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Gardian der Capuciner zu ihr schickte, und ihr vors stellen ließ, daß sie wieder zu ihren Aeltern gehen möchte, indem ihr Vater versprochen habe, ihr ihren freyen Willen zu laffent, Gott zu dienen, wie es ihr gefällig seyn möchte. Sie antwortete, daß fie sich auf ihren Bater nicht verlassen könnte; denn so bald er sie nur wieder in seiner Gewalt habe, werde er mit ihr von Heirathen sprechen, und sie sey fest entschlossen, ihm darin nicht zu gehorchen.

Da der Capuciner nichts ausrichten konnte, so kam der Erzbischof selbst wieder nach Blatton, that ihr eben dieselben Vorstellungen, und erhielt eben dieselben Ausflüchte. Er befahl ihr hierauf, ihm ohne weitere Einwendungen zu gehorchen. Sie fragte, ob er für sie in der Hölle brennen wollte, im Falle sie in ihres Vaters Hause wieder verfüh; ret werden sollte, und da er keinen Beruf spårte, ja zu sagen, so gab er ihr wieder gute Worte, und fagte, daß, wenn ihr Vater ihr sein Versprechen nicht halten, sondern ihr etwas zumüthen würde, das wider ihr Gewissen sey, sie nur zu ihm komment möchte, indem er als Vater an ihr handen wollte. Endlich ließ sie fich bereden, verlangte aber, ihre Einsiedler › Kleidung beyzubehalten, welches der Erzbischof ihr wieder nicht gestatten. konnte, sondern dem Capuciner befahl, sie nicht eher zu verlassen, als bis sie sich ordentlich angekleidet habe, worin sie denn endlich gehorchen mußte. Sie und Poiret behaupten, der Erzbischof habe gestanden, daß sie von dem heil. Geiste getrieben werde, und doch wis dersehte er sich so standhaft ihrer Reise in die Wüste,

ungeachtet ihr selbige von dem heil. Geiste anbefoh: len war; ein Widerspruch, welchen ein Schwärmer vielleicht besser wird zu lösen wissen, als ich *).

Sie reisete also mit den Ihrigen von Blatten ab; allein als sie nach Dornick kamen, riethen die Capuciner ihren Aeltern, die Nårrinn nicht sogleich nach Lisle zu führen, weil die ganze, Geschichte das selbst ruchtbar geworden sey, und ihre Ankunft zu vieles Aufsehen machen möchte. Es wurde also beschlossen, daß sie vor der Hand bey den Augustis ner: Nonnen in dem Schlosse zu Dornick bleiben sollte, welches denn auch geschahe. Dieser Umstand war ihr wichtig, und sie kam auf die Vermuthung, daß dieß wohl der Ort sey, wohin Gott sie gerufen habe, weil das Kloster von dem Orden des heil. Augustin war, der sich ihr vor kurzem so schön offens. baret hatte. Sie befragte Gott deswegen, erhielt aber ein deutliches Nein zur Antwort, mit dem Beysaße, daß sie seinen evangelischen Geist wieder Herstellen müßte. Sie fragte weiter, worin denn der evangelische Geist bestehe, und erhielt zur Ants wort, in der Verachtung aller irdischen Güter, in der Flucht vor der Welt, und in der Verläugnung seiner selbst. Sie sahe wohl, daß das in ihrem Kloster nicht statt habe, und fragte daher, in wels chem Kloster sie denn diese herrlichen Tugenden fins *) Sie erzählet diese ganze närrische Reise zwey Mahl mit gleicher Weitschweifigkeit, das erste Mahl in ihrem innern, und das zweyte Mahl in ihrem aufs fern Leben; zu einem Beweise, daß fie selbige für fehr wichtig gehalten haben muß. Poiret warmt fie zum dritten Mahle wieder auf, und macht eine der wässerigsten Brühen von seiner Art darüber.

ben könnte, und das Orakel that seinen Mund auf und sprach; „Jeht in keinem in der ganzen Welt. „Du aber sollst die Triebfeder und der Anfang » seyn. “

Sie blieb vier bis fünf Monathe in diesem Kloster, nnd machte alle fromme. Gaukeleyen mit. So sehr sie sich nun auch darin gefiel, so sagte ihr Orakel doch immer; „gehe aus von hier. Ich „habe etwas anders mit dir vor.“ Endlich kam ihr Vater und hohlte sie ab, und nun fing sie an, in Lisle die Einsame zu spielen. Sie kleidete sich schwarz, sahe die Stadt als die ihr bestimmte Büste, und die Menschen als Bäume an; kurz, fie lebte so, als wenn niemand als Gott und sie in der Welt wären.

War ihre Abficht dabey, Aufsehen zu machen, So erreichte sie selbige hinlänglich, denn sie ward sehr bald das Måhrchen des Tages, und jeder urs theilte von ihr und über sie, wie ihm der Schnabel gewachsen war. Fromme Fantasten erhoben sie bis an den Himmel; aber der größere und klügere Theil hielt sie für das was sie war, für eine Närring. Selbst die Priester und Leviten dachten nicht viel anders von ihr, behaupteten, daß der Teufel fie verblendet habe, und daß sie einen guten Gewissenss rath brauche, der sie wieder auf den rechten Weg bråchte. Es bothen sich ihr mehrere dazu an, da sie aber nichts ohne den Ausspruch, ihres Orakels that, so wies dieses sie an ihren Pfarrer zu Blats ton, der denn auch gefällig genug war, die Zügef ihres Gewissens anzunehmen.

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Sie that nunmehr alles, was man in ihrer Kirche thun muß, wenn man sich den Weg zum Altare bahnen will; sie besuchte die Kranken und Armen, lief den ganzen Tag in den Kirchen hers um, communicirte die Woche drey Maht, und brachte die übrige Zeit zu Hause mit Beren zu. Sie lernte das Römische Officium auswendig und bethete es nebst dem Rosenkranze, den Gebethen der Mutter Gottes und andern Formelchen alle Tage, und fand viele Salbung darin. Ihr Vater, der vielleicht geglaubt hatte, daß sie unter vernünf tigen Leuten wieder zu Verstande kommen würde, tränkte sich sehr, als er sahe, daß es täglich schlims mer mit ihr ward. Er glaubte immer noch, ein Mann würde sie von ihrer Narrheit heilen können, und that ihr daher verschiedene Vorschläge, unter welchen sie nur zu wählen hatte; aber er goß damit nur Dehl in das Feuer, denn so bald er ihr nur etwas von der Heirath sagte, sprach auch schon Gott im Innern zu ihr: Verlaß dein Vaterland und fliehe;" und da fie fragte, wohin sie denn fliehen follte, war die Antwort: „Gehe zu dem Erzbischofe, Hund sage ihm, was ich dir geheißen habe, under wird dich hören.“

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Nunmehr ward es fest bey ihr beschlossen, wier der davon zu gehen; nur wußte sie nicht, wie sie es anfangen sollte, indem es ihr mit der Verkleis bung das erste Maht so übel gelungen war. Man könnte vermuthen, ihr Orakel würde ihr auch darin Auskunft gegeben haben; aber es sprach immer so Dunkel und lakonisch, als es der Hofstyl aller Oras

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tel erfordert. Sie wandte sich an ihren Beichtvater und sagte ihm, wie Gott ihr befohlen habe, ihres Vaters Haus zu verlassen, und zu dem Erzs bischofe zu gehen, und dieser rieth ihr, zu folgen, aber erst ihren Vater um Erlaubniß zu bitten, Man kann leicht denken, daß dieser neue Beweis ihres Wahnsinnes ihn nicht wenig krånkte, daher schlug er ihr seine Einwilligung gerade zu ab, bes wirkte aber dadurch weiter nichts, als daß sie sich verstellte, und auf Gelegenheit lauerte, auf eine gute Art davon zu kommen.

Da sie im höchsten Grade unruhig und veråns berlich war, so ward sie auch eines Dinges sehr bald überdrüßig. Sie fand, daß die Kranken und Armen Betrieger und. Undankbare waren, daher hörete sie bald auf, sie zu besuchen. In den Kiri chen schien sie viele Heucheley wahrzunehmen, daher besuchte sie auch diese nicht mehr, sondern schloß fich in ihr Zimmer ein. Da die Idee der Wüste der feste Punct war, um welchen sich ihr ganzes Gedanken System drehete, so machte sie sich so ein Ding auf ihrer Stube, welches aus lauter kleinen Grotten bestand, worin der heil. Anton, die heil. Magdalena und andre irrende Ritter und Ritterini hen des Alterthums, nebst allen Geheimnissen der Passion, in Wachs poussiret waren. Auch der Weins slock ward nicht vergessen, welchen sie vor andert halb Jahren gesehen hatte. Dabey ließ sie sich einen Sarg machen, in welchem sie alle Nacht schlief und darin so entzückt war, daß sie auch nicht mehr in der Welt zu seyn glaubte.

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