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ihr ganzes Thun und Lassen, daß es sogar ihren Geschmac influencirt und beherrscht.

§. 1321. Dadurch erfahren wir dann, daß in den Farben noch etwas Weiteres liegt, als ein bloßer Ausdruck ihrer Form in unserem Perceptionsvermögen. Es ist nicht eine bloße passive Aufnahme, welche in uns vorgeht, wenn wir etwas Farbiges anschauen, es ist nicht jene bloße sinnliche Vorstellung, ein leerer Abdruck des vor uns liegenden Modells, sondern es geht dabei noch etwas Actives außer der Vorstellung vor, ein physischer, ein odischer Eingriff in unser Nervensystem, in das Sensitive unseres Organismus, welches mit Zuträglichkeit und Unzuträglichkeit gepaart ist, Lust und Unlust erregt, und unser sinnliches und geistiges Gefühlsvermögen in Agitation bringt. Was nun das ist, das hier in der Tiefe vorgeht, das wird Vorwurf der künftigen Geschlechter unserer Physiker, Physiologen und Psychologen werden: wir werfen ihuen hier das erste Trum des langen Fadens hin, an dem sie fortzuspinnen haben werden.

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§. 1322. Noch habe ich einen Versuch gemacht, die Wirkung farbiger Papiere in vollem Sonnenlichte zu prüfen. Der Frau Barenin von Augustin (“) gab ich drei Nöhren von Papier, aus einem gewöhnlichen Bogen gefärbten Papiers zusammengerollt und gebunden in die Hände, eine rothgelbe, eine grüne und eine blaue, und ließ sie eine nach der andern so in den Sonnenschein halten, daß die Hand selbst im Schatten blieb. Eine weiße Papierrolle war im Sonnenschein kühl geworden, wie ein Holz oder Glasstab. Die rothe Rolle aber gab ihr lauwarm und so widrig, daß ihr beinahe übel dabei geworden wäre. Die Grüne fand sie nicht lau, erträglicher, aber mit einer eigenen unangenehmen Widrigkeit angethan. Die Blaue gewährte ihr Kühle und Erholung. Einen zweiten Versuch ordnete ich mit Frl. Wilhelmine Glaser (161) an. Sie fand die rothe Rolle im Sonnenscheine Wärme geben, mit Gruseln den Arm hinauf. Gelb erschien ihr nur laulich, grün kühlig, blau kalt und angenehm. — Frl. Zinkel (776) gab ich mehr solche Papierrollen in die Hand; sie erzeugten ihr im Sonnenschein, in der linken Hand:

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peinlich widrige Empfindungen,

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fühlig, behaglich,

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fühl,

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kühl, sehr angenehm,

Veilblau .

schwächer kühl und minder angenehm.

Diese Ordnung der Gefühle vom gefärbten Papiere war demnach nicht merklich anders, als die vom Spectrum.

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§. 1323. Einen Bogen blauen Papiers breitete ich der Frau von Rivo ("."), Hrn. Leopolder (177) und seiner Tochter Martha (12) im Schatten meines Arbeitszimmers aus, und ließ es sie abwechslungsweise bald mit dem linken, bald mit dem rechten Auge betrachten, während das andere jedesmal geschlossen wurde. Alle waren verwundert zu gewahren, daß der Anblick verschieden auf ihre Augen wirkte, daß er angenehm war im linken Auge, unangenehm aber im rechten. Nun that ich dasselbe mit einem oraniengelben Bogen. Jezt war das Ergebniß umgekehrt: ver Anblick war unangenehm im linken Auge, angenehm im rechten. In allen diesen Fällen fühlten die Sensitiven noch, daß der angenehme Anblick im Auge zugleich klar und rein, der unangenehme trüb und undeutlich war. Diese Beobachtung ließ ich wiederholen von Frau Heintl (62), von Littrow (22), von Hauer ('), zwei Schwestern Fräulein von Unchrechtsberg (1o), Zinkel (1383, 1489), Hrn. Alexander Baumann (4), Grafeu Karl von Coronini (31), Ritter von Siemianovski (2), Klein (*), Richard Schuler('11), Alois Zinkel (1), immer mit demselben Erfolge. Bei Frl. Beyer (530) war die Wirkung so ftark, daß sie den Anblick der gleichnamigen Farbe gar nicht auszuhalten vermochte, indem ihr das Auge darüber verging und sie bald tas Papier gar nicht mehr jah.

§. 1324. Noch mehr: Hr. Mein (1) theilte mir mit, daß er Kleiderstoffe von gewissen Farben, namentlich gelbroth gestreifte, nicht vertragen könne. Es vergehen ihm die Augen darüber, alles werde unklar und es daure dieß nicht einige Minuten, so seh er schon von heftigem Kopfweh ergriffen. Ein derartiges Bettzeug habe er unverweilt weggeben müssen. Diese Sonderbarkeit begreift sich, wenn man Fel. Zinkel (1286) hört. Bei ihr findet dieselbe Erscheinung statt, aber sie ist sich darüber klarer geworden. Wenn fle in ein Kaufmannsgewölbe geht, um Kleiderstoffe oder Meubelzeuge einzukaufen, und es werden ihr gelbe oder rothe Zeuge rechts und links vorgelegt, so wird es ihr peinlich, diese zu beiden Seiten vor sich sehen zu sollen; Re ergreift sie, um sich von der Widrigkeit frei zu machen und legt fie beide auf ihre rechte Seite, dann liegen sie ihr recht und der unange nehme Einfluß ist behoben. Einmal befand sie sich in einem Gasthause am Tische zwischen zwei Gläsern rothen Weins. Dieß wirkte so unangenehm auf sie, daß sie sich nothgedrungen fühlte, das zu ihrer Linken stehende zu dem rechtsstehenden zu schieben. Es ist klar, die rothe und gelbe Farbe wirken odpositiv auf das sensitive Empfindungsvermögen ein, und werden dadurch auf der odpofitiven linken Seite, als gleichnamig reagirend, unangenehm; es treibt die Sensitive instinctartig, fich zu helfen dadurch, daß sie die farbigen Stoffe auf ihre rechte, ihnen ungleichnamige Seite schiebt, wo fie zuträglich auf sie wirken. Dieß ist ohne Zweifel eine von den feinsten sensitiven Erfahrungen.

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Diese Versuche liegen in der Mitte zwischen den Ergebnissen des Spectrums und zwischen den Wirkungen der Farben überhaupt auf Sensitive und dienen beiden zur Bestätigung und zum besseren Verständniß. Man ersieht aber aus ihnen, daß bei Beurtheilung der odischen Natur und Einwirkung verschiedener Stoffe auf den Menschen die Farbe bedeutend mitcin= wirkt, und daß folglich ihr überall Rechnung getragen werden muß.

§. 1325. Schließlich läßt sich dieß so zusammenfassen: - Die Farben find überhaupt ein odischer Gegenstand. Sie wirken auf das sensitive Gefühl; und dieß nicht bloß im Spectrum als direktes Licht, sondern überhaupt im reflektirten Sonnenscheine, ja sogar im zerstreuten Lichte. Ihre Wirkungsweise ist qualitativ mit der im Spectrum des Sonneulichts einerlei, quantitativ aber davon verschieden und geringer. Die blaue Hälfte des Farbenbildes wirkt odnegativ, die gelbe Hälfte obpositiv. Ueberall, wo odische Gefühlswirkungen in Betracht kommen, muß die Farbe der sie erzeugenden Stoffe berücksichtigt und in Rechnung gestellt werden.

e) Lages and Jahreszeiten.

§. 1326. Die mächtige odische Kraft unseres Tagesgestirnes kann nicht verfehlen, einen großen Einfluß auf unsern Organismus zu nehmen; dieß ließe sich voraussehen, wenn ich es auch nicht schon in der siebenten Abhandlung der Dynamide (von §. 256 bis 276) dargethan hätte, wo ich die periodischen Fluctuationen auseinander gesezt habe, welche nicht bloß in fenfitiven, sondern in jedem gefunden Menschen die odische Disposition im Leibe innerhalb jeden Tages und jeder Nacht durchläuft. Aber außer den dort angeführten gibt es noch andere odische Schwankungen im menschlichen Organismus, die vom Laufe der Sonne abhängig erfcheinen, sich eigenthümlich in den Sensitiven zu erkennen geben und woran die Richtsensitiven keinen roissentlichen Antheil haben. Davon will ich einige hier derühren.

§. 1327. Bei vielen Sensitiven hörte ich, daß sie zu geistiger Arbeit sich nur Vormittags, von der Früh bis etwa 2 11hr Mittags aufgelegt fühlen, nachher aber sich in einem Zustande befinden, in welchem ste nur mit Selbstzwanz an Denkarbeit gchen und in welchem ihnen auch nicht nur keine Arbeit munden, sondern auch nichts Geistiges gut gelingen, noch erfreulichen Fortgang nehmen will. So sprach Hr. Kotschy (7), Hr. Prof. Nösner und Dr. Diefing (15); bei der Frau von Peichich-Zimanyi (51), welche sich immer Morgens sehr wohl befindet, tritt Abends ein gewisses körperliches Mißbehagen ein, das unmittelbar an odpositive Zustände erinnert. Hr. Prof. Huß ("), Consistorialrath Bauer u. a. m. bewiesen Abends wenig

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sensitives Wahrnehmungsvermögen, des Morgens zeigte sich dieß aber bei weitem flarer, und was fte Abends nicht wahrzunehmen vermochten, das erkannten sie Morgens mit überzeugende: Klarheit.

Frau von Baradh (7) fühlt sich Vormittags in jedem Betrachte weit lebendiger und reizbarer als nach dem Mittagstische und Abends. Viele höher Sensitive befinden sich Morgens wohl und werden ausschließlich Abends von ibren mancherlei Anfällen betroffen. So Frl. Nowotny (2.) hatte heitere Vormittage und ward regelmäßig Nachmittags übler und um die Zeit von Sonnenuntergang von Katalepfe und Krämpfen befallen. - Frau Johanna Anschüß (152) erleidet ihre nervösen Anfälle jest regelmäßig zur Zeit abendlichen Dämmerlichtes, b. h. sobald die Sonne Abschied genommen hat; Morgens wird sie niemals von ihren Krämpfen befallen. Es äußert sich durch Beängstigung, Kopforücken, Magenweh, Uebelkeit und lauter ähnliche odpositive Affektionen, die ihr dann den ganzen Körper herab und bis in die Fußzehen laufen; dieß dauert eine Viertelstunde und dann ist sie befreit, bis wieder zum nächstfolgenden Sonnenuntergange. Frl. von Weigelsberg (2) wird gegenwärtig regelmäßig Abends 9 Uhr von einem krampfartigen Husten befallen, der, wenn er zur höchsten Beklemmung gestiegen, plöglich aufhört.

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Frl. Reichel (7) war immer Morgens ziemlich gut, ging aus und nach Sonnenuntergang versant sie in die fürchterlichsten Krämpfe, theils in meinem eigenen Haufe, theils anderswo, wo ich sie regelmäßig an solchen Abenden besuchte. Frl. Girtler befand sich Morgens stets gut und immer fingen Nachmittags ihre Anfälle an, die Abends in Krämpfe ausbrachen. Frl. Beyer (448), so lange sie bei mir wohnte, sah ich Morgens immer wohl und munter bei den Versuchen, die ich mit ihr anstellte, sie fühlte sich kühl und angenehm. Nach dem Mittagmahle ward es ihr schon wärmlich im ganzen Leibe; dieß nahm mit dem Laufe der Stunden zu, gegen Abend fühlte ste schon durchaus mißbehagliche Wärme, die dann mit dem Eintritte desselben in Hitze und Schweiß am Leibe und in den Händen sich steigerte. Endlich mit der Dämmerung sah ich sie täglich in Opisthotonus gerathen und in gräßliche Krampfverrenkungen verfallen. So könnte ich noch viele Beispiele aufzählen, wie Sensitive Morgens und Mittags gesund von Aussehen, mit dem Weichen der Sonne schmerzlich darnieber liegen.

§. 1328. Aber auch entgegengesetzte Beispiele sind nicht selten, wo die Uebel Morgens eintreten und die Abende frei und angenehm sind. So Brofeffor Endlicher (3), der Morgens immer sich mißbehaglich und folglich miß gestimmt befand, Abends dagegen frei von Peinlichkeit und gut aufgelegt war.

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Frau Krebs (2) verfiel regelmäßig Morgens 10 Uhr in Krämpfe. Frau Johanna Anschütz (99) litt in einer frühern Periode Morgens kurz nach Sonnenaufgang an täglich wiederkehrenden Krämpfen, die übrige Zeit war fie frei.

Frl. Nather (3) befand sich immer Morgens ebenso übel, als es ihr

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Abends wohl war. Frl. Krüger (7) schlief, so lange sie bei mir wohnte, jeden Mittag somnambul ein, und dieß kam mit solcher Gewalt, daß sie mir mitten in der Arbeit plötzlich unfähig wurde, fortzuarbeiten, und in Schlaf überging, dann aber sehr heiter mit mir plauderte und scherzte. Frau Jos. Fenzl (77) bekam ihre Anfälle von Migräne nur Morgens 8 bis 9 Uhr, wenn sie schwach sind, aber schon um 5 bis 6 Uhr in der Frühe, wenn sie stärker sind, aber niemals zu einer andern Tageszeit.

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§. 1329. Bei Einigen zeigte sich eine solche Periodicität im Wechsel zwischen Tag und Nacht. Frau Kienesberger (3) war lange Zeiträume ihres Lebens über immer Morgens um 10 bis 11 Uhr in Schläfrigkeit verfallen, gegen Mittag unterlag sie ihr, schlief dann gewöhnlich fort bis Abends und flagte bitter, daß sie den größten Theil ihres Daseyns verschlafen müsse. Dann aber, wenn sie Abends erwacht war, blieb sie den größten Theil der Nacht über munter und konnte keine Nuhe gewinnen, wenn Alles um sie her schlief. - Frl. Aßmannsdorfer (13) schlief lange Zeit hinfort Vormittags somnambul ein und erwachte regelmäßig Abends bei Sonnenuntergang wieder. Wenn die Sonne am höchsten stand, war ihr Schlaf am tiefsten. Sonnenaufgang empfand sie drückend und peinlich (89). Sonnenuntergang machte sie leidenfrei und heiter, der Kopfschmerz verschwand. Dieß war, so lange ihr Krankheitszustand hoch stand; in einer andern Jahreszeit, als sie sich beffer befand, befolgte die Periodicität ihrer nervösen Zustände eine andere Ordnung (148) und sie fielen sie Nachts an, während sie dann Tags Ruhe hatte.

Ein sehr sprechendes Beispiel lieferten die täglichen Anfälle der Frau Preinreich ("). Sie folgten das ganze Jahr über genau dem Aufgange und Untergange der Sonne. Wenn die abendliche Dämmerung eintrat, wurde fie an Händen und Armen von Zittern und krampfhaften Anwandlungen befallen; dasselbe wiederholte sich wenn die Sonne aufging, und dauerte jedesmal über eine Viertelstunde. Und wie der Tag länger oder kürzer ward, wie die Sonne früher oder später auf- oder niederging, ebenso traten auch diese Anfälle, genau an die Sonnenüberschreitungen des Horizontes gebunden, früher oder später ein. Frl. Azmannsdorfer (145, 179) hatte ihre fataleptischen Anfälle immer bei Nacht oder Abends, nie am Tage oder Morgens. Wenn sie im Bette lag und sie fühlte, daß sie ihr drohten, so eilte sie aus dem Bette, suchte sich lebhaft zu beschäftigen und Tagesthätigkeit in sich zu beleben, dann gelang es ihr, die Katalepse am Ausbruche zu verhindern und zu verscheuchen. Die Frl. Sturmann (27) sah ich nur Vormittags in sogenannten Todtenschlaf gerathen. - Die Todtenschläfe der Frl. Azmanus, dorfer (272) begannen immer Morgens mit Sonnenaufgang und endeten gewöhnlich mit Sonnenuntergang, waren also ein reines Sonnenerzeugniß. Die somnambulen Anfälle der Frl. Weigand (6) traten regelmäßig Morgens 7 Uhr und Abends 7 Uhr ein. Frau Josephine Fenzl (28) wurde so weit

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