Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

nige, bey einer so guten natürlichen Anlage, und "bey vielen gewiß vorzüglichen Gaben einen so hohen Grad von Verrücktheit erreicht, als der gegenwårs tige, daher sein Leben für alle diejenigen lehrreich seyn muß, welche mit einem mehr als gewöhnlichen Grade von Lebhaftigkeit und Einbildungskraft von der Natur in die Welt geschickt werden.

Er war den Februar *) 1657 zu Breslau gebohren. Sein Vater, welcher gleichen Vornah men mit ihm führte, war ein Harnischmacher, seine Mutter aber, welche den unglücklichen Tod ihres Sohnes überlebte, hieß Rosina Ludovica und war eine gebohrne Hauslöbin**). ́ ́ Der junge “Kuhlmann verrieth von seiner Kindheit an über: aus viele Lebhaftigkeit, und vorzügliche Fähigkeiten, und da er den Wissenschaften gewidmet war,

ne seiner feltensten Schriften vor mir, und kann vermittelft derselben und der obigen Schriften und einiger anderer Quellen ein wenig mehr von ihm sas gen, als meine Vorgänger; ob sich gleich aus seis nen übrigen Schriften noch eine reiche Nachlese wird anstellen lassen.

*) In der Zuschrift seines Geschichts- Herolds nennt er diesen Tag ausdrücklich seinen Geburts: tag, welches er in andern seiner Schriften wiederz hohlet; daher es ein Irrthum ist, wenn in den Unschuld. lachr. und im Jöcher der 10te Jul. und in Hrn. Gadebusch Lieft, Bibl. der 1ote Heur monath als sein Geburtstag angegeben ist. In den erstern wird auch sein Geburtsjahr irrig 1652. ges nannt.

**) In den Unsch. Tachr. wird sie irrig Rosina ei ne gebohrne Ludwigin genannt.

fo legte er de Anfangsgründe dazu in dem Mag dalenischen Gymnasio seiner Vaterstadt, wo er durch seinen Fleiß und durch seine Wißbegierde alle seine Mitschüler sehr bald übertraf. Ver andern zeigte sich bey ihm sehr frühe ein seltenes Talent für die deutsche Dichtkunst, und wenn er hier ges hörig wåre geleitet worden, und nicht in der Folge auf die seltsamsten Ubwege gerathen wåre, so håtte er einer der besten Dichter seiner Zeit werden tons nen. Seine Fähigkeiten verriethen sich unter, andern auch dadurch, daß er seine Lehrer unaufs Hörlich mit Fragen plagte, welche sie ihm nicht allemahl beantworten konnten, ihn daher auf die Vernunft mißtrauisch zu machen suchten, und ihn blos auf den Glauben verwiesen, welchem er in der Folge nur zu sehr nachhing. Zugleich äuss ferte er schon sehr frühe allerley sonderbare Meinun gen in der Religion, daher auch sein Rector, der alte Johann Fechner, einmal zu ihm sagte: aus „dir wird einmal entweder ein großer Theologe oder ein großer Keßer werden.

Von welcher Art seine jugendlichen Kegereyen gewesen, wird zwar nicht gesagt; allein es scheint, daß er sehr frühe über Arnds, Tauleri und andes rer Mystiker Schriften gerathen, welche desto ties fern Eindruck auf ihn machten, je lebhafter seine' Einbildungskraft, und je reißbarer sein Nervenge: bäude ohnehin schon war. Sein Vater starb ihm sehr frühe in seiner Kindheit, und wie es scheinet, ühe in seine schon um 1655, da denn seine häusliche Erziehung feiner Mutter überlassen blieb. Diese war eine

1

gute fromme Frau, welche ihm das Lesen solcher Bücher vermuthlich aus guter Absicht_nachsahe, ohne voraus zu sehen, wie weit er dadurch könnte geführet werden. Denn daß sie seine Schwärmes rey befördert, und sich in der Folge von ihrem Sohne noch weiter führen lassen, wie Feuftking *) versis

*) Sie ist erst den zten Jan. 1719, zwanzig Jahre
nach dem unglücklichen Tode ihres Sohnes, im
86ften Jahre ihres Alters, und 64ften ihres Wits
wenstandes verstorben. Arnold theilt Stellen
aus einem Briefe mit, welchen sie 1690 nach Ama
fterdam geschrieben, worin sie den Tod ihres Soh-
nes als Mutter beklagt, und die Schuld seiner
Hinrichtung auf die Lutherischen Geistlichen in
Moskau schiebt. Seuftting machte daraus den,
übereilten Schluß, daß sie ihres Sohnes Schwärs
meren gebilliget habe, und räumte ihr sogleich eis
ne Stelle in seinem Gynecaeo fanatico .406. f.
ein, Allein in den Unschuld. Nachr. 1719, S.
*0166, wird verfichert, daß fie feine folgenden Aus-
Schweifungen nie gebilliget, ungeachtet Barthur und
andere verrückte Anhänger ihres Sohnes mehrmahls
an fie geschrieben, und ihr als Mutter eines so großen
Propheten Glück gewünschet. Es wird daselbst hinzu
gefeßet, daß sie in Breslau 1669 dffentlich für die
Befferung ihres Sohnes auf der Kanzel bitten lasa
fen. S. auch Harenberg in Museo
G.656, der aus des damahligen Pro Bress
is Jau, Joh. Wilh. Jani, Munde ein gleiches versichert.
Wenn aber daselbst behauptet wird, daß der nach
Amsterdam geschriebene Brief unläugbar falsch sen
und von einem Betrüger untergeschoben worden, so
sehe ich noch nicht hinlänglichen Grund, diesem Vors
geben beyzupflichten. Denn das Ruhlmans Mutter
darin fagt, eine Person, welche fich eben damals
in Moskau befunden, habe seine Hinrichtung seis
nen Weltern bekannt gemacht, ungeachtet sein
Water damahls schon lange todt war, scheint mir
Dazu nicht binlänglich, und daß der Lutherische
Geistliche zu Moskau Theil an seinem grausamen
Schicksale gehabt, wird im Folgenden zur Genüge
erhellen.

Th.2.

chert, ist sehr ungegründet. Wohl aber mochte Friedrich Metius einen vorzüglichen Antheil an feiner Verführung haben, welcher dem Jacob Böhm eifrig anhing, und nach Harenbergs Versicherung Kuhlmanns Lehrer zu Breslau war. Denn der Hang zur Mystick und allen damit verbundener Ausschweifungen dufferte sich bey ihm sehr frühe, and zwar in reichem Maße, denn er selbst * vera sichert, daß er 1664 feinen ersten Zug zu Gott eme pfunden, und 1669 völlig sey von Gott berufent and erleuchtet worden.

[ocr errors]

Das letztere geschahe bey Gelegenheit einer tödts lichen Krankheit, welche er sich durch sein unmås Figes Studiren, und durch die beständige Erhits zung feiner Einbildungskraft im 18 ten Jahre seis nes Alters zuzog, und welche vermuthlich ein hißiges Fieber war, indem man ihn am dritten Tage seis ner Krankheit bereits für todt hielt. Es war na türlich, daß die Bilder, mit welchen er sich in ges funden Tagen beschäftigte, ihm jeßt doppelt lebhaft wurden, daher hatte er auch in dieser Krankheit Häufige Entzückungen und Offenbahrungen. Unter andern däuchte ihm am hellen Mittage, da er völ lig wachend seyn wollte, daß er von allen Teufeln in der Hölle umgeben sey; allein bald darauffolgte eine angenehmere Erscheinung, indem er sich in der Gesellschaft Gottes und aller Heiligen befand, und unaussprechliche Dinge sah und fühlte. Zwey Tage darauf hatte er mehr ähnliche Erscheinungen,

[ocr errors]
[ocr errors]

*) Im Prodromo quinquennii mirabilis, S. 10. fe

[ocr errors]

und ob sie gleich nach seiner Genesung von anderer Art waren, sø hörten sie doch nie ganz auf; besons ders ward er von dieser Zeit an beständig von einem Lichtscheine an seiner linken Seite, begleitet. Von einer in so jungen Jahren schon bis zu einem sols chen Grade zerrütteten Einbildungskraft läßt sich schon etwas erwarten, und wir werden sehen, daß er jede auch noch so hoch gespannte Erwartung reichlich erfüllet. Denn ehe er noch Breslau pers ließ, war er oft so zerstreuet, daß er nichts von dem sah und hörte, was um ihm her vorging. Zuz gleich dünfte er sich schon so weise, daß er noch als Schüler Entwürfe zu einer Menge von Büchern machte, in welchen er alle Gelehrsamkeit und Weiss heit auf die leichteste und zugleich vollkommenste Art, nach ganz neuen Methoden lehren wollte, oh ihn gleich zu andrer Zeit vor allen menschlichen Wissenschaften efelte: 2

[ocr errors]

19 In diesem Franken Gemüthsstande ging er im Septembr. 1670 *) auf die Universität Jena, die Rechte zu studiren, und als er auf dieser Reise bey Jacob Böhmens Grab zu Görliß vorbey kam, ward er sogleich mit unzähligen Lichtern umgeben. Die, Art, wie er jetzt sein Studiren und seine Lebensart; anfing und fortsette, war völlig so beschaffen, daß

Alle Schriftsteller seines Lebens geben entweder
Das Jahr 1668 oder 1669 an, und laffen daher seis
nen Aufenthalt
Jahre dauern. Jena, bald vier bald gar fünf,
Allein da die Zuschrift seiner Lie
bestuffe, welche er noch zu Breslau aufferte,
Breslau den 19ten Herbstm. St. G. als den Tag
por meiner Abreise 1670 unterzeichnet ist, so ers
hellet Daffelbe unstreitig..

« ZurückWeiter »