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Urkunden der verschiedensten Gattung und des verschiedensten Inhalts handelt. Es wird, ganz abgesehen von der principiellen Bestimmung des Buches, ferner nicht in Abrede gestellt werden können, daß auch der geübteste Urkundenbenußer und der sicherste Kenner mittelalterlicher Latinität bei Anwendung der lateinischen Sprache die Auffassung des Urkundeninhalts nicht so leicht und mindestens so schnell erlangt oder daß dessen Deutlichkeit und so zu sagen Durchsichtigkeit so gut vermittelt wird als durch eine deutsche Fassung der Regesten. Anders freilich verhält es sich, wie jeder Sachkundige zugeben wird, bei einer wörtlichen Uebertragung des vollständigen Tenors lateinischer mittelalterlicher Urkunden: wir halten eine solche für absolut unwissenschaftlich und unzweckmäßig. Daher sind die Regestenwerke Böhmers, Meillers, Stumpfs, Wills, die Regesta Boica (nach kurzem Anfange in lateinischer Fassung) u. a. sicher aus obigen Gründen in deutscher Sprache verfaßt. Jene Durchsichtigkeit des Inhalts in der ausführlichen Form unserer Regesten erponirt den Herausgeber aber mehr als die Autoren jener kurzgefaßten der Kritik und macht es ihr ungemein leicht, nicht allein chronologische Irrthümer zu erkennen, sondern auch namentlich alle Versehen in der Wiedergabe des Inhaltes aller verschiedenen Namen und überhaupt Fehler anderer Art aufzufinden und nachzuweisen. Wie schwer dies der Kritik lateinischer oder abgekürzter Regesten fiel und fallen muß, das wissen alle, welche nach eingehender, wiederholentlicher Benußung die aufgefundenen Unrichtigkeiten mit den Ausstellungen der Recensionen vergleichen. Und in noch größerem Maße ist dies bei Urkundenwerken der Fall, deren Autoren gerade in dem wichtigsten und Hauptpunkte, der Correctheit der Herausgabe, in noch viel günstigerer Lage gegenüber der Kritik sind, wie ganz abgesehen von den spärlichen Beurtheilungen des Riedelschen Coder namentlich auch ein neuestes Beispiel lehrt.*) Aber bei dem Ernst der Sache kann ich mir doch nur Glück

*) Nämlich die anonyme Recension im Zarnkeschen Centralblatt 1880 II über das Urkundenbuch des Klosters Berge von Prof. Dr. Holstein. Es heißt hier schlankweg: „Was die Bearbeitung betrifft, so ist ein correcter Tert hergestellt. Von unrichtigen Lesungen sind uns bis jetzt nur zwei aufgestoßen" u. s. w. Wir haben in Betreff des erstern Punktes gerade die entgegengesetzte Ansicht. Wenn der Recensent eines Urkundenbuches nicht aufs Innigste mit der Diction der mittelalterlichen Urkunden und ihrem sachlichen Inhalt vertraut, dann aber auch mit der nöthigen Kenntniß hinsichtlich der Alterthümer in dem betreffenden speciellen Urkundenbereich ausgestattet ist, so wird er nur durch Vergleichung der Abdrücke mit den Urtexten zu einem richtigen und gerechten Resultat gelangen können. Freilich auch ohne eine solche Operation hätte der Recensent wissen müssen, daß die Zeugenreihe in Nr. 128 höchst incorrect, um nicht mehr zu sagen, wiedergegeben ist, nicht minder in Nr. 85 und 135 und er müßte bei aufmerksamer Prüfung auch ohne Zuhülfenahme der Vorlagen (was für Nr. 128 u. a. unsererseits nicht geschehen) zu einem ganz andern Ergebniß, als dem der Correctheit des Druckes gekommen sein. Die Vergleichung mit einigen beliebig ausgewählten Vorlagen der Ausgabe bat ersichtlich gemacht, daß außer jenen auch die Nummern 65, 91, 102, 108, 121, 131, 135, 141, 144, 155, 197, 198, 199, 202 und 215 in mehr oder minder incorrecten Abdrücken vorliegen, möglicherweise aber noch viel mehr. Mit eingehender Prüfung der Daten und der Datenreduction hat der anonyme Recensent sich offenbar ebensowenig befaßt und ebensowenig mit der der Regestenfassung, denn sonst müßten ihm bei einiger Aufmerksamkeit die Fehler bei den Nummern 65, 84, 108, 129 und 165, in letterer Beziehung die größere oder geringere Mangel- und Fehlerhaftigkeit bei den Nummern 17, 77, 129, 131, 132, 139, 145, 149, 171, 202, 224 und 250 nicht entgangen sein. Manches Andere unerwähnt lassend, möchten wir nur noch das Eine hervorheben, daß es unbedingt von einem Herausgeber der Kloster Bergischen Urkunden, der sich mit der Geschichte des Klosters in verschiedenen Beziehungen schon vor längerer Zeit beschäftigt hat, zu verlangen war, daß er sich an irgend einer Stelle seines Buches über die sehr auffällige, aber doch nicht schwer zu erklärende Würde eines Probstes von Berge (NN. 44 und 61), wenn auch nur oberflächlich zu äußern habe. Trotz allen diesen Ausstellungen und Mängeln, die dem Recensenten des Holsteinschen Buches nicht aufgestoßen sind, soll dem Herrn Herausgeber des Werkes die Verdienstlichkeit seiner Arbeit, deren Werth nicht nach der Summe aller einzelnen Fehler und Versehen, sondern nach der Totalität des Geleisteten zu bemessen ist, nicht abgesprochen werden, ebensowenig als dem Fleiße und der Mühe Anerkennung zu versagen ist, die er nach Kräften auf die Edition einer wichtigen Geschichtsquelle gewendet hat.

wünschen, durch die sorgfältige Kritik einiger kenntnißreicher Beurtheiler auf die Mängel des Regestenwertes, dessen nicht von mir herrührendem Plane vor Allem sie freilich ihre Zustimmung versagen, oft in minutiöser Weise mich aufmerksam gemacht zu sehen. Wenn der Herausgeber auch hier Entschuldigung begangener Bersehen durch die Unausführbarkeit einer neuen systematischen Durcharbeitung und Nachprüfung der Vorarbeiten und zum Theil durch jene selbst den Meistern nicht leicht überwindlichen Schwierigkeiten der Bearbeitung findet, welche z. B. Dümmler (S. VII. der Vorrede zu seinem großen Werke über K. Otto I.) die Abstinenz von einer durchgängigen Kritik der Diplomatik des Raisers Otto I. räthlich erscheinen ließen, bevor nicht die Ausgabe seiner Diplome in den Monumenta Germaniae erfolgt wäre, so braucht er sich nicht mit dem Ausspruche des großen Dichters und Denkers zu beruhigen: Wer fertig ist, dem ist Nichts recht zu machen, der Werdende wird immer dankbar sein: eine Wahrheit, die vielleicht auf das Regestenwerk ihre Anwendung finden kann.

In richtiger Würdigung der Bedeutung und des Zweckes der Magdeburgischen Regesten ist auch von gewichtiger Seite der Herausgeber von der Pflicht absolvirt, den einzelnen Regesten, zumal den der ältesten und diplomatisch oder chronologisch schwierigeren Urkunden kritische Bemerkungen und Ausführungen (von welchem Umfange sie bei eingehender und daher nußenbringender Fassung sein müssen oder doch können, lehren u. A. Wilmans Kaiserurkunden Westfalens oder z. B. eine etwaige jedenfalls mehr als eine Seite füllende von Ficker gewünschte Ausführung über das Verhältniß der beiden Originale von Nr. 1215 und dabei über die nun zu erörternden chronologischen und diplomatischen Schwierigkeiten) anzuschließen und zu diesem Behuse neue Forschungen anzustellen, ohne die es ja nur auf die Wiederholung des schon Bekannten, dann aber auch auf die Gefahr der weiteren Verbreitung begangener Irrthümer hätte ankommen können. So aber werde der Benußer, bemerkt eine andere Kritik, überall zu selbstständiger Prüfung und Beurtheilung aufgefordert. Bei dem Maße von Sorgfalt und Mühe, welche auf die kritische Behandlung der aus den Originalterten gegebenen Stellen Seitens der Bearbeiter aufgewendet sind auch von Seiten der Kritik im Allgemeinen anerkannt ist (Götting. gel. Anz. 1877 S. 1242) — kann es für den Herausgeber gegenüber den vielen Mängeln des Werkes, von deren Hervortreten er von vornherein überzeugt war, eine Art von Genugthuung sein, wenn er die erste 1831 erschienene Ausgabe der Böhmerschen Kaiserregesten Philipps, Friedrichs II. 2c. mit der von dem Autor selbst 1849 besorgten neuen Edition derselben vergleicht und hier und dort auf zahlreiche Streichungen von Regesten, auf viele veränderte oder corrigirte Daten, Verbesserungen des Regesteninhalts, Berichtigungen von Lese- und Druckfehlern, sowie endlich auf Zufäße aller Art stößt, oder wenn soeben das erste Heft der neuen Ausgabe von Jaffés Regesta Pontificum erscheint. Schwerlich dürfte es sich hier allein nur um die Einschaltung neu gewonnenen Materials handeln.

was

Auf die Quellen des Regestenwerkes ist in dem Vorworte zum ersten Theile genügend hingewiesen worden, so daß hier ein Eingehen auf diesen Punkt unterbleiben kann, zumal sie für den gegenwärtigen Band. dieselben waren wie dort. Von inzwischen aufgefundenen oder dem hiesigen Staats-Archiv zugänglich gewordenen größeren Archivalienmassen haben die Urkunden des ehemaligen Prämonstratenser-Klosters Ilfeld im Harze und des Benedictiner-Klosters Hadmersleben für den vorliegenden Band nur eine äußerst dürftige Ausbeute geboten, eine etwas größere für den ersten, zu welchem Zusäße daraus für einen großen Regestennachtrag notirt sind, der den Abschluß des dritten Theils bilden soll. Dieser wird auch das enthalten, was nach Herausgabe des ersten Bandes die

erschienenen Urfundenbücher der Klöster Berge und U. L. Frauen in Magdeburg als bisher unbekannt enthalten.

Die Grundsäße für die Bearbeitung sind dem zu Grunde gelegten Plane des Werkes zufolge und den mehrfach öffentlich und privatim gegen mich geäußerten Wünschen gemäß auch meiner eigenen Ansicht entsprechend dieselben, wie bisher, geblieben. Der Herausgeber glaubt aber bei der Redaction nach Möglichkeit den ihm durch billige und fachverständige Beurtheiler, unter denen sich glücklicherweise auch einige finden, welche selbst ähnliche Werke verfaßten oder doch Urkundeneditionen in größerem oder geringerem Umfange veranstalteten, gegebenen Fingerzeigen Beachtung gewidmet und hat nicht anders, als mit aufrichtiger Dankbarkeit die ihm zu dem ersten Bande angezeigten Verbesserungen (von wenigen unzutreffenden abgesehen) einen Raum anweisen können, dessen Umfang und Inhalt am Schlusse dieses Bandes den Lesern und Beurtheilern, denen die genaue Durchsicht empfohlen wird, beweisen werden, daß es auch neben der Aufnahme der von anderer Hand eruirten Fehler und Versehen nicht an eigener, möglichst genauer, sorgfältiger und kritischer Nachprüfung des Materials im ersten Bande gefehlt hat Der ihm hierbei von Herrn Dr. Krühne, einem jungen hoffnungsvollen Gelehrten, geleisteten Beihülfe muß hier mit gebüh rendem aufrichtigen Danke gedacht werden.

Schließlich fühle ich mich gedrungen, meinem verehrten Collegen, dem Herrn Archivar Dr. Geisheim für den bei der Correctur und Revision der Vorarbeiten mir durch häufige Reproduction ihrer Vorlagen unermüdlich geleisteten Beistand warmen und herzlichen Dank abzustatten.

Mit demselben Wunsche, der den Schluß des Vorwortes zum ersten Bande bildet, beendige ich hier dieses in der Hoffnung, daß auch dieser neue Abschnitt des Werkes dem künftigen Magdeburgischen Geschichtsschreiber nicht allein, sondern auch namentlich dem einstigen Herausgeber eines Magdeburgischen Urkundenbuches in bedeutendem Maße die Mühen und Schwierigkeiten der Forschung und Sammlung überwinden helfen und den Bearbeitern einzelner Themen aus den Alterthümern des Erzstifts wie bisher anregend, fördernd und nüßlich sein werde.

Magdeburg, im Mai 1881.

G. A. v. Mülverstedt.

1) (September) 1192.

Im Jahre 1192 wurde zum Erzbischofe der Domdechant Ludolph von Kroppenstedt gewählt. Er war von schlichter Geburt vom Dorfe. Seine Eltern hatten ihn nach Halberstadt zur Schule geschickt; er wanderte aber nach Paris auf die Schule und war daselbst 20 Jahre und ein Kompan des heiligen Erzbischofs Thomas von Canterbury. Als er von Paris wieder ins Land kam, nahm ihn Erzbischof Wichmann zum Schulmeister (Scholasticus) an, verschaffte ihm eine Präbende und machte ihn zum Dechanten. Vom Kaiser Heinrich ward er sodann zum Erzbischof erhoben und empfing das Pallium vom Pabste Cölestin. Der Bischof von Halberstadt weihte ihn am Pfingsttage hier im Dome zu Magdeburg.

S. Magdeburger Schöppenchronik herausg. von Janicke S. 122.

2) (September) 1192 („1194“).

Zum siebzehnten Erzbischof ward Ludolph erwählt. Er war aus dem Dorfe Kroppenstedt und von niedriger Herkunft. Seine Eltern schickten ihn in die Schule nach Halberstadt. Alsdann kam er nach Paris, ward hier Schüler des heil. Thomas von Canterbury und blieb daselbst 20 Jahre. Als er von da zurückgekehrt war, machte ihn der Erzbischof Wichmann zum Schulmeister; später ward er Dechant am Magdeburger Dome und endlich Bischof. Kaiser Heinrich bestätigte ihn.

Bothonis Chronicon bei Leibniz Scriptt. Brunsv. III. p. 353.

3) (September) 1192 („1193“).

Der Domdechant zu Magdeburg Ludolph folgte auf den Erzbischof Wichmann daselbst, der 1193, im 10. Jahre der Ordination des Bischofs Dietrich von Halberstadt, gestorben war. Bei Wichmanns Leichenfeier war Bischof Dietrich von Halberstadt zugegen, oder vielmehr er veranstaltete seine

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