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XXIX

October 1885

aufgestellten kräftigen Batterie, in welchem sich zugleich der Elektromagnet eines Registrirapparates befindet, geschlossen wird. Der Elektromagnet zieht seinen Anker an, wodurch der Schreibhebel gegen den in genau gleichmäfsiger Geschwindigkeit sich abwickelnden Papierstreifen bewegt und auf dem letzteren ein Zeichen hervorgerufen wird; das Zeichen hört auf, sobald der Zug die betreffende Contactvorrichtung vollständig passirt hat. Dieses Spiel wiederholt sich bei jeder einzelnen der Contactvorrichtungen, und so ist es klar, dass nach dem Abstande der einzelnen Marken auf dem Streifen die Geschwindigkeit des Zuges genau controlirt werden kann. Die Entfernungen der Contactvorrichtungen wurden bisher nach zwei verschiedenen Grundsätzen bemessen. Die einen hielten die gleiche räumliche Entfernung ohne Rücksicht auf die aus dem Wechsel des Gefälles und der Curven sich ergebenden Verschiedenheiten der Geschwindigkeiten für angemessen, die anderen die gleiche zeitliche Entfernung, bei welcher unter Berücksichtigung der für die verschiedenen Neigungsverhältnisse und Curven zulässigen verschiedenen Geschwindigkeiten die Zeit, welche der Zug von Contact zu Contact gebraucht, stets die gleiche bleibt. Die Vertreter des letzteren Grundsatzes heben namentlich hervor, dass der Führer dann imstande sei, nach seiner Taschenuhr die Geschwindigkeit des Zuges selbst zu controliren; ob dies als ein wesentlicher Vorzug anzusehen ist, oder ob nicht vielmehr der Führer den Gang seiner Maschine auch ohne Taschenuhr mindestens ebenso gut zu beurteilen vermag, bleibt dahin gestellt; mindestens lässt sich bei dem Grundsatze der gleichen räumlichen Entfernung annähernd ebensowohl nach der Uhr controliren.

Auf der Strecke Göttingen-Cassel sind beide Grundsätze vertreten; die im Jahre 1882 in Betrieb genommenen Einrichtungen auf der Strecke Göttingen bis Münden sind nach dem der gleichen zeitlichen Entfernung, die im verflossenen Jahre hergestellten Einrichtungen auf der Strecke Münden bis Cassel nach dem der gleichen räumlichen Entfernung der Contactvorrichtungen angeordnet. Beides bewährt sich gleich gut.

Die Neigungs- und Krümmungsverhältnisse der ganzen Strecke von Göttingen bis Cassel sind aus Fig. 1 ersichtlich.

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Kurz vor dem Bahnhofe soll die Geschwindigkeit schon etwas ermässigt werden, und ist daher für das letzte Intervall vor Göttingen nur 900m Entfernung angenommen. Da die Strecke von Ossenfeld bis Göttingen durch eine bei Ellershausen eingefügte Distanzstation für die Distanz der Züge in zwei Abteilungen eingeteilt ist, so dass sich also zu gleicher Zeit in beiden Abteilungen je ein Zug befinden darf, so musste auch für die Fahrgeschwindigkeitscontrole die Strecke in zwei Controlstrecken eingeteilt werden, weil sonst die Zeichen von zwei Zügen zu gleicher Zeit auf dem Streifen erscheinen könnten, wodurch die Controle gestört sein würde. Es befindet sich deshalb für die Strecke Ossenfeld-Ellershausen der Registrirapparat auf der Distanzstation Ellershausen, für die Strecke Ellershausen-Göttingen auf der Station Göttingen.

Auf der Strecke Ossenfeld - Dransfeld sind die Gefällverhältnisse nur gering, und findet deshalb eine Controle der Fahrgeschwindigkeit daselbst nicht statt.

Die Strecke Dransfeld-Oberscheden dagegen weist wieder Gefälle auf von 1:80, 1:90 und 1: 100; die Krümmungen haben mehr als 500m Radius und sind deshalb auf die Fahrgeschwindigkeit ohne wesentlichen Einfluss. Diesen Verhältnissen entsprechend ist die gröfste zulässige Fahrgeschwindigkeit daselbst festgesetzt:

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Dist St

Ossenfeld

-Dist. St. Ellerohausen

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60

1050m.

Nur an einer Stelle ist eine Curve von etwa 600m Länge mit einem Radius von 467m, weshalb an dieser Stelle die Geschwindigkeit bis auf 57km in 1 Stunde ermässigt wird und demgemäfs der Zwischenraum zwischen den diese Curve einschliefsenden beiden Contactvorrichtungen auf 950m bemessen ist. Ebenso soll vor dem Bahnhof Oberscheden die Geschwindigkeit ermäfsigt werden, weshalb das letzte Intervall nicht zu 1050, sondern zu 1000m angenommen ist. Der Registrirapparat für diese Strecke befindet sich auf der Station Oberscheden.

Auf der weiteren Strecke von Oberscheden bis Münden liegen Gefälle vor von 1:100 und Curven mit Radien über 500m mit Ausnahme der letzten 2km vor Münden, woselbst Curven mit Radien unter 500m (420,6m) zu befahren sind. Hiernach sind die höchsten zulässigen Geschwindigkeiten auf dieser Strecke festgesetzt wie bei der Strecke Ossenfeld-Göttingen, so dass auch die Contactvorrichtungen hier in den gleichen Entfernungen wie dort angeordnet werden konnten (950m). Eine Ausnahme macht das erste Intervall bei Oberscheden in vollständig gerader Linie, woselbst die Geschwindigkeit etwas gröfser sein darf und deshalb die ersten beiden Contactvorrichtungen auf 1000m Entfernung (60km in 1 Stunde) gesetzt sind. Andererseits sind die beiden letzten Abstände vor Münden wegen der schärferen Curven auf 900m Entfernung (54km in 1 Stunde) bemessen. Der Registrirapparat für diese Strecke befindet sich auf Station Münden.

Weitere Controlstrecken sind vorhanden von dem Brechpunkte bei Ihringshausen bis zum Dorfe Speele, sowie jenseits bis zum Dorfe Niedervelmar bei Cassel. Innerhalb der ers'en

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deutscher Ingenieure.

Die Contactvorrichtungen, oder Radtaster bestehen einem durch einen gusseisernen Deckel dicht abgeschlossenen gusseisernen Kasten, in welchem an der der Schiene zugekehrten Seite das aus Schmiedeisen hergestellte Hebelsystem ii eintritt (vergl. Fig. 2) und durch Kugelgelenke drehbar befestigt ist. Die innerhalb des Kastens unter einem jeden der beiden Hebel befindlichen Spiralfedern haben das Bestreben, das Hebelsystem stets in einer nach hinten geneigten Lage zu erhalten. Beim Passiren der Fahrzeuge indessen gleitet die Radbandage über die stählerne Auflauf

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schiene k, drückt diese nieder und bringt somit die auf der hinteren Querverbindung des Hebelsystemes aufgeschraubte Stahlfeder m in Reibungscontact mit der darüber gelagerten, von dem metallenen Körper des Radtasters durch Hartgummi isolirten Contactschrauben, an welcher der Zuführungsdraht der Leitung befestigt ist. Da nun der Körper des Radtasters durch den Geleiskörper mit der Erde in Verbindung steht, so findet im Augenblicke der Berührung zwischen Contactfeder und Contactschraube der Schluss der Leitung statt, und der Elektromagnet des Registrirapparates wird erregt.

Die Befestigung des Radtasters an der Schiene geschieht mittels besonderen Befestigungsbügels.

Die Construction dieser Apparate ist von Siemens & Halske in Berlin. Bei der Construction ist besonderer Wert darauf gelegt, dass die beweglichen Teile möglichst leicht gemacht sind, um die heftigen Schläge eines durch die darüber hinwegrollenden Räder der Eisenbahnfahrzeuge bewegten schweren Hebels zu vermeiden. Ausserdem ist der Anschlag nach beiden Seiten durch Prellfedern begrenzt

und die Auflaufschiene beiderseitig federnd hergestellt, so dass also der Verschleifs ein sehr geringer bleibt.

Die Württembergischen Staatsbahnen, deren bezügliche Einrichtungen überhaupt in jeder Beziehung als mustergiltig bezeichnet werden können, verwenden in neuerer Zeit Radtaster von der in Fig. 4 dargestellten Construction; auch nach der Construction der Fig. 5 werden viele Radtaster hergestellt. Der Contact wird bei den letzteren durch die geringen Bewegungen bezw. Erschütterungen hergestellt, welche der unter dem Gleis liegende Hebel durch die Durchbiegung der Schiene beim Befahren erfährt. Es bleibt für diese Construction zu berücksichtigen, dass bei eisernem Langschwellenoberbau und bei festgefrorenem Boden die Durchbiegung der Schiene gleich null ist, dass überhaupt ein guter Oberbau keine Durchbiegungen des Gleises zulassen soll.

Die Registrirapparate sind Laufwerke, welche einen Papierstreifen in genau gleichmässiger Geschwindigkeit fortbewegen. Der Papierstreifen dient zur Aufnahme der Marken der auf der Controlstrecke befindlichen Radtaster vermittels einer am Apparat angebrachten elektromagnetischen Schreib

17. October 1885.

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Der

vorrichtung ähnlich derjenigen der Morse-Apparate. Elektromagnet dieser Schreibvorrichtung steht einerseits durch die am Telegraphengestänge entlang geführte Drahtleitung, in welche eine kräftige Batterie eingeschaltet ist, in Verbindung mit den isolirten Contactstücken der Radtaster, andererseits mit der Erde. Die Schreibvorrichtung tritt somit in Thätigkeit, sobald an einem der Radtaster das isolirte Ende der Leitung mit der Erde in Verbindung gebracht wird. Der Elektromagnet zieht alsdann seinen im Schreibhebel angebrachten Anker an und bringt die Schreibfeder, Farbrädchen usw. in Berührung mit dem in Bewegung befindlichen Papierstreifen. Ein Uhrwerk, welches den Gang des Streifens genau regelt, trägt zugleich ein Zifferblatt, welches die richtige Zeit anzeigt, so dass nach den Angaben dieses Zifferblattes jederzeit die Genauigkeit der Angaben des Registrirapparates geprüft werden kann.

Die von mir verwendeten Registrirapparate sind von Hipp in Neuenburg i/Schweiz construirt und angefertigt. Indessen fertigen auch Siemens &.Halske in Berlin und Wiesenthal in Aachen Apparate, die auf dem gleichen Grundgedanken beruhen.

Der Hipp'sche Apparat ist in den Fig. 3a, 3b und 3c abgebildet.

Die Ablaufsgeschwindigkeit des Papierstreifens beträgt genau 30mm in 1 Minute. Zur Controle löst die Uhr von Minute zu Minute ein Hebelchen aus, welches vermittels einer feinen Spitze jedesmal ein Loch in den Streifen schlägt; die Entfernung dieser Löcher unter einander muss genau 30mm betragen.

Die Regelung der Geschwindigkeit des Laufwerkes durch die mit dem Apparat in Verbindung stehende Uhr geschieht in folgender Weise:

Die Schwingungen des Pendels übertragen sich auf die Stange C (vergl. Fig. 3a) und den mit derselben verbundenen um ƒ drehbaren Hebel D, welcher dadurch regelmässig auf und nieder bewegt wird. Aus D steht ein Stift g hervor

(vergl. Fig. 3b und 3c), welcher die Arme hh eines zweiarmigen Hebels auf der letzten Achse des Laufwerkes bei jeder halben Umdrehung der Achse bald fängt, bald wieder loslässt.

Die Uhr selbst wird auf elektrischem Wege getrieben. An dem Ende der stählernen Pendelstange der Uhr ist nämlich ein eiserner Anker a (Fig. 3a) angebracht, welcher bei den Schwingungen über den Polen eines senkrecht unter der Aufhängung des Pendels aufgestellten Elektromagnetes S hinund hergeht. Der Elektromagnet ist so lange stromlos, als die Pendelschwingungen grofs genug sind, um das Triebwerk des Papierstreifens richtig auszulösen. Werden aber die Schwingungen so klein, dass demnächst die Auslösung unzuverlässig werden könnte, so stemmt sich ein im Punkte b der Stahlfeder cc, befestigtes und von einer feinen Achse getragenes schneidenförmiges Stahlplättchen d, die sog. Palette, gegen den Ansatz z der hier gekröpften Pendelstange. Dadurch wird das freie Ende der Feder cc, gehoben, tritt mit dem Platincontact e in Berührung und schliefst auf diese Weise die Batterie B; der Strom derselben magnetisirt die Kerne des Elektromagnetes S, und deren auf den Anker a ausgeübte Anziehung giebt dem Pendel einen neuen Anstofs zum Schwingen.

Die Controle wird in folgender Weise ausgeübt:

Bei Anmeldung des Zuges wird der Registrirapparat in Thätigkeit gesetzt und bis zur Ankunft des Zuges sich selbst überlassen. Nächstdem werden die auf dem Streifen erscheinenden Marken mit einem Messstabe verglichen und die vorgekommenen Ueberschreitungen in einen Rapport eingetragen. Rapport und Streifen werden täglich dem vorgesetzten Betriebsamt eingesandt, wo die Rapporte geprüft und gegen die unvorsichtigen Führer entsprechende Strafen erkannt werden.

Die Messstäbe für gleiche zeitliche Entfernung der Radtaster sind so einzuteilen, dass danach abgelesen werden kann, wie viele Sekunden der Zug zwischen je zwei Radtastern gebraucht hat. Für die Strecken zwischen Göttingen und Münden sind z. B. die Messstäbe nach mm eingeteilt und entspricht somit der Zwischenraum zwischen je zwei Teilstrichen einer Fahrzeit von 2 Sekunden. Diejenigen Teilstriche, welche der gröfstzulässigen Fahrzeit entsprechen, sowie aufserdem jeder fünfte Teilstrich sind durch entsprechende Verlängerung hervorgehoben. Ein solcher Messstab ist in Fig. 6 abgebildet.

Bei gleicher räumlicher Entfernung sind die Messstäbe so eingeteilt, dass unmittelbar die Geschwindigkeit, mit welcher die betreffende Strecke befahren ist, abgelesen werden kann. Sind z. B., wie bei Münden-Cassel, die Radtaster in Entfernungen von je 1000m verteilt, so muss der Messstab folgendermassen eingeteilt sein:

Ablaufgeschwindigkeit des Streifens 60 Geschwindigkeit des Zuges in km pro Stunde

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Entfernung

des betreffenden Teilstriches vom Nullpunkte.

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deutscher Ingenieure.

Die Resultate dieser Controle sind über alles Erwarten gute; während zu Anfang sehr viele Bestrafungen vorkamen und die Führer geradezu erklärten, die vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten könnten ohne erhebliche Fahrverluste überhaupt nicht innegehalten werden, kommt jetzt nur höchst selten einmal eine unwesentliche Ueberschreitung der zulässigen Geschwindigkeit vor; die Führer behalten im Gegenteil stets noch viel Zeit übrig; sie nutzen also die ihnen gewährten Grenzen noch nicht einmal aus, und trotzdem werden keine Fahrverluste gemacht.

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Eisenbahnwesen.

Neuerungen an Zug-Barrieren.

Die zur Absperrung der Gleisübergänge dienenden ZugBarrieren sind nach den Bestimmungen des Bahnpolizei-Reglements für die Eisenbahnen Deutschlands mit einer Glocke zu versehen, mit welcher vor dem Schlusse der Sperrbäume zur Warnung der Passanten geläutet werden soll. Dabei müssen die Sperrbäume auch mit der Hand geöffnet und geschlossen werden können, um die etwa eingeschlossenen Personen in den Stand zu setzen, sich selbst zu befreien. Befindet sich eine solche Barriere in der Nähe des Wärters, so sind diese Vorschriften leicht zu erfüllen, weil ja der Wärter selbst läuten kann, bevor er den Sperrbaum in Bewegung setzt. Werden aber durch einen Wärter mehrere in gröfseren Abständen von einander befindliche Barrieren bedient, so entstehen gewisse Schwierigkeiten, deren Ueberwindung zu mannigfaltigen Constructionen geführt hat.

Die Bewegungsübertragung kann freilich einfach durch Drähte in Verbindung mit Ketten und Rollen geschehen, welche von dem Wärter aus durch eine Kurbelwinde getrieben werden. Um eine Glocke in der Nähe des Sperrbaumes ertönen zu lassen, braucht man nur eine Kettenrolle mit Zähnen oder Stiften zu versehen, um den Glockenhammer in Schwingung zu setzen. Damit dieselbe aber auch einige Zeit ertöne, bevor der geöffnete Sperrbaum niederzugehen beginnt, hat man wohl in den Kettenzug, welcher den gut ausbalancirten Sperrbaum der nebenstehenden Skizze, Fig. 1, mittels des Hebels h nach beiden Richtungen hin bewegen soll, eine Stange s eingeschaltet, welche sich ihrer ganzen Länge nach

Fig. 1.

Inbewegungsetzung des Sperrbaumes stattfinden, wenn der Antrieb von der Kurbelwinde des Wärters allein ausgeht. Wird aber der Sperrbaum direct durch die Hand eines Passanten geöffnet, so bleibt der Mitnehmer e mit dem Hebel h im Eingriffe, und es wird ein abermaliges Schliefsen durch den Wärter ohne ein der Bewegung vorhergehendes Läuten erfolgen. Bei verschiedenen anderen Constructionen, welche auch ein selbstthätiges Vorläuten bewirken, so lange die Bewegung von der Kurbelwinde des Wärters ausgeht, finden wir die gleiche Unvollkommenheit, oder es hat die Ueberwindung derselben zu ziemlich umständlichen Constructionen geführt.

In verhältnismässig einfacher Weise wird der Zweck, dass unter allen Umständen dem Niederlassen des Sperrbaumes ein Läuten der Glocke vorhergehen müsse, durch den Vorläute-Apparat des Ingenieurs L. Vojacek in Smichow-Prag erreicht, welcher durch D. R.-P. No. 33380 patentirt ist (vergl. Org. f. d. Fortschr. d. Eisenbahnwesens 1885 S. 71) und in dem nachfolgenden erläutert werden soll.

Neben dem mit 2 Kettenrollen versehenen Glockenpfahl P1, Fig. 2 bis 4, befindet sich ein zweiter Pfahl P zur Aufnahme eines Bockes mit einem Bolzen W, auf welchem sich eine lose Kettenrolle R und ein Laschenpaar L L1 dreht. Dasselbe trägt eine lose Welle W1 mit aufgekeilter Kettenrolle R1 sowie einen angeschraubten Hebel h nebst Gegengewicht G und nimmt bei geschlossenem Sperrbaume die in Fig. 4 gezeichnete Lage ein. Der Sperrbaum ist aber mit einem Gegengewicht Q versehen, durch welches er beim Nachlassen des Kettenzuges gehoben werden soll, jedoch erst, nachdem zuvor die Kettenrolle R1 sowie das Gegengewicht G in die durch Fig. 3 dar

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Kette

frei gegen den Hebel h verschieben kann und dessen Drehung erst veranlasst, nachdem die an ihren Enden befindlichen Mitnehmer e oder e damit in Berührung getreten sind. Solange also die Stange sich frei bewegt, findet ein Vorläuten der Glocke statt. Dasselbe wird offenbar auch stets vor der

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beweglich festgeschraubten Segmente S einer Keilnutenscheibe im Eingriffe steht und bei einer Drehung der Rolle R1 auf diesem Segmente rollen und so aus der Lage K1 in die Lage K2 gelangen muss. In den beiden äussersten Lagen soll freilich der Eingriff der Keilnutenräder aufhören; derselbe wird aber bei jedem Wechsel in der Richtung des Kettenzuges wieder herbeigeführt.

Weil nun der geöffneten Barriere stets die Lage Fig. 4 entspricht und bei einem Anzuge der Kette durch den Wärter stets erst der Apparat in die Lage Fig. 3 überführt werden muss, ehe der Sperrbaum niederzugehen beginnt, so wird dem Niederlassen des Sperrbaumes stets ein gewisses Vorläuten vorhergehen müssen, einerlei ob das Oeffnen des Sperrbaumes durch den Wärter mittels des Kettenzuges oder durch einen Passanten mittels des Baumes selbst geschehen ist.

Ein solcher Apparat befindet sich nach Mitteilung des Erfinders bei einer Barriere der k. k. Direction für Staatsbahnbetrieb in Prag seit mehr als einem Jahr ununterbrochen in Verwendung. Alb. Frank.

Eisenhüttenwesen.

Versuche mit einem fast cylindrischen Hochofen. Ueber diesen Versuch berichtete der Unterzeichnete schon früher1) und behauptete, dass durch denselben, obgleich misslungen, die Notwendigkeit einer Rast nicht bewiesen sei. In den Verhandlungen des American Institute of Mining Engineers finden sich nun von Taylor, welcher die Versuche mit dem fast cylindrischen Ofen im vorigen Jahr in Chester (N. J.) anstellte, aus einer im Mai d. J. abgehaltenen Versammlung folgende Mitteilungen, welche die obige Ansicht des Unterzeichneten bestätigen. Taylor wiederholt, dass der Versuch bezweckt habe, eine Hochofenform zu finden, welche dem wirklich rasch niedergehenden mittleren Teile des Ofens mehr als bisher entspreche.

Dagegen habe der Versuch ergeben, dass die dazu gewählte Form (?) des Ofens (der Schacht hatte 2,438m Weite) die Ansammlung von feinem Beschickungsmateriale an, den Wänden beförderte, anstatt sie zu verhindern.

Taylor ist zu dem Schlusse gekommen, dass das Misslingen des Versuches lediglich durch zu grofse Reibung der Beschickung an den Wänden infolge des Missverhältnisses der Weite (2,438m) zur Höhe (18,290m) des Schachtes veranlasst sei. Er sagt, dass zwar Hochöfen mit 2,438m Koblensack weite sehr gut gehen; sie seien dann aber nur 9,14 bis 10,66m hoch, während der Versuchsofen 18,290m hoch gewesen sei; der neue Spiegeleisenhochofen in Newark (N. J.), welcher Franklinit oder Zinkrückstände verarbeite, gehe gut, obgleich er nur 2,438m Weite bei 10,66m Höhe habe. Er behauptet, dass sein Versuchsofen auch regelmässig gut niedergegangen sei, wenn er denselben 7,5 bis 9,m tiefer werden liefs; der Gang habe sich aber sofort verschlechtert, sobald man den Ofen wieder vollfüllte. Daraus zieht Taylor, wie gesagt, den Schluss,

1) Z. 1885 S. 373.

dass der Fehler des Ofens nur in dem Missverhältnisse zwischen Weite und Höhe des Versuchsofens bestanden habe.

Der Unterzeichnete hat in seinem Berichte 1) schon darauf aufmerksam gemacht, dass der Parrytrichter, dessen Glocke 1,22m Dmr. mafs, in keinem richtigen Verhältnisse zu dem an der Gicht nur 2,134m weiten Schachte gestanden habe, so dass, wenn der Ofen voll gehalten wurde, die feinen Erze alle nach aufsen fielen; liefs man den Ofen dagegen tief werden, so prallten die Koks sowohl als auch die Erze von den Schachtwandungen zurück, mischten sich im Niederfallen und verteilten sich so wenigstens einigermafsen auf der Oberfläche der etwa 9m tiefer im Ofen liegenden Beschickung. Gut konnte der Ofen bei solchem Aufgeben auch nicht gehen. Taylor will aus dem ersten Versuche keineswegs den Schluss zulassen, dass ein fast cylindrischer Hochofen notwendig schlecht gehen müsse, ist vielmehr der Ansicht, dass, wenn man die Gesetze der Verhältnisse der Höhe und Weite der Hochöfen zu einander kennen gelernt haben werde, der Ofen ohne Rast eine Verbesserung gegenüber den Oefen mit Rast vorstellen werde, und erklärt, die an seinen vorigjährigen Vortrag geknüpfte Behauptung, dass dieser Versuch die Notwendigkeit der Rasten bewiesen habe, sei ein Irrtum. Er teilt mit, dass er ursprünglich einen Ofen von 3,67m Weite zu dem Versuche habe verwenden wollen; seine Berechnungen (?) hätten dafür jedoch einen Windbedarf von 340cbm in 1 Minute ergeben, und weil die Gebläsemaschine in Chester nur 200 cbm hätte liefern können, habe er den Ofen entsprechend enger genommen. Er sei noch heute zu glauben geneigt, dass der Ofen mit 3,67 Weite und 200cbm Wind auch durchschnittlich gut, jedoch ohne besonderen Vorteil, gearbeitet haben würde.

Nachdem der Versuch mit dem fast cylindrischen Ofen beendet, habe man das Gestell so gelassen, wie es während des Versuches gewesen, und habe der Rast eine Neigung von 80o gegeben, wodurch der Kohlensack eine Weite von 3,95m und eine Höhe von 5,18m über den Formen bekommen habe. Von da an sei der Schacht bis auf 2,59m an der Gicht eingezogen und mit einer Glocke von 1,52m Dmr. versehen worden. So zugestellt, arbeite der Ofen gut und erzeuge mit den beim Versuche benutzten Erzen 300t in der Woche, bei einem Verbrauche von 11/4t Brennmaterial auf 1t Roheisen.

Taylor hebt zum Schlusse hervor, dass es, inanbetracht der verschiedenen Formen von Hochöfen, welche Mr. Birkinbine in der Besprechung seines Vortrages als gut gehende habe bezeichnen können, seltsam erscheinen müsse, dass so unbedeutende Veränderungen, wie die obigen, die bestimmte Grenze zwischen einem vollständigen Misserfolg und einem bemerkenswerten Erfolge bezeichnen sollten.

Osnabrück, im September 1885.

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Fritz W. Lürmann.

Elektrotechnik.

Die erste Centralstation der Berliner
Elektricitätswerke.

Bei dem Wiederbeginne der Vorstellungen im königlichen Schauspielhause in Berlin am 15. August waren zum erstenmale die Bühne, der Zuschauerraum sowie alle Gänge, Hallen, Treppen usw. durch Glühlicht elektrisch beleuchtet. Damit hat die erste Centralstation für elektrische Beleuchtung auf deutschem Boden ihre Thätigkeit eröffnet. Diese Centrale *befindet sich in dem Hinterhause von Markgrafenstrafse 44 und umfasst die Räumlichkeiten für die zum Betriebe von 6000 bis 8000 Glühlampen erforderlichen Dampfkessel, Dampfmaschinen und Dynamomaschinen, sowie für die Aufstellung der Messapparate und Unterbringung der Vorräte. Sämmtliche von der Centralstation aus mit elektrischem Strome zu versehende Lampen befinden sich innerhalb einer Kreisfläche von 600m Radius, deren Mittelpunkt auf dem Werderschen Markte liegt. Das Erdgeschoss der Anlage enthält den eigentlichen Maschinenraum, und zwar befinden sich in zwei gleichartig eingerichteten Hälften je 3 raschgehende Borsigsche Compound-Receiver-Maschinen von je 150 N Leistung.

1) Z. 1885 S. 376, 2. Sp., Z. 21 v. o.

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