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ist eine Begleiterin von vielen Krankheiten, nicht ihre Quelle. Mit der Bleichsucht verlor sich auch dieses Verlangen gänzlich wieder.

Aber auch Sensitive von minderen Graden als die hochstehende Beyer, besitzen einigen Antheil an dieser Vorliebe für rohes Fleisch; westphälischer Schinken z. B. fand, wenn ich ihn meinen sensitiven Gästen vorsette, immer ganz auffallenden Beifall. Aller Schinken, selbst unser gewöhnlicher ungarischer, wurde stets gern gegessen. Frau Baronin von Natorp (5), Lederer (3), Frl. Glaser (21), Herr Steiger (25), Baron Oberländer (3), Herr Prälat von Schindler (102), Prof. Rösner ("), Frl. von Weigelsberg (3), Dr. Mielichhofer (), Frl. Sophie Bauer (77), Dr. Diesing (3), Friedrich Weidlich (25), Czapek (*), Enter (1) sind nicht bloß ausgesprochene Liebhaber von rohen und gefottenen Schinken, sondern theilen auch unbedingte Vorliebe für andere rohe Fleischarten, für marinirten Aal, für Heringe, Sardellen, Sardinen von Nantes, Caviar, Salami, Austern, Lachs und alle ähnliche in Salz, Rauch, Essig, Del zc. aufbewahrte Körper mit Frau Johanna Anschütz (3), Freifrau von Tessedick (4), Frau von Peichich (*), Frl. Geraldini (1), Bernazke (20), Ritter von Sidorowicz (19), Prof. Huß (9), Hr. Steiger (25), Kollar (*), Dr. Köller (83), Pauer (22), Rösner ("), Dr. Natterer (26), Klein (22), Endlicher ("), Dr. Löw (35); - Professor von Perger (30) fand rohes gutes Rindfleisch mit Brod gegessen als eine sehr schmackhafte Speise, die er in Rom häufig genoß.

Mit gebratenem Fleische, gefottenem und eingebeizten, dann in allerlei Brühen zubereiteten hat es schon eine ganz andere Bewandtniß. Jest wo das Fleisch gewissermaßen aufhört, Fleisch zu seyn, und in ein zersettes, chemisch durchaus verändertes Präparat überzugehen, nicht mehr Naturproduct, sondern künstliches Gebräu zu seyn beginnt, wirklich oder eingebildet schmackhaft, jezt hört es auf höher Sensitiven zu munden, mittlere achten es nicht hoch und nur Niedersensitive mögen es noch essen. Ein in Essig eingebeizter und dann gespickter, sofort in der gewürzigsten Brühe aufgetragener Rehrücken ist kein Gegenstand für einen Sensitiven mehr, so sehr ein Feinschmecker ihn preisen mag. Braten muß sehr einfach behandelt worden seyn, wenn er noch gern gegessen werden soll. Aber gefottenes und gekochtes Fleisch aller Art widersteht dem sensitiven Gaumen. Frl. Beyer (261) wird es von gebratenem, wie von geräuchertem Schweinefleisch übel, so daß sie sich erbrechen muß. Der Hautzout des Wildpräts ist ihr, der Frl. Zinkel, Rupp u. a. ein Graus.

§. 785. Wir kommen beim gekochten Fleische auf das, was den Sensitiven widrig ist. Da treffen wir zuerst auf das am Fleische befindliche Fett und sofort auf Dele. Alles gekochte Fett und somit alles an gekochten Speisen auf die Tafel kommende Fett ist den Sensitiven ohne Ausnahme und unbedingt zuwider. Ich brauche mit keinen Zeugen den Raum

zu versperren, denn alle Sensitive, die ich jemals genannt habe, sind in diesem Punkte einstimmig. Und diese Einstimmigkeit steht in scharfer Opposition mit den nicht sensitiven Leuten, die fast alle Fett lieben. Dieser einzige Umstand vermag bei Tische die Sensitiven schon alle zu verrathen. 3n meinem eigenen Geschlechte kömmt vom Urgroßvater bis zum Urenkel kein Sensitiver vor, aber von allen weiß ich, daß sie zum Theil bis in das achtzigjährige Greifenalter Fett gerne genossen. Hochsensitiven graust es schon vor der bloßen Vorstellung von Fett; Butter anzuschauen ist vielen eine Pein, aber auch bei den schwächsten Sensitiven z. B. bei Hrn. Elger (21), Hrn. Huß (1), Kratochwila (15), Kollar (*), Mauch (1), Ritter von Neuwall (29), Alexander Baumann (33), Ritter von Perger (2), Pfretschner (32), Rösner (") findet man überall entschiedenen Widerwillen gegen gekochtes Fett. Hrn. Mielichhofer (*) verursacht Fettgenuß jedesmal Kopfschmerz. Vincenz Weiner (9) ist so empfindlich gegen Fett, daß ihn dessen Genuß immer alsbald zum Erbrechen bringt. Ja schon das sensitive, dreijährige Töchterchen der Frau Cecilie Bauer, Cilli, trank und aß nicht fette Sachen, was sonst ein Leckerbisfen für alle Kinder ist. Diese einstimmige Abneigung gegen Fett muß aber nicht sowohl im Fette an sich, sondern in einem Nebenumstande liegen. Denn diese Abneigung wächst, jemehr das Fett gekocht worden ist. Schon aufgekochter Rahm oder Sahne ist vielen Sensitiven ungenießbar; Speisen, Fleisch, Braten, besonders fett gekochte Gemüse werden ihnen um so unerträglicher, je öfter sie ans Feuer gekommen, oder gar aufgewärmt worden. find. Frl. Beyer (261) erbricht sich von geräuchertem Speck oder geräuchertem Schweinefleisch; aber nicht wenig verwundert war ich, von ihr zu hören, daß sie rohen, frischen Speck mit Brod sehr gern genieße. Ein lautredendes Beispiel aber haben wir am Salate. Dieser ist ja eine entschieden fette Speise und wird von den Sensitiven mit so gieriger Luft verschlungen. Aber sein Del ist kalt und niemals warm gemacht worden; ist es im geringsten ranzig, so berührt kein Sensitiver einen solchen Salat und wäre er noch so einladend. Ein anderes Beispiel gewähren Nüsse, Mandeln und ähnliche öligte Fruchtkerne; die Hochsensitiven essen sie zwar nicht, viele andere aber, wie Freifrau von Tessedik (5), Baron Oberländer (43), Frau Josephine Fenzl (3), Freifrau von Natorp (5), Frl. von Weigelsberg ("), genießen sie recht gerne; auch hier ist der Delgehalt unversehrt und rein. Der Grund liegt also wohl in der chemischen Veränderung, die das Fett beim Kochen und Braten mit der Luft eingeht, in Fettsäure-Erzeugung und ähnlichen Umbildungen, welche dem feinen Organe der Sensitiven ekel und unerträglich werden.

§. 786. Gekochte Suppen, gekochte Gemüse, gekochtes Fleisch, viel gekochte Mehlspeisen, sämmtliches Geschmälzte, Schmalzgebackene, Butter- und Schmalzgeröstete, alles von Butterteig bereitete, und alle künstlich zusammengesezte Küchenproducte efeln die Sensitiven fast ohne Ausnahme an.

Frl. Reichel, Zinkel (916), Kynast (4), Beyer (2) erbrechen sich nicht selten von solchen Speisen ohne Verzug. Andern wird es wehe davon oder sie bekommen Magenbeschwerden. Dahin zählen die Herren Fernolendt (12), Enter (4), Kollar ('), Dr. Nied (31), Dr. Köller (8), Klein (82), Baron Oberländer (43), Dr. Löw (36), Consistorialrath Pauer (22), Hr. Steiger (25), Nösner (), Fichtner (22), Frau Lederer (1), Leopoldine Hek (25), Frl. Sophie Pauer (77), Rupp (*), Geraldini (121), Schwestern von Unckhrechtsberg (37), Martha Leopolder (20), Zinkel-Baier (19), Karhan (79), Beyer (475). Bei diesen Speisen allen befindet sich Fett und dieß ist es hauptsächlich, welches bei längerer Behandlung an Luft und Feuer Eigenschaften annimmt, die den Sensitiven durchaus widerstehen. Es ist schon erwähnt, daß Hr. Fernolendt (') mit Niemand, auch mit seiner eigenen Familie nicht, an Einem Tische zu speisen vermag, sondern sich überall allein zum Speisen setzen muß. Einen wesentlichen Theil der Schuld davon tragen die Gerüche der gekochten Speisen, die er nicht auszuhalten vermag. Viele Sensitive, wenn sie nur frei genug wären, würden die Maßregel des Hrn. Fernolendt mit Freuden theilen.

§. 787. Besonders übel sind die Sensitiven zu sprechen auf alles, was schon eine Zeitlang todt ist. Fische, Geflügel, Schweinfleisch, das schon einige Zeit gelegen, hielt Frl. Beyer (475) für ungemein nachtheilig für sie. Es verderbe ihr den Magen, liege schwer und unverdaulich darin, verursache ihr lange hinfort widriges Aufstoßen, wogegen frisches, rohes, vom Schlachten her noch warmes Fleisch überaus leichtverdaulich, angenehm kühl im Magen, wie sehr gut geodet, sey (478), besonders männliches Fleisch (für sie). So Frl. Geraldini (".") liebt alles rehe gesalzene Fleisch und von Braten vorzugsweise die innern noch blutigen Theile.

Man kann annehmen, daß alles frische rohe Fleisch im Darmkanal noch mehr Zersetzungphasen durchzumachen hat, als zubereitetes; daß es im Magen mehr Chemismus durchzumachen, insoferne also mehr negatives Od zu ent wickeln hat, wie alle chemischen Processe, daher denn die angenehme kühle Empfindung, die es den Sensitiven im Magen erzeugt.

§. 788. Nech schlimmer ist es, wenn gekochte Sachen, oder auch Braten, Sahne, Gebackenes wieder aufgewärmt werden. Eine aufgewärmte Semmel ist schon hinreichend, die Frl. Zinkel (16), wenn sie etwas davon genossen, in Erbrechen zu versetzen. Frl. von Weigelsberg (3) ergeht es dabei kaum besser. Es ist bekannt, daß es sehr viele Leute gibt, die alles Aufgewärmte segleich erkennen und einen eigenen Abschen davor haben; dieß sind wahrscheinlich immer Sensitive, denn von mehreren Nichtsensitiven weiß ich, daß ihnen bei weitem diese feine Reizbarkeit mangelt. Frl. Geraldini (122), Frau von Hauer (5), Leopoldine Hek (26), Frl. ven Unchrechtsberg (*), Martha Leopolder (20), Zinkel- Baier (20), Karhan (79), Hr. Klein (2), Dr. Köller ("), Hr. Steiger (7), Leopolder (27), Richard Schuler (1),

Sartorius (1), Ranftl (9), Ritter von Perger (6), von Offenheim (20), Frau von Littrow (1), Ritter von Siemianovski (1) u. a. m. finden Alle Aufgewärmtes kaum oder gar nicht zu ertragen. Frl. Azmannsdorfer, Maix, Beyer, Sturmann, Nowotny u. a. sind gar nicht im Stande, davon nur zu kosten, ohne in Brechreiz zu verfallen, Dagegen traf ich öfters Frl. Azmannsdorfer (290) damit beschäftigt an, frischgrüne Kohlrabiköpfe, Broccoli und dergl. sich zuzurichten und roh mit Lust zu verzehren.

§. 789. Alles, was mit viel Hefen, Germe und Butter bereitet wird, weisen die Sensitiven von sich. Frl. Beyer (226), die so sehr gerne Brod ißt, ist nicht im Stande ohne Zwang eine Semmel oder Wecken zu essen, wenn ste auch frisch ist; Unverdaulichkeit und peinliches Magenbrücken ist der nächste Erfolg davon. Ein Kipfel oder Milchbrod, wozu Butter oder Rahm kömmt, ist ihr noch schädlicher. Ebendahin erklärten sich Frl. Zinkel (96), Nowotny, Sturmann und alle Höhersensitiven.

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§. 790. Eine große Klasse von Speisen bilden die süßen mit Zucker stark versezten Gerichte und die ganz aus Zucker bereiteten Confitüren. Gegen die gesammte Unzahl solcher Sachen, welche Nichtsensitive in so unmäßiger Menge genießen, empfinden die Sensitiven durchweg Abneigung. Höher Sensitive verabscheuen sie und genießen fast niemals Zuckerwerk, noch viel weniger sogenannte süße Mehlspeisen, wo Mehl, Ei, Fett und Zucker gemengt und gebacken sind. Ich habe sogar zwei sensitive Kinder der Frau Cecilie Bauer (97), zwei und dreijährige Töchterchen, mit Zuckerwerk spielen, es zerzupfen und ungekostet verderben sehen, das sie schon mehrere Tage besaßen, ohne es nur zu kosten, während andere Kinder nichts gieriger verschlingen, als Süßigkeiten, jene Kinder waren aber so sensitiv als die Mutter. Die Frl. Bernazke (22), Bertha Fleischer (5), Beyer (2), Schwarz (13), Zinkel (6), Hr. Steiger (25), und manche andere trinken den Kaffee nicht bloß kalt, sondern selbst ohne Zucker, wovon ich oftmals Zeuge war. Solche Menschen trifft man nicht sehr selten im Leben, es sind ohne Zweifel allemal Sensitive von nicht gemeiner Reizbarkeit. Andere nehmen etwas, aber nur sehr wenig Zucker in Kaffe, so Frl. Geraldini (120), Karhan (36), Frau von Littrow (15), von Offenheim (21), Hr. Klein (2o), Dr. Natterer (58), Ritter von Siemianovski (10), Alexander Baumann (33), Ritter von Neuwall (29), Hr. von Cevallos (17), Dórist Arroquia ("). Schon Hrn. Dr. Pfretschner (32) und Hrn. Pauer (22) widersteht Gezuckertes alsbald, sowie sie nur wenig davon gekostet haben. Hr. Prof. Huß (1), Schiller (1), Kollar (*), Sturm (15), Fichtner (22), Dr. Nied (31), Frau von Peichich (*), Hek (23), von Littrow (12) und Kowats (1) wenden sich davon ab. Frau Ebermann (30) kann nicht begreifen, wie Jemand im Stande ist, ein Stückchen Zucker zu essen. Hr. Kratochwila (15) vermag nicht einmal süße Früchte zu essen. Frl. Kynast (65), Sturmann (22), Reichel (18), Nowotny (20) und überhaupt alle

Höhersensitiven schaudern vor Zuckergenuß. Nur einzelne Sensitive mittleren Grades fand ich, die, wie Frl. Caroline Ebermann (52) und Glaser (21) ausnahmsweise angaben, daß sie zwar Zucker nicht lieben, jedoch daß er ihnen auch nicht gerade besonders mißbehaglich werde.

§. 791. Eine merkwürdige und ziemlich allgemeine Ausnahme davon macht aber das Gefrorne. Obwohl es vorwaltend füß ist, so sind dennoch die Herren Profeffor Schabus (35); Delhez (12), Ritter von Sidorowicz (70), Rösner (1), Pauer (22), Fichtner (106), Ritter von Berger (7), Dr. Nied (9), Leopolder (7), Friedrich Weidlich (25), Dr. Diefing (3), Endlicher (76), Frau Baronin von Natorp (110), Frau Kienesberger, Müller (63), von Hauer (66), Frl. Clementine Girtler (22), Barbara Hek (58), Karhan (9), Reichel, von Weigelsberg (3), die Schwestern Fräulein ven Unckhrechtsberg (6) und viele andere, die ich nicht notirt habe, entschiedene Liebhaber davon. Hier jedoch ist das Süße durch Säuerliches, gewöhnlich etwas Citronensaft, außerdem durch andere gemischte Pflanzensäuren, wie die in Himbeeren, Erdbeeren, Ananas, Berberißen, Ribesarten, feinem Obst u. f. w. gemildert, durch kalte Sachen eingehüllt und endlich durch Frost beschwichtigt; diese drei den Sensitiven angenehme Reize, besonders der lettere sind so überwiegend für sie, daß die gedämpfte Süßigkeit in den Kauf genommen wird; ja die meisten lieben das Eis wie einen Leckerbissen, Frau Kienesberger fand darin das einzige Hülfsmittel in ihren eigenthümlich sensitiven Nervenanfällen. Die Süßigkeit ist hiebei jedenfalls ganz untergeordnet, die Kälte und schwache Säuerlichkeit der Hauptreiz. Ja ich habe einzelne Sensitive gefunden, denen das Gefrorne eben seiner Süßigkeit wegen nicht sehr zusagte, 3. B. der Frl. Geraldini (155), Hrn. Klein (5). Dann ist es auch vorzugsweise nur das Früchteeis, das sie lieben, nicht aber das Gewürzeis wie Vanille, welches sie meiden. Das Analogon dazu gibt jedenfalls frisches säuerliches Obst, das auch durch Säure gemilderten Zuckerstoff, Fruchtzucker, enthält und das die Sensitiven allgemein in gleicher Weise lieben, mit Ausnahme gewisser rein füßer Aepfel, sehr füßer Birnen, rein füßer Maulbeeren, Melonen und der Brembeeren, denen sämmtlich fast alle Säure mangelt.

§. 792. Von Gewürzen aller Art sind die Sensitiven abgesagte Feinde. Tabakrauch vorne an, diese ekelhafte Unreinlichkeit der heutigen menschlichen Gesellschaft, ist ihnen durchweg zuwider. Ingwer, Piment, Zimmt, Vanille, Muskat, Lauch, Knoblauch, Zwiebel, Anis, Kümmel, Petersilie, Sellerie, Suppenkräuter aller Art scheuen sie sämmtlich. Aus der Küche des Hrn. Fichtner (22) ist dieß alles gänzlich verbannt und andere Sensitive lassen alle starkgewürzten Speisen unberührt stehen. Hrn. Dr. Köller (24) ist Zimmtgeruch schon unausstehlich; aber selbst den Geruch gekochter Erbsen vertragt er nicht. Alles stark Reizende, also auch zu stark Gesalzenes, verabschenen sie. Viele Sensitive kämpfen schen mit bloßen

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