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war 1). Friedrich I. schrieb dem Papste: „,ipsi principes et caeteri proceres" hätten ihn erkoren 2), und seinen Sohn liess er 1169 zum Nachfolger bestimmen: „reginae consilio atque archiepiscoporum seu episcoporum, ducum ac comitum sive procerum Theutonici regni“ 3).

Ob alle diese Herren persönlich eingeladen wurden, wissen wir nicht. Wahrscheinlich stand es damit, wie bei den anderen. Reichstagen, dass ausser den Anschreiben an die hervorragenden Fürsten allgemeine Aufforderungen ins Reich ergingen 4). Uebrigens geht aus Friedrichs I. Schreiben an den Papst hervor, dass auch Bevollmächtigte, „responsales honorati" zulässig waren 5). Die Zahl der zur Theilnahme berechtigten erscheint demnach als eine sehr grosse, deren Grenzen nach unten sogar über die Grafen hinausreichten. Es sieht so aus, als ob überhaupt keine beschränkende Bestimmung über die Theilnahme an der Wahl vorhanden war.

Es ist ohne weiteres anzunehmen, dass die Zahl der gegenwärtigen Personen eine sehr schwankende war, je nach Gelegenheit und Interesse. Zu den Designationen erschienen wohl in der Regel weniger Herren, als zu den Wahlen. Immerhin musste ein weiter Raum für die Vornahme der Handlung vorhanden sein, und da die Deutschen ihre grösseren Gerichtsversammlungen unter freiem Himmel zu halten pflegten, so mag das auch bei den Wahlen geschehen sein. Doch erfahren wir darüber wenig. Dass die Wahl Heinrichs I. im Freien erfolgte, lässt Widukinds Schilderung annehmen. Otto I. empfing die Huldigung in der Vorhalle des Aachener Münsters, also wenigstens nicht in geschlossenem Raume. Die Versammlung in Merseburg, welche Heinrich II. anerkannte, wird wohl im Felde getagt haben. Gewiss ist, dass Konrad II. auf offenem Wahlplatz erkoren wurde. Dagegen scheinen die Wähler Lothars in einem Saale verhandelt zu haben. Denn die Narratio erzählt, als Lothars Anhänger ihn zum Könige

1) Oben S. 49. 2) Wibaldi ep. 499.

3) Ann. Camerac., Scr. XVI, 550.

5) Wibaldi ep. 499.

4) Waitz VG. VI, 337.

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ausriefen und auf ihre Schultern erhoben, hätten der Erzbischof von Mainz und einige Fürsten das „Ostium" verschliessen lassen, so dass Aus- und Eingang verwehrt war. Aber einmal handelt es sich hier vielleicht noch um die Vorberathung, dann ist auch nicht undenkbar, dass dennoch die Versammlung im Freien, nur auf einem umhegten und abgesperrten Platze stattfand. Der Vorgang muss nämlich von aussen sichtbar gewesen sein, weil die Menge herbeilief, obgleich sie nicht wusste, wer der Erkorene sei. Das ist Alles, was bekannt ist.

Nun wäre ja, da der Sinn von „eligere" sehr unbestimmt ist, möglich, dass nicht alle Theilnehmenden gleiche Rechte ausübten. Daher sind die Quellen auch nach dieser Seite hin zu prüfen.

Lassen sich also unter dieser Vielheit Unterschiede im Rechte der Wahl nachweisen? Wipo spricht von ,,den geistlichen und weltlichen Fürsten, nach deren Rathe Francien die Könige zu wählen pflegt". Er nennt nur mehrere Bischöfe und zählt die Herzöge auf, aber daraus folgt nicht, sie allein hätten zu wählen gehabt. Zuweilen begegnet der Ausdruck,,senatus". Schon in der fränkischen Zeit bedeutete er nur die Gesamtheit der Vornehmen1), und in diesem Sinne brauchen ihn die Quedlinburger Annalen zweimal für die gesamte Wählerschaft 2) und ebenso Thietmar 3). Dagegen sagt Berthold,,senatorius ordo“, „senatores" und „senatus", um die weltlichen Fürsten von den Bischöfen zu scheiden 4). Er verbindet allerdings ,,senatus et populus", doch lauten seine Worte nicht so klar, dass unter dem,,senatus" eine besondere Wählerklasse innerhalb der Fürsten zu verstehen wäre; mit dem „populus" ist wohl die Begleitung der Herren gemeint. Auf diese gelehrten Redeblümchen ist überhaupt nicht viel zu geben.

Nur der Erzbischof von Mainz erscheint im Genusse eines

1) Waitz VG. III, 579.

2) Z. J. 920 (919) und 1024; Scr. III, 52, 89.

3) Thietmar II c. 1, 4.

4) Z. J. 1077, Scr. V, 292: episcopi seorsum et senatorius ordo seorsum, totum senatorum necnon populi collegium, hos sequitur sine mora totus senatus et populus.

besondern Vorzuges und zwar eines rechtlichen. Dass die Mainzer Kirchenfürsten immer den grössten thatsächlichen Einfluss übten und manchmal geradezu die Entscheidung gaben, ist ebenso bekannt, wie es durch ihre hohe Stellung in Reich und Kirche begründet war. Daher mag es ungewiss bleiben, ob Wipo mit der Bemerkung, die Meinung des Mainzer Erzbischofs sei vor Anderen anzunehmen gewesen 1), eine Rechtsthatsache bekunden will; jedenfalls lässt er Aribo zuerst die Erklärung abgeben, welcher die Anderen folgen. Dass ein besonderes Recht des Mainzers, zur Wahl einzuladen, nicht so sicher feststeht, wie meist geglaubt wird, sahen wir bereits. Doch schreibt ihm Lambert von Hersfeld,,potissimum regis eligendi et consecrandi auctoritas" zu 2). Rudolf von Schwaben wurde „primum a Mogontino episcopo deinde a ceteris" zum Könige gewählt 3). Ganz bestimmt lautend und zuverlässig verbürgt ist die Erklärung Friedrichs I. von 1158, welche die deutschen Bischöfe dem Papste übermittelten: „electionis primam vocem Mogontino archiepiscopo recognoscimus" 4).

Hinzuzufügen ist, dass der Mainzer Erzbischof die Wahlverhandlungen für Lothar nach seinem Ermessen leitete und das gleiche auch 1024 und 1169 gethan zu haben scheint.

Sonst wird nicht überliefert, dass irgend ein andrer Fürst einen Vorzug bei der Wahl genoss. Dass 1125 die Bischöfe von Salzburg und Regensburg keinen Entscheid geben wollten, ehe nicht Herzog Heinrich erschienen war 5), erklärt sich zur Genüge aus der nothwendigen Rücksichtnahme auf den mächtigen Herrn. Aus ihren Worten geht weder ein Wahlvorrecht des Herzogs noch überhaupt etwas über die Art der Abstimmung hervor 6).

1) Cuius sententia ante alios accipienda fuit.

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4) Ottonis Fris. et Rahewini Gesta III c. 16. Im Ligurinus VI, 610 sind diese Worte so wiedergegeben: ad proceres electio pertinet, in qua Praecipuam vocem praesul de iure vetusto Moguntinus habet.

5) Narratio a. a. O.: sine duce Bawarico, qui aberat, nihil de rege se diffinire dicebant.

6) Das hat schon Harnack 18 gegen Weiland bemerkt.

XII. Die Laudatio.

Ehe ich zu der Darstellung des Wahlverfahrens übergehe, will ich einen einzelnen Akt näher zu erklären suchen.

Das Wort „Wählen“ wird in den Quellen fast ausschliesslich mit „eligere", seltener mit „creare" wiedergegeben. Eligere umfasst alle die Handlungen, aus denen das Königthum hervorgeht, den Abschluss giebt die Krönung. Daneben heisst es auch gelegentlich „sublimare (in regnum)". Nur bei Berthold finde ich 1077: „nominatus et electus".

Ausserdem begegnet häufig das Wort,,laudare" oder „collaudare". Es gilt für gleichbedeutend mit Wählen oder Küren, wenigstens haben Waitz und Andere es so gedeutet 1). Phillips fasst,,laudare" als Terminus für die eigentliche „Kur", die endliche Abstimmung, während „Wahl" den Inbegriff aller vorangegangenen Handlungen bedeute 2).

In der That gebraucht Wipo ,,laudare" als Synonym von „eligere". Er sagt in der Hauptstelle: „Archiep. Mog. laudavit et elegit Chuononem suum in dominum et regem 3).

Besseren Aufschluss giebt Thietmar. Lehrreich ist zunächst seine Erzählung, wie unmittelbar nach Ottos I. Tode sein Sohn,,patre adhuc vivente electus et unctus iterum conlaudatur a cunctis in dominum ac regem" 4). Denn der Merse

1) VG. VI, 153 Anm. 4; ihm schliessen sich an Schröder Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte 455 Anm. 19, Grund Die Wahl Rudolfs 74, 82.

2) Phillips 231.

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3) Cap. 2; ebenso vorher, die beiden Vettern seien übereingekommen:,,quod si quem illorum maior pars populi laudaret, alter cederet"; in Cap. 7 dagegen, der Mailänder Erzbischof habe gelobt, Konrad ,,ad regem laudare", kann nur die Huldigung gemeint sein.

4) II c. 44.

burger fasst nur kurz die ausführlichere Schilderung zusammen, welche Widukind von dem Vorgange gegeben hatte 1). Das ,,conlaudare“ ist hier die wiederholte Anerkennung, die nach Widukind in dem Treugelöbniss bestand. Als dann Heinrich II. als gekrönter König nach Thüringen kommt: rex a prefato comite et a primis illius regionis conlaudatur in dominum“; ebenso wird er dann in Aachen ,,a primatibus Liuthariorum in regem collaudatur" ). In der ausführlichen Schilderung, welche Thietmar von der Anerkennung Heinrichs in Merseburg giebt 3), braucht er,,laudare" nicht. Er umschreibt es durch den ausführlicheren Satz: „,omnes regi manus complicant, fidele auxilium per sacramenta confirmant" 4).

Dass dem so ist, lehrt eine andere gleichzeitige Schilderung dieser Merseburger Vorgänge, welche die dem Adalbold zugeschriebene Biographie Heinrichs II. enthält 5). Sie begeht zwar einige Irrthümer in den geschichtlichen Thatsachen, aber darauf kommt hier nicht viel an, weil wir diese Darstellung als eine allgemeine Beschreibung des bei den Königswahlen üblichen Herganges betrachten dürfen 6).

Adalbold erzählt folgendermassen. In Mainz: „,(Henricus) in regem eligitur, acclamatur, benedicitur, coronatur". Darauf in Merseburg die Sachsen: „regi occurrunt, acclamatum suscipiunt, collaudant collaudatoque manus singuli per ordinem reddunt, redditis manibus fidem suam per sacramenta promittunt, fide promissa regem coronant, coronatum in solio regio locant, locatum debita gratulatione venerantur". Die Collaudatio ist demnach der eigentliche Huldigungsakt, der aus dem allgemeinen Zustimmungsruf sich zu dem einzeln abgelegten Treugelöbniss entwickelt. Sie ist nicht die Wahl selbst, auch nicht die Ab

1) III c. 76; Widukind selbst sagt hier: ab integro electus ab omni populo in principem.

2) V c. 14, 20; vergl. V c. 30 vom Polenherrscher Boleslaw in Prag: introducitur communiterque in dominum laudatur.

3) Vgl. oben Abschnitt V. 4) V c. 18.

5) Vita Henrici c. 6, 7, Scr. IV, 686.

6) So hat sie schon Gemeiner Berichtigungen im deutschen Staatsrecht (Bayreuth 1793) 15 benützt.

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