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Harvard College Liy

NOV 13 13:2

Hohenzollern Collection

Gift of A. C Coolidge

Vorrede.

Nahezu fünf Jahre nach der Vollendung des ersten Bandes im Druc erscheint jezt der zweite des Magdeburgischen Regestenwerkes. Die längere Dauer der Herausgabe hat ihren Grund nicht sowohl in der dem Umfange des ersten gleichkommenden Stärke des zweiten Theiles, sondern auch wiederum in der Art des Stoffes und den schon im Vorworte zum ersten Bande genügend hervorgehobenen Schwierigkeiten, welche bei der Redaction der vorhandenen, zum größten Theil vor langer Zeit von verschiedener Hand gefertigten, aus neu aufgefundenen oder neu publicirten Quellen zu prüfenden oder zu vermehrenden Vorarbeiten zu überwinden waren. Daß die Herausgabe neben den Berufsgeschäften des Autors und außerhalb derselben vor sich ging, fand wie früher auch jest statt.

Der gegenwärtige Band, nur einen Zeitraum von 77 Jahren umspannend und mit dem Regierungsantritte des Erzbischofs Ludolf beginnend, schließt nicht, wie der erste, mit dem Ende der Herrschaft eines Magdeburger Metropoliten ab, sondern um eine Ausdehnung über das in Aussicht genommene Maß zu vermeiden, mit dem vollendeten Jahre 1269: einem Jahre, das durch die Veräußerung der Burggrafschaft des Erzstifts unbedingt zu den wichtigeren seiner Geschichte zählt. Es verbleibt demzufolge für den dritten und Schlußband noch ein Zeitraum von 36 Jahren der Magdeburger Geschichte dem ursprünglichen Project nach übrig. Neben dem diesem Theile anzuschließenden Namen- und Sachregister werden auch dann erst die Nachträge zum ganzen Werke erfolgen, die zu den ersten beiden Bänden erst dort vereinigt stehen werden mit Ausschluß der wenigen, welche am Ende des ersten Bandes bereits ihre Stelle gefunden haben. Denn es erschien zweckmäßiger, zumal sich auch nach der Herausgabe des zweiten Theils außer den bereits ermittelten noch neue Zusäße finden werden, die gesammten Nachträge fortan nicht mehr zu scheiden, sondern sie nur noch an einer Stelle einzuschalten. Es mag hier gleich bemerkt sein, daß — wie es bei einem Werke der vorliegenden Art naturgemäß der Fall ist sich während des Druckes manches Uebersehene herausgestellt und Neues aus neuen Veröffentlichungen ergeben hat, und es ist möglich, daß die Recensionen und Freunde des Werkes oder seines Herausgebers die nicht ganz geringe Zahl solcher Stücke noch um ungekannte vermehren. Aus der gelehrten Welt habe ich, was ungedrucktes, an mir nicht zugänglichen Stellen befindliches oder nicht leicht auffindbares Material anlangt, mich fast ausschließlich nur der gütigen Förderung des Herrn Professors Hofraths Dr. Windelmann in Heidelberg und meiner verehrten Freunde der Archivräthe DDr. Jacobs und Janicke zu erfreuen gehabt, denen ich nochmals hier Worte verbindlichen Dankes sage.

Die Ausführlichkeit, mit welcher von dem Plane des ganzen Werkes und den Modalitäten seiner Bearbeitung in der Vorrede zum ersten Bande gehandelt ist, überhebt mich einer neuen Darlegung der maßgebend gewesenen Vorschriften für ein Werk, welches kein Erzeugniß freier Wahl des Herausgebers ist und mit dessen Principien sich derselbe ebenso wenig einverstanden erklären konnte, als die meisten seiner Beurtheiler. Ich und meine Mitarbeiter erblickten zunächst in dem Unternehmen die Anticipation eines früher oder später doch erscheinenden Magdeburgischen Urkundenbuches. Es wäre ganz als ein Foregor agregor erschienen, hätten die Regesten die Formen angenommen, die sie in den bekannten Werken Böhmer's, Jaffe's, Potthast's, Wills u. A. haben. Welchen Nußen, ja welche, man kann sagen immense, Erleichterung unser Werk dem künftigen Bearbeiter eines solchen Urkundenbuches darbieten muß, steht eben so fest, als die Vortheile und Förderung, welche der bisher erschienene Theil auch troß seiner Mängel den Forschern auf dem Gebiete der Geschichte des Erzstifts Magdeburg und seiner Nachbarländer und ihrer Alterthümer bisher schon gewährt hat. In diesem Sinne ist es mehr als ein Beurtheiler gewesen, welcher keinen geringen Werth auf die Bedeutung des Werkes legt, durch das die erste wissenschaftliche Grundlage für eine Geschichte des Erzstifts und Herzogthums Magdeburg geschaffen sei" und ein anderer Recensent urtheilt am Schlusse seiner eingehenden Kritik (Göttinger gel. Anzz. 1877 S. 1247) „daß auch der bisher erschienene ,,erste Abschnitt des Werkes, so lange eben ein vollständiges Urkundenbuch des „Erzstifts Magdeburg mangele, durch seinen Inhalt als eine höchst schäßens,,werthe und mußenbringende Bereicherung der wissenschaftlichen Grundlage für ,,die Geschichte jenes Staatsgebietes im engern und weiteren Umfange anzusehen sei und einst neben dem Urkundenbuche einen gewissen, wenn auch beschränktern „Werth behalten werde."

Diese Urtheile und andere direct und indirect ausgesprochene Wünsche, so wie das Erforderniß der Gleichmäßigkeit in der Fortführung des begonnenen Werkes, dessen Vorarbeiten, wie bekannt, längst vollendet vorlagen, mußten in der Beibehaltung der bisherigen äußeren und inneren Form der Regesten bestärken, in der Art ihrer Anordnung. Auch schien es im Interesse der Absicht, das vollständige Material für die Magdeburgische Geschichte zu besißen, nicht zu liegen, fortan die annalistischen Quellen, deren die Regestenwerke Raumers, Böhmers und Jaffé's nicht entbehren, auszuschließen, um so weniger, als diese nunmehr nicht noch reichlicher, wie einerseits behauptet wurde, fließen, sondern vielmehr, wie ersichtlich, von Jahr zu Jahr spärlicher werden.

Auch in Betreff der Beigabe von Erläuterungen, kritischen Bemerkungen und Ausführungen über Personen und Sachen in einzelnen Urkunden, über Deutung der Namen einzelner Orte und Bestimmung ihrer Lage u. a. m. hat der Herausgeber sich wie früher die größte Beschränkung auferlegt und consequent eine ihm oft schwer fallende Enthaltsamkeit geübt, da die Leichtigkeit, infolge langjähriger Studien und Sammlungen, sowie seine Kenntniß specialgeschichtlicher Arbeiten neben der steten Benußbarkeit eines wohlgeordneten Archivs, Erörterungen nach verschiedenen Seiten hin beizufügen, einen starken Antrieb gewährte. Aber ich erinnerte mich jener bei Gelegenheit der Recension eines namhaften Regestenwerkes (Worbs Inventarium diplom. der Niederlausitischen Urkunden) vor einer längeren Reihe von Jahren (in v. Ledeburs Allg. Archiv XIII. S. 184) gemachten verständigen Bemerkung: Die (in obigem Buche) gegebenen Erläuterungen dienen bei solchen Werken, deren oberflächlichster Benußung leicht das Ansehn wirklicher Quellenforschung zu Theil wird, oft nur dazu, der Bequemlichkeit Vorschub zu leisten, der eigenen Kritik zu überheben, und begangenen Irrthümern größere Verbreitung zu verschaffen. So sehr wir also wünschen,

daß das hier gebotene dankenswerthe Werk als Hinweisung auf die Quellen zur Geschichte der Niederlaufig beachtet und fleißig benußt werden möge, so müssen wir doch vor dem Gebrauch als wirkliche Quelle mit Vorbehalt dessen, was hier an bisher ungedruckten Urkunden vollständig oder auszugsweise gegeben ist, warnen."

Sicherlich hätte aber auch die Beifügung von Commentaren und kritischen Noten nicht allein die einem Einzelnen obliegende Arbeitslast aufs höchste vermehrt, sondern auch dem Herausgeber, wenn für solche Erläuterungen nur einzelne Urkunden gewählt wurden, den berechtigten Vorwurf der Ungleichmäßigkeit in der Behandlung des Stoffes zuziehen müssen. Ueberdies sehen wir auch Regestenwerke, wie die von Böhmer und Stumpf, die freilich Regesten ganz anderer Art und Tendenz enthalten, als das gegenwärtige, keineswegs mit Deductionen oder Argumentationen versehen, welche die Richtigstellung der Datirungen bezwecken, die Zeitbestimmung undatirter Urkunden begründen oder Urtheile über Unächtheit genauer motiviren. Dagegen fehlen mit Recht kritische Bemerkungen in chronologischer und diplomatischer Hinsicht neben erläuternden Notizen über Personen, Orte und Sachen nicht in Urkundenbüchern nach dem Abdrucke einzelner Urkunden oder bei einzelnen Urkundenserien wie die Beispiele des Anhaltischen und Mecklenburgischen und mehrere der von der historischen Commission für die Provinz Sachsen herausgegebenen Urkundenbücher bald in mehr, bald in weniger genügender Ausführlichkeit, darthun, während Riedels Coder sich fast ganz aller derartigen Ausführungen enthält. Die Autoren jener obengenannten Regestenwerke, welche nur eine einzige Gattung von Urkunden. zum Gegenstande haben, hatten es deshalb und vermöge ihrer tiefen Kenntniß und langjähriger, vielfach begünstigter Studien nach dieser Richtung hin leicht, eine sichere und selten angefochtene Entscheidung über die richtige chronologische Einreihung von Kaiserurkunden und über deren Aechtheit oder Zweifelhaftigkeit zu treffen.

Nach unsern Principien war für die chronologische Reihenfolge der Urkunden diejenige Jahreszahl maßgebend, welche sich in ihnen selbst, zumal in Originalen, vorfand, ohne daß dabei die Urtheile erfahrener Sachkenner in der Datenprüfung unberücksichtigt geblieben wären oder eigene Untersuchungen die Richtigstellung der Datirungen versucht hätten. Man legt gegenüber bestimmten Jahresangaben in unverdächtigen Diplomen viel zu vielen Werth auf die Concordanz mit der Indictionszahl oder der Angabe der kaiser- oder königlichen Regierungszeit, namentlich auch in nicht-kaiserlichen Urkunden, bei denen doch (abgesehen von der erklärenden Differenz der Verhandlungs- und der Aus fertigungszeit) offenbar bei den letteren Berechnungen, eher Versehen vermuthet werden können, als bei der Hauptzeitrechnung, der Incarnationszahl selbst. So fällt die Möglichkeit fort, welche den Herausgeber des Anhaltischen Urkundenbuches (I. S. 79) bewogen hat, den bekannten Geronischen Stiftungsbrief für das Kloster U. L. Frauen zu Magdeburg vom 13. December 1015 trob der allgemeinen Uebereinstimmung der Quellen in das Jahr 1016 zu sehen, welches der neueste Herausgeber jener Urkunde jogar „gelesen wissen will", wenn die Thietmarsche Angabe vom 29. Juni 1016 (Regg. I. Nr. 601) richtig datirt ist. Denn nach dieser ward damals erst der Magdeburger Scholaster Geddo zum Domprobst erwählt, während er in dem Diplom vom 13. December 1015 noch als der legte in der Reihe der Presbyter-Kanoniker erscheint.

Ebensowenig war es dem einmal vorgeschriebenen Plane zufolge ausführbar, den Regesten eine Reihenfolge in Tabellenform und mit tabellarischen Rubriken zu geben, wie Böhmer, Jaffé und Potthast und unvollkommen v. Raumer sie anwenden. Jedem Sachkundigen muß es leicht einleuchten, daß

jene Modalitäten nur bei kurzgefaßten, (keineswegs alle in den Urkunden vorkommenden Eigennamen oder Sachen wiedergebenden oder berührenden), compreß gedruckten Regesten ausführbar und am rechten Orte sind, zumal bei solchen, die, wie Pabst und Kaiserregesten nur Urkunden einer und derselben Gattung betreffen, nicht aber hier, wo keine geringe Zahl von Regesten halbe, ganze und mehrere Seiten ausfüllen. Unter diesen Umständen würde durch tabellarischen Druck nicht sowohl eine große Raumverschwendung verursacht werden, als auch der Zweck der Gewährung einer Uebersichtlichkeit völlig unerreicht bleiben. Endlich ist es auch klar, daß der wichtige Zweck jener Form in den angeführten Werken, die Itinerarien der Urkundenaussteller (lediglich der Päbste, Könige und Kaiser) zu firiren und für anderweite Zeitbestimmungen mußbar zu machen, für ein Werk, wie das vorliegende, vermöge seines Inhalts ausgeschlossen ist. Darum sehen wir auch verständiger Weise keine Tabellenform 3. B. bei jenen zahlreichen Urkundenregesten angewendet, welche den Anhang zur Geschichte des Klosters Altzelle in Sachsen von Ed. Beyer bilden und diese Art der hier gebotenen Urkundenauszüge oder die der Meillerschen Regesten ist diejenige, welche bei dem vorliegenden Werke zur Vorschrift gemacht worden war als ein Ersaß für den ganz oder doch correct fehlenden Druck der Urkunden selbst. Demzufolge wird diese Arbeit nicht nach den Principien zu beurtheilen. sein, nach denen jene Werke angelegt und bearbeitet worden sind.

Daß es nüßlich, um nicht zu sagen nothwendig, ist bei einem Regestenwerke der vorliegenden Art alle Drucke anzuführen, lehrt schon ein Hinblick auf den jezt allgemein gewordenen Vorgang, z. B. in den Urkundenbüchern von Anhalt und Mecklenburg und den Regestenwerken von Stumpf und Potthast sowie die Erwägung, wie ersprießlich es für den Benußer, der nicht die neuesten oder besten Drucke in seinem Bücherschate besißt oder an seinem Wohnorte erlangen kann, für seine Zwecke, für die es ihm auf die Einsicht in den correctesten Druck nicht ankommt, einen Hinweis auf eine ihm leicht erreichbare gedruckte Quelle zu finden. Unbillig aber dünkt es uns, wie irgendwo gewünscht ist, die Editionscitate, wenn nicht zu beschränken, so doch in einer bestimmten Reihenfolge der Drucke nach ihrer Ableitung von einander anzuführen. Die Schwierigkeiten, ja die Unmöglichkeit in einzelnen Fällen, liegen ebenso auf der Hand, wie auch das Problematische des Nußens, der von einem solchen Verfahren für die das Werk benußenden Fachgelehrten oder Freunde der Geschichte zu er warten wäre; mindestens wäre es aber doch für die ersteren von sehr untergeordneter Bedeutung.

Bei dem höhern Orts vorgeschriebenen Plan des Werkes, dessen Rußen und Nüglichkeit von der Kritik auch troß seiner vielen Mängel genügend anerkannt ist, war die Fassung der Regesten nicht in einer andern Sprache als der deutschen geboten und ich glaube, daß die von einer Seite aufgeworfene Frage über die größere Zweckmäßigkeit der Magdeburgischen Regesten in deutscher oder lateinischer Sprache, unbedingt zu Gunsten der erstern zu entscheiden ist, auch wenn die Fassung der Regesten in anderer Tendenz und nach anderen Grundsäßen als nach den für die fast ausschließlich nur die Chronologie und Diplomatik berücksichtigenden Böhmerschen, Stumpfschen und Potthaftschen erfolgt wäre. Es wird nicht zu bestreiten sein, daß die Anwendung des lateinischen Idioms für die knappe Regestirung die Gleichförmigkeit eines ausgebildeten Formularwesens mehr oder minder an sich tragender, ja in zahlreichen Kategorien gleichartiger, von bestimmter Zeit ab stets gleichmäßig datirter päbstlicher Ürkunden sich als besonders geeignet und zweckmäßig empfiehlt und vorzuziehen ist, aber daß die Muttersprache der Leser und der Bearbeiter unbedingt ihr Recht haben muß, wenn es sich umi Regesten derjenigen Art, wie die hier bearbeiteten, und um

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