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von einander geschnitten hatte, verwandelte «er fich in seiner Hand in Brot. Er aß einen Bissen davon, der ihn denn außerordentlich stärkte, und ging mit dem übrigen zu seinem vorigen Edelmann zurück, der auch davon aß. Wie Reichard versiz chert, so war dieser leichtgläubig genug, alles für bare Münze anzunehmen, und versprach, das Wunder an höhere Orte zu berichten. Das Währe schien wohl zu seyn, daß Reichard dem erhaltenen Empfehlungsschreiben nicht genug gefrauet, und daher den plumpen Streich erdachte, seinen Göns ner kräftiger für sich einzunehmen.

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Sonderbar genug, daß er gelang, aber er ges lang nun einmahl, und er ward 1637 wirklich Schulmeister zu Rösa, im Amte Bitterfeld im Churkreise *). Da er diese Verbesserung; seines Zustandes blos seinen Visionen zuschrieb, so ward er in denselben nun immer dreister. Freylich fand er dabey Einfältige nnd Leichtgläubige genug, welche ihn begaffeten und bewunderten, dergleichen es bes fonders in dem 30 jährigen Kriege, da die abwechs selnden Begebenheiten die Gemüther ohnehin für das Wunderbare stimmten, und die Drangsale eines so lange anhaltenden Krieges eine allgemeine Schwermuth verbreiteten, natürlicher Weise mehr geben mußte, als zu andern Zeiten. Aber wahr ist es doch, daß er mit allen seinen Prophezeihuns

*) Der verkappte Aletophilus in dem Sendschreis ben von unterschiedlichen neuen Propheten ir ret daher, wenn er S. 32. sowohl dieses Rosa, als das vorige Seehausen in das Fürstenthum Anhalt verseket.

gen in Sachsen wenig Aufsehen machte, und weng ich ein paar von ihm selbst genannte Dorfgeistliche ausnehme, so weiß ich niemand, der seine Erscheis nungen für etwas anders als für Betrug, oder höchstens für die Wirkung einer verrückten Einbils dungskraft gehalten håtte. Man war im dreyßigs jährigen Kriege des Prophezeihens schon so gewohnt, daß man es entweder dåmmer oder weit gescheidter anfangen muste, als Reichard, wenn man einen vorzüglichen Eindruck machen wollte. Ueberdieß verrieth es dieser nur gar zu deutlich, daß seine Visionen eine bloße Betteley waren, denn er trug fie an die benachbarten Orte gemeiniglich schriftlich herum, und zuweilen war man so höflich, ihn mit einem Zehrgelde abzuspeisen. Oft aber muß man ihn auch nach Verdienst abgewiesen haben, daher denn die unaufhörlichen Klagen über die Verachs tung seiner als eines Lieblings der Dreyfaltigkeit, und eines unmittelbaren Bo:hen Gottes. Aber sels ten blieb es bey bloßen Klagen, sondern er drohet allen den Orten so wohl als einzelnen Personen, welche lettere er doch niemals nennet, Gottes Strafe und Rache an, welche seine Sendung nicht anneh men, oder vielmehr ihm seine Visionen nichttheuer genug bezahlen wollten.

Merkwürdig sind um deswillen die 78te und gote Vision, wo der Geist Gottes ihn wegen der Berachtung, welche er besonders in Leipzig und Wittenberg finde, eben so einfältig und schwaßhaft tröstet, als ein armer Schulmeister den andern nur trösten kann. Aus der lekten erhellet zugleich,

Daß der zu ihm gesandte Geist auch armselige Worts spiele ganz in dem Geschmacke eines Dorfschulmeis - fters machen konnte. „So siehest du, du Mens schenkind, heißt es daselbst, du hast vermeint, ihrer sey etwa eine große Anzahl, die an Gottes Warnung sich fehren, und dich als einen Wun dermenschen in acht nehmen würden, der du ihnen vorgestellet bist, dich zwar nicht vor einen großen „Herrn zu halten, sondern daß sie dich vor einen „Wunder: Menschen erkennen sollten. Denn große

Herren in der Welt werden fallen, und sind schon / ↳ (zum Theil) · gefallen, sprach der Geist des Hers „ren. Drumb bistu kein großer Herr unter ihnen, sondern der niedrigste und kleinste, von welchen „gottlosen Veråchtern du auch vor einen Schuhhas

der gehalten wirst. `Ja sie geben auch für, deine Geistes Wort, welche auf das Papier geschrieben werden, wohl etwas anders daran zu küssen oder „zu wischen; o es wird denen schwer werden, wie „der den Stachel zu lecken! Denn sie verfolgen

nicht dich, und auch nicht mich, sondern die hochr gelobte Dreyfaltigkeit, von welcher ich zu dir gës sandr bin. Und der Geist sprach zum andern, Mahle:" O Wehe! o Wehe! denen wirds übel „gelingen, denn sie nehmen zwar die Vifiones an, und nennen sie auch mit dem Munde Visiones, aber von ihnen werden sie gehalten als Fuffiones, d. i., unter den Füssen müssen sie ihnen liegen, ,, und kommen ihnen nicht ins Herz" u.f.f. Das mag mir doch ein gelehrter und wißiger Geist feyn!

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Noch mehr, in der 100ten Vision, offenbaret thm der Geist sogar die sieben großen Wunder, welche Gott den 25ten März gethan habe; denn an diesem Tage habe er die Schöpfung der Welt vollendet, den Menschen geschaffen, Sodom und Gomorra zerstöret, dem Noah den Befehl zur Ers bauung der Arche gegeben, die dieser auch am 25 Mårz, vollendet, die Sündfluch kommen lassen, und den Engel Gabriel zur Jungfrau Maria ges schickt, und an eben diesem Tage werde er auch die Welt wieder untergehen lassen. In eben dieser Vision gibt ihm der Geist, (denn der mischt gern das hundertste in das tausendste,) zugleich Vorschrift, was für eine Diåt er zu beobachten habe, wenn er dessen Ankunft an dem süßen Geruch und Geschmack verspüre. Er solle sich nehmlich an dem Tage aller bittern fauern und scharf gewürzten Speisen ents Halten; denn weil er ein auserwähltes Rüstzeug Gottes und ein Wundermensch sey, so wolle Gott anch etwas besonderes in seiner Speise und seinemt Tranke beobachtet wissen. Nach mancherley Ums schweifen kommt er wieder auf Sachsen, und ich wüste beynahe kein Unglück, welches der Geist dies sem Lande nicht androhete, bloß weil es den Nars ren nicht für den Wundermenschen halten wollte, für den er so gern wåre angesehen gewesen.

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Da er nun in seinèm Vaterlande die gewünscht te Aufnahme nicht fand, wenigstens hier kein sols cher Mann von Ansehn auftreten wollte, der seir nen Träumen den gehörigen Nachdruck verschaffet håtte, wie Warner an dem Superintendenten "zu

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Stettin, Jacob Fabricius fand, so beschloß er seinen Stab weiter zu sehen. Verschiedene Schrifts steller behaupten, man habe ihn in Sachsen seines Dienstes entfehet und vertrieben. Verdient hatte, er es; aber aus seinen Schriften erhellet doch nicht, daß selbiges geschehen sey, sondern vielmehr, daß er freywillig gegangen, weil doch kein Prophet in seinem Vaterlande etwas gelte. Denn in der 78sten Vision vom 10ten Jan. 1637. befiehlet ihm schon der Geift, sich ein Wanderbündlein zu machen, weil er hier keine bleibende Ståtte habe, und in der 100ten vom 25sten Mårz eben dieses Jahres werden die Visionen über Sachsen beschlossen und versiegelt, weil er sich in der Folge nach Norden wenden solle. In der bald darauf geschriebenen Vorrede vor dem ersten Theile seiner Visionen, sagt er zwar, daß er von dem Chur: Sachsen: Lande gänzlich sey abgewiesen worden; allein aus dem Zus fammenhange erhellet, daß solches nur von dem Bes schlusse seiner Visionen über Sachsen zu verstehen ist, weil es an den in seinen 101 Visionen demsel ben angedroheten Strafen genug habe, und er dems selben weiter nichts anzumelden wisse, daher er nunmehr an die großen Hansee: Stådte gewiesen sey, und man ihn künftig in Hamburg zu erfragen habe. Indessen muß er sich doch wieder anders bes sonnen haben, wenigstens befand er sich noch im May 1639 in Ndsa, ob es gleich scheint, daß er sich bald darauf nach Niedersachsen begeben habe. August Pfeiffer *) und Joh. Moller **) verfis Jm Anti-Enthufiafino S. 347. 2) Cimbria litter. Th. 2. 3.692

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