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auf keine Weise unangenehm sey, wenn Jemand zu ihren Füßen sich befinde.

Frl. Nowotny duldete nichts über ihrem Kopfe, aber unten zu ihren Füßen brachte ich selbst viele Stunden und halbe Tage zu, ohne eine Beschwerde zu vernehmen, im Gegentheil, es wurde mir versichert, daß meine Stellung dort ganz genehm sey. -Ebenso sprach sich Frau Kienesberger (63) und Hr. Gustav Anschütz (245) aus, lettere Beide mit der Bemerkung, daß die Kühle bei den Füßen aber nicht ganz rein, sondern mit einer Spur von Widrigkeit durchzogen sey.

§. 90. Ein berühmter Arzt, Hr. Professor Huß (4), Leibarzt des Königs von Schweden, war ein paar Tage zu Besuche bei mir, um von meinen magnetischen Untersuchungen nähere Kenntniß zu nehmen. Während der Unterredungen hierüber ergab sich unerwartet, daß er selbst ein Sensitiver war, wenn auch nur ein Schwacher. Die beste Kenntnißnahme von der Sache konnte er nun dadurch erlangen, daß er sich selbst einer odischen Prüfung unterzog. Ich legte ihn nun unter Anderem auf ein Ruhebette in den magnetischen Meridian, den Kopf gen Norden gerichtet und auf den Rücken gelagert. So lange ich unter seinen Füßen stand, das Antlig gegen ihn gerichtet, fand er es ganz zuträglich, ja angenehm kühlend. Als ich mich aber über seinem Kopfe aufstellte, ebenfalls mit meinem Antliße ihm zugekehrt, so ward ihm dieß widrig, er beklagte sich über dumpfe Beengung und lauliche Wärme, die ihm den Kopf belästige. So wie ich mich davon entfernte, hörte diese Widrigkeit sogleich auf. — Frau Baronin von Natorp (102), Hr. Med. Dr. Diesing (36), unser berühmter Helmintholog, Hr. Delhez (95) auf dieselbe Weise behandelt, drückten sich darüber ebenso aus. — Frl. Glaser (110) rücklings auf dem Sopha in Normallage, fand mich bei ihren Füßen mir ins Gesicht schauend ganz behaglich und Kühle über sie verbreitend, aber über ihrem Kopfe, mit dem Gesicht ihr zugekehrt, unangenehm, Hize, Beängstigung und zuletzt Magenübel erzeugend. Sechs Monate später (Juli 1847) gab derselbe Versuch (113) bei der Wiederholung wörtlich dasselbe Resultat. — Hr. Delhez (95) und Frl. Krüger (65) gaben unter gleicher Behandlung ungefähr dieselben Aussprüche. - Stellte ich mich unter die Füße der im Meridian liegenden Frl. Aßmannsdorfer (190), so empfand sie dieß kühl, wie herabziehend, erfrischend, angenehm und da ich eine Weile so stille und über meine Versuche nachsinnend bei ihr stand, fand ich sie ruhig eingeschlafen. Ich begab mich von da über ihren Kopf; bald fing sie unruhige Bewegungen an, wachte auf und beklagte sich über Wärme und schmerzliche Beängstigung. Sie wollte es nicht länger aushalten und sprang vom Lager ungeduldig auf. Frl. Zinkel, ebenfalls in Meridian auf den Rücken gelegt, fühlte sich an den Füßen von mir wie alle andern kühl und beruhigend influenzirt, am Kopfe aber warm und unausstehlich widrig beunruhigt. Diese Differenzen traten um so bestimmter und klarer hervor, je reizbarer die sensitive Person war.

§. 91. Hr. Dr. Nied (7) sprach sich unter dieselben Umstände versett ungefähr ebenso aus, mit dem Zusage, daß, wenn ich über seinem Kopfe stehe, eine Empfindung sich seiner bemächtige, als ob ich ihn bei den Haaren risse. Frl. Aymannsdorfer hatte ich einige Monate zu mir in meine Wohnung genommen; ihre Bettstätte stand so, daß das Dienstmädchen, das Morgens zu ihrer Bedienung kam, während sie noch zu Bette lag, über ihren Kopf vorbeigehen mußte. So oft dieß geschah, wachte sie immer schnell auf, denn jedesmal ergriff sie unter andern die Empfindung, als ob die Eintretende sie bei allen Haaren an sich risse.

§. 92. Ueber die Möglichkeit, daß die Himmelsrichtung hiebei Einfluß nehmen könnte, versuchte ich mich zu unterrichten durch einen Versuch mit Frl. Wilhelmine Glaser (17). Ich stellte das Canapee, worauf sie auf dem Rücken lag, in die Parallele, so daß ihr Kopf in West, die Füße in Ost fich befanden. Es war ihr dieß sehr unangenehm, da sie einige Zeit so verbleiben mußte. Sie fand mich nun sowohl unter den Füßen, als überm Kopf unangenehm; doch unter ersteren weit weniger unangenehm und das Widrige meiner Stellung mit lindernder Kühle vermengt, als überm Kopfe, wo sie die Widrigkeit bis zur Unausstehlichkeit gesteigert fand und nahe dem Uebelwerden war, als ich durch Weggehen ihr wieder aufhalf. - Auch die Frl. Zinkel versuchte ich in Westostlage und erhielt ziemlich die gleichlautenden Mittheilungen.

§. 93. Die Richtung in der Südnordlage, wo der Kopf im Süden und die Füße gen Norden lagen, prüfte ich mit einem Ungenannten (r). Stellte ich mich unter seine Füße, mein Gesicht gegen ihn gekehrt, so war ihm dieß kühlig; stellte ich mich auf gleiche Weise über seinen Kopf, so fand er mich lau einwirkend, und dieß im ersten Falle mit Widrigkeiten untermengt, im letztern ungleich stärker unangenehm, als wenn er sich früher in Normallage §. 90 befunden hatte, d. h. zu den von mir hervorgebrachten angenehmen und unangenehmen Gefühlen addirte beiderseits der unangenehme Nachtheil seiner verkehrten Lage gegen den Erdmagnetismus.

§. 94. 3ch variirte die Versuche in der Weise, daß ich die Näherungen an Füße und Köpfe der Sensitiven statt wie bisher mit meinem Gesichte, nunmehr mit meinem Rücken bewerkstelligte, also mit umgekehrten Polen mich näherte.

Hr. Delhez (128) lag normal im magnetischen Meridian, als ich mich mit meinem Rücken seinen Füßen näherte. Er fand mich jetzt nicht angenehm noch fühl wie sonst; ebenso fand er mich, als ich mich rücklings seinem Kopfe näherte, nicht mehr so unangenehm wie sonst, noch so lan; doch im mer noch in etwas widrig. Frl. Beyer (7) lag ebenso, mit dem Kopfe gen Nord, als ich zu ihren Füßen stand, mit dem Gesichte ihr zu, und ganz behaglich und angenehm gefunden wurde. 3ch kehrte mich nun wie von Zufall um und kehrte ihr den Rücken. Es dauerte nicht lange, daß die

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dadurch eingeleitete umgekehrte lauwidrige Reaction Anwandlungen von Krämpfen hervorbrachte. Ich drehte mich wieder, das Antlig ihr zukehrend und und alles kam bald in sein voriges ruhiges Geleise zurück; kein Mensch wußte damals warum. Frl. Zinkel (452) ebenso normal auf der Canapee liegend, als ich mich mit dem Rücken ihren Füßen annäherte, empfand dieß lauwidrig, sosehr daß es ihr in Kurzem Ameisenlaufen die Füße hinauf bis übers Knie verursachte und wehmachend bis in den Magen aufstieg. Näherte ich mich hierauf rücklings ihrem Kopfe, so war dieß nicht nur nicht widrig, sondern umgekehrt angenehm und kühlig.

§. 95. Um die Frl. Zinkel (44) machte ich, da sie im Méridian mit dem Kopfe gen Nord lag, Kreisgänge, bei denen ich mich ganz nahe an ihrem Leibe hielt. So oft ich oben über dem Kopfe und unten bei den Füßen umwand, ergab sich ein bemerkenswerther Umstand. Sie fühlte den ganzen Gang in der Richtung mit der Seite, die ich genommen hatte, angenehm; nur so oft ich überm Kopfe umwendete, empfand sie ein peinliches Stechen und einen augenblicklich schnellen Magenschmerz, die aber beide ebenso schnell wieder vergingen, sobald ich weiter auf meiner Kreisbahn fortrückte; eine ähnliche vorübergehende Empfindung trat ein, so oft ich um die Füße herumkam. Diese Erscheinungen näher geprüft, zeigte es sich, daß diese Schmerzen ihre Stellen wechselten, so oft ich die Richtung meines Kreisganges umkehrte. Ging ich nämlich so überm Kopfe vorbei, daß ich ihm mit meiner Rechten zugekehrt war, so war der Schmerz auf der rechten Kopfhälfte fühlbar und pflanzte sich fort bis auf die rechten Solargeflechtlappen, während dabei die linke Seite ganz frei blieb. Aenderte ich meinen Kreisgang und kehrte ihr auf demselben meine linke Seite zu, so verpflanzte sich der Schmerz sogleich auf die linke Kopfhälfte und floß hinab bis auf die linken Solargeflechtlappen, während die rechte Seite ganz schmerzfrei blieb, ja sich angenehm angethan fühlte. — Ebenso ging es bei ihren Füßen; von meiner Rechten wurde nur ihr rechter Fuß angegriffen, der linke blieb verschont, und von meiner Linken traf nur ihren linken das Mißbehagen, während gleichzeitig der Rechte Wohlbehagen und Anflug von Kühle spürte.

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§. 96. Diese Beobachtung mußte mich nun einen Schritt weiter führen. Ich dehnte die Versuche, die ich bisher mit meiner Vorder- und Rückenfeite auf die Ober- und Unterseite der Sensitiven gemacht hatte, und die mir zwar Andeutungen, aber doch nicht Antwort auf meine eigentliche Frage ge= gegeben hatten, in eine Prüfung meiner beiden Seiten zugleich auf die sensitiven Individuen aus.

Der Freifrau von Natorp (103) in Meridian auf dem Sopha rücklings liegend, näherte ich mich mit meiner linken Seite von oben her gegen ihren Kopf. Dadurch wurde ihre linke Seite lauwidrig affizirt und sie fühlte dieß herab bis in die linken Sonnengeflechtlappen; allein ihre ganze rechte Seite

blieb dabei ganz unangegriffen und in behaglichem Zustande. Näherte ich mich dagegen mit meiner rechten Seite der Frau Baronin, so war es die rechte Kopfseite, welche Lauwärme empfand, die ihrerseits bis herab in die rechten Sonnengeflechtlappen mit ihren Widrigkeiten sich erstreckte, während ihre linke Kopfseite von Unannehmlichkeiten ganz verschont blieb, ja sich in angenehmem Zustande befand. — Ein ähnlicher Versuch mit der Frl. Zinkel (451) bestätigte diese Thatsachen auf das Vollständigste. Ich stellte mich über ihrem Kopfe abwechlungsweise mit meiner linfen und mit meiner rechten Seite auf. Im ersten Fall ward ich ihr auf ihrer linken Kopf- und Stirnhälfte schmerzlich; im zweiten verlor sich dieß schnell, aber ebenso schnell trat derselbe Schmerz auf ihrer rechten Kopf- und Stirnseite ein. Auf dieser lettern schritt er weiter und ergriff bald auch das Auge, was auf der andern Seite nicht geschah. Verweilte ich einige Augenblicke, so pflanzte sich die Wirkung bis auf den Magen und den Plexus solaris fert und würde bei längerer Fortdauer Uebelkeit erzeugt haben. Ganz ähnlich ging es bei den Füßen. Bot ich diesen, gegen die Sohle hin, meine linke Seite dar, so ward dieß zwar angenehm im rechten Fuße von ihr empfunden, aber sehr widrig lau mit Ameisenlaufen (Gruseln) bis zum Knie hinauf im linken Fuße. Kehrte ich mich und bot meine rechte Seite dar, so wurde ihr linker Fuß angenehm ergriffen, das Ameisenlaufen in ihm hörte auf und ging in den rechten über, wo es ebenfalls bis zum Knie aufstieg.

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§. 97. Von diesen Versuchen klärte immer der folgende über den vorangegangenen vollständig auf und sie bilden eine schöne Reihe von Aufschlüssen über unsern eigenen Körper. Sie zeigen nach einander, daß

a) fein einziger Sensitiver es verträgt, wenn Jemand ihm während er liegt, über dem Kopfe sich nähert.

b) Daß alle Sensitive, auf dem Rücken liegend, es angenehm kühlig finden, wenn Jemand mit der Vorderseite ihnen zu den Füßen herankömmt, aber lauwidrig, wenn dieß gegen den Kopf geschieht.

c) Daß diese Empfindungen soweit steigen, daß sie bis über die Knie und bis zum Magen von unten aufwärts und bis in das Sonnengeflecht von oben abwärts sich erstrecken; zulegt eine Empfindung wie Zerren an den Haaren hervorbringen.

d) Daß diese Affektionen von der Himmelsrichtung des Liegenden an sich unabhängig sind.

e) Daß dieselben Annäherungen rüdlings ausgeführt, den Sensitiven überall die entgegengesetzten Empfindungen erzeugen.

f) Daß Kreisgänge um den liegenden Sensitiven in den beiden entgegengesezten Richtungen vorgenommen entgegen

gefeßte Empfindungen in beiden Füßen und beiden Kopfhälften bewirken.

g) Daß mit der Seite vollzogene Annäherungen an Kopf und Füße die gleichnamigen Seiten des Sensitiven in beiden unangenehm, die ungleichnamigen aber angenehm afficiren.

Erwägt man die Bedeutung dieser durch so viele Versuche und Zeugen festgestellten Thatsachen, so sieht man, daß eine Annäherung mit der Vorderseite an die Füße einer auf dem Rücken liegenden Person die gegen seitigen Glieder in eine solche Lage bringt, daß die rechte Seite des sich Annähernden der linken Seite des Liegenden zunächst gegenüber zu stehen kömmt, und anderseits die Linke des Kommenden an die Rechte des Liegenden geräth, d. i. die ungleichnamigen, also freundlichen Seiten werden zusammengebracht und die Folge davon ist denn, nachdem bereits oben §. 35 gefundenen Geseze, daß daraus wohlfühlige Gefühle hervorgehen. Gerade dasselbe in umgekehrtem Sinne geht am Kopf vor. Der mit seinem Gesichte sich Annähernde von hinten her gelangt mit seiner rechten Seite an die rechte Kopfhälfte des Liegenden und mit seiner Linken an die linke Kopfhälfte; die gleichnamigten, also feindlichen Seiten werden zusammengebracht und davon ist dann die Folge, daß daraus lauwidrige Gefühle entstehen.

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§. 98. Am Ende von dieser Untersuchung, von §. 87 bis hieher ge langen wir somit dahin, zu erkennen, daß eine Annäherung mit der Vorderseite gegen die Füße eines auf dem Rücken liegenden Sensitiven einfach zusammenfällt mit einer Annäherung an die Vorderseite eines Stehenden, und daß in gleicher Weise die Annäherung gegen seinen Kopf gleichbedeutend wird mit der gegen den Rücken cines Stehenden. Kehrt man die Annäherung in der Weise um, daß man dem im Meridian Liegenden mit dem Rücken sich gegen seine Füße und Kopf nähert, so ist es dasselbe, als ob man mit dem Rücken auf die Vorderseite oder den Rücken eines stehenden Sensitiven zuschritte: die Reactionen fallen alle im Wesentlichen gleich denen aus, wie sie oben §. 56 für die Seitenpolaritäten gefunden worden sind, (vorbehaltlich des geringen Nebeneinflusses der schwächern Pole der odischen Querare des sich Nähernden).

Aber daraus sehen wir auch, daß die Hauptfrage dieses Abschnitts, ob eine odische Längenarenpolarität im Menschen vorhanden sey, auf dem eingeschlagenen Versuchswege nicht zur Beantwortung gelangt ist. Wir sind ohne unsere Absicht zu einer schönen neuen Bestätigung früher schon erkannter Wahrheiten gelangt, aber die hier gesuchte müssen wir auf einem andern zu erforschen trachten. Soviel jedoch lernen wir daraus, daß, wenn eine solche Are vorhanden seyn sollte, sie jedenfalls nur von geringer odischer Intensität seyn

v. Reichenbach, der sensitive Mensch. I.

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