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A. Der Mensch als Gegenstand odischer Untersuchung überhaupt.

3. 9. Eines Tages führte ich Hrn. Gustav Anschütz (222) in meine Dunkellammer, in welcher absolute Finsterniß hergestellt war. Er war der Meinung, wir sehen da allein. Ich hatte aber heimlich zuvor Jemand in die Nähe der Stelle gebracht, wohin ich ihn führte, und der Person den Auftrag gegeben, sich vollkommen stille zu verhalter, so daß man nichts von ihrer Anwesenheit merken könne. Sie erfüllte dieß auch sehr genau; den ich selbst, obwohl ich von ihrer Gegenwart in Kenntniß war, vermochte nicht das Geringste von ihr zu vernehmen. Kaum war Hr. Anschütz an der bestimmten Stelle befindlich (also lange zuvor che sein Auge das Geringste im Finstern zu sehen vermochte), als er anfing, unruhig sich zu geberden; und bald brach er mit auffahrender Beängstigung in den Schrei aus: „hier im Zimmer ist ein Mensch!"— Man lachte und gab sich zu erkennen. Hr. Anschüß schilderte uns nun die sensitiven Gefühle, die überall durch die Nähe eines Menschen in ihm erregt würden, er möge von seiner Gegenwart Kenntniß haben oder nicht.

§. 10. Hr. Anschütz (202) erzählte bann Züge aus dem Soldatenleben, die hieher gehören. Er war in früheren Jahren Cadet und Officier unter den österreichischen Jägern gewefen. Als er, nachdem er für sich allein exerciren gelernt hatte, in einer Compagnie in Reih und Glied gestellt wurde, also zum ersten Male zu beiden Seiten dicht neben sich, und vor und hinter fich mit Mannschaft zusammen gedrängt wurde und so marschirte, fiel er auf der Barade zu Brag ohnmächtig um und mußte hinweggetragen werben. Nach kurzer Frist erholte er sich, stand auf und reihte sich wieder ein. Die widrige Erscheinung war bloß veranlaßt worden durch das ihm in jeder Zeit seines Lebens peinlich gewesene dichte Zusammenstehen mit Menschen.

Als er sich wieder einstellte, wurde hin und her marschirt, die Reihen erweiterten und lüfteten sich, die Richtungen wechselten und dieß ertrug er nun ohne weitern Unfall, obwohl stets mit großem Mißbehagen.

Bald wurde er Charge und erhielt nun eine Stellung mitten in den Reihen, so daß er immer von allen Seiten mit Männern umftanden war. Dieß war ihm faft unausstehlich widrig, am allermeisten, wenn stille gestanden werden mußte; doch fiel er nicht mehr in Ohnmacht.

Später belam er eine Stellung in einer hintersten Reihe, im dritten Gliede, wo er Niemand mehr hinter sich hatte, sondern nur Leute vor sich. Dieser Zustand war ihm merklich leiblicher, obwohl immer noch brüdend genug.

Eine Zeitlang stand er als Flügelmann, bald auf der rechten, bald auf der Linken Seite seines Gliebes. Jest erst lebte er wieder zu einiger Behaglichkeit auf.

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Auf den Wachstuben im Wachdienste zwischen andern Soldaten in voller Montur auf der Pritsche liegend, empfand er die peinlichsten Beklemmungen. Wenn seine Nebenmänner sich bald rechts, bald links umbrehten, fühlte er sich jeden Augenblick anders affizirt, ohne zu wiffen aus welcher Ursache.

Erst als er zum Offizier vorgerückt war, ward er von allen diesen odischen Peinlichkeiten befreit, die ihn überall in gedrängtem Zusammenleben mit andern Menschen befallen.

§. 11. Es wollte Jemand die Frl. Josephine Zinkel (9) in meiner Gegenwart in der Dunkelkammer auf die Probe setzen, und als sie noch eben ins Finstere eingetreten war, begab er sich ganz langsam und leise in ihre Nähe. Er hatte aber kaum den halben Weg sich herangeschlichen, als jene seine Annäherung schon empfand, die Absicht merkte und sie laut verspottete.

Die Hrn. Dr. Machold (59), Mechanikus Leopolder (56), Klein (5), Hr. Enter (4), Dr. Köller ("), Richard Schuler (33), Hr. Steiger (57) erkennen im Finstern die Gegenwart eines ihnen nahe befindlichen Menschen überall, wenn dieser sich auch noch so unbeweglich und stille verhält. Sie erkennen dieß durch ein dunkles Gefühl, das sie nicht zu beschreiben im Stande sind, und waren meist verwundert zu hören, daß andere Menschen nicht dieselbe Erkennungsfähigkeit besißen; sie hatten in der Meinung gelebt, Jedermann würde in der Finsterniß nahe Menschen erkennen wie sie. Ebenso äußerten sich Fräulein Geraldini (148), Fräulein von Undhrechtsberg (6), von Weigelsberg (58), Poppe (7), Frau von Hauer (65) u. a. m.

§. 12. Hr. Fichtner (8°), Fabrikbesizer in der Nähe von Wien, war zwar nie in den Fall gekommen, auf ruhende Menschen im Finstern zu stoßen, aber mehrmal war ihm dieß mit Pferden begegnet. Die Fälle werden in Beziehung auf die dabei in Anregung gekommenen Grundkräfte dieselben seyn, und deßwegen erlaube ich mir, sie hier beizuziehen. Zu verschiedenen Zeiten nämlich war es geschehen, daß er in der Finsterniß in Pferdställe sich begab. Plößlich fühlte er, ohne das Geringste gehört zu haben, im Gange vermöge lauwarmer, eigenthümlich ihn bedrückender Empfindung die Nähe eines lebendigen Wesens. Er ging zurück und kam mit der Laterne wieder Jedesmal ergab sich, daß ein Pferd von der Halfter losgeworden, aus seinem Stande herausgegangen war und im Gange stand. Er hatte seine Nähe empfunden, ohne es weder zu sehen, noch zu hören und war selbst darüber verwundert, weil er sich keine Rechenschaft über die Art der Wahrnehmung zu geben vermochte. Pferde und Menschen werden um den physischen Theil ihrer Lebenskraft qualitativ wohl nicht verschieden seyn.

§. 13. Hr. Med. Dr. Stainer (5), Frau Baronin von Natorp und viele Andere erkennen es augenblicklich, wenn Jemand sich nahe hinter sie stellt. Wenn dieß in großen lauten Gesellschaften, auf Bällen, im Lärmen der Musik und dem Geräusch der Tanzenden geschieht, so daß das

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Herbeikommen schlechterdings unhörbar ist, so empfinden sie es doch immer zuverläßig, wenn Jemand nahe hinter sie geräth, fühlen sich veranlaßt, sich umzudrehen und nach dem neuen Nachbar zu schauen.

§. 14. Herrn Med. Dr. Nied (3), sein Gesicht gegen Süd gerichtet, ging ich aus einiger Entfernung langsam entgegen. Als ich mich ihm auf 20 Fuß genähert hatte, fing er an, eine eigenthümliche. Einwirkung von mir zu empfinden. Die Sensation war um so deutlicher, je näher ich ihm kam, ja mit jedem Schritte empfand er die Zunahme derselben. Wie sie mit meinem Herbeikonimen angewachsen war, so nahm sle mit meinem Rückgange wieder ab und hörte in derselben Entfernung wieder auf, in der sie angefangen hatte. Da zufällig der Mechaniker, Hr. Elling zugegen war, so verdoppelte ich versuchsweise die Masse meiner Person durch Hinzufügung der seinigen zur meinigen, wir näherten uns ihm dicht hintereinanderstehend vereint; in der That erklärte Hr. Nied die Wirkung hievon für aufs doppelte angeschwellt.

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Professor Endlicher (18) befand sich bei mir an dem einen Ende eines größeren Zimmers, ich an dem andern, er in Normalrichtung mit dem Gesichte gegen Süd, ich mit dem Meinigen ihm zu, also gegen Norden gerichtet. Von da aus ging ich langsam auf ihn zu. Er empfand steigend mit meiner Annäherung ein zunehmendes, wärmliches, leise dunkle Peinlichkeit erzeugendes Gefühl, das er nicht näher zu beschreiben vermochte, und das bei meinem unmittelbaren Herantreten an ihn auf sein Maximum gestiegen war. So wie ich nun ebenso langsam zurückschritt, trat ein Gefühl von frischer Kühle und behaglicher Erleichterung bei ihm ein. Es konnte nicht strahlende animale Wärme von mir aus gewesen seyn, denn diese wäre auf die angewandte Entfernung nicht fühlbar gewesen, und wenn sie es gleichwohl gewesen wäre, so wäre sie bei der Kühle des Tages wohlthätig gewesen und hätte in keinem Falle Peinlichkeit hervorrufen können.

Denselben Versuch wiederholte ich mit vielen stärker und schwächer sensitiven Personen und erhielt allenthalben dieselben Ergebnisse, z. B. bei Herrn Professor Unger (12. 13), Ritter von Sidorowicz (47), Professor Rösner ("."), Med. Dr. Diefing (""), Frau von Beichich (24), Frau von Varadh (85), Frau Baronin von Tessedil, Frl. Krüger (56), Frau Hofräthin Vesque von Püttlingen (2), Frau Kienesberger (1), Tischler Klaiber (0), Hrn. Delhez (4), Mechaniker Sturm (30), dem blinden Bollmann, Hrn. Gustav Anschütz (15), Mechaniker Leopolder (57), Sartorius (0), Kratochwila (23) u. a. m.

§. 15. Andere empfanden zwar meine Annäherung, aber in Sensationen, über deren Art sie sich nicht bestimmt auszudrüden wußten. Sie nannten sie bald lau, bald kühl, bald unangenehm, bald bedrückend, bald angenehm. So z. B. Frau Lederer fühlte meine, und mehr noch ihres Arztes, Hrn. Dr. Horsts Annäherung auf große Ferne und in ungewöhnlicher Stärke.

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Hr. Med. Dr. Mielichhofer (*), ein Mann der gerne in Gesellschaft lebt, fühlt sich darin wesentlich bedrückt, weil jede Nähe von Menschen stets eigenthümlich beschwerend und beengend auf ihn einwirkt. Frau von Peichich (25), wenn sie in den Fall kommt, sich mit wem immer auf denselben Sofa zu feßen, sucht ihren Plaz darauf jedesmal so ferne als thunlich zu nehmen, um von dessen Emanationen so wenig wie möglich belästigt zu werden. Aehnliches sprachen aus Fräulein Josephine Geraldini (57), Katharina Rupp (*1), Frau Leopoldine Hek ("), Baron August von Oberländer (7), Ingenieurmajor Philippi (17), Mechaniker Enter (“), Joseph Czapek (“. 22), Dr. Löw (42. 43).

§. 16. Manche Personen, denen ich mich aus der Entfernung einer Zimmerlänge und weiter näherte, empfanden mich auf ihrer rechten Seite lau, auf ihrer linken kühlig. So Frl. Reichel ('7), die mich bis auf eine Entfernung von 30 Schritten empfand, Frau Kienesberger (218) in Menstruen auf 22 Schritte, sonst (17) bei gewöhnlichem Gesundheitszustande auf 6 Schritte; Frl. Kynast (") in Menstruen bis auf 20 Schritte, in gewöhnlichen Zeiten auf die Länge eines mittleren Zimmers, deffen Länge ich nicht gemessen habe; Frau Baronin Natorp (") auf 10 Schritte, Baron von Oberländer (“) auf 10 Schritte, Frl. Dorfer (5) auf Zimmerlänge, Frl. Girtler (12) ebenso, Frau Anschütz (17) auf Zimmerlänge, Tischler Bollmann auf 4 Schritte, Frl. Maix (65) auf 8 Schritte, die ich zu überschreiten gehindert war, Herr Delhez (1) auf 10 Schritte, Frl. Amalia Krüger einmal auf 7 (*), ein andermal auf 12 Schritte (29), dieselbe (1) bei einem andern Versuche zu einer Zeit, wo sie weniger reizbar war, auf 5 Schritte; Frl. Nather (*) einmal auf geringe Entfernung, ein andermal (35) auf 16 Schritte, an einem britten Tage auf 23 Schritt (79). Frl. Winter (1) auf zwei Zimmerlängen, bie nicht abgemeffen wurden. Frl. Zinkel (2) auf 13 Schritte, Frau Josephine Fenzl auf Zimmerlänge, Frl. Beyer (8) fühlte die Annäherungen ihres Arztes Hrn. Dr. Blaß, die des Hrn. Professor Ragsly und meiner in verschiedenen Richtungen auf Entfernung von Zimmerlänge bald lau, bald kühl; alle Menschen, die sich ihr nähern, fühlt sie nach ihren Emanationen schon auf Entfernung von 10 bis 20 und mehr Schritten. Frl. Azmannsdorfer ent= pfand meine Annäherung in Menstruen auf 25, manchmal auf 30 bis 40 Schritte, Friedrich Weidlich (3) auf zwei Zimmerlängen, am peinlichsten findet er die Leute, wenn sie sich ihm von hinten nähern (29). Frl. Weigand (17) fühlte mich auf zwei Zimmerlängen 10 Schritte weit, würde mich aber noch viel weiter empfunden haben, wenn die Dertlichkeit erlaubt hätte, mich noch weiter zu entfernen.

8. 17. Die Frl. Zinkel (966) und Frl. Nowotny machten mir die Bemerkung, daß sie jeden Menschen, der zu ihnen komme, so wie er ins Zimmer eintrete und ehe er nur die Thüre wieder zugeschlossen habe, nach der eigenen Atmosphäre empfinden, die er um sich verbreite.

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8. 18. Hr. Delhez (184), ein sehr aufmerksamer Beobachter, theilte mir die Bemerkung mit, daß wenn ich mich ihm weniger schnell und mehr langsam näherte, es sich deutlich erkennen ließe, daß ich aus größerer Entfernung bis zur Annäherung auf Klasterlänge schwachlühlig von ihm empfunden werde, daß in diesem Abstande die Kühle dann umschlage und in Laue übergehe, die mit zunehmender Annäherung daun fortwährend wachse. Ging ich dann rückwärts, so folgten sich die Sensationen in demselben Sinne in umgekehrter Ordnung. Dieselbe Erscheinung ergab sich aus der Untersuchung mit Frl. Beyer (18). Ich befand mich mit ihr in einem Zimmer auf 9 Schritte Abstand. Sie fühlte die Emanationen meines Körpers sehr deutlich und zwar fühl. Wie ich gegen sie vorwärts rüdte, fühlte sie allmählige Zunahme der Kühle. Als ich ungefähr in der Mitte des Zimmers ihr entgegen gehend langsam angekommen war, so verschwand sie gänzlich und schlug gleich darauf um in Läue, die nun ihrerseits wuchs, in eben dem Maße, wie ich näher an das Mädchen herankam und ihre größte Stärke erreichte, als ich ihr ganz nahe stand. Wie ich hierauf wieder zurückging, so trat gleich mit dem ersten Schritte auffallend starke Erleichterung ein; die Läue nahm fort unb fort ab, bis ich wieder zu dem Wendepunkt gekommen war, der sich auf derselben Stelle ergab, wie bei meinem Herantreten und auf dem nun die Läue wieder in Kühle umschlug. Auch Hr. Fichtner (7) fand meine Annäherung, Antlik gegen Antlitz, kühlig bis zu 3 Schritten Entfernung, wo er die Kühle am stärksten fand. Jezt aber schlug sie schnell um, und verwandelte sich in widrige Läue, am stärksten bei nächster Nähe. (Das anscheinend Schwankende hierin wird sich weiter unten bei den odischen Zonen genau auflösen).

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§. 19. Ich komme später §. 85 hierauf zurück; man sieht aber nach diesen Verhältnissen ein, warum die Angaben der Senfitiven über Kalt und Warm so oft schwankend erscheinen mußten, d. h. den noch unsichern Beob achter schwankend scheinen, nicht aber in der Natur schwankend vorhanden seyn, wo alles nur festem Geseze gehorcht. Bis ich in diesen schwierigen Berwicklungen bis zu einiger Klarheit mich hindurchgearbeitet hatte, fam mir vieles unverständlich und wirr vor, das nachher bei beharrlichem Berfolg llar wie der Tag auseinander ging.

§. 20. Blieb ich unterwegs manchmal stehen und verweilte einige Augenblicke auf irgend einem Punkte dem Sensitiven gegenüber, dem meine Annäherung Lauwärme und Beinlichkeit verursacht hatte, so nahmen diese Sensationen ab, das wärmliche wurde schwächer und die Widrigkeit geringer. Namentlich ergaben dieß die Bersuche mit der Frau von Beichich (2); Herr Delhez beobachtete selbst, daß bei einigem Verweilen auf meinem Wege gegen ihn hinan die durch das Hinzugehen verursachte Läue so sehr fich verminderte, daß fie bisweilen bis in ein Umschlagen in Kühle überging.

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