Einleitung Ausser den unbedeutenden Andeutungen, die Tibullus über sein Leben in den wenigen uns erhaltenen echten Gedichten giebt, ist es vor Allen Ovidius, dem wir neben der Verherrlichung des Tibullus auch einiges Weitere zu danken haben. Daher teile ich zunächst den Lesern die 9. Elegie des 3. Buches der Amores nach der noch am wortgetreuesten abgefassten Übersetzung von Heinrich Lindemann (Leipzig, Engelmann, 1859) mit. Wenn den Memnon die Mutter, die Mutter Achilles beweint hat, Und ein herbes Geschick mächtige Göttinnen rührt; Ach! zu sehr wirst so heissen du jetzt in der That. Brennt, ein entseelter Leib, hoch auf die Scheiter gestreckt. - Siehe, der Venus Sohn trägt eine erloschene Fackel, Trägt den Köcher gestürzt, selber den Bogen geknickt! Und die offene Brust schlägt mit erbitterter Hand! Und aus dem Munde hervor stofsendes Schluchzen erschallt. Sagt man, verlassen sehn, schöner Julus! dein Haus. Minder auch nicht ward Venus bestürzt durch den Tod des Tibullus, Als da dem Jüngling den Leib wütend der Eber zerriss. Aber geweiht doch nennt man uns Dichter und Sorge der Götter; Göttliches Wesen auch selbst legen gar Manche uns bei. Ja, unzeitiger Tod entheiliget alles Geweihte, Und an Alles, was ist, legt er die finstere Hand. |