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er der vollständige Marr werden müste, der er in kurzem wirklich ward. Er vermied nicht allein allen Umgang, sondern auch sogar alle Vorlesungen; hielt sich auf seinem Zimmer eingeschlossen, wollte alles von sich selbst und durch sich selbst, oder vielk mehr durch unmittelbare Eingebung des heil. Geis stes lernen, und verfiel dabey von einem auf das andere. Bey diesem unordentlichen Verfahren und seinen guten Fähigkeiten bekam er zwar den Kopf voller Ideen, allein sie durchkreußten sich auch auf die sonderbarste Art, und seine Einbildungss kraft verdarb das wenige Gute, welches sie alleng fals noch haben konnten, völlig. Zugleich was sein äußerer Aufzug possierlich, indem er die Abs fäße seiner Schuhe mit Damast und. Sammer überé ziehen ließ, und sich noch auf andere Arten aus zeichnete, wodurch er sich denn jedermann zum Ges, spötte machte. Daß dieß auch schon in Breslau, geschehen war, erhellet daraus, daß seine Mutter bereits 1669 seinen kranken. Verstand mit in das, öffentliche Kirchengebeth einschließen ließ.

Kuhlmann hatte auf dem Gymnasïo zu Bress, lau einiger gute Anlagen zur deutschen Dichtkunst, gezeiget, und noch 1670 kurz vor seiner Abreise, nach Jena eine Sammlung Gedichte unter dem. Titul: Entsproffene deutsche Palmen heraus gege?. ben, und während seines Auffenthaltes in Jena, gab er noch verschiedene ähnliche Arbeiten heraus, wozu er den Grund schon zu Breslau gelegt hatte, als seine Grabschriften, seinen Lehrhoflehrreicher Weisheit, seine himmlischen Liebesküsse und søkke

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nen Geschichts-Herold. Ob gleich diese Schrift ten mit seiner folgenden Schwårmerey noch in keis ner Verbindung stehen, so entdeckt man doch in the nen allen, bey manchen guten Anlagen und Gedans ken, schon eine überspannte und schwülstige Einbils dungskraft, welche zu allen Ausschweifungen får hig ist.

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Seine Liebeskusse, welche er noch in Breslau verfertiget hatte, bestehen in 50 kurzen Gedichten, größtentheils Sonnetten, über biblische und mystis sche Materien. Zur Probe seines verdorbenen Lohensteinischen Geschmackes diene der Anfang der Zuschrift, welche an Joh. Acoluth und Elias Thos mas gerichtet ist. Sie lautet so: hochschäße bares Paar fürtrefflicher Seelen! Meine Poesis, welche ihr selber dieses Liebesmausoleum erbauet, und sich dem Himmel in eigenen Flammen aufges opfert, vermeinet nunmehr begeistert mit dem Phönix aufzuerstehen, wo derer überbliebene „Asche, von dem Westwinde eurer Gunst solle bes „wahrt werden...... Sie urtheilet die Sonnens pals „låste überschwungen zu haben, wenn ihr die Ruh: „stad vergünstiget würde, bei einem Paar so preiße

würdiger Breslauer: derer Nahmen albereit in „das Buch des ewigen Nachruhms von dem Ruhme „eingetragen worden. Ihre Unwürdigkeit håtte sich „befürchtet, in solcher Personen Gegenwart zu „erscheinen, bey denen eine ungemeine Wissenschaft›› gleichsam die Thronstad erlesen, wann nicht die „Sittenlehr aus der Sternkündigung erinnert, „daß der Schatten sich verkleinere, je höher die:

„Sonne steige, und weitberühmte Leute desto leuts „seliger wåren, je mehr höher Wiß die Sternen „besiege,“ μ. sof. Auf die Zuschrift und eine lateis nische Vorrede im Lapidar: Style, folgen zwey Brier fe, Samuel Pomarii, Doctors der Theologie und Professors zu Eperies in Ungarn, und Christoph Pomarii, Conrectors am Magdaleneo zu Breslau, voll rühmlicher Urtheile von dem Verfasser, wors unter der erste ihm mit der Hoffnung schmeichelt, daß er einmal der zweyte Opiß werden würde. Das mit man sehe, was für Grund er zu diesem Urtheile gehabt, will ich das zweyte Gedicht auf die heil. Dreyeinigkeit herseßen, welches wirklich noch eines der besten ist.

Die Weisheit war bemüht durch feurigen
Bedacht

Des Höchsten Majestät und Wesen zu erfinden:
Ihr scharfes Auge schien nur (leider) zu erblins

den,

Der Sinnen Sonnenstral verkehrte sich in

Nacht.

Als nun die Göttin hochbethrånet alle Pracht, Berspürte si ein Kind des Meeres tiffe Gründen; Es rif: durch meine Hand wird alles Wasser schwins

den!

Diß ist, mein Engel, nicht, (sprach si,) indeiner Macht.

Der holde Knabe rif: diß soll ein Kind beginnen, Wann Weißheit Gottes Nahm und Wesen würd

erfinnen,

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Das selbst tein Cherubin, kein Seraphin vers steht!

Die Heldin stund beschämt, und lis die Stimme hören:

Mit Schweigen müssen wir den Herrn der Herren ehren;

Wann Weißheit Gott bestürmt, dann fållt sie und vergeht.

Dagegen ist das 40 te Gedicht, die ewige Ler benskrone eine geschmacklose Spielerey:

Den dort die Krone soll der Lebenstrone frönen, Mit derer Kron umkrönt, die Gott gekrönte en der Schaar;

Di hir die Kron umkrönt, so Kron und Throns reich war,

Der muß die Kronen: Kron, die beten krönt, ents

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Der muß die Kronens Kron der Kronen Welt vers höhnen u. f. f.

Noch alberner ist das folgende: der Wechsel menschlicher Sachen:

Auf Nacht, Dunst, Schlacht, Frost, Wind,

Folgt Tag, Glanz, Blut, Schnee, Still, Auf Leid, Pein, Schmach, Angst, Krig, Ath Wil Freud, Zir, Ehr, Trost, Sig, Rath, Der Mund, Glunst, Rauch, Gems, Fisch, Gold,

Libt Schein, Stroh, Dampf, Berg, Flutt, u. f. f. wobey denn förgfältig berechnet wird, wie oft sich die Wörter dieses abgeschmackten Unsinnes versehen laffen, da denn mit den in Wörtern ausgeschriebes nen Zahlen über zwey Seiten angefüllet werden.

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Sein ganzer Geschicht: Herold ist in eben dem unnatürlichen schwülstigen Tone abgefasset, als das vorige. Die Dedication ist der Ueberschrift nach, „der allerheiligsten Gottes Majestät, Gott Gott „Gott, Gott Vatere, Sohn, h. Geist, der Eins „zelheit aller Einzelheiten, dem Ursprunge aller „Ursprünge, dem Wesen, aller Wesen" u. f. f. ferner dem Kaiser Leopold, der Stadt Breslau und dem dasigen Rathe gewidmet; allein in dem demüthigst gewidmeten Pflicht- und Zueignungs schreiben wird nur der lehte allein angeredet. Dars auf folget ein weitläufiges Vorgespräch, welches manches Merkwürdige enthält. §. 6 lieset man eine sehr prächtige Lobeserhebung der deutschen. Sprache. Bir gedachten erstlich, heißt es, uns sere Lands: und Muttersprache auszuüben, i.klas „rer wir såhen, wie solche allen Weltsprachen vor: zusetzen und kündig waren, daß idwede Sprache vor sich tüchtig wäre, alles darinnen zu behans „deln. Darum funden wir, daß die Gelährtesten „die höchsten Gemüthserfindungen in ihrer Vater „landssprachen aus tiefsinnigstem Vorbedacht beleh: „ret, und Grichen Grichisch, Römer Lateinisch, „Ebråer Ebräisch geschrieben, weil ihre Sprache „von Natur besser als eine fremde verstanden. „Alsdann achteten wir nicht derjenigen Torheit, welche da die wenigüberbliebenen Hesen von dem ,, mittelmässigem Weine der Römersprache weit liber schmecken wollen, als den himmlischen Trant, „den uns Teutschland in ihrer erstblühenden Mund; „art zu kosten darreichet. Die Teutsche Sprache

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