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Von den breiten Schwungrädern jeder der 6 Dampfmaschinen werden ohne Zwischenvorgelege durch einfache Riemen von gehöriger Breite je 2 der Dynamomaschinen in Thätigkeit gesetzt. Um das Geräusch, welches durch raschgehende Riemen auf Eisenscheiben leicht veranlasst wird, möglichst zu vermindern, sind versuchsweise die Riemenscheiben mit einem Lederüberzuge versehen worden. Um dem Rutschen der Riemen bei etwaigen Dehnungen derselben rechtzeitig vorbeugen zu können, sind die Dynamomaschinen auf Schlittenfundamente gestellt, so dass die Riemenspannung während des Betriebes ohne jede Störung vergröfsert werden kann. Dampfmaschinen und Dynamomaschinen stehen auf soliden Fundamenten, welche unmittelbar im Baugrunde ruhen und von den Umfassungsmauern des Gebäudes sorgsam getrennt sind, so dass die von der Thätigkeit der Maschinen herrührenden Geräusche, welche schon an sich sehr gering sind, so gut wie gar nicht nach aufsen übertragen werden können. Man hofft, bei dem Gebrauche der trefflich gebauten Borsigschen Maschinen unter Mitwirkung der vorzüglich gewählten Kesselanlagen die 16 kerzige Glühlampe mit einem Aufwande von 1/kg Kohle für 1 Stunde betreiben zu können.

In dem über dem Maschinenraume befindlichen Stockwerke befinden sich. 5 Röhrenkessel von je 1734m Heizfläche. Die Speisung der Dampfkessel und die Beschaffung des Wasserbedarfes für die Condensation erfolgt durch 7 abessinische Brunnen, deren jeder ohne Schwierigkeit 40cbm Wasser stündlich zu liefern imstande ist. Die grofse Menge des Condensationswassers wird durch eine besondere Rohrleitung unter Mitbenutzung eines in der Charlottenstrafse gelegenen Abflusses in den Landwehrkanal abgeführt. Zur Heizung wird zunächst Anthrazit verwendet, und zwar werden bei vollem Betriebe durchschnittlich täglich 1,5t desselben verbraucht werden. Die Feuerungsgase werden durch einen mächtigen Schornstein abgeführt, welcher sich hoch über die Nachbargebäude erhebt. Für die Vorzüglichkeit der ganzen Feuerungsanlage spricht der Umstand, dass wenigstens bis jetzt, wo erst die eine Hälfte der ganzen Anlage im Betrieb ist, kaum ein dünnes Rauchwölkchen verrät, welche gewaltige Mengen von Energie durch den Verbrennungsprocess auf dem Rost erzeugt wird.

Die zur Hervorbringung des elektrischen Stromes dienenden 12 Dynamomaschinen sind Nebenschlussmaschinen nach Edison-System, unter Anwendung der von Hopkinson vorgeschlagenen Abänderung, und sind von Siemens & Halske in Berlin gebaut. Jede derselben ist bestimmt, unter normalen Verhältnissen 500 Glühlampen zu speisen. Im Notfalle würde jedoch jede derselben imstande sein, für eine beträchtlich gröfsere Anzahl von Lampen ausreichenden Strom zu liefern. Die von den Dynamomaschinen erzeugten Ströme werden durch breite und dicke Kupferstreifen nach dem in der Mitte des Maschinenraumes befindlichen Umschaltekabinet geleitet. An der einen Längsseite dieses rechteckigen Raumes befinden sich 45 Hebel zum Ein- und Ausschalten der elektrischen Maschinen, gegenüber diejenigen, an welche sich die 68 armdicken Kabel der Strafsenleitungen anschliessen. Auf diese Weise kann nach Belieben jeder Teil der Leitung mit jeder der vorhandenen Maschinen in Verbindung gesetzt werden. Ausserdem befinden sich in diesem kleinen Raume die Widerstände, welche je nach Bedürfnis in die Nebenschlüsse der einzelnen Maschinen eingeschaltet werden können. Die Hebel dieser Regulirwiderstände können sowohl jeder einzeln als auch mehrere derselben in beliebiger Verbindung gleichzeitig bewegt werden. Ferner befinden sich unmittelbar vor den Augen des bedienenden Beamten die sogenannten Lampenzähler, welche angeben, wie viele Lampen bereits in den. Stromkreis eingeschaltet sind, sowie verschiedene Signalapparate, welche die Aufmerksamkeit erregen, sobald die Spannung sich über oder unter die normalen Grenzen ändert.

Bei Beginn des Betriebes wird zunächst die erste Dampfmaschine in Thätigkeit gesetzt; sobald dieselbe die gehörige Geschwindigkeit erreicht hat, werden zwei der Schalt

deutscher. Ingenieure.

hebel eingelegt, der Strom für 500 Lampen in das Leitungsnetz geführt und damit der Verwendung zugänglich gemacht. Wenn alsdann durch die Strommesser und Lampenzähler angezeigt wird, dass der verfügbare Strom nahezu vollständig in Anspruch genommen wird, setzt man die andere von derselben Dampfmaschine betriebene Dynamomaschine in Thätigkeit. Der Strom derselben wird aber zunächst so lange zu einer der beiden Lampenbatterien von je 500 Lampen geführt, bis die Spannung der zweiten Maschine derjenigen der bereits in Thätigkeit befindlichen vollständig gleich geworden ist. Erst wenn diese Gleichheit erreicht ist, wird auch der Strom der zweiten Maschine in das Strassennetz eingeführt. Auf diese Weise wird erreicht, dass das Zuschalten der neuen Maschine weder ein Zucken der bereits brennenden Lampen veranlasst, noch irgendwie störend auf die bereits in Thätigkeit befindliche Maschine zurückwirkt. Wenn nunmehr auch der Strom der zweiten Dynamomaschine nahezu vollständig verbraucht wird, setzt man eine zweite Dampfmaschine in Thätigkeit und durch diese alsdann die beiden nächsten Dynamomaschinen in der oben beschriebenen Weise. Wenn hingegen in den späteren Nachtstunden der Lichtbedarf sinkt, wird eine Dynamomaschine nach der anderen und die zugehörige Dampfmaschine wieder aufser Thätigkeit gesetzt.

Es arbeiten also immer nur so viele Dampf- und Dynamomaschinen, als dem jeweiligen Bedarfe entsprechen, und hierin erst liegt die Möglichkeit für einen wirtschaftlichen Betrieb einer solchen Centralstation.

Um zu vermeiden, dass die Temperatur in dem Maschinenraum in lästiger Weise steige, ist ein Lüftungsschacht durch einen Tunnel mit dem Maschinenraume verbunden. In diesem Tunnel befinden sich auch die beiden Lampenbatterien von je 500 Glühlampen, da ja auch diese, wenn sie in Thätigkeit sind, eine ansehnliche Wärmemenge entwickeln. Die zweite Hälfte der grofsartigen Anlage wird wohl erst Ende September dem Betrieb übergeben werden können, da die Fabrikanten nicht'imstande waren, die verabredeten Lieferungstermine streng inne zu halten. Der maschinelle Teil ist von der deutschen Edison-Gesellschaft entworfen worden, und zwar hat dieselbe Maschinen und Kessel von der Borsigschen Maschinenfabrik, die Dynamomaschinen aber, wie bereits erwähnt, nach ihren Zeichnungen von Siemens & Halske ausführen lassen. Das grofsartige Kabelnetz, aus welchem die Strafsenleitungen sich zusammensetzen, ist ebenfalls von der Firma Siemens & Halske hergestellt und verlegt worden. Die einzelnen Kabelstücke werden durch sorgfältig angefertigte Endverschlüsse mit einander verbunden. Diese Verbindungsstellen, die empfindlichsten Teile des ganzen Systemes, befinden sich in eisernen Kästen, den sogenannten Verteilern, welche gegen das Eindringen von Feuchtigkeit mit gröfster Sorgfalt geschützt sind. Die Kabel selbst sind trefflich isolirt; der Isolationswiderstand beträgt für 1000m mehrere Hundertmillionen Ohm. Aufsen sind die Kabel mit starkem Eisenband umwickelt, so dass eine Verletzung der innenbefindlichen leitenden Kupferdrähte durch Hacke oder Spaten kaum möglich erscheint. Um wiederum das Eisen vor Oxydation zu schützen, besitzen die Kabel als äusserste Schicht eine stark asphaltirte Jutehülle. Die Kabel selbst ruhen unmittelbar in der Erde, sind aber so tief eingebettet, dass sie von den häufig wiederkehrenden Strafsenarbeiten wohl kaum berührt werden dürften. Jede Verbindungsstelle in einem Verteilungskasten ist mit einem in leicht zugänglicher Weise nach aufsen geführten Prüfungsdrahte versehen, so dass man sich jederzeit bequem vom Isolationszustande jedes Teiles des Kabelnetzes zu überzeugen vermag, etwa auftretende Isolationsfehler bemerken, dieselben ihrer Lage nach genau bestimmen und beseitigen kann, noch ehe eine Störung des Betriebes dadurch veranlasst wird.

Nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse auf elektrotechnischem Gebiet ist bei der ersten Centrale der Berliner städtischen Elektricitätswerke alles geschehen, was zur Aufrechterhaltung eines ungestörten und wirtschaftlichen Betriebes irgendwie gethan werden konnte. R. Rühlmann.

17. October 1885.

Sitzungsberichte der Bezirksvereine. Eingegangen 16. Juli. 1885.

Frankfurter Bezirksverein.

Am 25. Juni besichtigte der Bezirksverein unter sehr starker Beteiligung (112 Teilnehmer) die Frankfurter Kristalleis-Fabrik. In diesem jetzt an der Mainzer Landstrafse belegenen Etablissement wird eine Eismaschine Kropf'scher Construction angewendet, welche auf der Benutzung von Ammoniak als Verdampfungsflüssigkeit beruht. In dem von Siederöhren durchzogenen liegenden Ammoniakkessel befindet sich die Flüssigkeit, aus welcher durch Erhitzen mittels hochgespannten Dampfes das Ammoniakgas ausgetrieben wird. Dasselbe gelangt in den Condensator, welcher eine Anzahl von unter einander verbundenen, aufrecht stehenden Rohrbündeln enthält, die von Kühlwasser umflossen sind. Das Ammoniakgas wird hier bei einem Drucke von 10 bis 12 Atm. bei niedriger Temperatur zu einer Flüssigkeit verdichtet. Diese im unteren Teile des Rohrsystemes condensirte Flüssigkeit wird in den Kälteerzeuger geleitet, wo sie in einem Röhrensystem rasch verdunstet, bei dieser Verdunstung Wärme bindet und die umgebende Flüssigkeit stark abkühlt. Diese Flüssigkeit ist eine Chlorcalcium-Lösung von sehr niedrigem Gefrierpunkte, welche auf 15 bis 20o C. unter Null abgekühlt wird. In diese kalte Salzlösung werden die mit destillirtem Wasser gefüllten Blechzellen, von denen 900 Stück vorhanden sind, eingehängt, und zwar mit Hilfe eines sehr zweckmässig construirten Lauf- und Hebekrans. Die reihenweise eingehängten Blechzellen werden nach dem Gefrieren des Wassers zu je 15 Stück ausgehoben und an der Ladestelle umgekippt. Der ununterbrochene Betrieb beruht darauf, dass das aus dem Kälteerzeuger strömende Ammoniakgas in einem besonderen Apparate von der im Ammoniakkessel zurückgebliebenen schwachen Salmiakgeistlösung, welche in einem von Kühlwasser umströmten Röhrensystem abgekühlt wurde, wieder absorbirt wird. Die bei dieser Absorption freiwerdende Wärme wird aus dem Absorptionsgefälse wieder durch ein gekühltes Röhrensystem abgeleitet. Besondere Pumpen schaffen die im Absorptionsgefäfs entstandene starke Lösung von Salmiakgeist nach dem Ammoniakkessel zurück, wo der Kreislauf von neuem beginnt.

Die Fabrik hat zwei Maschinen dieses Systemes, welche zusammen täglich 600 Ctnr. Eis liefern. Da man nur destillirtes Wasser einfrieren lässt, so erhält man Eis von ausgezeichneter Reinheit, Klarheit und Haltbarkeit. Der vortrefflichen Beschaffenheit des Eises verdankt es das Unternehmen, dass es, obgleich im vergangenen Winter bedeutende Vorräte von Natureis eingethan worden sind, ununterbrochenen Tag- und Nachtbetrieb haben muss, um der immer gröfser werdenden Nachfrage zu genügen. Zum Betriebe dienen zwei Dampfkessel von zusammen 1804m Heizfläche. Mit dem neuen Güterbahnhof der Ludwigsbahn ist die Fabrik durch ein Schienengeleise verbunden, so dass ihr demnächst sowohl der Bezug der Kohlen als auch der Versand des Eises wesentlich erleichtert sein wird.

Es folgte nunmehr der Besuch der elektrotechnischen Fabrik von H. G. Möhring, in welcher namentlich die vortreffliche maschinelle Ausrüstung und die feinen Messapparate für elektrische Zwecke das Interesse der Besucher erregten.

Die Besichtigung der Anlagen des neuen Centralbahnhofes musste sich auf die Rangir- und Güterbahnhöfe beschränken, da es zur Vermeidung von Unglücksfällen zur Zeit nicht angängig ist, eine so grofse Versammlung den Bauplatz der eisernen Perronhalle des Personenbahnhofes betreten zu lassen. Nichtsdestoweniger hatten die Besucher Gelegenheit, die Disposition der ganzen grofsartigen Bahnhofsanlage kennen zu lernen. Bezüglich der zur Zeit in der Aufstellung begriffenen eisernen Perronhalle sei bemerkt, dass diese Halle aus drei Bogen von je 56m Spannweite, 28m innerer Höhe und 186m Länge besteht, eine Fläche von 31 2489m bedeckt und ein Eisengewicht von 4500 erhält. Die Ausführung erfolgt durch die Brückenbauanstalt der Gutehoffnungshütte in Oberhausen. Die mächtigen beweglichen Holzgerüste sind von der Firma Ph. Holzmann & Co. in Frankfurt hergestellt worden.

Eingegangen 20. Juli 1885.

Bezirksverein an der niederen Ruhr. Versammlung am 14. Juni 1885 in der »Loge<< zu Duisburg. Vorsitzender: i. V. Hr. A. Arntzen. Schriftführer: Hr. L. Backhaus. Anwesend etwa 65 Mitglieder und Gäste.

Hr. Richard Scheidhauer hält einen Vortrag über »die Eigenschaften feuerfester Materialien und deren Verwendung in der metallurgischen Industrie.«

Auf besonderen Wunsch der Versammlung wird derselbe wörtlich wie folgt wiedergegeben.

>>M. H.! In folgendem will ich mir erlauben, Ihnen einige Mitteilungen über die Eigenschaften, Herstellung und Verwendung von feuerfesten Materialien zu machen.

Unter feuerfesten Steinen im allgemeinen versteht man Steine, welche bei höheren Temperaturen nicht schmelzen.

Feuerfestes Material in absolutem Sinne giebt es nicht, denn kein Product der Natur oder der Industrie ist so feuerbeständig, dass es nicht bei einer genügend hohen, allerdings oft sehr hohen, Temperatur schmelzen würde. Das Wort >> feuerfest<< bezieht sich stets auf einen bestimmten Verwendungszweck. Man spricht z. B. von feuerfesten Koksofensteinen, Puddelofensteinen, Schweissofen- und Hochofensteinen und versteht darunter Steine, welche die in den betreffenden Oefen herrschenden Temperaturen, ohne zu schmelzen, ertragen können.

In der Praxis stellt man an feuerfeste Steine aber noch andere Anforderungen als die der Unschmelzbarkeit bei bestimmten Temperaturen. Es reicht nicht aus, dass ein Stein im Mauerwerk des betreffenden Ofens nicht schmilzt, sondern er muss auch den dort herrschenden anderen zerstörenden. Einflüssen erfolgreich widerstehen können. Aufser der Feuerfestigkeit werden daher in der Praxis noch folgende Forderungen an feuerfeste Steine gestellt:

1. Widerstandsfähigkeit gegen chemische Einflüsse. Diese chemischen Einwirkungen werden hervorgerufen durch schmelzende sauere oder basische Massen, durch stark oxydirende oder reducirende Heizgase oder durch flüssige Schlacken, aus Kohlenasche herrührend. Letzterer Fall spielt bei allen Feuerungsanlagen, welche angestrengt betrieben werden, eine grofse Rolle. Betrachten wir z. B. das Material, aus welchem der Teil dicht über dem Roste der Feuerung eines Schweifsofens hergestellt ist, so ist es dort nicht allein die hohe Temperatur, welche einen zerstörenden Einfluss auf das Mauerwerk ausübt, sondern es ist hauptsächlich die fortwährende Berührung mit den infolge der hohen Temperatur in Fluss geratenen Aschenteilen. Sind diese feurig-flüssigen Schlacken stark basischer Natur, so verbinden sie sich mit der Kieselsäure des feuerfesten Steines, oder wenn dieselben, was allerdinds seltener vorkommt, saueren Charakter haben, so entziehen sie dem Mauerwerke Thonerde und andere Basen. In beiden Fällen kann daher ein schnelles Zerstören des Mauerwerkes eintreten.

Eine weitere Anforderung, welche man an feuerfeste Steine stellt, ist

2. Widerstandsfähigkeit gegen plötzlichen

Temperaturwechsel.

Der Stein soll schnelle Abkühlung und ebenso Erhitzung ertragen können, ohne seinen Zusammenhang zu verlieren, d. h. ohne abzuspringen. An dieser Forderung scheitern oft Producte, welche nach allen Regeln der Kunst und aus dem allerreinsten Materiale hergestellt sind; denn es wird diese Anforderung oft so übertrieben gestellt, dass der Fabrikant zuweilen genötigt ist, die Feuerfestigkeit von Steinen herabzusetzen, um dieser Bedingung zu genügen. Bei bestimmten Steinsorten, z. B. den aus reinem Quarze hergestellten Schweifsofensteinen (mit einem Kieselsäuregehalte von weit über 90 pCt.), sind äusserste Widerstandsfähigkeit gegen plötzlichen Temperaturwechsel und höchste Feuerbeständigkeit oft zwei sich gegenseitig mehr oder weniger ausschliefsende Eigenschaften. Es ist oft schwierig, zu unterscheiden, welcher Einfluss einen Stein zerstört hat, und es gehört eine ziemlich genaue Untersuchung dazu, um dieses in jedem einzelnen Falle erweisen zu können. Es werden oft Steine für nicht feuerfest erklärt, welche infolge eines plötzlichen Temperaturwechsels abgesprungen sind. Zuweilen spritzt man, um ein schnelles Abkühlen eines Ofens zu erreichen, kaltes Wasser an die in heller Weifsglut befindlichen Steinflächen, oder man heizt einen neu zugestellten Ofen so schnell an, dass die Temperatur desselben in ein Paar Stunden von 15 auf 1500° gebracht wird.

Die plötzliche Erhitzung eines Steines bewirkt ein so jähes Ausdehnen und die schnelle Abkühlung ein so gewaltsames Zusammenziehen der Masse, dass dadurch ein Auflockern, ein Entstehen von Rissen und ein Abspringen einzelner Teile veranlasst wird. Namentlich sind es die hochfeuerfesten Quarzsteine, welche diesen Temperaturwechsel am wenigsten

Es

vertragen können. Es wäre daher zu empfehlen, wenn man diesen Steinen eine vorsichtigere Behandlung angedeihen liefse; man würde dadurch in vielen Werken ein längeres Halten der Oefen erreichen und weniger Reparaturen haben. kommt vor, dass eine Steinsorte, welche in vielen Werken als höchst vorzüglich sich bewährt hat, in einem anderen Werke bei Oefen derselben Construction ungünstige Resultate ergiebt, und dass dort Steine von viel geringerer Feuerfestigkeit besser halten. Es liegt dieses eben sehr oft an einer nicht richtigen Behandlung.

Die pyrometrisch sehr hoch stehenden echt englischen Dinassteine z. B., welche sich für die Gewölbe der Siemensschen Martinöfen vorzüglich bewährt haben, springen, wenn sie unvorsichtig angewärmt werden, so stark ab, dass die ganze Ofensohle vollständig mit Steinstückchen bedeckt wird.

Ein feuerfestes Product, bei welchem die Widerstandsfähigkeit gegen Temperaturwechsel in allererster Linie in Frage kommt, sind die Gasretorten; dieselben werden daher aus ganz besonders geeigneten Materialien in Rücksicht auf diese Beanspruchung angefertigt. Reine Chamottesteine halten einen grösseren Temperaturwechsel aus, als Quarzsteine; aufserdem sind Steine desto empfindlicher in dieser Beziehung, je dichter das Gefüge derselben ist. Steine, welche aus feingemahlener Masse unter hohem Drucke hergestellt sind, springen leichter als lockere poröse Steine.

Eine weitere Forderung, welche die Praxis an die feuerfesten Steine stellt, ist

3. möglichst geringe Volumenveränderung bei höheren Temperaturen.

Die Steine sollen im Feuer nicht mehr schwinden, aber sich auch nicht zu stark ausdehnen. Eine Volumenverminderung kann deshalb von bedeutendem Nachteile sein, weil das Mauerwerk dadurch grofse Fugen erhält, was auf den guten Gang eines Ofens äusserst störend einwirken, ja mitunter den Betrieb unmöglich machen kann. In der Regel weniger nachteilig ist es, wenn Steine etwas Volumenvergröfserung im Feuer zeigen. Dadurch erzielt man, wenn das Wachsen innerhalb bestimmter Grenzen bleibt, ein äusserst dichtes Mauerwerk, die Fugen schliefsen sich, flache Ofengewölbe erhalten eine stärkere Spannung und dadurch gröfsere Festigkeit.

Alle Thone schwinden im Feuer; um daher ein Nachschwinden später zu verhüten, müssen Chamottesteine bei der höchsten Temperatur vorher gebrannt werden. Sehr oft wird freilich gegen diese Regel gesündigt, und ist die geringe Dauer mancher Feuerungsanlagen eine Folge von schwachem Brennen der Steine. Beim starken Brennen von Chamottesteinen kann es leicht vorkommen, dass sich dieselben etwas krumm.ziehen und überhaupt ein weniger schönes Aussehen erhalten. Wird daher bei Steinlieferungen auf das Aeufsere ein zu übermäfsiges Gewicht gelegt und ein scharfes Brennen weniger berücksichtigt, so wird der Fabrikant leicht dazu verleitet, die Steine zu schwach zu brennen. Sie behalten dann, wenn sie gut gearbeitet sind, ganz genaue ebene Flächen und überhaupt eine sehr regelmässige Form. Ganz anders als Chamottesteine verhalten sich Quarzsteine im Feuer; dieselben wachsen beim Erhitzen; durch richtige Behandlungsweise und Auswahl des Rohstoffes kann Rohstoffes kann diese Eigenschaft abgeschwächt und ungefährlich gemacht werden.

Als vierte Forderung, welche man an feuerfeste Steine stellt, will ich noch möglichst grofse mechanische Festigkeit hervorheben, die.zwar nicht immer Bedingung ist, jedoch in vielen Fällen eine hervorragende Rolle spielt. So lassen sich z. B. zu den Seitenwänden der Koksöfen nur mechanisch feste, scharfgebrannte Steine verwenden, denn lockere Steine würden beim Herausdrücken des Koks schnell abgerieben werden. Ebenso verlangen die oberen Teile eines Hochofenschachtes grofse Dichtheit und mechanische Festigkeit, um der abreibenden Wirkung der hinuntergehenden Gichten erfolgreich widerstehen zu können.

Nachdem ich die an feuerfeste Steine zu stellenden Anforderungen besprochen habe, wende ich mich jetzt zur Einteilung und den Eigenschaften der feuerfesten Materialien.

Mit Rücksicht auf die chemische Zusammensetzung kann man folgende Einteilung vornehmen:

deutscher Ingenieure.

1. Sauere Materialien;

das sind diejenigen, welche fast nur aus Kieselsäure bestehen. Die daraus angefertigten Steine, im allgemeinen Quarzsteine genannt, kommen als reinste Qualitäten mit einem weit über 90 pCt. gehenden Kieselsäuregehalte unter dem Namen deutsche und englische Dinassteine in den Handel, wovon später ausführlich die Rede sein wird.

2. Neutrale feuerfeste Materialien.

Zu dieser Klasse rechne ich zunächst alle Verbindungen zwischen Kieselsäure und Thonerde. Dieselben sind allerdings meist nicht vollständig neutral und besitzen oft einen Ueberschuss von Kieselsäure, haben aber doch selbst in diesem Falle nie einen so ausgesprochen saueren Charakter, wie die in der ersten Klasse genannten Quarzsteine. In diese zweite Klasse gehören alle feuerfesten Thone, die unbedingt unter den feuerfesten Materialien den ersten Platz einnehmen und am meisten angewendet werden. In die Abteilung der neutralen Stoffe reihen sich auch die vielfach angewandten, aus mehr oder weniger reinem Kohlenstoffe bestehenden Stoffe wie Graphit und Koks an. Dieselben sind zwar leicht verbrennlich, finden aber wegen ihrer reducirenden Wirkung bei metallurgischen Processen, namentlich zu Schmelztiegeln, eine weit verbreitete Anwendung.

Die dritte Klasse bilden die

3. Basischen Materialien.

Zu den hier hauptsächlich angewendeten feuerfesten Steinen gehören

1) Kalk-Magnesiasteine', hergestellt aus Dolomit, einer Verbindung von kohlensaurem Kalk und kohlensaurer Magnesia,

2) Magnesiasteine, hergestellt aus Magnesit, der kohlensauren Verbindung der Magnesia, und

3) die schwächer basischen Bauxitsteine, aus ziemlich reiner Thonerde bestehend, die wohl hoch feuerfest sind, bis jetzt aber nur wenig Anwendung gefunden haben.

Ich gehe nun zur Besprechung der Eigenschaften der verschiedenen feuerfesten Stoffe über.

Der wichstigste und am meisten angewendete Rohstoff ist der feuerfeste Thon. Die Thone sind durch Verwitterung und Zersetzung der hauptsächlich aus Quarz, Feldspat und Glimmer bestehenden Gebirgsarten entstanden. Diese Gebirgsarten, Granit, Porphyr und Gneis, sind unter dem Einflusse von Wasser und Kohlensäure einer weitgehenden Auslaugung und Zersetzung ausgesetzt worden. Kieselsaures Alkali ist ausgewaschen und zum Teile von den Pflanzen aufgesogen worden, während der andere Teil sich in Kieselsäure und Kaliumcarbonat umgesetzt hat. Letzteres, eine im Wasser lösliche Verbindung, ist fortgeschwemmt worden, und zurückgeblieben ist das von mehr oder weniger fremden Beimischungen und auch von freier Kieselsäure begleitete Aluminiumsilicat, welches den Namen Thon erhalten hat. Die Thone befinden sich noch zum Teil auf primärer Lagerstätte, wie die Kaoline, die einen hohen Thonerdegehalt und hervorragende Feuerfestigkeit haben; zum Teil sind sie durch Ueberschwemmung fortgerissen und haben sich fern von ihren ursprünglichen Lagerstätten bei Bildung jüngerer Gebirge wieder abgelagert.

Nach der ursprünglichen Zusammensetzung des Muttergesteines muss auch die Zusammensetzung des Thones eine verschiedene sein. Seine Brauchbarkeit hängt ab von der Art und Menge der fremden Beimischungen sowie von den Mengenverhältnissen zwischen den beiden Hauptbestandteilen eines jeden Thones: Kieselsäure und Thonerde.

Ueber das pyrometrische Verhalten der einzelnen Bestandteile des Thones sowie über den Einfluss der meist als Flussmittel auftretenden fremden Beimischungen haben Th. Richters und Dr. Carl Bischof, letzterer in Wiesbaden, hochinteressante, für die Praxis äusserst wichtige Versuche angestellt, deren Resultate ich in aller Kürze anführen will.

Setzt man chemisch reine Thonerde und chemisch reine Kieselsäure einer sehr hohen Temperatur aus, in welcher Platin schmilzt, so erweicht die Kieselsäure zu einer äufserlich glänzenden, innen bläulich porzellanartigen, durchschim

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