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Hr. Professor Unger (30) und Hr. Steiger (32) sind sogleich krank, so wie sie auf das Meer kommen. Hr. Professor Rösner (56) wird auf dem Meere selbst bei schwachbewegter See unverzüglich seekrank, und dieß ist bei ihm zu allen Zeiten und unter allen Umständen so. Hr. Ekkenstein (35) wird auf kleinen Binnenseen seekrank. Die Frau Preinreich (55), Katharina Rupp (7), sind nicht einmal im Stande, in einem Kahne auf der Donau auszuhalten, ohne daß ihnen wehe wird und sie sich erbrechen. Frl. Zinkel wurde seefrank, als sie auf der Donau von Wien nach Breßburg fuhr. Ja wenn sie nur in einem Kahn über die Donau sezt, hält sie kaum bis an das gegenüberliegende Ufer aus, ohne in Erbrechen zu gerathen. Viele andere halten eine kurze Wasserfahrt zwar nothdürftig aus, aber sie ist ihnen entweder `unangenehm oder sie fühlen sich in beständiger Gefahr der Anwandlung von Uebelkeit; so Frau Ebermann ('3), Müller (37), beide Fräulein Geraldini (48. 151), Zinkel-Baier (9), Karhan (6o), Barbara Hek (32), und die Herren Enter (34), Czapek (4), Schiller (57). Hr. von Sidorowicz ist so empfindlich gegen solche Schaukelbewegung, daß er es kaum auf einem Donaudampfboote aushält.

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Die einzige Ausnahme, die mir in dieser Beziehung vorkam, machte Hr. Ingenieur Major Philippi (25), ein Seemann von Handwerk, der die Erde mehrmal umsegelt hat und mich versicherte, niemals seekrank zu werden. Lange Seegewohnheit mag ihm diese Dauerhaftigkeit anerzogen haben, tenn in seinem Naturell liegt sie sicher nicht. Es kam mir die Erinnerung zurück, daß Hr. Fichtner (.) vor ungefähr 27 Jahren einmal mir erzählt hatte, er seh so sehr der Seekrankheit unterworfen, daß er, so oft er zur See gewesen, stets kaum aus dem Hafen gekommen sey, als er schon seekrank gewesen und auch nie früher davon befreit worden sey, als bis er das Ufer wieder betreten habe. Nach dieser dunkeln Reminiscenz vermuthete ich, Hr. Fichtner möchte wohl sensitiv seyn. Er ist mir nur als ein kräftiger gesunder starker Mann bekannt und ich hatte außerdem nicht die geringste Ursache zu einer solchen Wahrscheinlichkeit. Im festen Glauben jedoch an die Unfehl= barkeit meines Wahrzeichens schrieb ich ihm und bat ihn, mir in mitten meiner Apparate einen Besuch zu schenken. Er hatte die Freundlichkeit für mich, meinen Wunsch zu erfüllen und siehe da - ich fand an ihm einen der interessantesten Sensitiven, die ich kenne. So gewiß ist die Seekrankheit eine Begleiterin der Sensitivität, daß man zu den ihr vorzugsweise unterworfenen Personen nur hingehen und sie als Sensitive begrüßen darf!

e) Schnelle Körperwendungen.

§. 739. Im Kreisel sich zu wirbeln, ist für Sensitive nahezu eine Unmöglichkeit, z. B. dem Hrn. Professor Unger (20), Ritter von Perger (*), Richard Schuler (69), Dr. Köller (82), Katharina Rupp (59) u. a. m.

v. Reichenbach, der sensitive Mensch. I.

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Diese Empfindlichkeiten gehen aber bei vielen Sensitiven soweit, daß ihnen. überhaupt jede schnelle Wendung ihres Körpers, welcher Art sie immerhin sey, widrig und in eigenthümlicher Weise peinlich wird. Namentlich findet. sich diese Mittheilung in meinen Papieren aufgezeichnet von Professor Endlicher (2), Hrn. Sturm (1), Delhez (25), Weidlich (123), Nied (20), Pfretschner (37), Frau Baronin von Natorp (3), Frau Kienesberger (132), Frl. Kynast (53), Reichel (197) und Zinkel (1285). Selbst eine schnelle Kopfwendung nach rechts oder links vertrugen die Fräulein Karhan (77), Geraldini (7), Hr. Leopolder (71) und Hr. Dr. Köller (1) nicht, ohne daß es ihnen schmerzlich fiel. Hr. Sartorius (53) fühlte sich davon mehr oder minder betäubt. Katharina Rupp (2). bekam sogleich Ohrensausen. Frl. Beyer (370) wurde von Nackenschmerz und Schwindel befallen.

f) Kreisbewegung Anderer.

Ein

§. 740. Ja noch mehr, auch nur die Nähe von sich drehenden größern Gegenständen ist den Sensitiven unleidlich. Nahe bei der Frl. Zinkel (984) drehte ich mich in der Dunkelkammer schnell im Kreisel, um gewisse Lichterscheinungen zur Beobachtung zu bringen, von denen später hier die Rede seyn wird. Aber beim ersten Versuche entsetzte sie sich so sehr vor den widrigen Empfindungen, die ihr dieß verursachte, daß sie auf die Leuchten nicht mehr schaute, und ich meinen Kreisel mehrmals wiederholen mußte und mühsam nur zu dem gelangte, was ich eigentlich wissen wollte. Sie schilderte die ihr durch das Kreiseln verursachte Peinlichkeit so schmerzlich, daß sie nach ihrer Versicherung lieber zehnmal die stärksten Rückstriche von Fuß zu Kopf ausgehalten haben würde, als diese qualvolle Procedur. Ich ließ dieß noch durch einen Dritten vor ihr wiederholen (7). Der Erfolg war derselbe. andermal begab ich mich im Finstern hinter die Frl. Zinkel (1234) und kreiselte mich in ihrem Rücken, so daß sie wohl mein Getrippel hören mochte, aber dennoch nicht wußte, was eigentlich hinter ihr verging. Ich hatte mich aber kaum einmal um mich selbst gedreht, als sie schen sich auf das Lebhafteste über die Unannehmlichkeit beklagte, die ich ihr bereite. Darauf wechselte ich die Richtung und drehte mich in umgekehrtem Sinne um meine Are, allein die Klagen wurden wieder ebenso laut. Diesen Versuch wiederholte ich mit Frl. Beyer (283), fie vertrug ihn aber ebenso wenig und klagte unter andern Beschwerden über peinliche Lauwierigkeit, mit der mein Kreiseln sie überhäufte. Hr. Anschüß (167) gibt uns ein bemerkenswerthes Beispiel. Als Knabe war er in einer Erziehungsanstalt, in welcher tägliche Turnübungen gemacht wurden. Bei seiner körperlichen Gewandtheit unter seinen Cameraden der beste Turner, war es ihm ärgerlich, in einer einzigen der vielerlei Bewegungen es diesen nicht gleichthun zu können. Dieß war eine eiserne Kugel,

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die an einer Leine um den Kopf geschwungen wurde. So oft er dieß unternahm, bekam er sogleich Magenweh und wurde ihm übel. Der Grund liegt sichtlich in der Leichtigkeit, mit der sich der eiserne Körper, wenn auch rund, im Meridiané polarisirte. Bei jedem Umschwunge ward dadurch sein Kopf der Einwirkung bald des genSüdpols, bald des genNordpols der Kugel im schnellsten Wechsel ausgesezt, während auf beiden Seiten ebenso rasch gänzliche Unterbrechungen der odischen Einwirkung statthatten. Dieß mußte das Centrum seines Nervenbaues, das Hirn, heftig angreifen. Aber auch schwächer Sensitive sind in diesem Sinne noch empfindlich genug. Hr. Professor Huß (") und Professor Endlicher (23) vertrugen nicht den Anblick und die Nähe einer Schaukel. Hr. Fichtner (46. 47) konnte nicht walzen sehen; einer Pirouette zuschauen zu sollen, erfüllte ihn mit Entfeßen; einem Caroussel beizuwohnen wäre für ihn eine Tortur; ebenso Hr. Sartorius (55) und Hr. von Offenheim (53). Von all diesen Widerwärtigkeiten habe ich Nichtsensitiver gar nicht eine Idee. Ich besiße einen großen runden Tisch, dessen Tafel im Mittelpunkte sich auf einer Spize so aufgesetzt befindet, daß ich ihn mit Leichtigkeit um seine Are drehen kann. Er trägt einige und siebenzig vertikal stehende Fächer, steht zur Linken neben meinem Schreibtische und enthält die Versuchstagbücher aller meiner sensitiven Freunde nach alphabetischer Ordnung ihrer Namen. Durch einen geringen Zug bin ich im Stande, jeden derselben jeden Augenblick mir zur Hand zu rufen. Wenn ich diesen Drehtisch in Gegenwart der Frl. Zinkel in Bewegung setze, so läuft sie mir augenblicklich davon. Wenn ich nicht so sehr in der Materie der Sensitivität mich heimisch gemacht hätte, so würde ich hievon schlechterdings nichts anders glauben, als daß es eine grillenfängerische Unart sey, und jeder andere wird ebenso denken. Dieß ist es aber nicht, und wir sind den sensitiven Empfindlichkeiten von nun an, da sie studirt und erkannt sind, Rücksichten schuldig. Frl. Zinkel ist eine sehr wahrhafte Person, die sich nicht schont, noch viel weniger mit Grillen befaßt. Auch die Frl. Karhan, Hr. von Offenheim (1), Sartorius (19), Schiller ("), Leopolder ("), Professor Schabus (19) äußerten sich in ähnlicher Weise mißbehaglich über den Anblick des in Bewegung gesetzten Drehtisches; sie wandten alle die Augen davon ab. Und wie seltsam diese Erscheinung aussieht, so steht sie in bestimmtem Zusammenhange mit allem dem, was hier vorgetragen ist, sie ist nur einer von den Tausenden von Strahlen, die aus seinem gemeinschaftlichen Brennpunkte hervorgehen.

g) Erklärung dieser Anwendungen.

§. 741. Die Erklärung von allen diesen besonderen Fällen, die im Leben täglich vorkommen, wird sich nach den für die Trennung oben ausgemittelten Gesetzen unschwer ergeben. Der Mensch mit seinem odisch

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polarisirten Leibe steht beständig gegenüber und innerhalb der Wirkungssphäre eines andern mächtigen magnetisch und odisch polarisirten Körpers, des Erdballs nämlich, so wie vieler kleinern odisch geladenen Gegenstände, aller ihn umgebenden Menschen, Bäume, Gebäudetheile und häuslichen Fahrnisse. Wir wollen davon, der Einfachheit wegen, vorerst nur den gewaltigsten von diesen, die Erdkugel, der Betrachtung unterziehen. Steht oder sigt ein Mensch ruhig inmitten aller seiner Umgebungen, so werden sich seine mancherlei Pele nach Maßgabe ihrer Kräfte in ein gewisses Gleichgewicht setzen mit den auf sie einwirkenden odischen Kräften der Außenwelt, zunächst des Erdballs, seines Nord- und Südpoles, feines Westen und Osten, seines oben und unten. Wie mächtig diese Himmelsgegenden auf ihn und sein gesammtes Befinden einwirken, wissen wir genugsam aus meinen vorhergehenden Abhandlungen. Dreht er sich nun, so stört er alle die angeknüpften Verhältnisse, und da die odischen Bewegungen nicht ganz schnell vor sich gehen, sondern, wie ich oben gezeigt und des Nächsten noch weiter belegen werde, einige, wenn auch nur kurze Zeit zu ihrer Ausführung bedürfen, so wird diese Störung um so größer und um so verwickelter ausfallen, je schneller fie vollzogen wird, je rascher sie die odischen gleichzeitigen Bewegungen überholt, und je weniger fie ihnen Zeit läßt, sich wieder zu ordnen. Ein Tanzender steht in diesem Augenblicke mit seinem Gesichte nach Süden gekehrt in edisch normaler, ihm angenehmer Stellung; im nächsten Augenblicke kehrt er sein Gesicht nach Osten und befindet sich in der allerunangemessensten Richtung; wieder im folgenden Augenblicke schaut er nach Nord und unverzüglich darauf nach West. Dieß wechselt beim Walzen in gleichförmiger Folge pfeilschnell ohne Unterlaß. Kaum hatten seine Glieder sich der ersten Stellung odisch anbequemt, so befindet er sich schon in der zweiten, in der dritten, vierten. Ehe die Bedingungen, denen er sich in der ersten Stellung unterzogen hatte, gelöst sind, hat er schon die zweite eingenommen und ist genöthigt, den Bedingungen von dieser sich zu accomodiren; er beginnt es, aber auch dazu haben seine Organe nicht Zeit, eben im Beginn werden sie schon in die dritte Stellung hineingerissen; hier geschieht dasselbe, und ehe die Zustände auch nur der ersten Stellung gelöst seyn konnten, treten schon die Bedingungen der zweiten, dritten, vierten ein, die Unterwerfung unter jede von ihnen wird begonnen, aber nicht vollbracht, sondern augenblicklich wieder abgerissen, und ehe das Abgerissene ausgeschieden werden konnte, sind schon zwei, drei neue Verhältnisse in den Leib eingeführt. So geht es fort; der Tanzende kommt zum zweitenmale zu Nummer Eins, ehe Nummer Eins vom ersten Male ausgetrieben ist; so geht es mit allen drei andern Stellungsnummern, und dieß in ganz unaufhörlicher Folgereihe. Wir andern nichtsensitiven Leute fühlen von alle dem so ziemlich gar nichts, weil die odischen Bewegungen unerkannt in uns vor sich gehen. Aber die armen Sensitiven sind desto übler daran. Es entsteht

mit der Unordnung der odischen Zustände in ihnen ein Wirrwarr der Empfindung, der den Niederern peinlich, den Höhern aber völlig unerträglich wird und aus einem Gemenge von Trennungsschmerzen aller Art mit einigen angenehmen Beigaben besteht, das sie unwiderstehlich niederwirft und dem qualvollsten Schwindel preisgibt. Der Tanz, und zwar am allermeisten der schönste von ihnen, der deutsche Walzer, ist eine vollständige Perturbation aller odischen Zustände eines Menschen in seinem Innern und in seinem Verhältnisse zur polaren Außenwelt des Erdballs. Was vom Walzen hier gesagt worden, gilt in noch verstärktem Maße vom Kreisel. Man kann sicher seyn, daß ein höherer Sensitiver nie ein Kreiselschläger werden kann und daß ein guter Pirouettetänzer niemals sensitiv ist.

Mit der Schaukel ist es nicht viel besser. Die Füße und damit die Längenare des Menschen stehen dabei senkrecht bald im magnetischen Nordpole bald Südpole, oder im Westen oder Osten, je nachdem die Schaukel pendelt, und ununterbrochen werden die Odpole anders sollicitirt. Die Seekrankheit und die Schaukel stehen sich aber ganz nahe.

§. 742. Daß nach diesen Gründen jede schnelle Wendung einem Senfitiven unangenehm und schmerzlich fallen muß, erklärt sich nun fast von selbst. Ueberall, so wie er einige Augenblicke weilt, hat er mit den Erdpolen und allen Umgebungen eine Art von odischem Rapport angeknüpft und mehr oder minder bestimmt eingegangen. Dreht er sich langsam in eine andere Richtung, so findet die odische Strömung oder wie man es nennen will, Zeit sich zu lösen, sich neu zu knüpfen, sich anders zu ordnen. Geschieht dieß aber rasch, so erzeugt dieß in unserem Nervensysteme einen ebenso raschen Ruck, der den Sensitiven fühlbar und sofert als Erschütterung schmerzhafter wird. Es kömmt dabei wenig darauf an, ob die Veränderung mehr im positiven oder mehr im negativen Sinne vor sich geht, und eb die Drehung nach rechts oder nach links vorgenommen wird. Es führt sich immer die Empfindung auf den Trennungsschmerz zurück, in jedem verlassenen Verhältniß tritt augenblicklich der Rückschlag der Trennung ein und thut weh oder wohl, und da die positiven mit den negativen Trennungen überall eng verbunden sind und jeden Augenblick wechseln, so wird die Empfindung der Lauwärme und des Schmerzes immer die Oberhand gewinnen und vorherrschend ins Bewußtseyn gelangen.

§. 743. Hieher gehört dann auch noch ein Rückblick auf große Gesellschaften und Volksgewühle überhaupt, das den Sensitiven so unangenehm ist, wie wir oben §. 144 sahen, Außer den dort erörterten Gründen kömmt noch der Trennungsschmerz hinzu. Die Menge der Menschen, von denen jeder seine eigene odische Atmosphäre mit sich herumschleppt, geht unter einander jeden Augenblick odische Anziehungen und Abstoßungen, mit einem

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