war die Wirkung so stark, daß sie den Anblick der gleichnamigen Farbe gar nicht auszuhalten vermochte, indem ihr das Auge darüber verging und sie bald das Papier gar nicht mehr jah.

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§. 1324. Noch mehr: Hr. Klein (131) theilte mir mit, daß er Kleiderstoffe von gewissen Farben, namentlich gelbroth gestreifte, nicht vertragen könne. Es vergehen ihm die Augen darüber, alles werde unklar und es daure dieß nicht einige Minuten, so sey er schon von heftigem Kopfweh ergriffen. Ein derartiges Bettzeug habe er unverweilt weggeben müssen. Diese Sonderbarkeit begreift sich, wenn man Frl. Zinkel (1286) hört. Bei ihr findet dieselbe Erscheinung statt, aber sie ist sich darüber klarer geworden. Wenn sie in ein Kaufmannsgewölbe geht, um Kleiderstoffe oder Meubelzenge einzukaufen, und es werden ihr gelbe oder rothe Zeuge rechts und links vorgelegt, so wird es ihr peinlich, diese zu beiden Seiten vor sich sehen zu sollen; sie ergreift sie, um sich von der Widrigkeit frei zu machen und legt sie beide auf ihre rechte Seite, dann liegen sie ihr recht und der unange= nehme Einfluß ist behoben. Einmal befand sie sich in einem Gasthause am Tische zwischen zwei Gläsern rothen Weins. Dieß wirkte so unangenehm auf sie, daß sie sich nothgedrungen fühlte, das zu ihrer Linken stehende zu dem rechtsstehenden zu schieben. Es ist klar, die rothe und gelbe Farbe wirken ocpositiv auf das sensitive Empfindungsvermögen ein, und werden dadurch auf der odpositiven linken Seite, als gleichnamig reagirend, unangenehm; es treibt die Sensitive instinctartig, sich zu helfen dadurch, daß sie die farbigen Stoffe auf ihre rechte, ihnen ungleichnamige Seite schiebt, wo sie zuträglich auf sie wirken. Dieß ist ohne Zweifel eine von den feinsten sensitiven Erfahrungen.

Diese Versuche liegen in der Mitte zwischen den Ergebnissen des Spectrums und zwischen den Wirkungen der Farben überhaupt auf Sensitive und dienen beiden zur Bestätigung und zum besseren Verständniß. Man ersicht aber aus ihnen, daß bei Beurtheilung der odischen Natur und Einwirkung verschiedener Stoffe auf den Menschen die Farbe bedeutend miteinwirkt, und daß folglich ihr überall Rechnung getragen werden muß.

§. 1325. Schließlich läßt sich dieß so zusammenfassen: Die Farben sind überhaupt ein odischer Gegenstand. Sie wirken auf das sensitive Gefühl; und dieß nicht bloß im Spectrum als direktes Licht, sondern überhaupt im reflektirten Sonnenscheine, ja sogar im zerstreuten Lichte. Ihre Wirkungsweise ist qualitativ mit der im Spectrum des Sonnenlichts einerlei, quantitativ aber davon verschieden und geringer. Die blaue Hälfte des Farbenbildes wirkt opnegativ, die gelbe Hälfte odpofitiv. Ueberall, wo odische Gefühlswirkungen in Betracht kommen, muß die Farbe der sie erzeugenden Stoffe berücksichtigt und in Rechnung gestellt werden.

e) Tages- und Jahreszeiten.

§. 1326. Die mächtige odische Kraft unseres Tagesgestirnes kann nicht verfehlen, einen großen Einfluß auf unsern Organismus zu nehmen; dieß ließe sich voraussehen, wenn ich es auch nicht schon in der siebenten Abhandlung der Dynamide (von §. 256 bis 276) dargethan hätte, wo ich die periodischen Fluctuationen auseinander gesetzt habe, welche nicht bloß in sensitiven, sondern in jedem gesunden Menschen die odische Disposition im Leibe innerhalb jeden Tages und jeder Nacht durchläuft. Aber außer den dort angeführten gibt es noch andere odische Schwankungen im menschlichen Organismus, die vom Laufe der Sonne abhängig erscheinen, sich eigenthümlich in den Sensitiven zu erkennen geben und woran die Nichtsensitiven keinen wissentlichen Antheil haben. Davon will ich einige hier berühren.

§. 1327. Bei vielen Sensitiven hörte ich, daß sie zu geistiger Arbeit sich nur Vormittags, von der Früh bis etwa 2 Uhr Mittags aufgelegt fühlen, nachher aber sich in einem Zustande befinden, in welchem sie nur mit Selbstzwang an Denkarbeit gehen und in welchem ihnen auch nicht nur keine Arbeit mnnden, sondern auch nichts Geistiges gut gelingen, noch erfreulichen Fortgang nehmen will. So sprach Hr. Kotschy (7), Hr. Prof. Rösuer und Dr. Diesing (15); bei der Frau von Peichich-Zimanyi (51), welche sich immer Morgens sehr wohl befindet, tritt Abends ein gewisses körperliches Mißbehagen ein, das unmittelbar an odpositive Zustände erinnert. Hr. Prof. Huß (“), Consistorialrath Pauer u. a. m. bewiesen Abends wenig

sensitives Wahrnehmungsvermögen, des Morgens zeigte sich dieß aber bei weitem flarer, und was sie Abends nicht wahrzunehmen vermochten, das erfannten sie Morgens mit überzeugender Klarheit.

Frau von Varadh (7) fühlt sich Vormittags in jedem Betrachte weit lebendiger und reizbarer als nach dem Mittagstische und Abends. Viele höher Sensitive befinden sich Morgens wohl und werden ausschließlich Abends ven ihren mancherlei Anfällen betroffen. So Frl. Nowotny (2.) hatte heitere Vormittage und ward regelmäßig Nachmittags übler und um die Zeit von Sonnenuntergang von Katalepse und Krämpfen befallen. Frau Johanna Anschütz (152) erleidet ihre nervösen Anfälle jetzt regelmäßig zur Zeit abendlichen Dämmerlichtes, d. h. sobald die Sonne Abschied genommen hat; Morgens wird sie niemals von ihren Krämpfen befallen. Es äußert sich durch Beängstigung, Kopforücken, Magenweh, Uebelkeit und lauter ähnliche odposi= tive Affektionen, die ihr dann den ganzen Körper herab und bis in die Fußzehen laufen; dieß dauert eine Viertelstunde und dann ist sie befreit, bis wieder zum nächstfolgenden Sonnenuntergange. Frl. von Weigelsberg (2) wird gegenwärtig regelmäßig Abends 9 Uhr von einem krampfartigen Husten befallen, der, wenn er zur höchsten Beklemmung gestiegen, plötzlich aufhört. Frl. Reichel (7) war immer Morgens ziemlich gut, ging aus und nach Sonnenuntergang versant sie in die fürchterlichsten Krämpfe, theils in meinem eigenen Hause, theils anderswo, wo ich sie regelmäßig an solchen Abenden besuchte. Frl. Girtler befand sich Morgens stets gut und immer fingen Nachmittags ihre Anfälle an, die Abends in Krämpfe ausbrachen. Frl. Beyer (448), so lange sie bei mir wohnte, sah ich Morgens immer wohl und munter bei den Versuchen, die ich mit ihr anstellte, sie fühlte sich kühl und angenehm. Nach dem Mittagmahle ward es ihr schon wärmlich im ganzen Leibe; dieß nahm mit dem Laufe der Stunden zu, gegen Abend fühlte sie schon durchaus mißbehagliche Wärme, die dann mit dem Eintritte desselben in Hitze und Schweiß am Leibe und in den Händen sich steigerte. Endlich mit der Dämmerung sah ich sie täglich in Opisthotonus gerathen und in gräßliche Krampfverrenkungen verfallen. So könnte ich noch viele Beispiele aufzählen, wie Sensitive Morgens und Mittags gesund von Aussehen, mit dem Weichen der Sonne schmerzlich darnieder liegen.

§. 1328. Aber auch entgegengeseßte Beispiele sind nicht selten, wo die Uebel Morgens eintreten und die Abende frei und angenehm sind. So Professor Endlicher (73), der Morgens immer sich mißbehaglich und folglich mißgestimmt befand, Abends dagegen frei von Peinlichkeit und gut aufgelegt war. -Frau Krebs (2) verfiel regelmäßig Morgens 10 Uhr in Krämpfe. — Frau Johanna Anschütz (93) litt in einer frühern Periode Morgens kurz nach Sonnenaufgang an täglich wiederkehrenden Krämpfen, die übrige Zeit war sie frei. Frl. Nather (63) befand sich immer Morgens ebenso übel, als es ihr

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