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lerius Probus, Maurus Servius Honoratus und andere); in abergläubischer Verehrung zog man seine Gedichte als Stechbuch zu Rate (sortes Vergilianae); zuleßt verwandelte sich Vergil dem Volke in einen Zauberer und Wunderthäter und blieb tief ins Mittelalter hinein Gegenstand phantastischer Sagenbildung; selbst heutzutage ist die Vergillegende in Süditalien nicht ganz ausgestorben.

Vergils Dichtungen.

Die Werke, denen Vergil seinen gefeierten Dichternamen bei Mit- und Nachwelt verdankt, sind die Bucolica, die Georgica und die Aeneis. Außerdem sind unter seinem Namen noch die Catalecta, eine Sammlung von vierzehn kleineren Gedichten, die Ciris, die Copa, der Culex, das Moretum und andere kleinere Gedichte überliefert, von denen jedoch wohl nur einige wirklich von Vergil sind, und zwar dürfte er diese teils in der Zeit seines ersten Aufenthaltes in Rom, wo er mit den damals tonangebenden Dichtern in Berührung gekommen war, teils in der ersten Zeit nach seiner Rückkehr von Rom nach Andes verfaßt haben.

Die Bucolica, Hirtengedichte, sind Nachbildungen der ɛiðúλλıα1) des griechischen Dichters Theokrit, der, aus Syrakus gebürtig, um 260 v. Chr. in Sizilien als Dichter der Bouzohizỳ ảoidh, des Hirtengesanges, blühte und in dieser Kunstgattung Mustergiltiges geschaffen hat. Die zehn (ausgewählten) Gedichte, Eclogae, aus denen das Buch der Bucolica (Bucolicon liber) besteht, sind teils in der Zeit der behaglichen Muße, deren sich Vergil nach seiner Heimkehr aus Rom vor der Äckerverteilung erfreute, teils während der durch die Äckerverteilung über ihn gekommenen Drangsale entstanden. Vergils bukolische Poesie unterscheidet sich jedoch nicht unwesentlich von der Theokrits; während Theofrits Hirten naturwahre Gestalten sind, deren Leben und Treiben, Denken und Empfinden der Dichter uns in objektiv gehaltenen Bildern vorführt, denken, fühlen und sprechen die Hirten Vergils mehr oder minder wie die gebildeten Römer seiner Zeit; einige Eklogen haben überdies einen allegorischen Charakter, so die erste und die neunte, in welchen der Dichter seine eigenen Erlebnisse während der Äckerverteilung (j. oben, Seite III und IV) im Bilde des Hirtenlebens darstellt, in der ersten, um dem Octavianus für die Rückerstattung seines an die Veteranen verlorenen Gutes zu danken, in der neunten, um Alfenus

1) Eldúλλtov, Deminutivum von ados, ein (kleines) Bild aus dem Hirtenleben, daher Idylle.

Varus und Octavianus der Sache der von neuem im Besize ihrer Äcker Bedrohten günstig zu stimmen. Die beliebte Form des bufolischen Liedes, der Wett- oder Wechselgesang, findet sich auch bei Vergil; als Muster eines solchen amöbäischen Liedes sei die Ecloge VII angeführt. Die Georgica (Georgicon libri IV), deren Entstehung in die Zeit des Aufenthaltes Vergils in Kampanien fällt und auf deren Ausarbeitung und Ausfeilung der Dichter sieben Jahre verwendete, sind ein didaktisches Gedicht1) und haben die italische Landwirtschaft zum Gegenstande: das erste Buch handelt vom Ackerbau, das zweite von der Baumzucht (mit besonderer Hervorhebung der Weinkultur), das dritte von der Viehzucht, das vierte von der Bienenzucht. In solchem Umfange hatte weder ein griechischer noch ein lateinischer Dichter vor Vergil diefen Gegenstand behandelt; in Prosa hatten de re rustica ver Vergil M. Vorcing Cato Censorius (234-149 v. Chr.) und W. Terentins Varro Reatinus (116–26 v. Chr.) geschrieben. Mit Recht darf sich Vergil (Georg. II 175) rühmen, mit seinem Lehrgedichte der römissen Veese ein neues Gebiet eröffnet zu haben, und wenn er bei dieser Gelegenheit seine Georgica ein carmen Ascraeum nenut, so wil er Rich damit nicht als einen Nachahmer des Hesiod (aus Ascra in Vrectien) bezeichnen, sendern nur sägen, daß er der erste sei, der den Römern Regeln und Vorschkräften über die Landwirtschaft in rectücher Form gebe, wie es bei den Griechen Heliod in seinen "Egyz xaì quścm gethan Vergil widmete die Georgica, das fermvollendetite Exxenants seiner Muse, in welchem er den jetrhaften Grundton bald durch Naturichi.derungen, bald durch größere oder kleinere Episoden angenehm zu unterbrechen und zu belchen weiß, dem Maecenas, auf Soßen Anneenne, er sie auch gedichtet haben ist, um den damals in VerFall geratene, Sandbau be: den. Römern wieder „zu Ehren zu bringen“. Vergils leptos und größtes Sock it: die Aeneis, das Heldengcdicht von dem Troer Aeneas, dem Abrherrn Loms und des in Sucnitus zur Be therrichaft gelangten Zulichen Geiduechtes. In zwölf Buchern Heinot Vergi. die Jiabrien izmeš Helden bis zu dejen Sendung in Stalien 1 bis 6. Sue und die Kamoke, die derielbe in Statium, qu bestehen hatte, um in dem ihm und seinen Nachkommen verbeidenen. Sende festen Fuß au fafien 7. bis 12. Such :) Dabe:

1 m Schroedichte hatte Serri. unter der Mömern den T Fucreting Comms (98-55 v. Chi; der ein. Gedit* I rerum natura' in Ha ནག་ཁོང་གh21:mཀ་སསྭཱཏྭཱ ཀ ?

2. Sen den mob Bichern der Acreis entrveden die ersten sechs New Shelte nad de Cri di. left”, leche de Guad. des Homer. Auc

nimmt der Dichter jede Gelegenheit wahr, die Großthaten, Sitter, Einrichtungen und Gebräuche des römischen Volkes, sowie dessen damaligen Imperator, seinen Gönner und Beschüßer, zu verherrlichen. Schon vor Vergil hatte die epische Dichtung bei den Römern Pflege gefunden; Livius Andronicus (um 240 v. Chr.) übersezte die Odyssee des Homer ins Lateinische (im saturnischen Versmaß), Cn. Naevius

sonst hat Vergil den griechischen Meister des Epos vielfach nachgeahmt. Im Nachstehenden seien einige der auffälligsten Ähnlichkeiten in Bezug auf die Komposition der epischen Erzählung angeführt. Im ersten Buche erinnern der Seesturm und die Wehklage des Aeneas (V. 81-102) an Od. V 290 f., die Schilderung der Bucht, wo Aeneas landet (V. 159-169), an den Phorkyshafen Od. XIII 96 f., die Begegnung des Aeneas mit Venus (V. 305–417) an Odysseus' Begegnung mit Athene Od. VII 19 f., das Gastmahl in Karthago zu Ehren der trojanischen Gäste an das bei Alkinoos dem Odysseus zu Ehren veranstaltete (der bei jenem Mahle singende Jopas ist der Demodokos bei dem Mahle auf der Phaeakeninsel). Im zweiten und dritten Buche läßt Vergil seinen Helden die Einnahme von Troja und seine weiteren Erlebnisse bis zur Landung in Karthago erzählen, wie bei Homer (Od. IX-XII: 'Aλxívou áñóλoyoi) Odysseus den Phaeaken seine Abenteuer auf der Rückkehr von Troja bis zu seiner Ankunft bei ihnen erzählt. Die Leichenspiele im fünften Buche sind den 20λa ènì Пatpózλw im 23. Gesange der Iliade nachgebildet (an Stelle des Wagenrennens tritt bei Vergil ein Wettfahren der Schiffe). Für das sechste Buch, in welchem Aeneas in die Unterwelt hinabsteigt, diente Vergil die Nézuta des Homer (Od. XI) zum Vorbilde. Im siebenten Buche ist die Aufzählung der italischen Streitkräfte, die sich zum Kampfe mit den Trojanern sammeln, ebenso die der Aeneas begleitenden etruskischen Schiffe im zehnten Buch, eine Nachahmung des Schiffskataloges am Ende des zweiten Gesanges der Iliade. Der Schild des Aeneas im achten Buche hat sein Vorbild in dem des Achilles bei Homer II. XVIII. Der Zug der Latinerinnen in den Minervatempel (XI 478 f.), vollends deren Gebet, erinnert an II. VI 305 f., die Truggestalt des Aeneas (X 634 f.) an das ɛldwλov ebendesselben bei Homer (Il. V 449 f.), der Abschluß des Vertrages und der Bruch desselben durch den Speerwurf des Tolumnius im zwölften Buche an die öpzoι des dritten und an die ópzíwv ourxvois (durch den Pfeilschuß des Pandaros) des vierten Gesanges der Iliade. Daß unser Dichter auch die epische Darstellungsweise des Homer, seine Diktion im allgemeinen und seine Bilder im besonderen, nachahmt, und daß er sich den ganzen technischen Apparat der Homerischen Epen zu eigen gemacht hat, kann hier bloß kurz erwähnt werden; es wird Sache des Schülers sein, bei der Lektüre darauf von Fall zu Fall zu achten.

(um 230 v. Chr.) erzählte den ersten punischen Krieg in einem gleichfalls in saturnischen Versen abgefaßten Epos, D. Ennius aus Rudiae in Kalabrien (239—169 v. Chr.) dichtete in Hexametern 18 Bücher Annales, worin er die Geschichte Roms von Aeneas' Ankunft in Italien bis auf seine Zeit führte, M. Terentius Varro Atacinus (um 50 v. Chr.) schrieb ein bellum Sequanicum. Aber erst dem durch das Studium der griechischen Epiker, namentlich des Homer, gewonnenen höheren Kunstverständnisse und geläuterten Geschmacke Vergils gelang es, den Römern ein Nationalepos in einer Form zu geben, die für die Epiker der Folgezeit maßgebend geblieben ist. Vergil nahm die Aeneis bereits in der Zeit in Angriff, wo er mit der Abfassung der Georgica beschäftigt war; doch war es ihm nicht beschieden, an dieses Hauptwerk seines Lebens die leßte Feile anzulegen. Man erzählt, daß der Dichter, als er sich dem Tode nahe fühlte, die Absicht gehabt habe, das unfertige Werk zu verbrennen, jedoch durch seine Freunde Plotius Tucca und L. Varius daran verhindert worden sei; diese haben dann, wie einige Grammatiker berichten, nach dem Tode des Dichters die Aeneide herausgegeben, wobei sie nur die vier Eingangsverse (Ille ego... bis at nunc horrentia Martis) und eine größere Partie des zweiten Buches (V. 567 bis 588) strichen, selbst nichts hinzuthaten.

Zum Schlusse noch eine kurze Bemerkung über Vergils Verhältnis zu den beiden Richtungen, welche in der Poesie der Augusteischen Zeit einander bekämpften. Vergil war, wie aus dem oben bei den einzelnen Werken des Dichters über deffen Studium der betreffenden griechischen Muster Gesagten hervorgeht, ein entschiedener Anhänger der neuen Richtung, deren beredtester Wortführer Horaz war und welche durch Nachahmung der hellenischen Vorbilder die höchste Formvollendung_anstrebte, während die Gegner dieser Richtung sich in den Geleisen der alten nationalen Dichtungsweise weiter bewegten.

Inhalt der Aeneis.

I. Nach Bezeichnung des Helden seines Gedichtes und Anrufung der Muse (V. 1-11) gibt der Dichter in den Versen 12–33 die Ursachen des Hasses der Götterkönigin gegen Aeneas an und beginnt dann mit V. 34 die Erzählung.

Auf der Fahrt von Sizilien nach Italien überfällt Aeneas ein Heftiger Sturm, den der Windgott Acolns auf Verlangen der Juno erregt hat. Neptunus beschwichtigt den turm, und Aeneas rettet sich mit einem Teile seiner Schiffe in eine Bucht an der Nordküste von Afrika. Als er am folgenden Tage mit Achates auf Kundschaft aus

geht, kommt ihm im Walde seine Mutter Venus in Gestalt einer karthagischen Jägerin entgegen. Von dieser über Land und Leute belehrt, gelangt er in die (im Entstehen begriffene) Stadt Karthago, wo er mit einigen seiner im Sturme verloren geglaubten, inzwischen an einer anderen Stelle derselben Küste gelandeten Genossen zusammentrifft und von der Königin Dido freundlichst empfangen wird. Den Gästen zu Ehren findet ein Festmahl im Palaste statt. Venus, die den Wankelmut der Karthager fürchtet, entrückt den zu dem Mahle von den Schiffen geholten Sohn des Aeneas Ascanius nach einem ihrer Lieblingssige und sezt an dessen Stelle ihren Sohn Amor, welcher als Ascanius vor Dido erscheint und dieselbe ganz für Aeneas einnimmt. Auf die Aufforderung der Königin erzählt Aeneas den Fall Trojas und die Abenteuer, welche er bis zu seiner Landung im karthagischen Gebiete zu Wasser und zu Land bestanden hat.

Der Inhalt dieser Erzählung (II, III) ist kurz folgender:

II. Nach Erbauung eines hölzernen Pferdes, das die tapfersten Helden des Heeres in sich birgt, haben sich die Griechen von Troja zurückgezogen. Während die Trojaner über das Pferd beraten, wird der Grieche Sinon herbeigeschleppt; durch dessen ränkevolle Rede bethört, eilen die Trojaner, das Pferd in die Stadt zu ziehen, umsomehr, als Laokoon, der zu dessen Vernichtung aufgefordert hat, vor ihren Augen durch zwei vom Meere hergekommene Schlangen mitsamt seinen beiden Söhnen getötet wird. In der auf das Freudenfest folgenden Nacht entsteigen die Griechen dem Pferde und lassen das übrige mittlerweile durch ein Feuerzeichen des Sinon herbeigerufene Heer zu den Thoren herein. Aeneas erhält durch einen Traum, in welchem ihm Hektor erscheint, Kunde davon; er schart Leute um sich, um die Burg zu halten. Doch alle Gegenwehr ist umsonst; Aeneas sieht die Griechen in den Palast des Priamus eindringen, Priamus selbst am Altare fallen. Von Venus an die Gefahren der Seinen erinnert, eilt er jezt in sein Haus, um mit ihnen zu fliehen. Mit dem lahmen, greisen Vater Anchises auf dem Rücken, dem Sohne an der Hand, begleitet von seiner Gattin Kreusa, tritt Aeneas die Flucht an und kommt glücklich aus der Stadt heraus. Da bemerkt er, daß Kreusa fehlt. Er kehrt in die Stadt zurück, um sie zu suchen. Kreusa erscheint ihm in überirdischer Gestalt, teilt ihm mit, daß die Göttermutter sie in ihr Gefolge aufgenommen habe, und entläßt ihn mit einem Hinweise auf die neue Heimat, die er im Westen finden soll. III. Im nächsten Frühjahre verläßt Aeneas mit einigen Schiffen den Boden der Heimat. Das Westland suchend, gelangt er nach Thrazien, nach Delus zum Könige Anius, nach Kreta, zu den Inseln der

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