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nach einiger Zeit wieder zu sich. Allein ihre Muts ter liebte sie nicht, daher fie fremden Personen überlassen blieb, die sie gleichfalls vernachlåssigten, und Ursache wurden, daß sie bey ihrer Lebhaftigs keit manchen gefährlichen Fall that. ~Als sie vier Jahr alt war, ward die Herzogin von Montbafon Aebriffinn der Benedictiner Nonnen, (vermuthlich Ju Montargis), welche die junge Bouvieres zu sich nahm, und sie sehr liebte. Diese war indessen uns aufhörlich kränklich, `und mehrmahls gefåhriich trank. Indessen äusserten sich bey ihr schon sehr frühe kleine Anfälle ihrer künftigen Schwärmerey. Ein Traum, den sie von der Hölle hatte, schreckte sie so, daß sie auch, `ihrer Kindheit ungeachtet, bas Abendmahl verlangte. Da man dieses in der Römischen Kirche auch Kindern reicht, so trug man sie in den Beichtstuhl, und nach der Communion empfand sie einen solchen Eifer bey sich, daß sie auch die Nonnen inståndig bath,' ihr den Mårtyrers tod anzuthun. Diese, die sich eine Lust mit ihr machen wollten, ließen sie niederknien, und stellter fich, als wollten sie ihr den Kopf abschlagen. Al lein kaum sahe sie den bloßen Hirschfånger, als sie aufsprang, und sagte, daß sie ohne Erlaubniß ihres Waters nicht sterben dürfte. Die Nonnen zogen fie darauf mit ihrer Feigheit auf, welches sie denn so schwermüthig machte, daß nichts im Stande war, sie zu trösten.

Ihre beständigen Krankheiten machten, daß man sie aus dem Kloster náhm, allein da ihre Mutter den Sohn mehr liebte, als die Tochter,

so blieb sie dem Gesinde überlassen. Der Vater war vernünftiger, und da er die üblen Folgen einer so nachläßigen Erziehung vorher sahe, so that er feine Tochter, als sie sieben Jahr alt war, wieder zu den Urselinerinnen, wo ihre beyden Stiefschwes ftern, die eine von ihrem Vater, und die andere von ihrer Mutter, bereits als Nonnen eingekleider waren, deren eine sich ihre Erziehung besonders angelegen seyn ließ. Das Jahr darauf hielt sich die Königinn von England eine Zeitlang in dem Hause ihres Vaters auf, und fand an den Einfåt len und dem Wiße der kleinen Schwärmerinn sø vielen Gefallen, daß sie selbige auch zu sich zu nehs men beschloß, welches aber ihr Vater nicht zugeben wollte. Da ihre Schwester in dem Kloster viel auf Andacht hielt, so ward sie gar bald davon ans gesteckt, so daß sie auch tåglich viele Zeit mit Bes ten in der Kirche zubrachte. Am Ende des Gars tens befand sich eine dem Kinde Jesus gewidmete Kapelle, welche die unsrige alle Morgen besuchte, ́und, um sich zu kafteyen, ihr Frühstück hinter dem Jesus: Bilde versteckte. Aber dieses verdienstlichen Berkes ungeachtet, wäre sie doch beynahe in einem Kloak erstickt, in welches sie aus Unvorsichtigkeit fel, wenn nicht ein Bret, welches zugleich mit ihe fiel, fie getragen und erhalten hätte. Auch ihre Gesundheit ward dadurch nicht besser, und im neuns ten Jahre ihres Alters bekam sie ein so heftiges Blutauswerfen, daß man auch an ihrem Leben zweifelte. So gut es nun auch ihre våterliche Sfiefschwester es mit ihr meinte, so sehr haßte dis

andere sie, welches denn ihren Vater bewografie, da fie fast zehn Jahr alt war, wieder zu sich zu nehmen. Bald darauf nahm die Vorgesetzte eines Dominicaner: Klosters sie zu sich, da sie denn die würden Blattern bekam. Da die Nonnen, eine große Furcht vor dieser Krankheit hatten, so ward fie von jedermann verlassen und brachte drey Wochen in ihrem Zimmer ohne alle menschliche Gesellschaft zu, außer daß ihr eine Aufwärterin alle Tage ihre Speise brachte. In dieser Einsamkeit gerieth sie über die Bibel, welche sie mit großer Begierde durchlas, und bey ihrem guten Gedächtnisse fast auswendig lernte, welches sie denn nach ihrer Ge nesung nur noch andächtiger machte.

Indessen blieb sie nur acht Monate bey den Dominicanerinnen, indem ihre Aeltern sie wieder zu sich nahmen. Ihre Mutter schien jeht ein wes nig mehr Neigung für sie zu bekommen, zog ihr aber doch immer den Sohn vor, welches ihr denn manche kleine Kränkungen verursachte, zumahl da sie auch eine harte Aufseherinn hatte, welche sie oft mit Schlägen mißhandelte, wodurch denn ihr font sanfter Charakter einen Anstrich von Bitterkeit und Widerwillen bekam.. Im eilften Jahre ihres Alters that man sie wieder auf einige Zeit zu den Urselinerinnen, wo sie unter der Aufsicht ihrer vås terlichen Stiefschwester ihre erste dsterliche Commus nion hielt, und darauf wieder zu ihren Aelternzus rück kehrte.

Da sie nun immermehr heran wuchs, und das bey stärker wuchs, als in ihrem Alter gewöhnlich

war, auch ihre Bildung sich zu ihrem Vortheil aus; zeichnete, so fing ihre Mutter an, ein wenig mehr Sorgfalt für sie zu hegen, sie pußte sie, und nahm fie mit in Gesellschaften. Sie machte bald Eins druck, und es hielten mehrere um sie an; allein da fie noch nicht zwölf Jahr alt war, so wies ihr Vas ter alle Anträge dieser Art von der Hand.

Da ihr Nervenbau überaus reißbar und ihre Einbildungskraft von Natur lebhaft, und leicht zu erhißen war, so hing es blos von den Umständen ab, welche Stimmung sie annehmen sollte. · Jeßt ereignete sich einer, der ihren frühen Hang zur Ans dacht wieder in ihr erweckte. Ihr Vater hatte einen Neffen, der in dem Geruche der Heiligkeit stand, und de Toifft hieß, obgleich sein Leben in den Missions: Berichten unter dem Nahmen de Chamesson beschrieben ist. Er war ein Ordens: geistlicher, (vermuthlich ein Jesuit,) ging eben das mals mit dem Bischof von Heliopolis als Missionar rius nach Cochinchina, und da er durch Montars gis mußte, so besuchte er ihren Bater. Die jun ge Bouvieres war eben spaßieren gegangen, und als sie wieder nach Hause kam, war der Fremde schon wieder fort; aber das, was man ihr von seiner Heiligkeit erzählte, machte einen so plötzlis chen und tiefen Eindruck auf sie, daß sie vor Gram vergehen wollte. Sie brachte den ganzen übrigen Tag und die folgende Nacht mit Weinen zu, stand den folgenden Morgen in aller Frühe auf, und ging zu ihrem Beichtvater, bath, sie auch zur Heis ligen zu machen, und legte ihm eine allgemeinė

Beichtè ab. Von dieser Zeit an hing sie bloß dem Grame über ihre Sünden nach, weinte ganze Tas

ge, that nichts als bethen, lesen, fasten und Al mosen geben, und nahm dabey so ab, daß sie sich nicht mehr ähnlich sahè. Zum Unglück gerieth sie dabey auf die Schriften des heiligen Fran ciscus von Sales, und auf das Leben der Frau von Chantal, wodurch ihre Einbildungskraft noch mehr zerrüttet wurde, so, daß sie auch den Namen Jesus mit großen Buchstaben auf ein Papier schrieb, and denselben mit Båndern und Nadeln auf die blöße Haut der linken Seite befestigte, weil sie ihn nicht, wie die Frau von Chantal, mit einem glühen: den Eisen auf ihr Herz brennen konnte. Von dies fer Zeit an wollte sie schlechterdings eine Nonne wers den, ob sie gleich noch nicht zwölf Jahr alt war, und da sie einmahl in den heil. Franciscus von Sales verliebt war, so wollte sie auch in keinen andern Orden, als den von der Visitation treten, daher sie oft in das Kloster ging, und sowohl die Nonnen, als ihre Mutter unaufhörlich darum an tag. Weil ihr Vater abwesend war, so vertröstete man sie auf dessen Rückkunft; allein ihre Hihe war so groß, daß sie auch die Hand ihrer Mutter nach machte, und in deren Nahmen die Superiorin schriftlich bath, sie einzukleiden. Allein diese merk te den Betrug, und wies sie ab. Ihr Vater ward nach seiner Rückkunft gefährlich krank, und da auch ihre Mutter erst von einer Krankheit genesen war, so lag die ganze Wartung ihres Vaters auf fie, worüber sie das Kloster eine Zeit lang aus den Ge

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