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andern Sensitiven angeblich nicht selten beobachtet wurde. Was ich aber nicht selbst gesehen habe, was ich nicht mit seinen Begleitumständen meiner Prüfung unterwerfen konnte, dafür stehe ich nicht ein. So bleibt streng genommen an der ganzen Erscheinung der odischen Anziehung und Abstoßzung vordersamst nur das sicher, daß sie eine Nervenerscheinung ist, ein Einfluß auf die betheiligten Nerven, dem Gefühle nach ganz ähnlich denen, welche sonst Anziehungen und Abstoßungen hervorzurufen pflegen, und welche, wenn fie in vertikaler Wirksamkeit beobachtet werden, Schwere und umgekehrt Leichtigkeit heißen. Wir haben schon ein Analegon zu dieser Anschauungsweise in der odischen Kühle und Wärme, die auch keine thermometrische Realität haben, keine reelle Wärme zur Grundlage besißen, sondern nur Gefühlsaffectionen sind so ganz ähnlich dem von Wärme und Kälte, daß sie der ununterrichtete Beobachter für ident damit hält, und nicht davon zu unterscheiden im, Stande ist. Geht man tiefer ein in die Natur unserer Sinne, so sind die Erkenntnisse, die wir durchs Gefühl erlangen, doch nur gewisse bestimmte Eindrücke auf unsere Hautpapillen, bei andern Sinnen auf andere ähnliche organische Werkzeuge. Es läßt sich nun die Möglichkeit nicht läugnen, daß auch andere Dynamide, als die Wärme, z. B. das Od, ganz dieselben Effecte auf die Hautpapillen hervorbringen könnten, wie die Wärme, z. B. Contractionen, Expansionen, beschleunigten Stoffwechsel u. dgl. In einem solchen Falle würden wir die odische Wirkung nicht unterscheiden. können von der wärmenden Wirkung und in Folge dessen Od und Wärme in der sinnlichen Auffassung für einerlei nehmen. Aehnliches kann denkbaren Falles bei der odischen Anziehung und Abstoßung stattfinden. Soll ich zwischen. diesen Möglichkeiten zu einer bestimmten Ansicht mich bekennen, so wage ich mich dahin auszusprechen, daß ich Anziehung und Abstoßzung aus rein odischer Wirksamkeit für wirklich und im mechanischen Sinne für hier vorhanden halte, aber so schwach, daß wir sie vordersamst durch die Wage nicht auszudrücken vermögen und daß ihr Dasein nur durch eine so seine Reaktion wahrgenommen werden kann, wie deren unsere Nerven überhaupt fähig sind.

Wie dem nun sey, ich muß es der höhern Physik überlassen, hier aber festhalten an das Vorhandensein einer specifisch odischen Anziehung und Abstoßung lebender menschlicher Glieder als eine so wohlbegründete Thatsache, wie jede andere physiologische Wahrheit, deren objective Realität am Ende überall mehr oder minder auf subjectiver Auffassung beruht, sofern wir das An-sich-sein der Dinge und Vorgänge im metaphysischen Sinne bekanntlich nirgends zu erreichen vermögen und uns überall mit der Erscheinung begnügen müssen.

v. Reichenbach, der sensitive Mensch. 1.

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D. Der Strich.

Allgemeines.

§. 490. Wir haben die Verladung kennen gelernt, wobei das Od aus menschlichen Gliedern auf außer ihnen gelegenen Gegenstände überging; wir haben mit der Leitung Bekanntschaft gemacht, wobei das verladene Od in andere Gegenstände hinüber wanderte; wir haben Einsicht gewonnen von den Anziehungs- und Abstoßungserscheinungen, wobei das Od außer der Berladung und Leitung noch Bewegungserscheinungen erzeugte: in allen diesen Fällen blieb jedoch der odausgebende Körper selbst, das menschliche Glied, für seinen Theil mehr oder minder in der Ruhe. Nun werden wir es betrachten, wenn es sich in der Bewegung befindet, und dieß geschieht durch den sogenannten Strich, das Streichen.

§. 491. Der Strich hat eine Geschichte. Sie ist von so altem Datum, daß sie fast so weit hinaufsteigt, als die Weltgeschichte selbst. Denn von den ältesten Zeiten haben wir Ueberlieferungen, aus denen hervorgeht, daß die Völker des Orients von der Kraft und den Wirkungen der Hände und des Strichs Einiges gekannt und Anwendungen davon gemacht haben, ja daß sie sich noch jezt kennen. Auch den Griechen und Römern war der Strich bekannt. Paracels und Mesmer haben ihn im neuern Europa aus dem Volke, das längst traditionell damit vertraut war, aufgehoben und der gebildeten Gesellschaft bekannt gemacht. Ich bin aus Gründen, die ich früher angegeben habe, vorsätzlich wenig oder gar nicht eingedrungen in das, was meine Vorgänger hierin gethan haben. Hier haben wir den Strich durchaus unter einen andern Gesichtspunkt aufzufassen, als dieß bisher geschehen.

§. 492. In der dritten Abhandlung der Dynamide (§. 58 und 79) ist schen mitgetheilt, wie der Strich im Allgemeinen bewerkstelligt wird und welche allgemeine Wirkung er hat. Ich wiederhole mit zwei Worten hier, daß er die Ueberfahrung eines Menschen mit den Händen oder nur mit den Fingerspitzen ist, wobei man gewöhnlich die fünf Finger beider Hände an die Stirn anseht und damit den ganzen Leib herab langsam bis über die Zehen hinaus fährt. Der Streicher setzt beim Beginne seine linke Hand auf die rechte Stirnseite des zu Streichenden, seine rechte auf die linke Seite des Leßteren. Dieß Verfahren nennt man magneten oder magnetisiren, wem's französisch besser gefällt.

§. 493. Wie dieses Streichen oder Strich über den ganzen Leib geht, so kann man ihn auch über einzelne Körpertheile, über für sich bestehende Organe, oder auch nur Theile von Organen führen. Man kann ihn in verschiedene Richtungen führen; man kann ihn mit verschiedenen Geschwin= digkeiten bewerkstelligen; man kann ihn aus verschiedenen Entfernungen

ausführen; man kann sich mancherlei Zwischenkörper dabei bedienen; man kann ihu unter Verstärkungen und unter Wiederholungen ausüben; man kann ihn abwärts, aufwärts oder wagrecht führen, man kann ihn mittelst verschiedener Glieder vollbringen u. s. w. Alle diese Abänderungen der Anwendungen bringen Mannigfaltigkeiten seiner Wirkungen herver, über die wir uns verbreiten wollen.

§. 494. Um mit größerer Leichtigkeit in den Erscheinungen des Striches uns zu orientiren, wird es gut sein, aus den Kenntnissen, zu denen wir durch die bisherigen Untersuchungen gelangt sind, das herauszuheben, was von ihnen beim Striche zunächst Anwendung finden möchte. Zu dem Ende können wir ihn auflösen in einige seiner Elemente. Deren fallen uns drei in die Augen: die Annäherung oder wirkliche Berührung mit Händen oder Fingerspißen der Stirne oder überhaupt des Leibes des zu Streichenden; wir wollen ihn, wenn auch nicht völlig eigentlich, doch der Bequemlichkeit zu liebe den Gestrichenen nennen; also noch einmal 1) die Berührung des Gestrichenen vom Streicher; 2) die Fortbewegung der Finger des Streichers auf dem Leive des Gestrichenen; 3) die Trennung des Streichers vom Gestrichenen.

Die erste Frage ist nun: was geschieht (nach dem Stande unsers Wissens bis hieher), wenn der Streicher seine Fingerspißen aufseht auf irgend einen Fleck auf dem Leibe des Gestrichenen? Die Antwort ist: es geschieht erst Verladung des Ods dieser Finger auf dem berührten Fleck des Gestrichenen und dann unverzüglich weitere Fortleitung desselben durch den ganzen Leib des letzteren: jene Verladung fährt unabläßig fort und diese Weiterleitung ebenfalls. Da aber die Verladung schneller von Statten geht, als die Fortleitung, §. 359, so bildet sich auf dem Berührungsflecke in gewissem Sinne Anhäufung von Od.

Die zweite Frage ist: was geschieht, wenn die streichende Hand fortrückt auf dem Leibe des Gestrichenen? Diese Frage zerfällt in ihrer zwei: was geschieht auf dem verlassenen Flecke? was geschieht auf der beim Fortrücken neu eingenommenen Stelle? Auf dem ersteren verschwindet der Odquell, die Odanhäufung läßt nach und zertheilt sich, dagegen erscheint schwächerer Odzufluß von der neuen Berührungsstelle; auf der letteren lagert sich der Odquell und die Odanhäufung findet nun hier statt, ebenfalls mit Fortleitung von ihr aus über den ganzen übrigen Körper, also auch über den so eben verlassenen Fleck. So geht es fort auf dem ganzen Striche hin. Die dritte Frage ist: was geschieht, wenn die streichende Hand den gestrichenen Leib verläßt? Die gestrichene Stelle verliert ihren Orquell, die Ladung und Leitung aus ihr hört auf, und sie setzt sich ins Gleichgewicht mit dem übrigen Leibe. Von ihr sowohl aber, als von allen gestrichenen Stellen, von der ganzen Strichlinie also, strömt längere Zeit Od nach allen Theilen des Leibes, weil diese Linie vermöge der Coercitivkraft des Odes

viel langsamer die gewonnene Ladung wieder von sich gibt, als sie sie empfing; sie verweilt also einige Zeit unter der Herrschaft des eingefogenen Odes und zwar langsam abnehmend, bis nach Verlauf einiger Minuten, Viertelstunden und selbst ganzer Stunden endlich nichts mehr davon wahrnehmbar ist.

Was ich hier sage, entlehnt seinen Ausdruck, wie man sieht, von der derben Vorstellung eines odischen Fluidums im materiellen Sinne, wie man sich bisher ein elektrisches Fluidum denkt. Daß ich für eine solche Vorstellungsart durchaus keine Haftung hier übernehme, habe ich schon oftmals erklärt; ich weiß nicht, ob das Od eine Materie, oder eine Undulation, oder was immer anderes sey, darüber zu urtheilen ist hier weder Zeit noch Ort. Ich betiene mich einer bildlichen Ausdrucksweise, um einen Modus zu haben, meine Beobachtungen in Worte fassen und mittheilen zu können. Jeder mag sie dann nach seiner Weise modeln.

§. 495. Unter diesen Voraussetzungen nun ist man berechtigt, ver läufig anzunehmen, daß, wenn man einen Menschen durch den Strich mit beiden Händen entlang überfährt, man ihm auf seiner rechten Seite mit der linken Hand odpofitive, auf seiner linken mit der rechten Hand odnegative Ladung beibringt, die sich dann schneller oder langsamer über seinen ganzen Körper verbreitet, dann aber durch seinen Stuhl, den Zimmerboden und die Luft allmählig wieder entweicht. Wir wollen nun eine Reihe odischer Streichungen durchlaufen, die ich vorgenommen habe und zusehen, welche Beobachtungen sich dabei darbieten, welche Folgerungen sich aus den gesammelten Thatsachen ziehen lassen, und ob und wie weit wir mit dieser Ansicht von den Hergängen ausreichen oder nicht.

1) Die Leibstriche.

§. 496. Den Strich, welcher vom Kopfwirbel bis über die Zehen hinaus über den ganzen menschlichen Leib mit zwei Händen hernieder geführt wird, pflege ich in Ermangelung eines besseren Wortes den Leibstreich oder Ganzleibstrich zu nennen und will diese Benennung auch hier beibehalten, bis Jemand etwas besseres vorschlägt. Er kann über die Vorderseite, über die Hinterseite, über die rechte oder die linke Seite des ganzen Menschen herabgeführt werden. Wir betrachten hier nur die beiden Erstern.

a) Der vordere Ganzleibstrich.

§. 497. Eine Anzahl von Sensitiven, mit denen ich denselben ausführte, gab mir als Wirkung, die er auf sie hervorbringe, an, daß er ihnen. abwechselnde und vermischte Empfindungen von fühl und lau, von angenehm.

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