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Da er sich leicht vorstellen konnte, was sie bes treffen würden, so überfiel er den Bethen in Göppingen, ließ ihn auf einen vorgegebenen Bes fehl des Herzogs in Verhaft nehmen, nahm ihm. seine Briefschaften ab, ließ ihn schwören, daß er niemanden etwas davon entdecken wollte, und schickte ihn wieder fort.

Es ist kaum zu begreifen, wie Bubenstücke dieser Art in einem wohl eingerichteten Staate so lange unentdeckt bleiben können. Sie blieben

es indesen auch nicht gar lange. Lundorp sagt zwar nicht, wie sie an den Tag gekommen; allein es scheinet, daß es durch den kaiserlichen Hof ges schehen, bey welchem Sendivog seine Klage ans gebracht, und von welcher Seite sich sein Geg= ner vermuthlich keinen Angriff versehen hatte. Genug, Mühlenfels ward in Verhaft genommen, und da er in dem Verhßre alle seine Bubenstücke bekannte, so ward ihm der Galgen erkannt. Er bath zwar sehr flehentlich, daß er dafür mit dem Schwerte hingerichtet werden möchte; allein da alles ihn nicht allein als einen abgefeimten Dieb, sondern auch als einen gewaltthätigen Räuber darstellete, so ward er zu Anfange des Jahres 1607 wirklich gehenket, und zwar an eis nem eisernen Galgen, welchen der Herzog einige Jahre vorher einem ähnlichen Betrieger zu Eht ren hatte aufrichten lassen.

63 Wilhelm Postel,..
ein Chiliast *).

o bekannt diefer Schwärmer auch, wenigs

stens dem Nahmen nach, ist, so unbekannt* Sein Leben ist sehr oft, und zum Theil ziems lich umständlich beschrieben worden. Ich übers gehe die allgemeinern Schriftsteller der gelehrten und kirchlichen Geschichte, und nenne nur die vornehmsten. Es gehören dahin: MartinMarrier in der Hiftoria inonafterii S. Martini de Campis, Paris, 1637, 4, wo besonders sein ́ Aufenthalt in diesem Kloster in den legtern Jahren seines Lebens sehr genau und zuverläss fig beschrieben wird; Chevet in den Hommes illuftres, Th. 8, S. 37, dem die meisten übris gen Schriftsteller gefolget sind; Thomas Jttig, in einer eigenen Disputation de Guilielmo Poftello, Leipzig, 1704 12, und in feinen Opufculis variis S. 235 f. Christ. Thomasfus in den Obfervationibus Hallenf. Th. 1 und 4; de Sallengre in den Mémoires de Litterature Th. i, S. if. wo sich auch sein Bildniß_befins det; iceron in den Mémoires Th 8, S-295; der. Abbe' Sallier in den Eclairciflemens, fur P'Hift. de Guill. Poftel, in den Meinoires de Acad, des Inferiptions Ch. 15 wo er einige Umstände seines Lebens aus seinem nachmahlis gen und bisher unbekannten Widerrufe fehr gut aufgeklåret hat; Chaufepie) in seinem Dictionnaire; Cl. Pet. Goujer in der Hiftoire du College royal, Paris, 1758, Th. 2; und des Billons in den Nouveaux Eclairciffemens fur la vie et les ouvrages de Guill. Postel, Lüttich, 1773, 8, welcher sich doch vornehmlich nur mit seinen Schriften beschäftiget. Ich lege hier den Chaus fepie', und des Billons zum Grunde, kann aber beyde aus andern Quellen, die ich an ih rem Orte nahmhaft machen werde, ergänzen. Der Abbe Joly hat ein vollftårdiges kritisches Leben dieses Mannes versprochen, welches aber nicht erschienen ist.

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ist der wahre Charakter seiner Schwärmerey, selbst solchen, welche ihn als einen Frrlehrer und Reßer dufführen, und seine Irrthümer zu widers legen suchen; denn da ist bey nahe teine alte Keßeren mehr übrig, deren man ihn nicht bes schuldiget håtte. Andere, die es nicht der Mühe werth hielten, sich über seine Grillen lange den. Kopf zu zerbrechen, erklären ihn gerade zu für einen Atheisten, welches denn freylich der kürs zeste Weg ist, jemanden verhaßt zu machen, ohne ihn widerlegen zu dürfen. Thomas Jttig, spricht ihn zwar von der offenbaren Gotteslåugsnung frey, glaubt aber doch, daß viele seiner Bes hauptungen derfelben sehr günstig wären; übri gens hålt er ihn får einen Naturalisten, 'Libers. tinisten, Synkrétisten, Enthusiasten, Rationas listen, Servetianisten, und Gott weiß, wofür noch alles, nur für das nicht, was er wirklich, war.

Wilhelm Postel war den 25ken März 15.10. zu Dolevie, einem Dorfe bey Barenton in der Normandie gebohren. Alle Schriftsteller, bis auf den Chaufepie', geben Barenton_felbft fürfeinen Geburtsort an; allein, daß es Dolerię gewesen, erhellet theils aus dem Titel feiner Echrift de originibus Hebraicae linguae, wa er sich ausdrücklich Barent. Dolerienfem nennet, theils aus einem ungedruckten. Briefe desselben an seinen Freund den Andreas Masius vom 4ten März 1568, welchen Chaufepie nebst eis xigen andern seiner Briefe von dem J. J. Wetz

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stein erhielt, und wo er ausdrücklich fagt: Sic etiam in meis et in alienis procurandis dolando fenfimque fabricando, viculi ignobilis alioqui, cui nomen Dolaria eft, refrico memoriam, quia primae Poftelli futurae Dolerienfis agnominationem in titulo habent. Wenn er sich daher auf andern seiner Schriften Baren. tonium nennet, so geschahe es einer sehr bekanns ten Gewohnheit zu Folge, nach welcher sich mehs rere von unbekannten Dörfern gebürtige Personen, von der nächsten bekannten Stadt zu schreis ben pflegten. Die meisten åltern Schriftsteller, besonders seine Zeitgenossen, lassen ihn noch in dem 15ten Jahrh. geboren werden, und machen ihn daher bey seinem 1581 erfolgten Tode sehr alt. Allein die wahre Zeit seiner Geburt erhellet auf die unlaugbarste Art aus seinem noch in der königlichen Bibliothek zu Paris handschrift= lich befindlichem Testamente vom zten December 1567, worin er ausdrücklich versichert, daß er den 25 sten März des gedachten Jahres das 57 ste Jahr seines Alters angetreten habe.

Es befand sich in der Normandie eine alte adelige Familie Potel oder Postel, welcher das mahls das Dorf Dolerie gehörete; allein unser Postel war auf keine Weise mit derselben vers wandt, obgleich Moreri ihn zu selbiger rechnet, sondern er hatte arme Aeltern aus dem Bauerns stande, welche ihm noch dazu an der Pest wegs ftarben, als er kaum acht Jahr alt war. er von seiner frühesten Jugend an eine heftige

Da

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Begierde zu den Wissenschaften hatte, so ließ er sich durch diese Widerwärtigkeiten nicht abschres cken, sondern hing den Büchern mit einem sole chen Eifer nach, daß er auch ganze Tage darüber das Effen vergaß. Allein da das wenige Vers mögen, welches seine Ueltern ihm verlassen hats ten, in üble Hånde kam, so reichte es kaum zwey Jahr zu seinem Unterhalte hin, daher er gends thiget war, auf andere Art für sich zu sorgen. Bey seinen guten Fähigkeiten und seinem beens nenden Eifer hatte er mehr Kenntnisse erlanget, als ein junger Mensch vom Lande in seinem Als ter zu besißen pflegt, daher trug man auch tein Bedenken, ihn zu Say' oder Sagi, einem Dorfe einige Stunden von Pontoise, zum Schuls meister zu ernennen, ob er gleich damahls erst dreyzehn Jahr alt war. So jung und unerfahs ren er auch war, so sahe er doch ein, wie vieles ihm noch mangelte, daher nahm er diese Stelle bloß in der Absicht an, sich darin die Mittel zur Fortsetzung seines eigenen Studirens zu erwerz ben. Er legte sie auch, nachdem er sich einiges Geld erworben hatte, wieder nieder, und ging nach Paris, nunmehr ordentlich zu studiren. Allein kaum war er daselbst angekommen, als er einigen Beutelschneidern in die Hände gerieth, welche ihm in der Nacht sein biechen Geld und alle seine Kleider stahlen, so daß ihm nichts als Das Hemd, welches er trug, übrig blieb.

gerieth dadurch in das äußerste Elend, und Kälte und Hunger machten, daß er einen Durchfall

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